Stromnetze und die Herausforderung Energiewende

Aufhänger meines Themenvorschlages sind mehr und mehr Berichte und auch persönliche Erfahrungen, dass die Dezentrale Energiewende (Häuser mit PV und WP) komplett in Verzug gerät.
Bsp.:

In dem Dorf meiner Eltern (2500 EW; Stadtgebiet 25 000EW) wurden und werden von den Stadtwerken Schreiben verschickt, dass im Moment keine weiteren PV Anlagen von Häusern ans Netz angeschlossen werden können. Auch wurde bei einer Stadtratssitzung von den Stadtwerken bekannt gegeben, dass maximal 35% der Häuser im Stadtgebiet mit WP angeschlossen werden können.
Die Begründung ist, dass das Verteilernetz (Umspannwerk zu Straßen Trafo zu Häusern) zu schwach ausgelegt ist.
„Man arbeite an einem Plan, das Netz zukunftsfähig zu machen“. Zu Zeiträumen wurde ich nicht geäußert.
Die PV Anlagen werden übrigens von der Stadt und vom Kreis immer noch zusätzlich gefördert wird, wenn das komplette Dach damit eingedeckt wird, also über Eigenbedarf.
Parallel muss die Stadt immer noch ein Wärmekonzept ausarbeiten.

Jetzt zu meinem Thema// Frage: Gibt es Zeitpläne und Budgetprognosen die diese Verteilernetze in den Kommunen berücksichtigen?

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Hallo Zusammen, du sprichst ja hier vom Verteilnetz. Dazu werden wurden auch sogenannte Netzausbaupläne veröffentlicht. Vielleicht hilft die ja dieser Link weiter : VNBdigital
Gegebenfalls auch gerne bei den Regionalszenarien vorbeischauen ( Ebenfalls auf der Website zufinden)

Viele Grüße
David

Ich sehe hier allerdings das Problem, dass nicht alle Verteilnetzbetreibenden auch solche Pläne veröffentlichen müssen. Wie haben meines Erachtens in Deutschland zu viele VNB, die zum Teil nicht unbedingt die Kapazität haben neben allem im operativen Tagesgeschäft auch noch eine wirklich gute Ausbauplanung zu machen. Da kann es dann gut sein, dass zwar das aktuelle Netz mit seinen bestehenden Nutzenden noch passend optimiert wird, aber es mangelt an der Plannung für die absehbar hinzukommenden Ein- und Ausspeisenden.

Dabei kommt das nicht überraschend. Es gibt genug Studien, die sich mit dem notwendigen Ausbau und Investitionen in Verteilnetze befassen. Ich kenne nur leider in Summe keine Betrachtung, die die tatsächlichen Investitionen mit den notwendigen vergleicht und eine möglicherweise (ich persönlich würde sie als bestehend annehmen) existierende Lücke zwischen soll und ist ausweist. Allgemein wird oft einfach von Investitionsbedarf geredet. Aber selbst die BNetzA hat zwar einen Bericht zum Zustand des Ausbaus, darin wird allerdings mit den Angaben der Netzbetreibenden gearbeitet. Diese sind dabei Prognosen der VNB ind damit weder die tatsächliche, aktuelle Investitionstätigkeit, noch ein vergleich mit dem unbedingt notwendigen (https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/NetzentwicklungUndSmartGrid/ZustandAusbauVerteilernetze2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3).

Das ist noch von 2021. Allerdings haben damals wohl immer noch nicht alle von EE Ausbau betroffenen VNB auch mit entsprechenden Ausbauprognosen gearbeitet. Keine Ahnung wie ein Viertel der VNB, die das ohne gemacht haben angestellt hat. Aber mich wundert es nicht, dass da teilweise nun Probleme auftreten.

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Da scheint es sich um eine wirklich extreme Fehlplanung zu handeln. Eine Anfrage auf Erhöhung der Netzkapazität am existierenden Umspannter hat es wohl erst Anfang 2023 gegeben, obwohl das Wachstum der Stadt schon seit dem Jahr 2000 ziemlich stark ist (2000 - 2010: +10.000 Einwohner, 2010 - 2024: +7.700 Einwohner).

Ich denke einen (oder auch zwei) politisch Verantwortlichen zu benennen ist relativ einfach:

Hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt war von 1993 bis 2018 Hans-Joachim Laesicke (SPD).[28] Sein Sohn Alexander Laesicke (parteilos) wurde in der Bürgermeisterstichwahl am 15. Oktober 2017 mit 55,8 % der gültigen Stimmen für eine achtjährige Amtszeit[29] zu seinem Nachfolger gewählt.[30] Er trat sein Amt am 8. Januar 2018 an.[31]

Der Fall eignet sich meiner Ansicht nach aber nicht, um auf allgemeine Schwierigkeiten beim Netzausbau hinzuweisen. Das Dorf deiner Eltern schon eher. Ich denke alle Stadtwerke sollten sich akut Gedanken machen, wie sie mit den erwartbaren Zuwächsen an Solarstrom auf den Hausdächern klarkommen werden.

