Sollte man politische Briefe mit der Hand schreiben?

In ldn 365, ungefähr bei 1h 30m, wird der Tipp gegeben, keine E-Mails zu schreiben, sondern Briefe - z.B. an Bundestagsabgeordnete oder an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.

Dazu eine Nachfrage: Sollte der Brief mit der Hand geschrieben sein? Oder genügt auch ein getippter und händisch unterschriebener Brief?

Ich fand das Argument mit dem Briefen sehr nachvollziehbar und pragmatisch. Wenn ich das mache, dann möchte ich es auch auf eine Weise tun, die wirklich effektiv ist. Feedback willkommen.

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Ich nutze den Thread hier Mal um eine weitere Frage zu solchen Briefen zu stellen an Leute, die damit Erfahrung haben, damit ich keinen zweiten aufmachen muss.

Ich spiele schon eine Weile mit dem Gedanken ein Paar Briefe zu schreiben um mich darüber zu beschweren, dass die Bundesrepublik in ihrem Eigeninteresse deutlich mehr für die Ukraine tun sollte und stärkere Signale gen Russland schicken soll, dazu bin ich mir aber noch in ein Paar Punkten unsicher:

  • Wie formuliere ich das am besten. Wahrscheinlich is es sinnvoll mein Entsetzen in Fragen auszudrücken, damit sich die Person, die den Brief liest auch damit befassen muss.
  • And wen schreibe ich überhaupt? Ich vermute mal an die Bundestagsabgeordneten der Ampel und evtl. CSU aus meinem Bundesland?
  • Wie lange sollte ich den Brief schreiben. Ich möchte zeigen, dass ich mich in dem Thema auskenne und konkrete Kritik habe, aber gleichzeitig den Brief nicht unnötig in die Länge ziehen.

Hoffe jemand mit mehr Erfahrung kann mir da ein Paar sinnvolle Tips zu geben.

Also so wie ich es zwischen den Zeilen gehört habe, ist per Hand besser, weil es nochmal mehr zeigt, wie wichtig einem das Thema ist.

Der natürliche Anlaufpunkt wäre der oder die Direktmandatsträger*in aus deinem Wahlkreis. Wenn du das Gefühl hast, dass du dort offene Türen einrennen würdest, dann kannst du noch gucken, ob es aus der Fraktion die du anschreiben möchtest jemand aus deinem Wahlkreis über die Liste in den Bundestag geschafft hat. Prinzipiell steht es dir natürlich offen, jedem Abgeordnetenbzu schreiben, dem du deine Meinung gerne mitteilen möchtest, aber zu denen aus deinem Wahlkreis kannst du denke ich einen besseren Bezug herstellen.
Auf der Website des Bundestags gibt es eine sehr gut gemachte Seite mit allen Abgeordneten, wo man auch nach Wahlkreis filtern kann und z.B. auch nachschauen kann, in welchen Ausschüssen die jeweiligen Abgeordneten sitzen und wie sie abgestimmt haben.

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Das Argument für „handschriftliche Briefe“ ist ja, dass es zeigen soll, dass die Menschen sich wirklich Mühe gegeben haben und es ihnen wichtig ist. Ich persönlich halte diese Argumentation auch für zumindest anzweifelbar - gerade, wenn mir etwas wichtig ist, würde ich es nie und nimmer handschriftlich verfassen. Da steckt mir noch zu viel Denkweise aus dem 20sten Jahrhundert drin. Andererseits sind die Empfänger dieser Briefe größtenteils alte, weiße Männer, die vermutlich ebenfalls noch diesen Zeitgeist vertreten.

Ich kann es nur aus meiner persönlichen Warte betrachten:
Wäre ich Politiker oder Mitarbeiter beim ÖRR und würde längere, handschriftliche Briefe bekommen, die im schlimmsten Fall noch unleserlich sind (die meisten Mensch - ich eingeschlossen - haben eine schreckliche Handschrift, weil wir eben außer kurzen Notizen nichts mehr von Hand schreiben!), wäre ich wohl eher weniger geneigt, die nötige Zeit zu investieren, diese Briefe zu entziffern. Die Zeit von Abgeordneten und ihrem Personal oder auch Mitarbeitern im ÖRR ist relativ wertvoll, daher wäre es aus meiner Sicht rational, wenn der Empfänger sagt: „Sorry, aber die Zeit für handschriftliche Briefe haben wir nicht - ist ja schön, dass sich die Leute die Mühe machen, aber sie sollten auch bedenken, dass sie uns damit mehr Mühe machen und damit Kosten verursachen!“.

