Sozialverischerung bei Selbstständigen

Zum Thema Sozialverischerung bei Selbstständigen / an KapGes beteiligte:

Es gibt ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung, bei der Selbstständige Ihren Sozialversicherungsstatus feststellen lassen können und damit Rechtssicherhiet im Vorfeld erlangen können.

Der Notar ist da bei der Gründung definitv der falsche Ansprechpartner. In der Regel weißt einem auch jeder Steuerberater bei der Gründung auf das Thema hin.

2 „Gefällt mir“

Das Thema ist nur für einen kleinen Teil des Publikums interessant.
Es ist mit 19 min aber das längste Kapitel der Folge.

Ich verstehe eure persönliche „Betroffenheit“, finde es aber unangemessen aufgebauscht.

Da fände ich z. B. funktionierende Bsp. der Verkehrswende (SPON hatte da diese Wochen einen Artikel über einen LK in M.-V., die ihr Konzept umgestellt haben und die Nutzung so massiv erhöht haben) wesentlich sinnvoller. War leider hinter der Paywall.

4 „Gefällt mir“

Mich hat dieses Kapitel fast an die legendäre Fernsehshow " Wie bitte?!" erinnert. Natürlich ist es ärgerlich, wenn der Prüfer oder die Prüferin der Sozialversicherung ein Prüfungsergebnis, dass er schon seit dem ersten Tag der Prüfung kennen dürfte, erst vier Jahre später mitteilt. Aber so etwas dürfte nicht systematisch vorkommen. Normalerweise sind diese Prüfungen flott durch.

Und natürlich sollten Gründer grundsätzlich alle Hilfestellungen in Anspruch nehmen, die sie bekommen können (z.B. IHK o.ä.) und ggf. auch mal einen Anwalt und einen Steuerberater nach der optimalen Gestaltung der Gesellschaftsverträge fragen.

Wenn z.B. Unternehmen anfangen, ohne Ende Schenkungssteuer zu zahlen, muss man nur den Steuerberater fragen, woran das liegt. Seine Antwort wird in der Regel sein: „Die machen den Fehler erst zum Notar zu fahren und mir dann auf dem Rückweg den Vertrag ins Büro zu bringen. Und ich kann dann nur noch die Steuererklärung ausfüllen, damit nicht noch ein Steuerstrafverfahren folgt.“ Das kratzt dann auch am Selbstbewusstsein dieser Steuerberater.

1 „Gefällt mir“

Hallo zusammen,

ich sehe hier auch den einen klaren Fehler beim Steuerberater, der hätte das auf dem Schirm haben müssen. Genau so finde ich das Kapitel zu lange, obwohl ich mit dem Thema aufgrund von Gründung und Selbständigkeit auch betroffen bin.

Welcher wichtige Aspekt mir allerdings fehlt, ist, dass sich mit dem im Kapitel empfohlenen kleinen Wort „über“ sich die Mehrheitsverhältnisse sehr relevant ändern. Die 3/4 wurden vmtl. sehr bewusst gewählt, damit auch noch Entscheidungen getroffen werden können, wenn eine Person etwas dagegen hat. Wenn alle immer zustimmen müssen, kann das Unternehmen auch hierdurch leicht gegen die Wand fahren, dokumentierte Fälle gibt es dafür mehr als genug. Beim Geld hört Freundschaft leider häufig auf. Deshalb würde z.B. auch kein erfahrener Investor eine solche Regel akzeptieren.

Viele Grüße
Martin

1 „Gefällt mir“

Ein Steuerberater darf in der Sache nicht beraten. Das wäre unerlaubte Rechtsberatung, aber ein Hinweis schadet natürlich - v. a. in der Gründungsberatung, wie es hier wohl war - nicht.

Das vermute ich auch. Ob das Wort „über“ gereicht hätte, kann sowieso in Frage stehen. I. d. R. braucht man mehr als 50 %. Deshalb ist aber auch das Statusfeststellungsverfharen da. Man muss dazu auch sagen, dass alle diese vier Anteilseigner am Ende einen Arbeitsvertrag auf dem Tisch liegen haben. Man könnte sich ja von Anfang an mal die Frage stellen, wie das Steuer- und Sozialversicherungsrechtlich einzstufen ist, anstatt es SV-rechtlich einfach ins Leere laufen zu lassen.

