Strafen für Steuerhinterziehung

Bin heute über diesen Artikel gestolpert. Neues aus der Cum-Ex-Finanzbehörde.

Finde eigentlich nur ich es einigermaßen verstörend, dass bei 100 Mio. EUR aufgedeckter Steuerhinterziehung sich die Geldstrafen und -bußen bloß auf etwa 3 Mio. EUR summieren?

Man stelle sich mal vor Ladendiebstahl würde ähnlich „schwer“ bestraft. Wer eine Ware im Wert von 100 EUR klaut, muss sie zurückgeben und zusätzlich 3 EUR Strafe bezahlen. Klingt doch ziemlich absurd, oder? (Wäre aber vielleicht eine Lösung für das Problem mit den Ersatzfreiheitsstrafen.^^)

Ich denke, da sollte man mal über drastische Erhöhungen nachdenken, damit die Risiko-Nutzen-Abwägung nicht länger eindeutig pro Steuerhinterziehung ausfällt. Mein Vorschlag wäre, zusätzlich zu etwaigen Haftstrafen prinzipiell die hinterzogene Steuerschuld zu verdreifachen, vergleichbar dem, was das Parteiengesetz bei rechtswidrig erlangten Parteispenden vorsieht.

5 „Gefällt mir“

Ich denke da kümmern sich die zuständigen Behörden schon selber drumm…

Wir sind hier immer noch ein Rechtsstaat, du kannst fordern was du willst, es gibt aber Gewaltenteilung und Parlamente die über so etwas entscheiden.

Die angeblichen nicht zu zahlenden 47 MIo Euro sind mittlerweile auch von der Warburg Bank beigetrieben.

Sieht man ja, wie sie sich kümmern. Wer erwischt wird, muss praktisch nur das nachzahlen, womit er erwischt wurde, und kann alles andere behalten.

Was ist das für ein blödsinniges Argument? Natürlich werden Gesetze vom Parlament beschlossen. Deswegen kann ich mich doch trotzdem dafür aussprechen, dass ein Gesetz geändert wird, wenn es absolut ungeeignet ist, wohlhabende Leute von massenhafter, systematischer Steuerhinterziehung abzuhalten. Ansonsten brauchen wir uns hier im Forum gar nicht mehr über Politik unterhalten. Wieso hörst du eigentlich einen politischen Podcast, wenn Politik doch alleine Sache der Parlamente ist?

6 „Gefällt mir“

Bitte freundlich bleiben.

Oder man macht die Steuererklärung zu einem Angebot, dass der Bürger — wirklich — nicht ablehnen sollte:

Man meldet dem Finanzamt sein Bruttoeinkommen X und tritt damit automatisch alle Ansprüche auf Einkommen, die über X hinaus gegangen sind, an den Staat ab.

Fazit: Alle „vergessenen“ Einkommen werden mit einem Steuersatz von 100% versteuert (wenn sie wieder auftauchen). Und die Allgemeinheit freut sich über diese Vergesslichkeit, statt sich über Schwerstkriminelle aufzuregen. :slight_smile: :wink:

1 „Gefällt mir“

Zufälligerweise bin ich Steuerrechtler.

Ich würde einfach mal sagen du liegst falsch!

Es gibt Zinsen und Zinsenszins, Steuerstrafverfahren

Im Zweifel fährst du ein!

Ich denke wenn Scholz etwas nachgewiesen wird, dann fährt er ein.

Du solltest nicht allen Quatsch aus dem Internet glauben ohne nochmal mehrfach selbst darüber nachzudenken.

Bitte freundlich bleiben.

Ja. Passt. Keine weiteren Fragen. :laughing:

Wobei ich jetzt beim Qualitätsjournalismus der MoPo auch generell mal skeptisch bin, ob die Zahlen alle in einem sinnvollen Kontext stehen. So wie der Artikel geschrieben ist bleiben mehr Fragen offen, als beantwortet werden.

