Terroranschläge in Frankreich, Umgang mit dem Thema radikaler Islamismus

In Ansehung der Anschläge in Frankreich, der Ermordung des Lehrers Samuel Paty und dem Anschlag vom heutigen Tag in einer Kirche in Nizza ( Tunisian man beheads woman, kills two more people in Nice church | Reuters ) würde ich mir eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema wünschen.

Gerade im Zuge dessen habe ich von den Zuständen in den Schulen Frankreichs erfahren, dass Lehrer dort bestimmte Themen nicht unterrichten oder sich gegen bestimmtes Verhalten nicht wehren. (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/mord-an-samuel-paty-in-frankreich-trifft-der-terror-die-schule-17009837.html)

Auch in deutschen Schulen schein dies mittlerweile zum Problem zu werden ( Nach islamistischer Tat: Verband beklagt Druck auf Lehrer in Deutschland | nw.de )

Besonders schwierig scheint mir, dass eine kritische Auseinandersetzung oft daran scheitert, dass stets Mutmaßungen über die Gesinnung der Debattanten angestellt werden, statt sachlich zu diskutieren. Gerade bei den Linken ist dies zu einem Tabuthema geworden, obwohl eine sachliche, kritische Debatte zu dem Thema geführt werden sollte (Linke und der politische Islam: Gefährliches Schweigen - taz.de).

Es erscheint mir so, als wäre das ganze einfach ein Afd Thema, dass man nicht anrührt, um nicht in der falschen Ecke zu stehen, dabei wäre es fatal die Afd (generell immer) aber gerade bei einem so komplexen Problem Redeführer sein zu lassen.

Daher hoffe ich, dass Ihr dieses Thema in einer der nächsten Sendungen behandelt.

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Dass rechtsextremer Terrorismus ein großes Problem ist, heißt ja nicht, dass man sich nicht auch mit islamistischem Terror beschäftigen kann (beide Probleme sind groß genug und um zu rechtfertigen, dass man über sie diskutiert). Abgesehen davon, hatten wir gerade erst eine Messerattacke in Dresden mit islamistischem Hintergrund.

Und auch folgenden Aspekt finde ich interessant:

Überall wird gerade über Rechtsextreme bei der Polizei, Bundeswehr und Nachrichtendiensten gesprochen. Islamistisch motivierter Terror wird kaum diskutiert, was letztendlich die AfD zu ihrem Vorteil nutzt.

Ich würde denken, dass das daran liegt, dass gegen islamistischen Terrorismus ohnehin schon extrem viel getan wird. Da gibt es einfach wenig Luft nach oben.

Hingegen stehen wir im Bereich Extremismus bei der Polizei und generell im Bereich Rechtsextremismus noch ganz am Anfang einer effektiven Bekämpfung … was nicht zuletzt daran liegt, dass es immer noch viel zu viele Politiker_innen gibt, die das Problem kleinreden oder relativieren.

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Ich möchte den Themenvorschlag von Q-Brick unterstützen. Das Thema ist aus mehreren Gründen überfällig:

1)Die Reaktionen anderer Hörer zeigen, wie schnell hier eine ideologische Brille vermutet wird oder aber ganz offen zutage tritt. Die These des Hörers PeerPeter ist , die Anschläge in Frankreich seien historisch gesehen „home-grown“ und deshalb ein spezifisch französisches Phänomen. Unsere Aufmerksamkeit müsse ganz dem spezifisch deutschen „home-grown“ Rechtsextremismus gelten. Hier offenbart sich ideologisch fundiertes Wunschdenken: die Entwicklung mit Anschlägen in Dresden und Wien zeigt dies deutlich. Das Thema sollte fernab jeglicher Xenophobie und Islamfeindlichkeit behandelt werden, auch wenn die Studie zu Rechtsextremismus innerhalb der Polizei noch immer nicht in der erforderlichen Form gebilligt wurde. Die oben erwähnte Priorisierung halte ich für gefährlich.

2)Da Ihr bei vielen anderen Gelegenheiten gezeigt habt, dass Ihr auch schwierige Themen ohne ideologische Brille, aber dennoch mit deutlichen Aussagen und guter Hintergrundrecherche oder fachkundigen Gesprächspartnern behandeln könnt, würde ich mich über eine Aufnahme dieses Themas freuen. Einen guten Einstieg las ich bei Murat Kayman (Ex-Ditib) ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl.

Künert und Lobo haben zu Recht darauf hingewiesen, die Auseinandersetzung mit dem radikalen Islamismus dürfe man nicht den Rechten überlassen. Dass es sich dabei aber um eine echte Gratwanderung handelt, zeigt u.a. die Stellungnahme von Lamya Kaddor , die schrieb, dass das angebliche linke Appeasement gegenüber Islamisten bei näherer Betrachtung primär ein Narrativ der Rechten bliebe und man sich deshalb gut überlegen solle, ob man das weiter nähren möchte. (Linke & Islamismus: Warum Kevin Kühnert und Sascha Lobo in die Irre laufen).

