Töten anderer Verkehrsteilnehmer als Bagatelldelikt

Naja, hier würde ich sagen: Der, der trotz regelmäßigem Autofahren noch nie einen Radfahrer übersehen hat, werfe den ersten Führerschein in’s Lagerfeuer. Ich glaube jeder Autofahrer hat schon Mal einen Radfahrer übersehen, weil er einen Moment abgelenkt (oder auch nur in Gedanken) war. Der Unterschied ist: Bei den meisten ist das glimpflich verlaufen, vielleicht mit einem kleinen Schreck für beide Seiten, aber ohne Unfall.

Natürlich erhöht sich das Risiko, einen Radfahrer zu übersehen, im Alter exponenziell. Dann übersieht man irgendwann nicht mehr nur einen Radfahrer von 1000, sondern fünf oder sechs… Das ist ein Problem, aber wo will man die Grenze ziehen? Jedem den Führerschein zu entziehen, sobald er einmal einen Radfahrer übersehen hat, würde dazu führen, dass vermutlich kaum ein Deutscher noch einen Führerschein hätte. Da sind wir dann wieder bei der Diskussion, ob man den Führerschein im Alter abgeben sollte (und in diese Richtung geht es ja aktuell, mit der Begrenzung der Gültigkeit des Führerscheins und verpflichteten Gesundheitschecks).

Einen massiven Aufmerksamkeitsfehler (wie einen Radfahrer zu übersehen) alleine sollte man jedenfalls nicht direkt zum Ausschlusskriterium für das Führen von Kraftfahrzeugen machen, denn jeder von uns wird mal einen solchen Fehler machen, selbst der gewissenhafteste Autofahrer ist davor nicht immun. Und ob es bei einem solchen Fehler zu einem schweren, gar tödlichen, Unfall kommt, ist vor allem eine Frage des Glücks/Pechs. Aus einem einmaligen Unfall sollte man daher auch nicht herleiten, dass die Person nicht in der Lage sei, ein KFZ zu führen.

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Als Angehöriger kann ich sagen, dass der Hebel da extrem schwach ist. Wenn der Opa oder Papa der Meinung ist, dass er noch Auto fahren kann, ist er gegen Argumente völlig immun und reagiert eher mit Trotz.
Solche Tests wären sinnvoll und sind nicht nur bei Piloten, sondern auch für den 7,5-Tonnen-Führerschein mittlerweile ab 60 alle zwei Jahre verpflichtend.
Dass dazwischen ein starker Abbau passieren kann ist richtig, gilt aber auch für das Verkehrsmittel, das ebenfalls nur alle zwei Jahre zum Check kommt. Das ist der Kompromiss, den man eingehen muss

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Hier geht es doch aber nicht darum, dass mal irgendjemand irgendeinen Fahrradfahrer übersehen hat, sondern dass ein 78-jähriger einen Fahrradfahrer mit Warnweste und Beleuchtung übersehen und (nach Darstellung der Staatsanwaltschaft) ohne jegliche Reaktion vor dem Zusammenprall totgefahren hat.

Aus meiner Sicht kann es gar keinen deutlicher gelagerten Fall geben. Der Strafbefehl müsste hier mindestens eine MPU beinhalten, also die fachärztliche und psychologische Untersuchung der Fähigkeit, ein Kfz zu führen.

Wer jemanden schuldhaft totfährt, den kann man nicht nach einer „Abkühlphase“ von ein paar Monaten einfach so wieder auf die Straße lassen. Und das ist etwas anderes, als wenn man mal „einen Fahrradfahrer übersieht“ und es eine Schrecksekunde gibt.

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es ist in Deutschland fast unmöglich seinen Führerschein endgültig zu verlieren. Letztens war eine guter Bericht im ADFC aktuell zu einem Fall in Frankfurt. Ein Autofahrer hatte bereits 4 mal seinen Führerschein verloren, aber jedes mal dank MPU wieder bekommen. Ist dann mit 80 km durch eine 50er Zone gedriftet und hat dabei zwei Menschen getötet. Er wurde dann tatsächlich auch relativ hart bestraft, zu acht Jahren Gefängnis. ABER sein Führerschein wurde ihm nur für 4 Jahre entzogen, d.h. wenn er aus dem Knast raus kommt darf er wieder Auto fahren.