Generell schreiben alle Medien, die ich zu dem Thema finden konnte (NDR, MoPo, Radio Hamburg) nur von „100 Millionen zusätzliche Steuern“, die eingetrieben wurden. Das bedeutet nicht, dass es sich dabei um die „Basis“ der hinterzogenen Steuern handeln muss, sondern in diesen 100 Millionen sind vermutlich schon etliche Verspätungszuschläge, Zinsen und co. drin. Da kann einiges zusammen kommen, wenn es um Steuerstraftaten geht, die schon ein paar Jahre zurückliegen (was der Regelfall im Steuerstrafverfahren ist). Die Basis könnte daher ebenso gut bei 30, 60 oder 90 Millionen liegen…

Daher ist schwierig zu sagen, ob die 3 Mio Euro aus Geldstrafen und Bußgeldern viel oder wenig sind. Gerade bei den Geldstrafen muss man berücksichtigen, dass diese nur bei „kleinen“ Vergehen anfallen, während bei größeren Vergehen i.d.R. Haftstrafen auf Bewährung (und bei den ganz großen ohne Bewährung) verhängt werden. Daher ist es sehr schwer, hier zu sagen, ob das Verhältnis okay ist oder nicht. Und natürlich müssen hinterzogene Steuern nachgezahlt werden - wenn das nicht möglich ist, weil das Geld verbraucht wurde, würden auch höhere Geldstrafen wenig bringen…

Tatsächlich sind Steuerstraftaten eine der wenigen Gruppen von Straftaten, bei denen ich nicht grundsätzlich gegen höhere Strafen bin, weil Steuerstraftaten im Gegensatz zu Straßenkriminalität i.d.R. tatsächlich vom Typus des „rationalen Täters“ begangen werden, der Nutzen und Risiken abwägt und sich dann für die Tat entscheidet. Aber die Strafrahmen für Steuerhinterziehung sind eigentlich schon hinreichend hoch.

Der Normalfall der Steuerhinterziehung ist mit einem Strafrahmen bis 5 Jahren vergleichbar mit dem Diebstahl (§ 370 Abs. 1 AO / § 242 StGB), der besonders schwere Fall der Steuerhinterziehung (i.d.R. ab 50.000 Euro; § 370 Abs. 3 AO) ist der Strafrahmen vergleichbar mit Wohnungseinbruchsdiebstahl und ähnlichen Kalibern (6 Monate bis 10 Jahre; § 244 Abs. 1 StGB) und in ganz besonders schweren Fällen (ab 1 Million) ist die gerichtliche Praxis, dass es keine Bewährung mehr gibt, daher 2 Jahre als Minimum festgelegt werden. Das klingt eigentlich nach hinreichend schweren Strafrahmen…

2 „Gefällt mir“

Es geht aber auch die Gefahr des erwischt werdens in die Kalkulation ein. Um so wahrscheinlicher es ist, dass die Hinterziehung auffliegt, desto weniger wird sie auch begangen. Wir brauchen also mehr Steuerfahnder. Leider werden diese in der Regel vom Land bezahlt, die eingetriebenen Steuern fließen größtenteils aber an den Bund.

Und dann gibt es da natürlich noch die Steuerfahnder Affäre.

2 „Gefällt mir“

Stimmt, die ist wirklich unfassbar, danke dafür:

Den Steuerfahndern wurde in nahezu wortgleichen Gutachten eine eindeutige „paranoid-querulatorische Entwicklung" oder auch eine Anpassungsstörung attestiert. Der chronische Verlauf und die Unheilbarkeit mache die Steuerfahnder für alle Zeiten dienstunfähig, auch im Sinne der Teildienstunfähigkeit, Nachuntersuchungen wurden als zwecklos dargestellt.

Die fünf Beamten wurden im Dezember 2015 in letzter Instanz juristisch rehabilitiert.
Der Psychiater und Gutachter […], wurde in allen Fällen zu Schadensersatz verurteilt.

Wenn man einem Land lebt, in dem ordentliche, fleißige Beamte (die wir uns ja eigentlich sehnlichst wünschen) als paranoide Querulanten aus dem Dienst „gejagt“ werden, braucht man sich auch über Nichts mehr wundern.

3 „Gefällt mir“

Nein, die wurden freiwillig in vorauseilendem Gehorsam von der Warburg-Bank beglichen.
Als Steuerrechtler dürfte dir der Unterschied, bezogen auf laufende und zukünftige Strafverfahren, geläufig sein.