  1. Aus Gesprächen mit befreundeten Lehrern weiss ich gleiches zu berichten, wie es in diesem Artikel beschrieben wird.(Nach islamistischer Tat: Verband beklagt Druck auf Lehrer in Deutschland | nw.de). Einige Lehrer*innen fühlen sich unzureichend politisch unterstützt , wenn sie der Diskriminierung sich nicht „konform“ verhaltender islamischer Schülerinnen durch fundamentalistisch beeinflusste männliche Mitschüler entgegentreten. Nicht selten sehen Schulleitungen dann eher private Konflikte mit einzelnen Lehrpersonen. Erforderlich wäre aber eine klare Handlungsanweisung in diesen und anderen ähnlichen Situationen. Hier fehlt es in den meisten Bundesländern offenbar an politischer Klarheit zur Verteidigung unserer Grundwerte. Deshalb fühlen sich viele Lehrer allein gelassen und beginnen, kontroverse Themen zu vermeiden. Dem sollten alle demokratischen Kräfte entgegenwirken. Siehe hierzu auch den aktuellen Bericht aus Berliner Schulen (Radikales in Berliner Klassenräumen: Wieso muslimische Schüler die Enthauptung eines Lehrers gutheißen - Berlin - Tagesspiegel)
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Dem kann ich nicht zustimmen.

Was wird real gegen das Schaffen von parallelen gesellschaftlichen Strukturen getan?

Hierzu zwei Bücher, die mich an ihrer These zweifeln lassen.
Die unheilige Familie - Neckar Kelek
Klartext zur Integration - Ahmad Mansour

In der Lage 213 überrascht mich, dass sie den Druck der islamischen Bevölkerung in Frankreich auf die Schule während der Argumentation über den Anschlag in Wien aus dem Augen verlieren. Die Muslime in Frankreich und weltweit sind überwiegend mehrheitlich gegen das Zeigen der Karikaturen. Wie soll auf Grundlage der Ablehnung der Meinungsfreiheit in allen Bereichen ein gedeihliches Zusammenleben möglich sein?
Anschläge erfolgen durch fehl geleitete Muslime, aber der Weg dahin ist in solchen Ablehnungen oder Familienstrukturen (siehe Bücher) bereits angelegt.

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Guter Beitrag. Vielen Dank. Das bringt einige wichtige Punkte als Licht. Ich würde mich über diese Thematisierung in der Lage rebenfalls sehr freuen.

Ich habe eine Anmerkung zum Banlieue Begriff aus der aktuellen Sendung. Ich selbst bin Politik, Geographie, und Französischlehrer an einem Gymnasium in Mainz.

In der aktuellen Folge wird Banlieue neutral mit Vorort übersetzt. Das machen Wörterbücher auch, dennoch ist der Begriff schon wortmorphologisch alles andere als neutral. Französische Städte sind im höchsten Maße sozial und ethnisch segregiert. Das zur Verfügung stehende jährliche Haushaltseinkommen sinkt vom Zentrum in die Peripherie. Wir Geographen nennen dieses Phänomen zentral-peripheres Sozialgefälle. Diese soziale Segregation geht einher mit einer starken ethnischen Segregation.

Der Begriff Banlieue stammt aus dem Mittelalter und entspringt dem Verb bannir-verbannen und lieue (eine alte Maßeinheit). Der Herzog konnte die Strafe der Verbannung verhängen und verbannte kriminelle und ungeliebte Stadtbewohner etwa ein lieue (ungefähr 4km) außerhalb der Stadt. So entstanden die banlieues, die von den städtischen Bewohnern schon immer gemieden und als prekär eingestuft wurden. In der Industrialisierung entstanden dort Fabriken. Die dortigen Arbeiter (meist ehemalige Bauern) arbeiteten und wohnten dort unter sehr schlechten und menschenunwürdigen Bedingungen (Phänomen des Pauperismus). Insofern kann der Begriff Banlieue nicht neutral übersetzt werden, sondern ist schon immer äußerst negativ konnotiert. Politisch korrekt wären hier eher die Begriffe quartier oder cité.

Hier ein kurzes Youtube Video aus der Sendung „C’est quoi“, welches ich mit Schüler*innen immer schaue und bearbeite.

Beste Grüße

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Ohne das Problem des Rechtsextremismus kleinreden zu wollen: die Unterstützung von Gremien, die dem politischen Islamismus nahestehen durch den deutschen Staat ist eine große Gefahr für unser Land. Deshalb ist Hamed Abdel-Samad auch aus der deutschen Islamkonferenz ausgetreten.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn sich die Lage der Nation mal mit Hamed Abdel Samad oder Ahmad Mansour unterhalten würden. Beide wohnen meines Wissens in Berlin.
Gerade wenn wir Meinungsfreiheit hochhalten wollen, müssen wir uns mit politisch islamistischen Strategien befassen, die Religion selbstverständlich über das Grundgesetz stellen. Und je offener wir darüber diskutieren, um so besser.

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Weil es zu diesem Themenvorschlag passt, auch hier noch mal.
Sollte die Lage noch mal was zum Thema Islamismus machen wollen, schlage ich vor,
Eren Güvercin, Engin Karahan oder Murat Kayman vom Dauernörgler-Podcast zu Wort kommen zu lassen:

https://dauernoergler.org/