Themenvorschlag: Zustand Luftfahrtbundesamt

Das Luftfahrtbundesamt ist im Auftrag des BMV die Behörde, die für die Erstellung und Überwachung von Regularien zuständig, die die Luftfahrt betreffen.

Letztendlich ist das Ziel, die Sicherheit zu gewährleisten, die wir alle erwarten, wenn wir uns in ein Flugzeug setzen.

Dazu ist das Amt in diverse Referate unterteilt.

Das Referat L6 ist für Flugmedizin zuständig. Hier werden alle Daten zusammengeführt, die den Gesundheitszustand von Luftfahrtpersonal betreffen.

Besonders Pilot*Innen unterliegen sehr strengen Richtlinien, die in einer flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchung nachgewiesen werden müssen. Das wird von zugelassenen Flieger-Ärzten gemacht.

Es gibt allerdings gesundheitliche Dinge, die vom Luftfahrtbundesamt selbst überprüft werden müssen. So z. B. alles, was mit Kardiologie oder Nieren zu tun hat.

Das LBA wird hierzu dann eigene Fachärzte mit der Überprüfung beauftragen.

Im europäischen Ausland dauert so etwas normalerweise ein paar Tage oder maximal Wochen. Das LBA benötigt dafür Monate bis Jahre!

Das bedeutet, dass Pilot*Innen, die von ihrem Flieger-Arzt zum LBA verwiesen werden, ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachkommen dürfen, bis es zu einer Entscheidung gekommen ist.

Nach 6 Wochen gibt es meistens keinen Lohn mehr. Unter Umständen zahlt auch keine Krankentagegeld Versicherung, weil man oftmals nicht wirklich arbeitsunfähig ist, sondern nur berufsuntauglich. Oft ist man auch nach einer akuten Krankheit schon sehr lange wieder genesen und wartet monatelang auf das OK vom LBA.

Dieser Zustand hat sich in den letzten Jahren so sehr verschlimmert, dass viele Pilot*Innen ihren wahren Gesundheitszustand nicht mehr mitteilen, damit sie auf keinen Fall in eine sogenannte Verweisung an das LBA kommen.

Bisher hat es niemanden interessiert. Doch vor kurzem hat eine Mitarbeiterin genau dieses Referates L6 gekündigt und veröffentlicht den Zustand des LBA.

Die Behörde ist teilweise total überfordert. Zur Zeit befinden sich mindestens 400 Pilot*Innen aus Deutschland in einer solchen Verweisung. Bei manchen droht die Privatinsolvenz.

Auch andere Referate kommen teilweise mit der Flut der Daten, die sie verwalten müssen nicht mehr zurecht.

So gibt es z. B. bisher keine Möglichkeit, sensible Daten verschlüsselt und digital zu übertragen. Dazu gehören auch Prüfungsergebnisse.

Das ist bestimmt ein interessantes Thema, über welches auch Verkehrsminister Schnieder informiert ist.

Unten ein Link zur Seite von Frau Nina Coppik, die bis vor kurzem beim LBA tätig war und nun von außen auf die Missstände hinweist.

Und der Link zum Internetauftritt des LBA.

Ich selbst bin Ausbildungskapitän und Prüfer auf Boeing 777 bei der Lufthansa Cargo und war für 4 Monate selber in einer Verweisung an das LBA.

Der Lohn wurde bei mir nicht weitergezahlt und meine KTG Versicherung hat sich auch geweigert, zu zahlen.

Mit freundlichen Grüßen,

Claus Harder

Links: https://www.linkedin.com/in/nina-coppik-392426163?utm_source=share&utm_campaign=share_via&utm_content=profile&utm_medium=android_app

3 „Gefällt mir“

Gibt es vielleicht noch eine zweite Quelle? Ich bin z.B. nicht bei Linkedin.

Klingt für mich erstmal nach was positivem

Was ist positiv?

Dass Piloten nicht mehr zum Arzt gehen, weil sie Angst haben, es gelangt irgendwie zum LBA und bleibt für Monate oder Jahre auf deren Tisch, bevor es bearbeitet wird?

Dass Berufspiloten die notwendigen Fragebögen zu ihrem jährlichen Medical nicht mehr wahrheitsgemäß beantworten, weil sie Gefahr laufen, plötzlich ohne Einkommen dazustehen?

Dass Krankentagegeld Versicherungen natürlich wissen, dass die meisten versicherten Piloten schon lange wieder gesund sind und nur deshalb nicht Arbeiten dürfen, weil das LBA nicht die Kapazität hat, die Lizenzen wieder zu genehmigen und deshalb die Zahlung von KTG verwehren? Sie deshalb sogar ausgestellte Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit nicht anerkennen.