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Wir leben in einer Gesellschaft, in der eine große Zahl von Menschen nebenbei tonnenschwere hochmotorisierte Fahrzeuge zur Erledigung ihrer Alltagsgeschäfte und Freizeitaktivitäten steuert. Würden alle, die dabei mindestens fahrlässig schwere oder tödliche Verletzungen verursachen, hart bestraft werden, wären das jährlich mehrere 10.000 Personen (ca. 3.000 Tote und 80.000 Schwerverletzte pro Jahr im Straßenverkehr abzüglich der Alleinunfälle, die ich momentan nicht parat habe). Das wäre meiner Einschätzung nach nicht durchzuhalten und wird daher kaum kommen. Wer etwas für die Sicherheit von Kindern (und allgemein) im Straßenverkehr tun möchte, sollte sich eher für Reduzierung / Verlangsamung von Kfz-Verkehr / Bereiche in denen man sich ungestört von Kfz bewegen kann, einsetzen.

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Damit Kinder mit dem Rad zur Schule (und auch sonst in der Freizeit) fahren können, braucht es entweder geeignete separierte Radwege oder weniger / langsameren Kfz-Verkehr. Letzteres würde auch bei Radwegen helfen, da ja auch bei Radwegen jede Schnittstelle mit dem Kfz-Verkehr eine mögliche Todesfalle ist. Ich bin übrigens in den späten 1970ern nach der Grundschule, die in Gehreichweite war, immer mit dem Rad zur Schule, da hatte niemand Bedenken, weil Radwege oder Wohngebiete mit wenig Kfz-Verkehr.

Das sehe ich kritisch.

  1. Wenn wir fahrlässige Tötungen zu lasch bestrafen senken wir mMn allen Menschen die Wachsamkeit, die bei bestimmten gefährlichen Tätigkeiten herrschen sollte. Die Umzugsgeschichte ist da (leider) ein gutes Beispiel.
  2. Außerdem könnte es für „echte“, motivierte Gewalttäter noch verlockender werden, eine geplante Straftat als Fahrlässigkeit zu tarnen und damit könnte deren Hemmschwelle weiter sinken.
  3. Insbesondere die berufliche und gesellschaftliche Wirkung nach einer fahrlässigen Tötung / Körperverletzung „vorbestraft“ zu sein, halte ich für wichtig.

Ich finde deine Ausführungen dazu größtenteils richtig und teile auch viele der Bedenken, die du aufmachst.

Aber:

Im vorliegenden Fall finde ich die Frage nach dem dauerhaften Führerschein-Entzug absolut indiskutabel, tut mir leid. Ich hab mir dazu nochmal einen älteren Artikel mit dem Unfallhergang gesucht:

Gegen 19.20 Uhr kam es zwischen Neuhausen und Schellbronn im Enzkreis zum Zusammenstoß zwischen einem silberfarbenen Citroën Berlingo und dem vorausfahrenden Fahrradfahrer – der durch den Unfall starb.

Meine(!) Zusammenfassung:
Der Autofahrer hat auf gerader Strecke einen sehr wahrscheinlich beleuchteten, aber definitiv mit Warnweste bekleideten Radfahrer, der direkt vor ihm fuhr, übersehen und ungebremst überfahren.

Das so jmd. seinen Führerschein behalten darf, ohne MPU oder so, das geht einfach nicht, irgendwo muss die Grenze sein.

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Das ist leider eine unrealistische Erwartung. Um bei dem Umzugs-Fall zu bleiben: Niemand hat überhaupt daran gedacht, dass so etwas passieren könnte, dass dabei ein Mensch zu Tode kommen könnte, wenn es unglücklich läuft. Und das definiert die meisten fahrlässigen Tötungen: Sie passieren nicht, weil sich jemand dachte: „Ach, im Zweifel gibt’s eh keine richtig harte Strafe für fahrlässige Tötung“, sondern sie passieren, weil Leute im Moment der Ausführung einer Handlung gar nicht daran denken, dass es schief gehen könnte. Das ändert man auch nicht durch höhere Strafen.

