Da ihr das Thema ja ausführlich behandelt habt. Der Untersuchungsbericht ist jetzt da und man könnte dies kurz als Update bringen.
Ergebnis: Nicht erneuerbare Energien und auch kein Cyberangriff waren die Ursache – stattdessen führte eine unkontrollierte Überspannung im Netz zu einer Kettenreaktion von Schutzabschaltungen. Diese Überspannung war durch mehrere Faktoren ausgelöst: Zum einen habe der Netzbetreiber Red Eléctrica die Stromproduktion nicht mit der nötigen Vorsicht geplant. Insbesondere für die Mittagsstunden fehlten ausreichende Kapazitäten zur dynamischen Spannungsregelung. Es waren also zu wenige Kraftwerke mit rotierender Masse am Netz, um Schwankungen abzufedern – nur am frühen Morgen waren genügend Regelreserven eingeplant, zur kritischen Mittagszeit hingegen nicht. Zum anderen hätten sich Betreiber konventioneller Kraftwerke also Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke, Atomkraftwerke und Wasserkraftwerke – unsachgemäß verhalten, wie Spaniens Vizeregierungschefin und Umweltministerin Sara Aagesen berichtete. Die konventionellen Kraftwerke nahmen demnach nicht genügend Überspannung aus dem Netz auf, wie es ihre Aufgabe gewesen wäre. Einige Anlagen koppelten sich wegen der hohen Spannung sogar vom Netz ab – obwohl sie das laut Systemvorgaben gar nicht hätten tun dürfen.
Schön, das das nun raus ist. Das Problem ist:
Die Kampagne gegen Erneuerbare Energien, die im Zuge dieses Stromausfalls gelaufen ist, haben alle mitbekommen - und dieser Bericht wird maximal eine Randnotiz werden. Würde man in zwei Wochen eine groß angelegte Befragung machen, was Schuld am Stromausfall war, bin ich mir ziemlich sicher, dass immer noch ein signifikanter Teil der Befragten - wenn nicht sogar die Mehrheit - „Erneuerbare Energien“ als Ursache angeben werden.
Die Korrektur einer falschen Meldung kann eben immer nur einen Bruchteil des angerichteten Schadens ausgleichen.
Wobei das natürlich eine Sache ist, die diejenigen, die die Kampagne gegen Erneuerbare Energien gefahren haben, jetzt betonen werden: „Es waren also doch die Erneuerbaren schuld, weil die standardmäßig keine rotierenden Massen haben!“. Und ein gewisser wahrer Kern ist da natürlich dran - aber die rotierenden Massen kann man mWn auch mit erneuerbaren Energien betreiben, sie sind halt nur für vor allem Solarkraft im Vergleich zu fossilen Energien nicht zwingend notwendig. Insofern können wir aus dem Fall in Spanien zumindest etwas lernen. Daraus abzuleiten, die Erneuerbaren seien ein Problem, ist dabei natürlich grundfalsch.
Klar kann man rotierende Massen auch mit PV betreiben. Aber das wäre mal wieder eine Frage des Netzausbaus. Es ist halt Fakt, dass wir für den Stand der Erzeugungstransformation mit weit dem Netzausbau weit zurück sind.
Verantwortlich wäre daher entweder nun die Netze entsprechend schnell auszubauen oder die Transformation der Erzeuger anzupassen. Ersteres wäre mir lieber, aber letzteres wird wohl realistisch notwendig sein. Dafür wird der Gap dank Nimbys und Bürokratie langsam zu groß.
Vor einer Weile habe ich beruflich mit einem Übertragungsnetzbetreiber gesprochen. Dort sprach man von 3-5 Jahren allein für Genehmigungen eines Trassenabschnitts. Und dann weitere 2-3 Jahre für die Realisierung inklusive Beilegung von weiteren Klagen und Protesten. Das ist viel zu langsam. So wird die Energiewende zur Gefahr.
Ich habe eigentlich nach dem Stromausfall in Spanien keine Kampagne gegen EE bemerkt, obwohl ich durchaus auch auf einschlägigen Medien unterwegs bin (Fokus, Welt, …; ich halte wenig von einseitiger Themenbetrachtung).
Trügt mich meine Erinnerung so stark?
Der Tenor, den ich in Erinnerung habe, war immer, EE haben die Neigung, das Netz zu destabilisieren (was ein Fakt ist, aber in der Theorie kein Problem), sind aber im konkreten Fall eher unwahrscheinlich die Ursache für den Stromausfall.
Das ist so als Aussage nicht korrekt. Es fehlt der Zusatz, wenn man einen technisch und wirtschaftlich umsetzbaren Plan statt einer Ideologie hat [… gel. Mod].
Deutschland steht im Vergleich zu Spanien da wesentlich besser da. Spanien liegt halt am Rand Europas und wir in der Mitte. Insofern ist das kein deutsches Problem. Hier geht es eher darum, dass im Süden Strom aus dem Ausland eingekauft werden muss, während er gleichzeitig im Norden ans Ausland verschleudert werden muss.
Spanien und Frankreich wollen aber auch jetzt mehr Leitungen bauen.
Wenn man nur Überschriften liest wurden die EE aber gerne als Catcher verwendet, wo dann schon eine Grundhaltung mitspielt bzw. angesprochen werden sollte.
