Transparenzsystem - Public Money Public Code?

Ich denke nicht, dass ich irgendwem in die Beine fahre. Jeder muss in seiner Situation schauen was durchzusetzen ist.

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Nein.
Das ist für DEN STEUERZAHLER rechte Tasche linke Tasche da das Geld zwischen den Behörden der Länder hin und her geschoben wird.
Für die Steuerzahler des Landes Berlin ist es nicht egal, da mit dem zurückgeflossenen Geld andere Projekte voran getrieben werden können.

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Das geht davon aus, dass all diese Projekte kuenftig untereinander bezahlt werden sollen – wie die Interne Leistungsverrechnung bei Behoerden. Dort ist es ja auch so, dass es fuer den Steuerzahler Rechte Tasche, Linke Tasche ist, wie das Geld z.B. zwischen Vermessungsabteilung und Verkehrsplanung verschoben wird. Das aendert aber nichts daran, dass allein der Verwaltungsoverhead fuer die Vertragsvereinbarung und Mittelvereinnahmung faktisch und praktisch die Zahlkraft dieses Steuergeldes mindert.

Der Grundsatz Public Money, Public Code sollte ja eigentlich bedeuten, dass auch andere Laender oder Kommunen ihrerseits Beitraege zum FTS leisten oder gar gaenzlich eigene Systeme entwickeln koennten, von denen dann wieder das Land Berlin profitiert. Mich verwundert offen gestanden diese Quid-pro-Quo-Haltung, gerade nach den Erfahrungen mit den ueblichen Dienstleistungsbuden und dem Overhead bei ILV.

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Diese Kürzel sagen mir nichts. Ich wollte lediglich die Aussage „ Mit ihrem in der Sendung vorgestellten Ansatz müssten Steuerzahler:innen unter Umständen zweimal für die gleiche Software bezahlen!“ wiederlegen

Ich ging davon aus, dass FTS die Abkuerzung fuer das Funkzellentransparenzsystem ist. ILV ist die weiter oben bei mir angefuehrte Interne Leistungsverrechnung bei Behoerden und Verwaltungen, siehe das Beispiel mit dem Vermessungsamt einer Kommune oder eines Landes, das intern Rechnungen stellt. Das alles kommt aus dem Prinzip des „New Public Management“, in dem einzelne Einheiten der Verwaltung als untereinander wirtschaftende Profit Center agieren und sich gegenseitig Dienstleistungen abrechnen.

Widerlegt ist mit der Aussage IMO die urspruengliche These mit der Mehrfachbelastung nicht. Es ist allenfalls so, dass nun erneut Steuermittel anderer Laender (bzw. aus den Taschen der Steuerzahlenden anderer Laender) aufgewendet werden, um einen Return on Invest beim Land Berlin vorzunehmen. Es ist ja nicht so, dass durch diese Zahlungen die Steuerlast der Berliner Buerger:innen gesenkt werden wuerde. Allenfalls koennte man argumentieren, dass damit kuenftige weitere eigene Entwicklungen verargumentiert werden koennten. Ich wage aber zu behaupten, dass ein gemeinschaftlicher Einsatz der 16 Laender, knapp 12000 Kommunen und vielleicht irgendwann auch mal des Bundes einen groesseren gesellschaftlichen Nettonutzen erzielen wuerde als eine staendige interne Leistungsverrechnung.

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Ich finde schon, dass eine derart öffentlichkeitswirksame Umdeutung des Begriffs „public money, public code“ entsprechenden Initiativen das Leben unnötig schwerer macht.

Das hat, wie die Vorredner davor auch schon gesagt haben, nichts mit dem äußerst lobenswerten Ansatz der Eigenentwicklung zu tun. Veröffentlicht den code oder verkauft es nicht unter einem Label, unter das es einfach nicht passt.