Auch das ist sehr unrealistisch, also Versuche, eine geplante Tat als Fahrlässigkeit zu tarnen, gibt es so gut wie nie. Denn in dem Moment, in dem gegen den Täter ermittelt wird und ein potenzielles Motiv für die Tat im Raum steht, ist es sehr unwahrscheinlich, bei einer Fahrlässigkeit zu landen. Der halbwegs kluge Täter will mit einer Tat gar nicht erst in Verbindung gebracht werden, um eine geplante Tat als „fahrlässig“ zu tarnen müsste er hingegen das Gegenteil tun und offen zu der Tat stehen…

Wie gesagt, ich denke, dass jemand, der einen anderen Menschen fahrlässig tötet, dadurch bereits für den Rest seines Lebens massiv gestraft ist, denn jeder gesunde Mensch braucht Jahre der Psychotherapie, um damit überhaupt klar zu kommen. Dazu kommen noch massive zivilrechtliche Forderungen, die schnell existenzvernichtend sein können. Ich sehe wirklich nicht, warum man den Menschen hier noch den Stempel „Vorbestraft“ aufdrücken muss, den sie ohnehin auch nach der aktuellen Rechtslage in der Regel bekommen (als „Vorbestraft“ gilt, wer zu mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wurde, was bei fahrlässiger Tötung fast immer der Fall ist und auch im vorliegenden Fall des Rentners (150 Tagessätze) der Fall war). Also eine Verschärfung des geltenden Rechts sehe ich hier einfach nicht als sinnvoll.

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Sorry aber da muss ich widersprechen. Fahrlässige Tötungen haben doch eben den Kern, dass man es besser wissen hätte müssen, die Gefahr aber einfach nicht auf dem Schirm hatte. Das wird durch höhere Strafen darauf doch nicht bewusster.

In meinem fernen Bekanntenkreis ist da mal ein schlimmer Fall passiert. Ein Jugendtrainer fuhr mit seinen Schützlingen (6-9 Jahre) zum Ligaspiel. An einem Fährübergang wartete er außerhalb des Fahrzeugs auf die Fähre. Die Kinder blieben im Auto und alberten rum.

Wie sich später rekonstruieren ließ, löste eines der Kinder beim albern versehentlich die Handbremse und das Auto rollte in den Fluss. Die Kinder ertranken im Auto.

Ich möchte behaupten, dass niemand so achtsam gewesen wäre alle Kinder zum Ausstieg zu zwingen wenn man das Auto verlässt. Auch der Richter gab das später in seinem Urteil an, verwies aber trotzdem auf die grundsätzliche Fahrlässigkeit. Der Trainer bekam eine Bewährungsstrafe. Dennoch, er war zweifellos mit dem Schuldgefühl mehr als genug gestraft und musste über Jahre in Therapie.

Härtere Strafen fur Fahrlässigkeit hätten an dem Unglück sicher nichts geändert.

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Weil ich mich vorhin kurz fassen wollte: Ja solche Leichtsinnigkeiten passieren, sind auch mir schon passiert. Und ich wollte dich damit auch nicht persönlich angehen. Ja in solchen, seltenen Situationen lässt sich mit härteren Strafen vielleicht wenig verbessern.

Aber wir haben hier ja eine andere Situation im Straßenverkehr. Und wie du schon sagst passiert sowas im Straßenverkehr immer mal wieder aber geht häufig glimpflich aus. Da bin ich auch bei dir.
Aber gerade durch diese (unterstellten) Häufigkeit mit der solche Unachtsamkeiten beim Straßenverkehr passieren, kommt es ja auch, dass man diese Situationen im Nachhinein durchdenkt. Und dann überlegt man vielleicht nicht nur, welchen Schaden man hatte verursachen können, sondern auch, wie hart man dafür bestraft worden wäre und was das z.B. für den eigenen Job bedeutet.

