Steuermodell nach Josef Rick

Es geht um Besteuerung der Reichen und Entlastung der Anderen.

Nach Josef Rick sollen die reichsten 10% der Bevölkerung 35 % Steuern zahlen auf alle Einkommen plus weitere Steuereinnahmen (entspricht laut seiner Rechnung 955 Mrd €)

Die unteren 90 % der Bervölkerung müssten keine Einkommenssteuern zahlen.
In Folge müssten diese dann auch keine Steuererklärung mehr machen.

Quelle: Mythos Aufstieg - Wie schaffen wir eine gerechtere Gesellschaft? - ZDFmediathek (Mit Einleitung ab 36:36 zum Modell ab 39:29)

Auch wenn dann wahrscheinlich die untern 90 % trotzdem besteuert werden, weil mehr Geld ist mehr Geld.

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Als ergänzende Quelle für diejenigen, die lieber lesen als lange Videos zu schauen:

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Das Modell würde die Steuerverteilung komplett auf den Kopf stellen. Ob das im Endeffekt als gerecht wahrgenommen wird, mag ich bezweifeln, weil es massiv die „Mittelschicht“ trifft.

Die Einkommens- und Lohnsteuer machen zurzeit ca. 350 Mrd aus. Davon ca. 50% von den oberen 10%. Das würde massiv erhöht werden. Klingt erst mal gut. Aber:

Man darf hier nicht vergessen, dass die Einkommens- und erst recht die Vermögensverteilung nicht einer Gaußen Glockenkurve folgt, sondern eher einer Exponentialverteilung. Das führt zu wenig intuitiven Effekten, die einen leicht auf die falsche Spur locken.

Die „oberen 10%“ fangen schon bei ca. 3700 Netto an, also je nach Lebenssituation vielleicht 6000 Euro Brutto. Das erreicht man heute schon als Berufsanfänger nach einem Ingenieurstudium oder als langjähriger Facharbeiter mit entsprechenden Schichtzuschlägen in einem Industriebetrieb. Wenn man dann mit Sozialabgaben 60% und mehr Abzüge hat, tut das weh, insbesondere in teuren Gegenden wie München. Und natürlich insbesondere dann, wenn man dann über diese Grenze rutscht.

Über die Lebensspanne hinweg, fangen viele Menschen als Auszubildende oder Studenten vielleicht irgendwo im 30er Perzentil an und arbeiten sich ins 90er Perzentil vor. Wenn man gut ist vielleicht auch ins 95er.

Was man so landläufig als „reich“ bezeichnet, z.B. Einkommensmillionäre, ist in Deutschland relativ selten. So gibt es nur ca. 27000 Einkommensmillionäre, so wie seinerzeit der Herr Rick. Das sind eher die oberen 0.05%, also das 99.95 Perzentil. Ja, die werden auch getroffen. Der große Aufschrei wird aber von den anderen 9.95% kommen.

Die Umsatzsteuer wäre nur noch knapp ein Drittel des heutigen Wertes. Das würde vermutlich ärmere Schichten deutlich mehr entlasten als der Wegfall der Einkommenssteuer.

Die anderen Verbrauchssteuer wären ungefähr wie jetzt. Die Körperschafts- oder Grunderwerbssteuer taucht nicht mehr auf? Dafür sind Erbschaftssteuer etwas mehr und die Vermögenssteuer neu. Das dürfte sich für die Mittelschicht ungefähr wegmitteln, aber massive Irritationen auslösen.
Die Oberschicht würde etwas belasten. Für untere Schichten sind diese Steuerarten sowieso nicht relevant.

Eine nützliche Quelle dazu:

Ich wäre mit so massiven Änderungen vorsichtig. Da ist maximal disruptiv, die Seiteneffekte unkalkulierbar. Verluste auf der einen Seite (die es massiv geben wird) werden deutlich relevanter wahrgenommen, als Gewinne an anderer Seite.

Ich wäre pragmatisch: Man kann sich durchaus ein anderes System vorstellen, sollte aber in mehreren, kleineren Schritten dort hin arbeiten. Kleinere Änderungen haben den Vorteil, dass sie leicht korrigierbar sind, sollte es zu ungewollten Seiteneffekten kommen.

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In dem verklinkten Artikel von RP spricht Herr Rick von Einkommen ab 200.000 €.
In dem von dir verlinkten Dokument, steht unter 2.2, dass die oberen 10 % über 104.000 € Einkünfte haben. Damit sind weit aus weniger Menschen betroffen und auch eher die von dir erwähnten Berufsanfänger oder Facharbeiter.

Wie kommst du auf die Zahlen von 3700 Netto?

Außerdem sieht das laut iwkoeln.de die Einkommensverteilung aus wie eine Gauße Glockenverteilung.

Klingt nach der Quote, die das auch von der genannte Institut der deutschen Wirtschaft vor ein paar Jahren mal als Nettoeinkommen für Singles genannt, ab dem diese zu den oberen 10% gehören. https://www.stepstone.de/magazin/artikel/ab-wann-ist-man-reich

Für Familien und heutzutage sind die Zahlen höher. In https://www.iwkoeln.de/studien/judith-niehues-maximilian-stockhausen-aktuelle-trends-und-herausforderungen-fuer-die-verteilungspolitik.html steht unter „6 Einkommensreichtumsquote“, dass es laut Microzensus 2023 für Singles 4.158 Euro im Monat und für eine Familie bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren 8.732 Euro im Monat waren.

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Ja. Das ist richtig.

Die von dir verlinkte Studie ist aber nur bedingt damit zu vergleichen. Die 8.732 Euro „einkommensreich“ sind anderes definiert (200% vom Durchschnitt). Weiter unten im Text steht ja, dass sind dann eher die oberen 8% (ist Ostdeutschland oberen 5%).

Nein. Dass ich keine Normalverteilung, auch wenn das auf den ersten Blick so aussieht. Bei einer Normalverteilung ist der Peak beim Durchschnitt und fällt auf beiden Seiten gleichmäßig ab. Das sieht hier nur so aus, weil die Grafik bei 7000 Euro abgeschnitten ist. Das ist ungefähr der Bereich, den man vielleicht als „Mittelstand“ bezeichnet. Wenn auch dann obere Mittelstand bei 7000. Aber es gibt viele Menschen, die verdienen mehr. Viel mehr.

Würde man man die X-Achse bis - sagen wir 700.000 Euro pro Monat verlängern (das ist noch längt nicht das Maximum) - wäre die Grafik 100 mal so breit skaliert. Es gäbe immer noch etliche Menschen, die die Kurze leicht über der Nulllinie halten. Dann wäre der Peak bei ca. 2700 Euro auf einer A4 Skalierung eine fast senkrechte Linie am linken Rand. Eine typische Exponentialverteilung.

Die Einkommenssumme der rechte Seite vom Peak ist auch viel größer als auf der linken Seite. Dieser „Long Tail“ wird von vielleicht 0.1 - 1% der Menschen in Deutschland „bevölkert“.