Aber wie gesagt, das ist nur meine persönliche Meinung. Ich bin einfach generell kein Freund von handschriftlicher Kommunikation und denke ernsthaft, dass ein handschriftlicher Brief im 21sten Jahrhundert eher technische Unbeholfenheit des Schreibers als eine besondere Wichtigkeit der Sache oder besondere Wertschätzung des Empfängers ausdrückt.

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Ich schreibe Anrede und Grussformel handschriftlich. Text natürlich rechnergestützt, auch wegen Dokumentation.

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Ganz handgeschrieben wirkt es u.U. zu kindlich, denke ich.

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Nur zur Klarstellung, uns ging es nicht um handgeschriebene Briefe, sondern darum, dass es Briefe auf Papier und keine E-Mails sind.

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Letztes Jahr gab es von Wildmics/Hoaxilla ein Special über genau das Thema, wem man wie schreiben sollte, vielleicht wäre das interessant: WildMics Special #160 – CoWorkingSpace: Briefe an die Politik – HOAXILLA®

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Vielen Dank für diesen sehr interessanten Link. Ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht, diese fast zwei Stunden Podcast durchzuhören. Neben viel Geplapper ist auch wirklich viel Interessantes dabei. Eigentlich kann man fast immer versuchen vorzuspulen, bis das nächste Mal Marina Weisband etwas sagt :-). Ihre Statements lohnen sich immer.

(Nebenbei: im Vergleich zu den ja auch sehr langen LdN Podcasts sieht man mal, was Philipp und Ulf für einen guten Job machen, zwei Stunden Podcast strukturiert zu füllen).

Ich habe aufgrund des Aufrufs ein paar Briefe geschrieben. Mit der Hand.( und hab auch Antwort bekommen)

Ich muss sagen die persönliche Meinung handschriftliche Äußerungen seien eine Zumutung und Verschwendung von Ressourcen finde ich hochproblematisch.

Selbst wenn jemand kindlich oder technisch unbeholfen sein sollte, so hat doch jeder Mensch das Recht die Stimme auf die eigene Weise zu nutzen. Und mit welchem Recht werden Menschen die so sind abgewertet ?

Allen eine einheitliche Kommunikation abzuverlangen ist überhaupt nicht inklusiv und dadurch 20.Jhd

Mich persönlich ärgern solche Statements echt und ich weiß nicht warum es so wahnsinnig normal geworden ist Menschen für nichts und wieder nichts zu dissen.

Warum dissen? Ich glaube, das hat hier niemand beabsichtigt. Es waren nur Überlegungen, wie man das eigene Ziel am besten erreicht. Mein Kommentar sollte keine Abwertung sein und die der anderen auch nicht, glaube ich. :wink:

Ich habe leider keine Antwort bekommen…

Eigene Erfahrung: „Danke für Ihre Nachricht, die ich an meine Parteikollegin aus Ihrem Wahlkreis weitergeleitet habe, Sie wird sich sicherlich bei Ihnen melden“…
Nein, es kam keine Reaktion… auch nicht auf meinen Hinweis, dass mein Anliegen nicht nur den eigenen Wahlkreis betrifft…

Du musst nicht jede Meinung teilen - es ist völlig okay, wenn du es anders siehst, aber meine Meinung ist und bleibt, dass handgeschriebene Briefe von mir persönlich als Verschwendung meiner Zeit betrachtet würden. Also wäre ich in einer Position, in der ich Briefe bekomme, und diese wären handschriftlich, würde ich persönlich den Kopf darüber schütteln.