Aber wir kommen auch ein bisschen vom eigentlichen Fall weg. Worum mir es im konkreten Fall geht, ist die Tatsache, dass der Unfallfahrer in zwei Monaten wieder fahren könnte (würde er nicht Einspruch einlegen) und theoretisch wieder einen Unfall verursachen könnte.
Zumindestens den Führerschein hätte man dem Fahrer dauerhaft entziehen können oder, falls möglich, irgendwie eine MPU für den Unfall-Fahrer veranlassen sollen.

Die Tatsache, das der Fahrer in dem vorliegenden Fall selbst dieses verhältnismäßig milde Urteil nicht akzeptiert, sondern die Sache vor Gericht ausfechten will, spricht nicht gerade für deine Theorie.

Ja das ist natürlich ein Problem. Aber wir sollten auch hier die Opferperspektive nicht vergessen. Denn was ist z.B. mit den Eltern von Andreas Mandalka. Die denen fehlt nun im Alter eine wichtige Stütze und Vertrauensperson ohne dass sie dafür irgendetwas konnten.

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Man sollte in einem Rechtsstaat wirklich nicht vom Nutzen aller zulässigen Rechtsmittel auf eine Motivation schließen. Wenn der Anwalt des Fahrers die Chance sieht, vielleicht zu einem Freispruch zu kommen, ist es völlig zulässig, das auch zu versuchen. Wir waren alle weder bei der Tat, noch bei der Gerichtsverhandlung, dabei und sollten uns deshalb hier keine Urteile über die Persönlichkeit der Betroffenen erlauben.

Zudem gilt natürlich, dass ein Einzelfall kein Beleg für oder gegen etwas ist. Ja, es gibt auch totale Soziopathen, die das Töten eines Anderen gar nicht berührt. Aber das ist nicht der Normalfall, für den wir unsere Gesetze machen.

Das ist das Leid bei Unfällen - und wir reden hier natürlich von einem Unfall, wenn auch die Unfallursache Fahrlässigkeit war. Ja, die Angehörigen, die einen Menschen durch einen Unfall verlieren, sind natürlich in einer ganz miesen Situation. Aber das sollte man wirklich nicht nutzen, um höhere Strafen zu fordern - davon haben die Betroffenen auch nichts. Strafrecht soll nicht der „Rache“ dienen, nach dem Motto: „Du hast meinen Sohn versehentlich getötet, dafür soll jetzt auch dein Leben ruiniert werden!“. So kommen wir wirklich nicht weiter - und niemand, der einen anderen Menschen versehentlich tötet (nochmal: Das könnte uns allen passieren, auch wenn wir noch so vorsichtig sind!) würde sich wünschen, so behandelt zu werden.

Das Leid der Angehörigen der Opfer darf daher grundsätzlich kein Maßstab für die Bestrafung des Täters sein. Jemand, der versehentlich einen Obdachlosen ohne Familie umbringt, darf z.B. nicht weniger hart bestraft werden, als jemand, der versehentlich eine alleinerziehende Mutter mit 3 jungen Kindern umbringt, nur weil in letzterem Fall das Leid der Angehörigen deutlich größer ist. Die Berücksichtigung der Angehörigen führt uns hier auf ganz falsche Fährten. Einen Menschen durch einen Unfall zu verlieren ist immer tragisch!

Aus meiner Erfahrung mit dem Thema kann ich sagen:

Fast immer, wenn ich Menschen erzähle, wie niedrig die Strafe für „fahrlässige Tötung“ ist, sind diese Menschen überrascht. Gleiches gilt dafür, wenn Menschen aus Zeitungsartikeln - wie in diesem Fall - erfahren, dass die Strafe für fahrlässige Tötung sehr niedrig ist. Was bedeutet das?

Das bedeutet, dass nahezu jeder Mensch, der nicht gerade Jura studiert hat, auch mit der aktuellen Gesetzeslage intuitiv davon ausgeht, dass die Strafe für eine fahrlässige Tötung höher sei, als sie ist. Trotzdem handeln die Menschen, wie sie handeln. Niemand handelt so, weil er weiß, dass die Strafe so niedrig ist, wie sie ist. Umgekehrt würde vermutlich auch niemand anders handeln, wenn die Strafe noch höher wäre, als das, wovon der Durchschnittsbürger bereits jetzt ausgeht.