Das führt alles dazu, dass das Vertrauen in die Aufsichtsbehörde inzwischen auf einem Nullpunkt angelangt ist.

Der Blick in andere Länder zeigt ja, dass es auch besser geht.

Dass es den Job des Piloten unattraktiver macht. Natürlich nicht, dass Piloten nicht die richtigen Gesundheitsmaßnahmen treffen.

Das lässt einen echt einigermaßen sprachlos zurück. Wir haben ja beim Germanwings Absturz gesehen wozu es führt, wenn Piloten ihren Gesundheitszustand verheimlichen. Solche Zustände, wie hier beschrieben, führen mit Sicherheit nicht dazu, dass wir nicht mehr genug Piloten bekommen. Wir kriegen dann halt nur nicht mehr die besten der besten.

4 „Gefällt mir“

Würde auch vermuten, dass gestrichene Linien bei uns durch andere Fluglinien ersetzt werden und man damit nix gewinnt

Ist vor allem auch einfach komplett am Thema vorbei.

Ich habe heute noch zufällig einen offenen Brief der betroffenen Familien gelesen, wie sehr sie sich einfach eine Anerkennung der Missstände und eine ehrliche (oder eher überhaupt eine) Kommunikation wünschen statt großer PR-Kampagnen wie toll die Betroffenen doch behandelt wurden.

Bin kein großer Fan des exzessiven Flugbetriebs, aber das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.

Ich bin auch der Meinung, dass wir weniger Flugverkehr brauchen. Deutlich weniger - denn emissionsfreies Fliegen ist Stand heute mehr Wunsch als Wirklichkeit. Allerdings muss das Fliegen, dass wir haben so sicher sein, wie möglich (heißt konkret: ich bin NICHT dafür, Fliegen durch weniger Sicherheit weniger attraktiv zu machen). Jede Form, den Pilotenberuf unattraktiver zu machen, würde dem entgegen wirken. Schließlich spielt menschliches Versagen hier eine wesentliche Rolle. Für das hier im Thread dargestellte Problem gilt das gleich doppelt.

2 „Gefällt mir“

Ich fände das Thema interessant. Nicht zuletzt als (weiteres) konkretes Beispiel, was bei unseren Behörden falsch läuft und wo man konkret für Verbesserungen ansetzen könnte. Ich denke je mehr solcher Beispiele öffentlich bekannt und auch inhaltlich verstanden werden, desto größer wird der Druck der Politik hier zu handeln.

Da ich nicht so tief im Thema bin, hätte ich ein paar Nachfragen:

Was ist denn der Grund für diese Unterteilung? Und - mal angenommen das Problem lässt sich nicht von heute auf morgen lösen - wäre es denkbar hier auch die Zuständigkeiten grundsätzlich zu verändern?

Hast du eine Idee, wo hier der Bottleneck ist? Liegt er in der Überlastung der zuständigen Fachärzte oder ist das tatsächlich nur die Beauftragung, die so lange dauert? Und ist letzteres nicht mehr oder weniger ein Automatismus?

Etwas Off-Topic, aber grundsätzlich besteht ja auch die Gefahr, dass Piloten ganz grundsätzlich ihren Gesundheitszustand verheimlichen aus Angst vor Jobverlust. Dagegen kann man sich sicher versichern, aber ist das verpflichtend? Mit ist klar, dass das im konkreten Fall nicht hilft.

Mich würde mal interessieren, welcher wirtschaftliche Schaden dadurch entsteht. Für die Piloten hast du das schon angedeutet, aber auch die Airlines müssten ja Probleme bekommen wenn ihre Piloten über Monate nicht einsatzbereit sind.

Falls es eine Quelle außerhalb sozialer Netzwerke gibt, würde mich das auch interessieren.

2 „Gefällt mir“

Hintergrund ist eine Vorgabe von der Europäischen Kontrollbehörde EASA. Die hat eine Liste von medizinischen Indikationen verfasst, die zu Einschränkungen bei der grundsätzlichen Flugtauglichkeit führen. Das kann man nachlesen unter: Microsoft Word - EASA Tauglichkeitstabelle von sky-doc.de.docx Das ist grundsätzlich auch sehr gut, da es sich dabei um gesundheitliche Zustände handelt, die schlimmstenfalls zu einer sogenannten “Incapacitation”, einem Ausfall des betroffenen Piloten während des Fluges führen könnten.

