Das Modell würde die Steuerverteilung komplett auf den Kopf stellen. Ob das im Endeffekt als gerecht wahrgenommen wird, mag ich bezweifeln, weil es massiv die „Mittelschicht“ trifft.
Die Einkommens- und Lohnsteuer machen zurzeit ca. 350 Mrd aus. Davon ca. 50% von den oberen 10%. Das würde massiv erhöht werden. Klingt erst mal gut. Aber:
Man darf hier nicht vergessen, dass die Einkommens- und erst recht die Vermögensverteilung nicht einer Gaußen Glockenkurve folgt, sondern eher einer Exponentialverteilung. Das führt zu wenig intuitiven Effekten, die einen leicht auf die falsche Spur locken.
Die „oberen 10%“ fangen schon bei ca. 3700 Netto an, also je nach Lebenssituation vielleicht 6000 Euro Brutto. Das erreicht man heute schon als Berufsanfänger nach einem Ingenieurstudium oder als langjähriger Facharbeiter mit entsprechenden Schichtzuschlägen in einem Industriebetrieb. Wenn man dann mit Sozialabgaben 60% und mehr Abzüge hat, tut das weh, insbesondere in teuren Gegenden wie München. Und natürlich insbesondere dann, wenn man dann über diese Grenze rutscht.
Über die Lebensspanne hinweg, fangen viele Menschen als Auszubildende oder Studenten vielleicht irgendwo im 30er Perzentil an und arbeiten sich ins 90er Perzentil vor. Wenn man gut ist vielleicht auch ins 95er.
Was man so landläufig als „reich“ bezeichnet, z.B. Einkommensmillionäre, ist in Deutschland relativ selten. So gibt es nur ca. 27000 Einkommensmillionäre, so wie seinerzeit der Herr Rick. Das sind eher die oberen 0.05%, also das 99.95 Perzentil. Ja, die werden auch getroffen. Der große Aufschrei wird aber von den anderen 9.95% kommen.
Die Umsatzsteuer wäre nur noch knapp ein Drittel des heutigen Wertes. Das würde vermutlich ärmere Schichten deutlich mehr entlasten als der Wegfall der Einkommenssteuer.
Die anderen Verbrauchssteuer wären ungefähr wie jetzt. Die Körperschafts- oder Grunderwerbssteuer taucht nicht mehr auf? Dafür sind Erbschaftssteuer etwas mehr und die Vermögenssteuer neu. Das dürfte sich für die Mittelschicht ungefähr wegmitteln, aber massive Irritationen auslösen.
Die Oberschicht würde etwas belasten. Für untere Schichten sind diese Steuerarten sowieso nicht relevant.
Eine nützliche Quelle dazu:
Ich wäre mit so massiven Änderungen vorsichtig. Da ist maximal disruptiv, die Seiteneffekte unkalkulierbar. Verluste auf der einen Seite (die es massiv geben wird) werden deutlich relevanter wahrgenommen, als Gewinne an anderer Seite.
Ich wäre pragmatisch: Man kann sich durchaus ein anderes System vorstellen, sollte aber in mehreren, kleineren Schritten dort hin arbeiten. Kleinere Änderungen haben den Vorteil, dass sie leicht korrigierbar sind, sollte es zu ungewollten Seiteneffekten kommen.