Ist ja immer so. Wer Artikel ganz liest ist schlauer, als der der Überschriften konsumiert.
Ja möglich. Dann ist es aber eher ein Versagen an anderer Stelle.
Technisch können EE ja sehr wohl Netzstabilität bereitstellen, dass es bei Windrädern keine rotierenden Massen gibt, dem wird wohl auch kaum jemand zustimmen können. Bei Solar kann man es über die Elektronikseite regeln.
Es handelte sich wohl um Fehlsteuerung und Missmanagement bei konventionellen Kraftwerksbetreibern. Cybersttacken wurden ausdrücklich ausgeschlossen, mit Erneuerbaren Energien hatte es wohl auch nicht wirklich was zu tun. Weil ihr damals berichtet habt, wäre vielleicht gut, den Abschlussbericht aus Spanien nochmal kurz aufzugreifen.
Das ist meiner Meinung nach nur halb korrekt. Ja es ist richtig, dass Deutschland in der Mitte Europas den Vorteil hat viel stärker vernetzt zu sein und damit mehr Trägheit im Netz hat. Das macht die Netzsteuerung wesentlich robuster.
Dennoch, wenn bei uns Lastspitzen auftreten, die durch unsere Nachbarn aufgefangen werden, dann heißt das nicht, dass es kein Problem gibt, sondern dass wir das Problem zu unseren Nachbarn verschieben, die sich dann damit herumschlagen. Das diluted das Problem zwar normalerweise, kann aber auch trotzdem von Zeit zu Zeit Probleme erzeugen.
So bauen unsere Nachbarn aktuell teils an physischen Trennungen vom deutschen Netz, um sich notfalls abzukoppeln. Polen und Tschechien betreiben dazu bereits Phasenschieber. In den Niederlanden, Frankreich, Österreich und Schweden gab es in der Vergangenheit schon Diskussionen darüber.
Praktisch stabilisieren klassische Windräder das Netz nicht. Grund ist, dass das Netz nichts von den rotierenden Massen „weiß“, weil der Generator nicht direkt ins Netz einspeist.
Moderne Windräder können das aber, wenn ich das richtig verstehe, elektronisch, und können zumindest einen Beitrag zur Netzstabilisierung beitragen.
Ich glaube aber nicht, dass die im Artikel beschriebenen Technologien schon großflächig verfügbar sind. Das liest sich eher nach Jugend forscht.
Naja man baut ja im großen Stile Statcom und enhanced Statcoms sowie Supercaps Anlagen, um kurzfristige Frequenz - und Spannungsschwankungen abzufedern. Das simuliert die rotierenden Massen durch Powerelektronik.
Aber eben vor allem in Deutschland. Die anderen Länder hängen da deutlich hinterher. Ergo ist da Deutschland besser aufgestellt. Auch durch den Aspekt, dass Deutschland schon sehr weit im HVDC (HGÜ) Bereich ist.
Das steht außer Frage. Aber würdest du sagen, dass das Grid in Deutschland den Herausforderungen entsprechend abgesichert ist oder hinkt der Netzausbau dem Ausbau der Erzeuger nicht meilenweit hinterher?
Nur weil andere Staaten mit oft weniger EE-Ausbau ein weniger abgesichertes Grid haben, ist unser Ausbaustand nicht automatisch gut und sicher.
Sicherheit muss sich an absoluten Größen orientieren, nicht daran, ob wer anders schlechter ist.
Die Kampagne gegen die EE in Spanien ist noch nicht vorbei. Der schwer in Bedrängnis geratene Netzbetreiber, der wohl zu wenig Regelenergie eingekauft hatte, und als sich eines der zehn reservierten Kraftwerke sich noch am Vortag aus technischen Gründen abmeldete, keinen Ersatz verpflichtete, behauptete bei Veröffenlichung des Regierungsberichts ganz schnell, es sei eine bestimmte PV-Anlage in Badajoz gewesen, die größte europäische Anlage, die den Ausfall verursacht hätte. Eigentlich ist diese Behauptung schon für sich genommen falsch, denn die Netzplanung muss immer sicherstellen, dass der Ausfall eines Kraftwerks noch nicht zum Zusammenbruch führt. Nur der unwahrscheinliche Fall, dass es in kurzer Zeit zwei oder mehr Großanlagen sind, muss nicht abgesichert werden.
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, eine Momentanreserve darzustellen: Man kann rotierende Synchronmaschinen, wie sie typischerweise in Wasser- und Wärmekraftwerken laufen, hernehmen, oder man macht es elektronisch. Eine dritte Variante, die aber weltweit noch nicht oft realisiert wurde, sind rotierende Massen ohne Kraftwerk. Das sind dann magnetgelagerte, in evakuierten Gefäßen laufende Rotoren, die ohne Last fast keine Energie verlieren.
Es gibt also technische Lösungen für das Problem, das durch die neuen Stromerzeuger entsteht. Man muss sie nur entwickeln und einsetzen. Die Reaktion „Wenn das neue Probleme macht, dann gehen wir doch zurück zum alten bewährten“ wäre jedenfalls die falsche. Schließlich macht das alte nicht lösbare Probleme in der Atmosphäre, und das hätte schon gestern beendet werden müssen.