Das Problem ist, dass das LBA sich für die Beurteilung der Flugtauglichkeit nicht mehr der normalen “Flieger-Ärzte” bedient, sondern in den Fällen von Verweisungen besondere medizinische Sachverständige damit beauftragt, die von Fall zu Fall entscheiden müssen. Das sind natürlich auch alles zugelassene Ärzte, die aber vom Amt für ihre Arbeit nicht sonderlich hoch entlohnt werden. Das Interesse, sich um diese Verweisungsfälle mit oberster Priorität zu kümmern, liegt also nicht sehr hoch. Es gibt auch viele Ausschreibungen auf offene Stellen, für das LBA tätig zu werden, aber welcher Arzt sieht das als einen möglichen Weg, hier eine Anstellung zu finden?

Die Versicherungsmöglichkeit besteht natürlich. Normalerweise sieht die folgendermaßen aus: Bis zum 42. Krankheitstag zahlt meist der Arbeitgeber. Ab dem 42. Tag greift dann die Krankentagegeld-Versicherung der gesetzlichen oder privaten Versicherer. Ein Berufsuntauglichkeitsversicherung kann man in den meisten Fällen erst nach 6 Monaten bemühen. Diese würden dann, ja nach Vertrag auch rückwirkend bezahlen. Das Problem liegt in zwei Dingen: 1. Auch wenn es inzwischen bis zum BGH Urteile gibt, die Krankentagegeld Versicherungen dazu zwingen, ihre Leistung zu erbringen, hängt es doch immer wieder vom Kleingedruckten in den allgemeinen Versicherungsbedingungen ab. Die Versicherer sagen einfach, dass sie grundsätzlich nicht für Berufsunfähigkeit zahlen und Arbeitsunfähigkeiten erkennen sie nicht an. (Dazu müsste es eine Änderung im SGB geben, die eine Leistungspflicht nach 42 Tagen ergibt). 2. Berufsunfähigkeitsversicherungen (Fluguntauglichkeit) sind ein Bestandteil des Versicherungspaketes eines jeden Piloten. Leider gab es in den letzten Jahren die Anpassung des Rentenalters und der damit verbunden längeren Arbeitszeit, die sich auf auf Piloten ausgewirkt hat. Von ehemals 55 Jahren sind es jetzt 65 Jahre (mit dem Bestreben das Alter auf 67 zu erhöhen). Wer es einmal versucht hat, eine Berufsunfähigkeitsversicherung von 55 auf ein späteres Endalter zu verlängern, wird gelernt haben, dass das kaum bezahlbar ist. Die bestehenden firmenseitigen Absicherungen greifen nur bei einer sogenannten dauerhaften Fluguntauglichkeit, wenn also feststeht, dass man nie wieder in den Beruf zurückkehren kann. Das gilt aber nicht bei Verweisungen, da man sich ja in der Schwebe befindet.

Der wirtschaftliche Schaden liegt in den ersten 42 Tagen voll beim Arbeitgeber. Eventuell fallen sogar Flüge aus, weil nicht schnell genug Ersatz gefunden wird. Ab dem 42. Tag liegt dann der Schaden, wie bei mir erlebt, bei dem Gehaltsverlust, oder bei dem jeweiligen Versicherer.

Das Problem ist, dass diese Kosten nicht bei den Ämtern auflaufen und deswegen auch nicht bei der Budgetplanung berücksichtigt werden müssen. Eine Beschwerde oder sogar eine Anzeige wegen Untätigkeit ist bei deutschen Verwaltungsämtern frühestens nach 3 Monaten zulässig. Aber da könnte Ulf bestimmt etwas zu sagen. Die Ämter wissen das und senden manchmal genau nach 2 1/2 Monaten die Anfrage für irgendeinen Befund, der noch benötigt wird. Wenn man antwortet, dass der doch schon lange vorliegt, dann heißt es, dass dieser aber schon veraltet wäre und man einen neuen braucht.

3 „Gefällt mir“

Danke @TryHarder jetzt habe ich das Thema glaube ich besser verstanden.

Das scheint mir als verwaltungstechnischem Laien irgendwie nicht verhältnismäßig. Auf meinen Steuerbescheid kann ich vielleicht 3 Monate warten. Auf mein Gehalt i.d.R. nicht. Eine Maßnahme könnte darin bestehen, die Fristen gesetzlich anzupassen. Das würde zumindest den Druck auf das Amt erhöhen, eine Lösung zu finden.

Angesichts des wirtschaftlichen Schadens der einer Airline droht: wäre es nicht denkbar, dass die Behörden die Ärzte besser entlohnen und die Kosten (teilweise) auf die Airlines umlegen? Könnte dann sogar eine Win-Win Situation sein.

1 „Gefällt mir“