Steuerverweigerung aus Gewissensgründen

Und dafür kannst Du bei der nächsten Wahl die Regierungspartei(en) mit Deiner Stimmabgabe bestrafen. Und vor der nächsten Wahl gibt es zusätzlich mannigfaltige Protestmöglichkeiten, um Einfluss auf die Regierung bzw. auf die Wähler zu nehmen.

Aber Du kannst eben nicht beschließen, dass Du mit Deinem Steuergeld ab jetzt nur noch die Teilmenge staatlichen Handelns bezahlst, welche Dir persönlich gefällt. Das wäre Reichsbürger-Logik.

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Reichsbürger stützen sich nicht auf das Grundgesetz, sie sehen weder das Grundgesetz noch die Bundesrepublik als legitim an.

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ist gering da das Sondervermögen Schulden sind.
Das beste Argument keine Steuern zu zahlen, hätten rechte Gruppierungen, werden mit deren Steuergeldern doch Ausstiegsprogramme aus rechten Gruppierungen finanziert.

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Das wird aber scherlich als Gewissensentscheidung iSd Grundgesetzes durchgehen. Ich sehe da einen Unterschied. Auch wenn ich im Ergebnis bei Euch bin, dass so etwas aus guten Gründen nicht geht. Steuern sind idR nicht zweckgebunden.

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Legal ist das offensichtlich nicht. Je nach Standpunkt könnte man den Steuerstreik natürlich trotzdem für moralisch legitim halten, wenn man bereit ist, alle rechtlichen Konsequenzen zu tragen. Aber da Steuern, wie hier bereits gesagt, ja nicht spezifisch für Krieg erhoben werden, ist auch das etwas wackelig.

Mich würde aber auch interessieren, wie man das praktisch umsetzt? Die meisten Steuern werden ja einfach automatisch irgendwo einbehalten (bzw. Verkaufssteuern auf den Preis aufgeschlagen).

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Die Aktivisten werfen Israel einen Genozid vor. Und der IGH sieht das Begehen eines Genozids als plausibel an. Bis ein Genozid nachgewiesen oder ausgeschlossen werden konnte, vergehen meist Jahre. Es ist fragwürdig, ob Israel den Forderungen des IGH ausreichend nachgekommen ist, alle in seiner Macht liegenden Maßnahmen zu ergreifen, um einen potenziellen Genozid zu verhindern. siehe: Sofortige Genozid-Präventionsmaßnahmen Israels?

Jedes Gericht, dass einen Strafprozess führt, sieht es als plausibel an, dass die Straftat begangen wurde - sonst gäbe es keinen Prozess. Dennoch gilt der Grundsatz, dass Angeklagte bis zum Nachweis ihrer Schuld als unschuldig gelten. Deine Argumentation ignoriert diesen Rechtsgrundsatz vollkommen - leider kein Einzelfall bei diesem Thema.

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Hier gelten doch völlig andere Prinzipien als im Strafprozess. Es verteidigt sich nicht ein individueller Mensch gegen mögliche Verurteilung und Strafe - bis hin zu lebenslanger Haft - für eine vergangene Tat. Hier ist ein Staat angeklagt, der nicht Grundrechtsträger ist sondern Grundrechte zu beachten hat. Zudem hat er sich in Ausübung seiner Hoheitsrechte entschieden, die Genozid-Konvention anzuerkennen. Natürlich ist Vorverurteilung trotzdem zu vermeiden, aber die Vorzeichen sind umgekehrt. Es gibt auch keine den strafrechtlichen Sanktionen gleichkommenden Durchsetzungsinstrumente im Völkerrecht, denen der angeklagte Staat ausgeliefert ist.