Natürlich hat jeder Mensch das Recht, handschriftliche Briefe zu schicken, aber genau so hat jeder Rezipient das Recht, die Arbeitsbelastung bei der Verarbeitung dieser Briefe in seine Erwägung einfließen zu lassen, ob er die Briefe (gründlich) liest. Genau so, wie jeder Mensch das Recht hat, seine Meinung zu äußern, aber daraus nicht das Recht erwächst, dass andere diese Meinung teilen oder nicht negativ kommentieren.

Wenn ich sage, dass handschriftliche Briefe auf mich persönlich eher wie technische Unbeholfenheit wirken, ist das wieder nur meine offene, persönliche Meinung (und natürlich auch ein Stück weit eine Wertung). Ich finde es total okay, dass du diese Meinung (und die darin enthaltene Wertung) nicht teilst.

Eine gewisse Kommunikationseffizienz ist mMn gerade in Zeiten von Social Media und co. einfach notwendig. Und wenn jemand mit der Erwägung, „old-school handschriftlich sei wertiger“ eine ineffiziente Kommunikationsmethode wählt, ist das natürlich sein gutes Recht, aber auch mein Recht, zu sagen, dass ich diese Kommunikationsversuche ignoriere (so wie andere Kommunikationsversuche per Telefon oder E-Mail vielleicht ignorieren würden.).

Wenn ich zu scharf formuliert habe, entschuldige ich mich gerne dafür.
Mir ging es nicht darum, jemanden zu dissen, sondern meine persönlichen Präferenzen zu verdeutlichen und zu erklären, warum ich diese Präferenzen teile und ich davon ausgehe, dass auch andere diese Präferenzen eventuell teilen.

Unterm Strich würde ich daher dabei bleiben, dass handschriftliche Briefe ein Anachronismus sind. Briefe statt E-Mails zu senden macht natürlich dahingehend Sinn, dass sie weniger leicht zu ignorieren sind (sie liegen halt im Briefkasten und dann im Büro rum, man kann sie nicht einfach mit einem Klick auf „Alles als gelesen markieren“ aus dem Sinn schaffen.).

Hallo,

ich habe nach dem Aufruf der Lage einen Brief an meinen direkt gewählten Bundestagsabgeordneten geschrieben. Zufällig ist das der Bundeskanzler. (Also ist die Wahrscheinlichkeit, dass mein Brief gelesen wird, sehr gering, der Mann scheint schwer beschäftigt im Augenblick.)
Ich habe den Brief komplett per Hand geschrieben (aber ich habe mir Mühe gegeben und eine leserliche Handschrift) und 7 sehr knapp begründete Forderungen formuliert. Der Brief ist 4 Seiten lang geworden. Auf dem PC vorgeschrieben war es eine Seite.
Man kann ihn gut in 5 Minuten lesen.

Eine Antwort habe ich noch nicht erhalten, aber es ist ja auch erst ein paar Tage her.
Vielleicht schicke ich an die anderen Abgeordnetinnen aus meinem Wahlkreis auch noch Briefe, aber es ist die Außenministerin darunter, also mal wieder schlechte Karten bei der Lesewahrscheinlichkeit…

Ich habe während Corona zwei handschriftliche Briefe von einem Zeugen Jehovas erhalten (sie waren wohl angehalten, da sie keine Hausbesuche machen konnten, zufällige Leute anzuschreiben).
Ich habe nicht geantwortet, aber habe sie tatsächlich gelesen, da ich aufgrund der Mühe, die er sich offensichtlich gemacht hatte, ein schlechtes Gewissen gehabt hätte, sie einfach wegzuwerfen.
Aber er hatte auch eine sehr gut zu lesende Schrift, das sollte man bei handschriftlichen Briefen auf jeden Fall berücksichtigen.

Daniel , bei aller Liebe,
Es kann doch unmöglich dein Ernst sein, dass du politische Teilhabe an eine Form knüpfst die nicht zwingend notwendig ist, sondern nur für deine persönliche Bequemlichkeit und Präferenz.

Und ich kann es wirklich kaum glauben, dass du in einer Funktion innerhalb der Demokratie der Form alles unterordnen würdest, ja mehr noch , inhaltlich wichtige Dinge verwerfen würdest weil die Form deiner persönlichen Präferenz nicht entspricht.