Das ist meines Erachtens ein klarer Indikator dafür, dass die Höhe der tatsächlichen Strafe bei fahrlässiger Tötung nahezu keinen Einfluss darauf hat, wie Menschen etwaige Gefahrsetzungssituationen bewerten.

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Wurde §315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) bei der Urteilsfindung berücksichtig oder bezieht sich der Strafbefehl „nur“ auf fahrlässige Tötung? Insbesondere der Straftatbestand von §315c 2b) scheint erfüllt zu sein.

Ich stimme zu, dass man erst die rechtskräftige Verurteilung abwarten sollte. Nichtsdestotrotz sehe ich hier die Bringschuld beim Angeklagten glaubhaft zu machen, dass er die Tötung bereut. Falls das Gericht keine glaubhafte Reue erkennen kann, wäre ein Urteil ohne dauerhaftes Fahrverbot gemeingefährlich.

Sind nicht die meisten Strafgesetz explizit für Soziapathen bzw. „Nicht-Normale“ geschrieben worden? Der „Grad der Soziopathie“ findet dann Berücksichtigung im Strafrahmen.

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Denken wir das doch mal konsequent zu Ende. Bei 83.000 Toten und Schwerverletzten gibt es wie du sagst ja einen substantiellen Teil Alleinunfälle. Zusätzlich dürfte es etliche schwere Unfälle geben, bei denen nicht einer der Teilnehmer „Schuld“ hat. Shit Happens, auch im Straßenverkehr. Zusätzlich liegt die Zahl der Verursacher ja auch deutlich unter der Zahl der Opfer, denn gerade bei schweren Unfällen kommen ja regelmäßig mehrere Personen unter die Räder. Dann ziehen wir noch alle Fälle ab, bei denen der/die Schuldige unter 18 Jahren alt ist, oder nicht am Steuer eines Kfz saß.

Gehen wir mal großzügig von 15.000 schweren Unfällen im Jahr aus, bei denen es tatsächlich eine eindeutige Person gibt, die fahrlässig schuldig gehandelt hat und bei der es auch einen Führerschein gibt, den man entziehen kann. Das sind 0,022% der relevanten Bevölkerungsgruppe.

Wenn ich also jedes Jahr 15.000 Menschen konsequent den Führerschein entziehe und dadurch die Zahl der schweren Unfälle mit Personenschaden messbar reduzieren kann (was man natürlich über einige Jahre hinweg evaluieren müsste), dann ist das meiner Ansicht nach staatliche Pflicht. Angenommen, ich könnte die Zahl der Toten und Schwerverletzten dadurch im Jahr auch nur um 1.000 Menschen senken, dann wäre es das ohne Zweifel wert.

Aber in vielen Fällen ist der Entzug der Fahrerlaubnis auch nicht unzumutbar. Wenn das so wäre, dann müsste man ja jedem Blinden einen Chauffeur zur Verfügung stellen.

Zudem ist in Zeiten von E-Bikes die persönliche Abhängigkeit vom Auto auch im ländlichen Bereich stark gesunken. Ist es bequemer, mal eben mit dem Auto zum Supermarkt zu flitzen? Klar. Aber mit dem E-Bike komme ich genauso an, in vielen Fällen noch nicht mal langsamer. Für Rentner gibt es die übrigens auch in dreirädriger Ausführung.

An der Stelle volle Zustimmung.

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Dieses formale Recht wollte ich dem Fahrer auch nicht absprechen.

Da ich ja hier kein psychologische Gutachten oder irgendein sonst wie relevantes Urteil abgeben muss, sondern mir einfach nur, aufgrund der verfügbaren, Fakten, eine Meinung bilden will, denke ich mal, dass ich auch solche „Indizien“ heranziehen dürfen sollte.

Da habe ich mich nicht präzise ausgedrückt. Du hattest (sinngemäß) argumentiert, dass härtere Strafen gegen ältere Autofahrer diese hart treffen, weil sie ggf. besonders hart treffen.
Darauf war mein Gegenargument, dass Unfallopfer auch immer die älteren Angehörigen der Opfer hart treffen.