Viel wichtiger ist aber doch, dass das Geschehen, das Gegenstand des Prozesses ist, immer noch andauert. Deswegen muss die Prävention bei der politischen und moralischen Bewertung viel mehr im Mittelpunkt stehen, solange das noch geht. Und hier kommt dann eine Folgenabwägung zum Tragen. Je schwerwiegender und plausibler der Vorwurf, desto dringender ist zu handeln (unabhängig von dieser konkreten Frage der Steuerverweigerung, die ja aus mehreren Gründen etwas abwegig als Mittel erscheint). Auf der anderen Seite muss man ausloten, welche Maßnahmen Israel unter Anerkennung seines Verteidigungsrechts zuzumuten sind. Israel interpretiert das soweit ersichtlich maximal eng und es scheint mir mindestens sehr zweifelhaft, dass es damit der Anordnung des IGH nachkommt. Dass im Hauptsacheverfahren ein anderes Ergebnis herauskommen könnte, ist jedenfalls allein keine ausreichende Begründung, um nicht fast alles zu unternehmen, um ein so großes Verbrechen wie einen Genozid zu verhüten oder zu beenden. Wenn nicht einmal die Anordnung von einstweiligen Maßnahmen durch den IGH uns als ganz deutliches Stopschild dienen soll, was bitte dann?

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Natürlich läuft das Verfahren im Detail anders als ein normaler Strafprozess, aber „umgekehrtes Vorzeichen“ würde ja bedeuten, dass es eine Schuldvermutung gibt - dass also ein vor dem IGH angeklagter Staat allein durch die Behandlung der Klage als schuldig anzusehen ist. Das würde ja Deiner Aussage widersprechen, dass eine Vorverurteilung zu vermeiden ist.
Auch was die Prävention angeht, ist das Argument nicht stichhaltig: Der IGH war ja offensichtlich nicht so überzeugt von der These, dass Israel tatsächlich einen Genozid begeht, sonst hätte es drastischere Maßnahmen angeordnet, etwa eine sofortige Beendigung des israelischen Militäreinsatzes.
Mein Punkt war ja auch gar nicht so sehr die rechtliche Einordnung, sondern der Widerpruch gegen das Argument, dass es legitim sei von einem Genozid Israels zu sprechen nur weil der IGH darüber verhandelt.

So meinte ich es natürlich nicht, war zugegeben schlecht formuliert. Ich kenne die genaue Ausprägung des Grundsatzes des fairen Verfahrens im Völkerrecht auch nicht.
Der ganze grundrechtliche, politische und moralische Rahmen ist aber umgekehrt, da es bei der Anklage um den Schutz von Menschen vor dem Staat geht. Was daraus im Einzelnen folgt, ist schwierig zu sagen. Ich würde gerade im Rahmen der Prävention aufgrund dieser Stoßrichtung der Grundidee mehr Spielraum für Maßnahmen sehen, die auf Verdacht oder Gefahr gestützt sind. Jedenfalls aber würde ich diesen Kontext nicht als bloßes Detail bezeichnen.

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Dass nicht jeder vorstellbare militärische Einsatz Israels in Gaza einen Genozid befürchten ließe, sollte klar sein. Und natürlich sind die Folgen der Anordnung auf beiden Seiten im Auge zu behalten. Mit einer so drastischen Maßnahme hätte er Israels Recht auf militärische Verteidigung de facto suspendiert. Beides ändert aber nichts daran, dass ein „real and imminent risk that irreparable prejudice will be caused to the rights“ (Rn. 74 des Urteils, gemeint ist das Recht der palästinensischen Bevölkerung in Gaza auf Schutz vor Genozid) durch Handlungen im Zuge dieses Einsatzes für plausibel gehalten wurde.
Ich geb Dir recht, dass in der Diskussion die infrage stehenden Handlungen genauer benannt werden sollten (das Urteil enthielt Anordnungen bzgl. öffentlichen Genozid-Aufrufen, Gewährleistung grundlegender Versorgung und Verhinderung von genozidalen Taten durch das Militär). „Genozid“ sollte man nicht leichtfertig in den Mund nehmen, noch weniger ggü. Israel. Es gibt aber diese Einschätzung des IGH und es ist mMn auch offenkundig, dass jede Verschärfung oder Ausdehnung militärischer Handlungen in dem Gebiet, besonders angesichts der den israelischen Verantwortungsträger:innen bekannten dramatischen Versorgungslage, vorläufig und grundsätzlich erstmal das Risiko erhöhen dürfte, dass dies als genozidaler Akt zu bewerten ist.