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Warum gibt es eigentlich keine staatliche IT-Firma, die für die Entwicklung von Software für verschiedene Zwecke in der Bundesrepublik Deutschland zuständig ist? Hier immer auf private Firmen zurück zu greifen ist doch ultra ineffizient. In einer solchen Firma - nennen wir sie mal Konrad-Zuse-Institut - könnten Open Source, Transparenz und Privatsphäre groß geschrieben werden - ja vielleicht sogar als Nebenprodukte öffentliche Frameworks und Konzepte bereitgestellt werden, welche das Erreichen dieser Ziele auch für private Unternehmen vereinfachen.

Ich habe schon von etlichen meiner Kolleg*innen gehört, dass sie auf der Suche nach etwa datenschutzfreundlicheren Alternativen zu notwendigen Tools einfach nicht fündig werden. Und wenn dann mal in einer Krisensituation schnell eine Lösung für die Kontaktnachverfolgung im Zuge einer Pandemie entwickelt werden soll, gibt es nicht nur ein eingespieltes Team, das bereits mit öffentlicher Arbeit Erfahrung hat, sondern man zahlt auch nur einen Bruchteil des Preises.

Alleine mit dem, was für die Corona-App ausgegeben wurde, könnte man solch ein Institut ins Leben rufen. Liebend gern hätte ich mich nach meinem Studium dort beworben. Unmöglichkeiten wie die Ablehnung von Unterstützung durch Community-Beiträge wie durch die Leute von SAP am Anfang der Entwicklung der App hätten so auch vermieden werden können. Alleine, wie lange es gebraucht hat, sie von der Übersetzung in andere Sprachen zu überzeugen, das hat mich als aktiver GitHub-Contributor schon stark abgeschreckt.

Fraglich ist, ob eine staatliche Firma bessere oder preiswertere Software entwickeln würde. M.E. sollte die Kompetenz von Behörden darin liegen, die benötigte Software zu beschreiben, auszuwählen und abzunehmen. Der (kommerziellen) Anbieter mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis kann die Umsetzung vornehmen.

Wenn die Rahmenbedingungen gut gesetzt sind (offene Schnittstellen und Dokumentenformate, Code als Open Source) sollte dadurch kein Nachteil für die Öffentlichkeit entstehen, aber man bekommt durch den Wettbewerb der Anbieter die bestmögliche Qualität (klar, Gegenbeispiele gibt es genug).

Bliebe noch die Frage, wie man dafür sorgen kann, dass Behörden die o.g. Kompetenzen bekommen. Dafür habe auch auch kein Patentrezept, denn richtig gute Anforderungen entstehen dort, wo Sach- und IT-Kompetenz zusammenkommen. Leider trifft man/frau oft entweder das eine oder das andere; selten aber beides zusammen an.

Ich verstehe die Theorie dieses Gedankengangs zwar, aber ich habe bislang nicht ein einziges mal von einer guten Behörden-Software gehört geschweige denn damit zu tun gehabt. Deshalb wage ich stark zu bezweifeln ob hier der Wettbewerbsgedanke nicht letztlich immer zu „billiger“ statt zu „preiswerter“ Software führt.

Wenn ein Problem nicht gut gelöst wird, dann ist es doch letztlich egal, wie viel Geld man „gespart“ hat, denn jeder Cent war verschwendet. Warum sollte ein eigenes Institut denn teurer sein, das Argument leuchtet mir nicht ein, man kann sich doch recht gut an durchschnittlichen Gehältern der Industrie orientieren.

Ich meine, wir definieren ja auch nicht die Kriterien für ein Gesetz und schreiben dann die Ausformulierung des Gesetzes aus und lassen es vom günstigsten Anbieter umsetzen. Der Vergleich mag zwar hinken, aber mir scheint, Software-Kriterien zu definieren geht definitiv nicht weit genug. Aus meiner Erfahrung in einer führenden Rolle in einer sehr erfolgreichen App-Agentur kann ich sagen, dass wir in keinem einzigen Projekt beim ersten Anlauf Ergebnisse erzielen konnten, die die eigentlichen Probleme der Nutzer lösten. Die Anforderungen waren immer falsch, der Glaube, man müsse sie nur klarer festlegen ist meines Erachtens ein Irrglaube.