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Es ist tatsächlich so, dass (soweit mir bekannt) alle VNB (Verteilnetzbetreiber)mindestens eine Zielnetzplanung vorliegen haben für Ihr Konzessionsgebiet. Wie du ja schreibst sind oftmals sehr kleine Stadtwerke nicht in der Lage solche Planungen durchzuführen, weil dafür dass Personal fehlt.
Für diese Stadtwerke übernehmen dann die größeren VNB die Zielnetzplanung als Dienstleistung ( zum Teil auch die Netzführung). Meint eigentlich, dass das Netz nur im Eigentum der Stadtwerke ist, aber zu einem großem Teil extern betrieben und geplant wird.

Kleine Anmerkung am Rande:

Die Überschrift ist mal wieder irreführend. Es wird kein Strom knapp, bildlich gesprochen könnte der verfügbare Strom die Leitungen fluten.
So wird der Eindruck suggeriert, es gäbe zu wenig Strom.
Was es zu wenig gibt, sind Leitungskapazitäten.
Aber das ist für die Überschrift wohl zu lang.

Das ist mir bewusst. Allerdings bin ich eben der Meinung, dass die Struktur in Deutschland einer guten Planung in allen Regionen nicht zuträglich ist. Das fängt eben damit an, dass laut dem von mir verlinken BNetzA-Berichts in 2021 nicht mal alle, die davon eigentlich betroffen sein müssten, auch entsprechende EE-Ausbauszenarien verwendet haben. Das geht dann soweit, „dass in allen Spannungsebenen bei ca. 91 Prozent der
befragten Verteilernetzbetreiber die Netzpläne vollständig in digitaler Form vorliegen“ haben. Ich will jetzt nicht auf der mangelhaften Digitalisierung herumreiten. Es zeigt allerdings gut Probleme auf, da in solchen Fällen vermutlich dann kein großer VNB die Planung und Steuerung übernimmt (die sind inzwischen eigentlich entsprechend gut aufgestellt).

Habeck in einer Minute zum Thema Energiesicherheit:

Laut Stadtwerke Oranienburg konnte man den Kapazitätsengpass nun kurzfristig mit dem Verteilnetzbetreiber E.DIS (E.ON) lösen.

Es wird sogar ein temporäres Umspannwerk vorbereitet um weiteren Engpässen vorzubeugen.

Für mich (Anwohner im Umland) ist diese Posse ein Sinnbild was schief geht in Deutschland. Über Jahre bahnt sich ein Problem an, aber wird aus Gründen nicht gelöst. Dann kommt es erwartungsgemäß zum Eklat und höhere Ebenen schalten sich ein (hier Landesregierung und Bundesnetzagentur). Und plötzlich findet man ganz schnell und unbürokratisch eine Lösung für das Problem, dass jahrelang unlösbar galt.

Dabei muss man aber auch sagen was für ein Laden die E.DIS ist. Auf die Genehmigung meines Hausanschlusses (Voraussetzung für den Bauantrag) habe ich seinerzeit 6 Monate gewartet. 2 Monate habe ich die Füße still gehalten. Danach habe ich alle zwei Wochen telefonisch nachgehakt. Reagiert wurde erst als ich mit Beschwerde bei der Bundesnetzagentur drohte. Dann ging es aber ganz fix.

Laut meinem Elektriker warten einige Bauherren bei der E.DIS auch mal ein Jahr und auf die Abnahme/Genehmigung ihrer Dach-PV haben Nachbarn über zwei Jahre gewartet. Dabei mussten nur Unterlagen geprüft und ein intelligenter Messzähler installiert werden.

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Ich wohne auch im Gebiet der E.DIS und habe gerade eine kleine PV Anlage (aber größer als Balkonkraftwerk) bekommen. Laut meinem Solarteur, der hier praktisch nur regional verkauft, ist die E.DIS in den letzten Monaten deutlich besser geworden und bearbeitet jetzt alles viel schneller als früher. Der für meine Anlage notwendige Zählerwechsel wird jetzt ca. 6 Wochen nach Meldung erfolgen, was ich noch akzeptabel finde.