Mein Punkt war auch nicht die rechtliche Einordnung, sondern dass der zuständige und fähige IGH nach vorläufiger rechtlicher und tatsächlicher Einschätzung, die wir nicht besser beurteilen können, ein Risiko eines Genozids sieht. Er ordnet deshalb zur Prävention bestimmte Maßnahmen an. Israels Anstrengungen zur Umsetzung sind überschaubar, weshalb diese Gefahr nicht aus der Welt geräumt ist. Angesichts dieser Sachlage bei der Erwähnung der Genozid-Gefahr oder des Genozid-Vorwurfs in einer Argumentation so schnell eine Vorverurteilung zu wittern, sogar wenn der in Bezug genommene Vorposter ausdrücklich schreibt

find ich nicht treffend.

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Wer in Deutschland keine Steuern zahlen möchte, kann das Land bis 30.06. verlassen. Auch das unterscheidet Deutschland von den USA.

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Es geht nicht darum, keine Steuern zahlen zu wollen. Es geht darum, ob sich die Grundgesetzliche Gewissensfreiheit neben der direkten Kriegsbeteiligung (durch Kriegsdienst), auch auf indirekte Beteiligung an Kriegen (durch etwaige steuerliche Finanzierung) anwenden lassen würde.

Nach dieser Logik, wäre es hinfällig über (verfassungs)rechtliche Auslegung zu diskutieren.

Was machen sie mit dem Geld? Geben sie es Leuten, die armen Kindern helfen? Oder zahlen sie einfach keine Steuern?
Man kann grundsätzlich darüber diskutieren ob Steuergelder richtig verwendet werden. Nur meistens erschöpft sich das Thema schnell, weil man feststellt, dass es doch nicht so einfach ist.
Wenn die USA Israel nicht mehr unterstützen, ist es vermutlich bald von der Landkarte verschwunden.
Ein Großteil der Bevölkerung kennt nur den Kriegszustand. Dass die sich Frieden nicht vorstellen können, ist auch nicht überraschend. Erst wenn die islamischen Gruppen ihre Feindschaften beerdigt haben, wird es soweit sein, dass sie in der Lage sein werden, über Frieden in Israel sich Gedanken zu machen.
Nach dem Motto der Freund meines Feindes ist auch mein Feind hat die Hamas im letzten Oktober friedlich lebende Israelis getötet, vergewaltigt, entführt.
Israel reagiert gerade über, aber die Nachbarn sorgen auch dafür, dass dieses Land seit Jahrzehnten keinen Tag verbringt ohne sorgenvoll über die Grenzen zu blicken.

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Das finde ich eine sehr abenteuerliche Argumentation.In Artikel 12a des Grundgesetzes geht es ja explizit um den „Kriegsdienst an der Waffe“, also um die Frage, ob Grundrechtsträger zu diesem Dienst gezwungen werden dürfen. Schon das Leisten eines Ersatzdienstes (der im Falle eines Krieges ja durchaus auch wichtige Funktionen zu dessen Unterstützung umfassen könnte) sieht der Artikel Explizit vor. Vom Recht einer Verweigerung von Steuern aufgrund beliebiger Gewissensentscheidungen ist im Grundgesetzt einfach keine ede. Die Ableitung ist daher ungefähr so „logisch“ wie zu sagen, dass der Staat mir wegen meines Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit täglich kostenlos mein Lieblingsessen zubereiten und liefern muss.

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Das als eine beliebige Gewissensentscheidung abzutun, ist sehr kurzsichtig. Es gibt ein Risiko, dass tausende Zivilisten getötet oder versehrt werden. Es geht darum, ob Deutsche zu einer impliziten finanziellen Beteiligung daran gezwungen werden können, selbst wenn das gegen die Gewissensfreiheit verstößt.