Und gerade weil es sich beim Täter um einen älteren Fahrer handelt, ist die Gefahr, dass er einen weiteren Unfall aus Unachtsamkeiten verursacht, gegeben.

Und der Schutz der Allgemeinheit vor diesem Risiko wiegt mMn hier schwerer als die Folgen eines Führerscheinentzugs für den Fahrer. Insbesondere weil der Unfallfahrer eben schon unter Beweis gestellt hat, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs nicht gewachsen ist.

Ich habe ja auch nicht wirklich für härtere Strafen im allgemeinen plädiert. Ich habe nur gesagt, dass eine härtere (aber schon heute mögliche) Strafe, also der dauerhafte Führerschein-Entzug, in diesem Fall mMn angebracht wäre um zu verhindern, dass der Fahrer aus Altersgründen noch mal so einen Unfall verursacht.

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Wie gesagt, ich glaube, diese Diskussion („Sollten Autofahrer ab einem bestimmten Alter ihren Führerschein abgeben?“) sollte man nicht auf der Basis des Strafrechts führen, also „wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, sondern es müssen dafür allgemeine Regeln her. Diese Ebenen zu vermischen (also bei „alten Fahrern“ strafrechtlich anders zu handeln als bei „jungen Fahrern“) halte ich für problematisch.

Wie gesagt, dafür ist das Strafrecht eigentlich nicht zuständig, sondern das Ordnungs- und Verwaltungsrecht muss die Entscheidung treffen, ob die Person zum Führen eines KFZ in der Lage ist. Der Unfall kann hier ein Auslöser für eine genauere Prüfung sein, aber dem Strafgericht obliegt nur die Einschätzung in Bezug auf die Tat (und nicht etwa auf die altersbedingte Zuverlässigkeit). Mir geht es nur darum, diese Ebenen klar zu trennen.

Strafrechtlich ist ein „dauerhafter Führerscheinentzug“ auch die absolute Ausnahme, die in seltenen Ausnahmefällen verhängt werden kann. Dazu gehört „ein klarer Fehler (möglicherweise in Folge hohen Lebensalters)“ einfach nicht, sondern eher Fälle von Leuten, die mit 200 km/h in der Innenstadt Autorennen verursachen und dabei Menschen töten… also wir reden hier über ganz andere Falldimensionen.

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Ich glaube hier wird von den meisten mit höherem Strafen eher Bezug auf Gefängnis genommen. Und das hätte wohl wirklich wenig Wirkung.

Warum in so vielen Fällen ein Fahrer schon nach relativ kurzer Zeit zurück auf die Straße darf ist tatsächlich weniger nachvollziehbar.

Und insbesondere solche krassen Vorfälle wie dieser müssten in meinen Augen auch zwingend einen Eignungstest zur Folge haben.

Wenn am Ende natürlich rauskommt, dass der Fahrer eine Sehschwäche hatte die er selbst nicht merkte und in Zusammenspiel mit ungünstigem Gegenlicht hat er den Radfahrer übersehen, dann wäre ja ggf. schon genügend wenn als Folge dieses Tests das Tragen einer Sehhilfe steht.

Und man liest ja immer wieder von Taten bei denen die Fahrer schnell wieder fahren dürfen.

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Das ist natürlich richtig. Aber indem der Richter eine MPU anordnet und zwar unabhängig vom Alter sondern aufgrund des Unfallhergangs (Übersehen eines direkt vorraus fahrendes Radfahrers).

Okay sehe ich ein. Dann einigen wir uns doch auf das richterliche Verhängen einer MPU. Sollte der Fahrer diese bestehen, dann wäre die Argumentation, dass es sich nur einen einmaligen, tragischen „Aussetzer“ des Fahrers handelte, auch viel plausibler.