Nicht umsonst haben agile Entwicklungsmethoden die IT-Welt im Sturm erobert (wenn auch 90% der Unternehmen nur von „agil“ reden und sich im Kern weiter gleich verhalten). Wenn überhaupt, müsste man den Entwicklungsprozess aktiv mit begleiten, aber auf Dauer führt das auch wieder zu nichts anderem als dem Aufbau eines eigenen Teams, denn Scrum z.B. lebt davon, dass die Team-Mitglieder mit der Zeit immer effizienter zusammen arbeiten.

Agiles Vorgehen und gemeinsames „Entdecken“ der Anforderungen wäre sicher eine Idealvorstellung, aber auch dafür braucht es Digitalkompetenz, ansonsten bekommt man nur die gleichen Formulare wie bisher als PDF.

Diese Kompetenz muss in der Fachabteilung vor Ort vorhanden sein. Ein zentrales Institut des öffentlichen Rechts kann das genauso wenig lösen wie eine Consulting-Firma, die für die gesamte Bundesrepublik zuständig ist.

Deshalb finde ich den Ansatz von @vieuxrenard so genial - jemand hat sowohl Fach- als auch IT-Verständnis und setzt das auch gleich um. Jetzt müßte das ganze nur noch skalieren.

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In der Diskussion entsteht für mich der Eindruck, dass es bei Software für doe öffentliche Verwaltung einfach um Produkt geht wie Kopierpapier oder (damit die Preisklasse stimmt), z.B. um eine Straßenbahn.

Der Vergleich stimmt meiner Ansicht nach nicht. Bei Verwaltungssoftware geht es vor allem um die in der Software abgebildeten Prozesse, und somit um das Behördenhandeln. Da ist Transparenz für mich essenziell - schließlich sind ja auch sonstige Verwaltungsvorschriften und Verordnungen öffentlich. Allein aus dem Argument heraus müsste jeder Source-Code, der Prozesse in der öffentlichen Verwaltung steuert, öffentlich einsehbar sein.

Das sagt natürlich noch nichts über die Lizenzierung des Codes Codes aus, sondern ist nochmals ein anderer Aspekt quelloffener Software.

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Ich möchte mit meinem Kommentar nur auf Punkt 2 eingehen:

Das Land Berlin hat aus Eigeninitiative und mit eigenen finanziellen Mitteln eine Software erstellt, die offenbar dazu geeignet ist, einen Teil der Transparenz herzustellen. Also der berliner Steuerzahler hat diese Software entwickelt. Wieso sollte es am Konzept vorbeigehen, wenn das Land Berlin wieder etwas für das Investment zurückbekommt, wenn andere dadurch deutlich günstiger zu einer solchen Leistung kommen?

Die Idee der Refinanzierung ist eigentlich nur ein Mechanismus der Gerechtigkeit, weil der Code per Definition Berlin gehört, eben nicht den Bundesbürger*innen, sondern nur jenen in Berlin. Die haben dafür bezahlt. Wenn ein anderes Bundesland von diesem Code profitieren könnte, weil er ja bestehend ist und damit günstiger Verfügbar ist, wäre es eine Möglichkeit, die Vorabfinanzierung durch den berliner Steuerzahler wieder auszugleichen, damit man beispielsweise auch Geld für andere Themen hat. Dabei muss man natürlich aufpassen, dass damit kein „Gewinn“ erwirtschaftet wird.

Eine Alternative wäre auch ein Bundestopf für solche Vorhaben, dann haben wir aber wieder das Problem, dass es vermutlich wieder zu gross und damit unflexibel wird. Wir werden daher nicht davon wegkommen, dass Länder ihre eigenen Codes entwickeln und diese dann an andere Länder verteilen - dass die Länder sich das untereinander fair finanzieren finde ich dabei nur gerecht.