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Nochmal auf das Thema Netzausbau zusprechen zukommen. Seit dem 30.04.2024 haben wir nun die erweiterten Netzausbaupläne veröffentlicht . Unteranderem mit Auflistung von Einzelmaßnahmen z.B in der Hochspannung und der Kosten. Diese Netzausbaupläne sind nun deutlich umfassender und transparenter als die davon. Die Pflicht daraus ergab sich einer Änderung des EnWG.
Ich kann nochmals auf den Link verweisen den ich zu vnbdigital reingestellt habe. Dort sind die auch für die edis hinterlegt.
Stellungnahmen sind für Kunden in HS und MS vom 01-05 bis 22.05 möglich.
Grüße

Ich hätte auch einen Beitrag zu dem Thema und packe es mal in diesen Thread rein.

Da ich momentan auf der Suche nach einer neuen Mietwohnung bin, war ich in den letzten Wochen bei zwei offenen Besichtigungen in Neubau-Mehrfamilienhäusern. Schön umweltfreundlich mit Wärmepumpe und KFW 55 oder sogar KFW 40 Standard.
Beide Male wurde ich bei der Nachfrage zur Lademöglichkeit von E-Autos aber erschrocken.
Das erste Mehrfamilienhaus hat eine Tiefgarage mit ca. 15 Stellplätzen und 3 Außenstellplätze. Aber keine einzige Wallbox oder (öffentliche) Ladesäule! Als Grund wurde mir gesagt, dass die Anschlussleistung an der Straße zu gering ist und man keine Ladepunkte genehmigt bekommen hat. Aber nichtmals einen einzigen mit 11 kW? Wahrscheinlich aus dem selben Grund gibt es im Umkreis von bestimmt 1,5 km auch keine einzige öffentliche Ladesäule. Da wäre es ja aller höchste Zeit, was an dem Zustand zu ändern.

Bei der zweiten offenen Besichtigung wurden auf der „grünen Wiese“ neben einer Hauptstraße fünf Mehrfamilienhäuser und ca. 35 Außenstellplätze errichtet und ebenfalls keine einzige Lademöglichkeit. Dort sagte man mir, dass die privaten Stellplätze zu nah an der Hauptstraße liegen, unter der eine Gashochdruckleitung verläuft, weswegen man bei dem zu geringen Abstand keine Ladesäulen aufstellen darf. Es kommen nur 2 öffentliche Stellplätze an der neuen Seitenstraße für eine Ladesäule in Frage; dort hat die Stadt aber auch erstmal nichts vorgesehen, obwohl die nächste öffentliche Ladesäule bestimmt 800 m weit weg ist und künftig ca. 60 Meschen dort leben und bestimmt einer schon ein E-Auto hat oder über die Anschaffung nachdenkt.

Ich denke bzw. befürchte, dass das nicht die einzigen Fälle sind.
Wie kann es sein, dass neue Mehrfamilienhäuser errichtet werden, aber den Bewohnern nicht eine einzige Ladesäule und damit ein mögliches Argument für den Umstieg auf die E-Mobilität zur Verfügung gestellt wird? Sei es jetzt eine eigene Wallbox mit privatem Stromtarif oder eine gemeinsame Ladesäule für etwas mehr €/kWh.
So wird das nichts mehr der Vekehrswende bzw. wird sie unnötig nach hinten verschoben. Und wenn irgendwann mal was nachgerüstet werden sollte muss z.B. erstmal wieder die die gerade neu errichtete Straße aufgerissen werden und damit wird es bestimmt auch nicht grünster. In der neuen Teifgarage wird der Eigentümer auf absehbare Zeit wahrscheinlich gar nichts nachrüsten.

Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht? :slight_smile:

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Es gibt verschiedene Gründe, warum Wallboxen oder öffentliche Ladesäulen nicht möglich sind.
Ältere Bausubstanz samt unzureichender Elektrik in älteren Häusern, Fehlplanung oder örtliche Restriktionen bei Neubauten, oder einfach fehlende Stellflächen.
Oder es will keiner die Investitionskosten übernehmen, erlebe ich auch.

Da sehe ich auch eher das Problem als bei E-Auto selbst. Reichweite und Preis sind eher psychologische oder temporäre Hürden.

Aber mir nützt ein E-Auto wenig, wenn ich es nicht adäquat laden kann.

Es wäre pfiffiger gewesen, eine staatliche Förderung in die Ladeinfrastruktur zu stecken statt in den Verkauf von E-Autos.

Ist ähnlich wie mit dem Deutschlandticket. Minister Wiesmann feiert es als großen Erfolg. Aber es gab kaum Neukunden. Wer keinen alltagstauglichen ÖPNV nutzen kann, kauft kein Deutschlandticket.
Ähnlich E-Auto: wer nicht laden kann, hat kein Nutzen davon.
Auch wenn der Wille zum Umstieg da ist.

Falsche Prioritätensetzung der Regierungen.

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