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Aus meiner Sicht geht hier die Diskussion am eigentlichen Punkt vorbei. In meiner Wahrnehmung ist die eigentliche Frage, ist das Strafmaß bei fahrlässiger Tötung mit dem Auto niedriger, als bei anderen fahrlässigen Tötungen. Dein obiges Argument - stellvertretende für die ganze Diskussion hier - gilt für alle fahrlässige Tötungen. Dennoch bin ich der Meinung, dass es einen signifikanten Unterschied bei fahrlässigen Tötungen gibt: Während es im allgemeinen eine Bewährungsstrafe gibt, z. B. der Unfall mit den vier Jungen (vermutlich wenn bei der Küchenplatte was passiert wäre), gibt es im Straßenverkehr nur ein Fahrverbot. Dieses Missverhältnis gibt es in meiner Wahrnehmung und das halte ich, unabhängig davon, ob man höhere oder niedrigere Strafen bei fahrlässiger Tötung bevorzugt, für nicht sinnvoll und sogar schädlich.
Man denke ja nur allgemein an Strafen im Straßenverkehr, z. B. zu schnelles Fahren. Das wird in Deutschland wesentlich niedriger bestraft, als in anderen Ländern. Die Folge davon ist, dass es bei vielen nicht mal ein Kavaliersdelikt ist, sondern zum guten Ton gehört („Also 20 km/h schneller darf man schon fahren“). Eine Anpassung des Strafmaßes könnte hier aus meiner Sicht zu mehr Verantwortung führen.

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in den allermeisten Fällen gibt es nicht mal ein endgültiges Fahrverbot, höchstens kurzzeitig.

Wie oben bereits erwähnt, gibt es Fälle bei denen Menschen bereits mehrfach Ihren Führerschein wegen massiver Regelverstöße kurzzeitig abgeben mussten, danach dann noch jemanden im Straßenverkehr getötet haben und trotzdem ihren Führerschein wieder bekommen haben!

Es gibt im schlimmsten Fall eine MPU aber selbst dafür gibt es Kurse wo man die gewünschten Antworten auswendig lernen kann. MPU hilft vielleicht gegen Menschen die z.B. mittlerweile so schlecht sehen, dass sie nicht mehr Auto fahren könne. Aber Menschen die einfach rücksichtslos und gefährlich sind, kommen durch, solange sie ein paar gewünschte Antworten auswendig lernen können.

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Der Fall illustriert einfach die permanente, von vielen gewollte, Sonderstellung des deutschen Fetischgegenstands schlechthin. In der Abwägung zwischen körperlicher Unversehrtheit und Leben der einen und dem „Recht“ auf freie Fahrt der anderen wird regel- und gewohnheitsmäßig für letztere entschieden. Selbst Kritiker lassen sich - auch hier im Forum - auf die Lüge ein, da könne man halt nichts machen, viele Menschen - grade auf dem Land seien eben aufs Auto angewiesen. Das stimmt in aller Regel nicht. Praktisch fast alle Fahrten sind Ausdruck von Gewohnheit und Bequemlichkeit, nicht von Notwendigkeiten und rein ökonomisch könnte man für die monatlichen Kosten eines Autos ziemlich viel Taxi fahren. Selbst wenn das anders wäre: Sind die Opfer dieser Abwägung auf ihre körperliche Unversehrtheit weniger angewiesen?
Immerhin scheint hier der Rechtsweg eingehalten zu werden, das ist bei Autothemen ja keineswegs selbstverständlich. Der bisher meines Wissens nach einzige Fall, in dem eine deutsche Regierung sich schlicht weigerte, rechtskräftige Urteile umzusetzen (also nicht nur verdruckst verzögern, sondern komplett und offen weigern), betraf Diesel-Fahrverbote, die die bayrische Landesregierung einfach nicht wollte, egal, ob sie letztinstanzlich dazu verurteilt wurde, egal, ob auf europäischer Ebene dieser eklatante Rechtsbruch festgestellt wurde. Beim Thema Auto ist in Deutschland nicht auf Vernunft und Rechtstreue zu hoffen. Sowenig, wie in den USA bei Waffen… Was man mit einer Demokratie machen soll, wenn die Mehrheit bei einem Thema einfach amtlich bekloppt ist, weiß ich auch nicht.

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