Und die Rechten möchten dann keine Steuern für Flüchtlinge zahlen mit der Begründung, dass ohne Leistungen für geflüchtete sich weniger Menschen auf den Weg nach Europa machen würden und somit Menschenleben gerettet werden.

Wo will man mit sowas denn anfangen und wo aufhören und wie direkt muss ein Zusammenhang sein?

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Absolut, dazu kommen noch die pragmatischen Argumente:

Die Umsatzsteuer wird auch zur Finanzierung von Kriegen verwendet. Soll man jetzt ein Recht haben, Umsatzsteuerfrei einzukaufen?

Der wichtigste pragmatische Grund ist aber einfach, wie schon oft erwähnt wurde: Es wäre der Untergang des gesamtes Staates, und das ist keine Übertreibung. Was glaubt ihr, wie viele Menschen plötzlich glühende Pazifisten würden, wenn man darüber eine Steuerbefreiung erreichen könnte?!? Es ist ein typischer Fall, indem selbst wenn man juristisch zu der Entscheidung käme, dass eine Steuerverweigerung aus Gewissensgründen theoretisch begründbar wäre (also eine zulässige Auslegung), dies niemals die in der Praxis verwendete Auslegung werden würde. Eben weil es ein staatsgefährdendes Missbrauchspotenzial birgt.

Man könnte natürlich argumentieren, der Staat könnte verpflichtet sein, dafür zu sorgen, dass Steuergelder von Pazifisten nicht für das Militär ausgegeben werden dürfen, aber das ist eben nicht praktikabel, weil alle Steuergelder zusammen in einen Topf fließen und nicht mehr gesagt werden kann, welcher Euro von wem kommt. Eine solche Verpflichtung wäre daher sinnlos / nicht praktikabel. Denn eines muss doch klar sein: Selbst wenn wir zu der Erkenntnis kommen würden, dass man einen Pazifisten nicht zwingen darf, Steuern für Kriegsgüter zu zahlen, wäre das Ergebnis nicht, zu sagen: „Okay, dann muss der Pazifist weniger Steuern zahlen“, sondern das Ergebnis wäre allenfalls: „Okay, dann zahlt der Pazifist eben die gleiche Summe an Steuern (die sich an seiner Leistungsfähigkeit bemisst!) für andere Dinge“…

Also wäre den Pazifisten wirklich geholfen, wenn wir sagen würden:
„Okay, deine Steuern fließen zu 100% in die Rentenkasse, daraus wird der Bundeszuschuss bezahlt, dafür fließen die Steuern vom Rest der Bevölkerung eben zu einem höheren Anteil in’s Verteidigungsministerium!“

Das Resultat wäre doch immer ein Nullsummenspiel, also für alle Beteiligten nur mehr Arbeit ohne jeden Nutzen. Nie wäre das Resultat, dass der Pazifist weniger Steuern zahlen müsste, denn das wäre generell ungerecht, da der Anteil, mit dem der Pazifist zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen wird, einzig von seiner Leistungsfähigkeit bestimmt wird.

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Das Wort beliebig richtet sich, wie @pbf85 schon ausgeführt hat, ja nicht inhaltlich gegen einen bestimmten Grund, sondern meint, dass dann natürlich auch andere Menschen ihre Gewissensgründe geltend machen können. Gute Gründe (Umwelt, Nachhaltigkeit etc.) ließen sich sicher zuhauf finden und wie @Daniel_K schon richtig sagt: Man ahnt nicht, wie „wichtig“ diese Gründe auf einmal Menschen werden würden, wenn es dazu beiträgt, dass sie weniger Steuern zahlen müssen

Steuern sind daduch definiert, dass sie nicht zweckgebunden erhoben werden und dass der Gesetzgeber darüber entscheidet, wie sie ausgegen werden. Nicht nur aus den genannten Gründen wäre eine Aufweichung dieses Prinzips fatal.

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Es fängt ja schon in der Grundfrage was gute Gründe sind und was nicht an. Das ist ja sehr subjektiv.