Noch eine Anmerkung zu eurer Einschätzung (bzw. der der Gründer), dass eine rückwirkende Einziehung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht nachvollziehbar seien. Das sehe ich anders. Gerade bei jungen, gesunden Versicherten (wie man es bei Startup-Gründern statistisch zumindest vermuten kann), ist der größte Teil des KV-Beitrags ein Solidaritätsbeitrag für Kranke und Geringverdienende. Denn der Beitrag fließt erstmal weiter an den Gesundheitsfonds. Bei der eigenen Kasse landet nur ein Bruchteil davon, der Rest wird umverteilt.
Das Grundproblem dahinter habt ihr aus meiner Sicht nicht thematisiert: Die systematische unsinnige Ausnahme von Selbständigen von der Sozialversicherungspflicht.

2 „Gefällt mir“

Die Rentenversicherung und die aktuelle Rechtssprechung des BSG sind in den letzten Jahren aus meiner Sicht in eine sehr seltsame Richtung tendiert. Schön, dass das Thema allgemein auch mal angesprochen wird, auch wenn es sicher nur einen kleinen Prozentsatz der Hörerschaft tangiert. Mich holt es sofort ab und ich setze mal noch einen drauf. Dazu muss ich kurz ausholen. [Sorry, Beitrag wird länger und deswegen in zwei Teile. Das ist aber wichtig]

Bin selbst Gesellschafter und GF in zwei Firmen. Eine davon ist im Bereich der Bildung unterwegs. Schule in freier Trägerschaft im berufsbildenden Bereich. In diesem Bereich wird nach dem sog. Lernfeldkonzept unterrichtet. Führt jetzt zu weit das alles zu erläutern, daher in Kurz: Im Lernfeldkonzept gibt es keine Fächer mehr im Kernbereich, sondern Lernfelder, die Themenübergreifend und praxisorientiert sind. Viele Themen finden sich in entsprechenden Schwerpunkten in den einzelnen Lernfeldern wieder, statt ein Thema in nur einem Bereich zu unterrichten. Daneben gibt es noch einige wenige Stunden in Fächern wie Mathe, Englisch, Deutsch, Ethik usw.

Jetzt hat man folgendes Problem: Kein Lehrer ist gleich, wie man es aus dem Fächerkanon kennt. Lehrer 1 hat Thema A, B und C in den Lernfeldern und Lehrer 2 hat Thema A, D und E. Jetzt geht Lehrer 2 weg und man findet niemals einen Lehrer der auch A, D und E kann, sondern eher jemanden der dann B, E und F hat. Schon ist Thema D unbesetzt, aber Thema E doppelt belegt.

Daraus ergibt sich, dass es Themen und/oder Fächer gibt, die nur wenige Stunden im Jahr umfassen, aber keine Lehrkraft haben. Zu wenige Stunden, um jemanden dafür richtig anzustellen. Zu verteilt als Themen, als dass es einen Lehrer gibt, der die alle unterrichten kann.

Die Lösung dafür war über Jahre (Jahrzehnte eigentlich) hinweg, dass man hier mit selbstständigen Lehrkräften auf Honorarbasis aufgefüllt hat. Das waren Lehrer im Ruhestand, Dozenten, die dann ihre Themen an 2-4 Schulen unterrichtet haben oder Leute, die sich nebenbei was dazuverdient haben. Diese Honorarkräfte haben in der Regel pro Unterrichtseinheit einen Stundensatz bekommen, der über dem Bruttostundensatz einer Lehrkraft lag, dafür aber nur für die tatsächlich erteilten Einheiten bezahlt wurden. Klassischer Honorardozent einfach, wie man ihn teilweise auch von den Hochschulen kennt.

[…]

[…]
Das geht im Bereich schulische Bildung nicht mehr. Die Rentenversicherung hat mittlerweile bei zahlreichen Schulträgern für diese Honorardozenten die Zahlung der Sozialversicherung nachgefordert. Viele dieser Träger sind dann vor Gericht gezogen und einige sind in letzter Instanz am BSG gelandet. Natürlich stand da bei einigen auch die Insolvenz im Raum. Und dort hat man in mehreren Urteilen klargestellt, dass schon alleine die Anweisung sich an einen Lehrplan zu halten (was in einer Schule ja zwingend notwendig ist, da auch freie Schulen einer Genehmigung bzw. oft auch Anerkennung unterliegen) zu einer abhängigen Beschäftigung führt. Zuletzt wurde sogar mit einem Urteil die Beschäftigung von Honorarkräften an Musikschulen de facto unmöglich gemacht (Urteil vom 28.06.2022, B 12 R 3/20 R)

Das bedeutet: Auf dem Papier gibt es selbstständige Lehrkräfte, sogar per Gesetz. Aber in der Realität sind sie durch die Klagen der RV und die, seit einigen Jahren geänderte, Rechtsauslegung des BSG unmöglich geworden und stellt damit Schulen (vor allem freie Schulen) vor enorme Schwierigkeiten in einer eh schon massiv angespannten Personalsituation, besonders bei kleinen Trägern.