Man stelle sich das umgekehrt vor.
Ein politischer Funktionsträger würde jede digitale Kommunikation verweigern und analoge fordern, weil er/sie das praktischer findet.

Gerade haben wir das Problem der viel zu stillen Gemäßigten.
Es ist nicht besonders einladend für Menschen dann noch irgendwelche Bedingungen erfüllen müssen. Ich kenne genug Menschen die sich gar nicht trauen. Die nicht mal wissen wie sie formulieren sollen. Die total unsicher sind.

Die hören „Anachronismus“ und „Zeitverschwendung“ und Schreiben nie wieder eine offizielle Zeile.
Und übrig bleibt das Gefühl dass eh alles nix bringt und alles Zeitverschwendung ist.

Ich kann deinen Punkt nachvollziehen, aber Zeit ist nun einmal eine begrenzte Ressource, also muss man entscheiden, nach welchen Kriterien man diese Ressource verwendet. Und mein Kriterium wäre die Effektivität. Eine klar formulierte Petition mit 1000 Unterschriften - unheimlich effektiv, sollte man sich auf jeden Fall anschauen. Ein seitenlanger, handschriftlicher Brief - uff. Eine 20 Seiten lange E-Mail - ebenfalls „Nein Danke“.

Aber ich merke schon, ich bin zu ehrlich - wäre ich Politiker, dürfte ich sowas natürlich nicht offen sagen - „Selbstverständlich behandeln wir alle eingehende Post unabhängig der Form gleich. Vertrauen Sie uns!“. Aber ich denke, es ist ein offenes Geheimnis, dass jeder Mensch hier unterschiedlich stark ausgeprägte Vorlieben hat. Es wird welche geben, die tatsächlich handschriftliche Briefe stärker berücksichtigen als eine E-Mail, aber es wird eben auch welche geben, die - wie ich - auf Kriegsfuß mit Handschrift generell stehen. Also wärst du auch so echauffiert, wenn ein z.B. sehr alter Politiker sagen würde, dass er nur handschriftliche Briefe ernst nimmt und erst gar keine E-Mail anbietet? (davon gibt es auch genug!)

Wie gesagt, ich sage nicht, dass jeder so denken muss wie ich, ich sage nur, dass es eben auch Menschen wie mich gibt, für die „handschriftlich“ nicht „positiv“ besetzt ist, sondern „negativ“. Und das ist denke ich völlig berechtigt. Daher sollte man sich immer überlegen, welche Form beim jeweiligen Rezipienten wohl am besten ankommen wird. Ist es der 90-jährige Alterspräsident des Bundestages? Dann wohl besser handschriftlich. Ist es die Presseabteilung eines jungen Medien-Outlets? Dann wohl eher nicht handschriftlich…

FORM FOLLOWS FUNCTION.
Eine Kondolenzkarte würde ich immer handschriftlich verfassen, eine Kündigung an meinen Stramingdienst immer per Mail. Handschriftlichkeit wird assoziiert mit Emotionen, persönlichen Geschichten, Menschlichkeit.

Und ich denke, das ist genau die Ebene, auf der man als Bürger:in Politiker:innen am besten erreichen kann. Es ist ja kein Geschäftsverhältnis, sondern eine Erinnerung: Hey, ich bin ein Mensch und kein abstraktes „Wahlvolk“, Sie sind für mich verantwortlich, kümmern Sie sich um meine Belange!

Da ich Menschen kenne, die in Büros von Bundestagsabgeordneten in Berlin arbeiten, weiß ich, dass die tagtäglich (auch die „unbedeutetsten“ Abgeordneten) hunderte von Mails bekommen (die sie mehr oder weniger gewissenhaft beantworten). Gerade „die Rechte“ schreibt massenhaft Massenmails an alle Bundestagsabgeordneten. Die werden inzwischen nur noch mit Augenrollen gelesen und landen eher nicht beim Abgeordneten persönlich. Ein gut geschriebener, handschriftlicher Brief ist da eine Kuriosität: und Kuriositäten sind immer interessant!