Tod eines Fahrradaktivisten

Das hat eben was mit der Kultur zu tun.
Wenn in den Niederlanden fast jeder Bürger selbst auch mal mit dem Fahrrad unterwegs ist, weil es einfach selbstverständlich ist, in der Innenstadt das Fahrrad zu nehmen, kennt auch jeder die Perspektive des Fahrradfahrers. Ich würde behaupten, dass Autofahrer, die auch hin und wieder mit dem Fahrrad unterwegs sind, generell rücksichtsvoller im Umgang mit Fahrradfahrern sind, während für Autofahrer, die nie Fahrrad fahren, der Radfahrer sehr schnell bloß als „Verkehrshindernis“ oder gar „Feindbild“ aufgebaut wird.

Deshalb ist es auch so wichtig, die Fahrradinfrastruktur auszubauen. Reine Autofahrer, die nie mit dem Fahrrad unterwegs sind, müssen zum Ausnahmefall werden, aktuell sind sie der Regelfall.

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Die Fahrradkultur in den Niederlanden entstand nicht von selbst, sie wurde hart erkämpft, teilweise mit gewalttätigen Protesten gegen Autoverkehr:

A 1970s protest with upside down car wrecks in the Amsterdam neighbourhood De Pijp for a better environment with fewer cars. Painted on the cars it reads “car free”.

The Dutch take this for granted; they even tend to believe these cycle-paths have existed since the beginning of time. But that is certainly not the case. There was a time, in the 1950s and 60s, when cyclists were under severe threat of being expelled from Dutch cities by the growing number of cars.
[…]
All that growing traffic took its toll. The number of traffic casualties rose to a peak of 3,300 deaths in 1971. More than 400 children were killed in traffic accidents that year. This staggering loss led to protests by different action groups, the most memorable of which was Stop de Kindermoord (“stop the child murder”).
[…]
“Somehow we managed to strike a chord,” says Tom Godefrooij, 64, who got involved with the Cyclists’ Union as a young man. He remembers noisy mass demonstrations with tricycles and megaphones, and nightly ventures to paint illegal bicycle lanes in streets the union considered dangerous. “First we would be arrested by the police, of course, but then the whole thing would be in the newspapers and municipal politicians would eventually listen. […]“

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Es gab Demos in mehreren Städten.

Am Unfallort haben die Demonstranten eine Art „Gedenkstätte“ errichtet, die in der Folge prompt verwüstet wurde.

Die Kerzen an der Gedenkstätte für den bei einem Unfall tödlich verunglückten Fahrradaktivisten „Natenom“ sind umgeworfen, Bilder und Blumen liegen wahllos verstreut auf der Fläche. Der Ort, wo sich am Sonntag noch Hunderte Fahrradfahrer versammelt haben, um dem Verstorbenen zu gedenken, sieht am Montag aus wie ein Trümmerfeld.
[…]
In den Kommentarspalten von PZ-news in den Sozialen Medien wurde seit dem Tod des Fahrradaktivisten klar: „Natenom“ hat polarisiert. Viele Hassnachrichten- und kommentare mussten entfernt werden, weil sie die Würde des Toten herabsetzten. Jetzt, nachdem die Gedenkstätte verwüstet wurde, sind sich die PZ-Leser aber einig: „Sowas geht gar nicht!“ schreiben viele - oder: „Das ist das Allerletzte!“

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Vielleicht bin ich als Täglichradler mit drei, vier wöchentlichen Situationen, in denen ich durch Mitdenken am Leben, bleibe etwas empfindlich…

Nicht das Auto übersieht jemanden, sondern die Person, die das Auto steuert.

Und ja, auch das Design der Autos dürfte etwas mit den Unfallfolgen zu tun haben:

  • Rundumsicht
  • Gewicht des Fahrzeugs
  • Abdichtung gegen Geräusche
  • Höhe der Motorhaube
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Deshalb gibt es auch entsprechende Normen, auf einer Landstraße auf der ein Fahrer einen vor ihn fahrenden Radfahrer übersieht ist das aber wohl ziemlich sicher nicht ursächlich.

Und glaub mir, als jemand der eine Zeitlang tausende Kilometer im Jahr mit dem Rennrad unterwegs war und auch heute noch im Alltag viel Rad fährt weiß ich, dass die Situationen in denen man selbst schlimmeres verhindert hat viel zu viele sind.
Da kritisiere ich aber vielmehr Fahrer die einfach nicht in der Lage zu sein scheinen sich ihrer Situation und der damit einhergehenden Verantwortung bewusst zu sein. Teils weil es ihnen egal ist, teils weil sie dazu nicht (mehr) in der Lage sind. Bei der absoluten Mehrheit der Fälle die ich erlebt habe war die Konstruktion des Autos in keinster Weise an der Situation beteiligt.

Die Konstruktion macht schon einen Unterschied. Im tiefliegenden (nur 1 f :wink:) Sportwagen sieht man doch Radfahrende, insb. Kinder, viel besser als im fetten Pickup. Es gibt da einen nennenswerten toten Winkel. Letztlich stimmt es aber auch, dass es an der Person hinterm Steuer liegt, sich dessen bewusst zu sein und angepasst zu fahren.

Wie es sich auf das Verletzungsrisiko auswirkt, ob man bei einem Unfall über ein Auto fliegt oder in der Motorhaube/Windschutzscheibe hängen bleibt vermag ich nicht zu beurteilen.

Ich persönlich empfinde SUV/Vans/Transporter bedrohlicher als Limousinen, da sie bis zur Schilterhöhe reichen und in der Regel sehr senkrecht sind. Limousinen erlauben über sie hinweg zu sehen, wodurch man sich weniger eingeengt fühlt. Das halte ich insofern für relevant, als dass man (hier verallgemeiner ich bewusst) sicherer fährt wenn sich sicherer fühlt, ebenso wie man unsicherer/wackliger fährt, wenn man sich unsicher fühlt.

Leider lernt man in der Fahrschule aber nicht mit diesen Panzern wie Transporter, SUV und Pick-up zu fahren. Da sitzen dann Menschen hinterm Steuer ( auch ältere Menschen), die vorher nur normal große Autos gefahren haben und denken ich kann es ja. Vielleicht müsste man wirklich künftig in der Fahrschule nachweisbar mindestens 2 Stunden mit so einem gefährlichen Gefährt fahren.

Es ist aber besser als früher, wo man einfach mal mit dem PKW Führerschein bis 7,5 t fahren durfte.

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