Schulen in öffentlicher Trägerschaft haben (zumindest) dieses Problem nicht, weil diese Lehrkräfte einfach an mehrere Schulen abordnen können. Einige Kultusminister hatten in der Vergangenheit aber auch schon laut über den Einsatz von Honorarkräften nachgedacht, weil das einige Probleme an Schulen in öffentlicher Trägerschaft gelöst hätte. Solange, bis ihnen ein Referent erklärt hat, warum das nicht geht.

Für den Träger bedeutet das:

  • Entweder versuchen solche Themen mit Minijobs abdecken (schwierig, weil es nur wenige Stunden möglich macht, die teilweise nicht reichen. Mehr Bürokratie, weil man die Stunden entsprechend vorausplanen muss und die entsprechende Abrechnung via Zeitstundenkonten um Überstunden und Minusstunden im Verlauf des Schuljahres entsprechend ausgleichen zu dürfen
  • Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigen, was sehr viele in die Steuerklasse VI bringt und damit den Nebenjob unwirtschaftlich macht, sofern sich die Schule diese SV-pflichtigen Arbeitskräfte dann überhaupt leisten kann, weil hier ja wieder das Problem besteht, dass diese Mitarbeiter eigentlich nur Nischen besetzen sollen, um die Lehre abzudecken
  • Den Unterricht vertretungsweise unterrichten, was auf die Qualität des Unterrichts geht
  • Die Stunden schlicht ausfallen zu lassen

Das Problem schlägt in dieselbe Kerbe, wie das Problem, was im Podcast benannt wurde. Man bekommt das Gefühl, dass die RV gerade mit allen Mitteln versucht so viel Geld wie möglich woher auch immer zu bekommen. Mit allen Mitteln und unter allen Umständen.

Möchte damit den Beitrag der Lage ergänzen, um ein wenig zu zeigen, wie weit die Problematik da aktuell reicht.

Ich halte auch die Argumentation bezüglich der verschiendenen Sozialbeiträge für teilweise für schwach.
Ja, bei der Krankenversicherung sollte es die Möglichkeit geben die privaten KV Beiträge zu berücksichtigen, eine normaler abhängig Beschäftigte*r oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze kann sich schließlich auch privat versichern, wenn sie/er das denn wollen.

Ist ja schön und gut, dass man selbstlos einsieht, dass man Rentenversicherungsbeiträge nachzahlen möchte, weil man dafür ja auch eine Gegenleistung bekommt.

Arbeitslosenversicherung geht hingegen wieder zu weit, da es dort keine Gegenleistung gibt. Ja und? In diesem Land zahlen Jahr für Jahr Hunderttausende Arbeitslosenversicherungsbeiträge ohne je davon danach Gebrauch zu machen.

1 „Gefällt mir“

Ich kann nicht nachvollziehen, wie man nicht über dieses Thema stolpern kann, wenn man sich mit einer Firmengründung beschäftigt. Das wird eigentlich in jedem Buch zum Thema Firmengründung, Gesellschafter oder Geschäftsführung erwähnt.

Wenn man vorhat, eine Firma zu gründen, sollte man sich so oder so etwas genauer mit „bürokratischen“ Themen beschäftigen. (Dass das notwendig ist, kann man gut oder schlecht finden, das ist aber eine andere Diskussion.)

1 „Gefällt mir“

Ich finde die Behauptung, es wäre ein Versehen, man habe ja nur ein Wort vergessen, für extrem schwach. Der Scheidung müssen über 50% der Eheparter:innen zustimmen ist schon was anderes. Ubd ich glqube nicht, dass wenn 3 Gründer meinen, der Geschäftsführer fährt ihr Lebenswerk gegen die Wand, sie dem ein Vetorecht zugestehen wollen.

Rente nachzahlen ist klar, gibt Ansprüche.
Arbeitslosenversicherung ist mMn auch berechtigt. Wäre einer von denen gefeuert worden, hätte er ja klagen können und wäre dann nachversichert worden. Es ist nicht passiert aber der Schutz war da.

Krankenversicherung… da frage ich mich, ob sie überhaupt hätten Privatversichert sein dürfen. Wenn ja, dann ist die Nachforderung unberechtigt. Wenn sie aber nur freiwillig gesetzlich versichert waren, dann ist die Nachforderung ok, die Privatversicherung müsste dann wegen Entfallens des Versicherungsschutzes rückabgewickelt werden… keine Ahnung ob sowas geht.

1 „Gefällt mir“