Interessante Diskussion, vielen Dank für die vielen engagierten Beiträge. Ich möchte an dieser Stelle vor allem noch einmal klarstellen, dass ich natürlich nicht für das Land oder für die Behörde sprechen kann. Wir haben die Frage der Code-Veröffentlichung noch gar nicht ausführlich diskutiert, ich habe ehrlich gesagt bisher eher Widerstände antizipiert, die ich mir nicht zuletzt auch aus anderen Ländern vorstellen könnte. Gerüchteweise habe ich zB aus einem Land gehört, dass die überlegen, nochmal Geld für eine Eigenentwicklung auszugeben, weil man aus Prinzip lieber keine Berliner Lösung will … wenn dann auch noch unser Code im Netz stünde wäre es vermutlich endgültig vorbei.

Kurz gesagt: Meine Priorität ist zur Zeit weniger die Debatte um Open Source, als die Frage, wie man das System möglichst einfach in möglichst vielen Bundesländern etablieren kann. Ich finde freie Software aus politischen Gründen auch richtig, aber man muss sich einfach überlegen, welche Schlacht man an welcher Stelle führen möchte. Und angesichts der ideologischen Widerstände gegen Transparenz bei Funkzellenabfragen brauche ich einfach nicht noch ein weiteres Problemfeld.

Ich bin aber selber gespannt, wie die Diskussion um Open Source in meiner Behörde verlaufen wird, wenn wir sie wirklich einmal führen.

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Danke für die Klarstellung.

Weil eine Behörde wie jede andere Organisation nur für eine begrenzte Zahl von Kriterien optimieren kann. Das Ziel, der Allgemeinheit zu dienen („möglichst viele Bürgerinnen werden über Funkzellenüberwachung informiert“) , kollidiert u.U. mit dem Ziel, einen möglichst hohen Ertrag aus dem Investment in die dafür nötige Software zu holen.

Natürlich ist es vorstellbar und vermutlich auch sinnvoll, dass sich die Länder die Kosten für die Entstehung und Pflege der Software teilen. Aber das ist etwas anderes als der Verkauf von (Lizenzen für) Software.

Der Ansatz und die kaufmännische Aussage teile ich.
Die Länder werden sich in vielen wichtigen Fragen nicht einig, oft wird dann der kleinste gemeinsame Nenner umgesetzt was nicht die beste Lösung ist.
Bevor dann gar nichts passiert finde ich die Methode mit der gegenseitigen Verrechnung gar nicht der schlechteste.

Die Einstellung kann ich nachvollziehen. Mir ging es vor allem darum, das Bewusstsein zu schaerfen, dass andere diese Schlacht im oeffentlichen Dienst fuehren, und dass selbst kleine Bemerkungen zur Merkantilisierung solcher Software Auswirkungen anderswo haben kann.

Soll heissen: Es ist vollkommen okay und valide, selber andere Gefechtsfelder zu suchen. Aber dann bitte ich darum, moeglichst nicht anderen Flanken aufzureissen, die sich auf dem benannten Schlachtfeld befinden. Ich hatte das in einem anderen Kommentar schonmal geschrieben, der aber offenbar verloren ging: Nur weil man selber nicht denkt, jemand anderem in die Beine zu fahren heisst das nicht, dass sich andere nicht in die Beine gefahren fuehlen.

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Blockquote[quote=„Justjaythings, post:24, topic:4285“]
Die Idee der Refinanzierung ist eigentlich nur ein Mechanismus der Gerechtigkeit, weil der Code per Definition Berlin gehört, eben nicht den Bundesbürger*innen, sondern nur jenen in Berlin. Die haben dafür bezahlt.
[/quote]

Naja, das ist ja auch nicht unbedingt 100% richtig. Es gibt z.B. noch den Nachfolger des Länderfinanzausgleichs - und über den bekommt Berlin auch anständig Transferzahlungen. Jemand aus Bayern könnte also argumentieren: wir schieben den Berlinern jedes Jahr Milliarden rüber - und sollen dann auch nochmal für „deren“ Software zahlen?

Umso mehr ein Grund die Software zu veröffentlichen, um unsinnige Doppelausgaben zu vermeiden.

Nein, das brächte dafür leider nichts, denn OpenSource wollen sie natürlich schon gar nicht. Die Berliner Lösung könnten sie ja auch zu einem Bruchteil der Kosten einer Eigenentwicklung übernehmen. Da ist offenbar eher so ein mia san mia Ding.

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