Solarzellen aus China - Zwangsarbeit und Ausbeutung für unsere Energiewende?

Moin!

Mein Themenvorschlag: ein Blick über den Tellerrand der Energiewende hinaus. Einer Recherche der FAZ zufolge werden derzeit knapp die Hälfte aller Photovoltaik Anlagen mit Materialen gebaut, die auf der Ausbeutung der Uiguren und unter Zuhilfenahme von Kohlestrom erstellt werden.
Die Bundesregierung verweist auf das Lieferkette Gesetz und macht sonst einen schlanken Fuß, aber das zugrundeliegende Problem (welche Effekte hat der für die Energiewende nötige Ressourcenverbrauch eigentlich?) Ist nicht nur hier evident. Auch im Bausektor wird massig CO2 verbraten, um neue und energieeffizientere Gebäude zu bauen (Stichwort Wohnungsmangel). Der Economist zeigt auf, welche Entwicklungen es hier gibt und wie man es besser machen kann.

Ich finde, die Frage nach den Folgen unserer Energiewende ist spannend, vielfältig und bedarf weitere Erörterung - gerne auch ergänzt um eine Diskussion zu der Frage, ob es nicht hilfreicher wäre, im globalen Süden beim Technologiesprung zu helfen, anstelle in Europa den Dämmstandard von 45% auf 65% zu erhöhen (was natürlich letztendlich unserer Wirtschaft dient).

Link FAZ Artikel:
Solarzellen werfen Schatten auf den Klimaschutz: Schmutziger Rohstoff>

Link Economist Artikel.(Paywall, Zusammenfassung im Podcast „The Intelligence“ vom 28.06.22)

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Ist au jeden Fall ein wichtiger Punkt. Aber Solarzellen bestehen ja, wie fast alle Elektronik, aus Silizium. Das heißt wenn man solche Produkte blockieren würde, dann könnte man fast nichts mehr mit Elektronik kaufen, kein Smartphone, kein Laptop, kein Auto, keine Wohnung mit Smart Home-Funktionen und so weiter.

Und verglichen mit den vielen anderen Dingen, in denen Elektronik steckt, sind Solarmodule da, meiner Meinung nach, bei weitem die sinnvollsten Anwendungen.

Kurz gesagt: Ja ich stimme deiner Kritik an Zwangsarbeit usw. zu, sehe darin aber keinen Nachteil spezifisch für Solarzellen.

edit:
Und die Lösung dafür wäre ja eine deutsche Solarbranche mit großer Fertigungstiefe, am besten bis runter zum Silizium-Wafer. Aber das wurde in Deutschland unter CDU-Führung ja kaum bis gar nicht gefördert.

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Es entstehen unter EU Führung gerade 10 Solar Fabriken also Modul-Fertigungen laut Prof Eicke Weber
Bis dahin muss man nehmen, was man kriegt oder es ist alles noch viel schlimmer!
Kohle Gas Öl Uran is Ende!
Und so schnell wie China EE zubaut, wird es ständig besser mit dem Energiemix 450 GW Wind und PV bauen sie alleine bis 2025 zu.
2020/21 haben sie 60 GW Wind und 60 GW PV gebaut, das ist die komplette deutsche Kapazität ,wofür wir 20-30 Jahre Zeit hatten.
Man braucht Gelernte gut ausgebildete Arbeitskräfte ins so einer Fertigung, keine Zwangsarbeiter.

Quelle:

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Komisch, dass dieses Thema interessiert. Für alle anderen Produkte, wie Handy, Fernseher, Computer, Quietschente, war es doch egal. Das war halt Marktwirtschaft.

Warum sollte es plötzlich bei der Energiewende auch moralisch alles passen.

Sorry, aber aus meiner Sicht eine unnütze Debatte. Es sei den, ich bin konsequent und sanktioniere alles, was nachweislich nicht nach unserem Standards hergestellt wird

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Danke für den Hinweis. Ich habe zwar die Zahl von 10 Fabrigen aus deiner Quelle nicht gefunden, aber es scheint tatsächlich so, dass die Firma „Meyer Burger“ in Detuschland wohl einmal eine Modulfabrik betreibt und auch noch und das ist viel wichtiger, eine Zellefabrik.

Den ohne Solarzellen hat man ja nichts, aus dem man Solar-Module bauen kann und muss die Zellen dann aus China oder so importieren.

Hier gibts auch noch informationen dazu:

Das ist doch mal eine gute Nachricht. Hoffen wir mal, dass sich das Ganze in Deutschland trägt. :slight_smile:

Hab den FAZ-Artikel heute morgen auch gelesen, bevor er hinter der Paywall verschwunden ist. Es geht ja wohl um das Polysilizium, das eben zu großen Teilen aus Xinjiang kommt, aber auch von der deutschen Firma Wacker hergestellt wird. Die US-amerikanischen Hersteller sind innerhalb weniger Jahre vom Markt verdrängt worden, weil China mit Gegenmaßnahmen auf die US-Maßnahmen gegen chinesische Module reagiert hatte und die Hersteller dann kein Polysilizium mehr für die in China stattfindenden Zellproduktionen liefern konnten.

Außerdem macht der Artikel das übliche Fass auf „Wir machen uns von China abhängig, um russische Fossile loszuwerden“. Das ist, finde ich, einfach Quatsch. Der Zubau neuer PV mag von China abhängig sein, aber die PV, die wir einmal gekauft haben, produziert auch dann noch Strom, wenn wir gar kein Polysilizium mehr aus China einkaufen wollen oder können. Trotzdem sollte man natürlich auf eine gewisse strategische Diversifizierung achten und es ist gut, dass solche Missstände aufgedeckt werden - in der Herstellung von Solarmodulen, Autos (looking at VW), Masken, Spielzeug oder was auch immer.

[quote=„LdN_Modz-Team, post:1, topic:14545“] gerne auch ergänzt um eine Diskussion zu der Frage, ob es nicht hilfreicher wäre, im globalen Süden beim Technologiesprung zu helfen, anstelle in Europa den Dämmstandard von 45% auf 65% zu erhöhen (was natürlich letztendlich unserer Wirtschaft dient).
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Dass der globale Süden unsere Hilfe beim “Technologiesprung“ braucht, könnte ein Gerücht sein. Im Gegenteil sind dezentrale Anlagen in Gesellschaften, wo Energienetze nur unzuverlässig funktionieren, per se im Vorteil. Schon jetzt bauen Länder wie Indien und Vietnam massiv Solarkapazitäten auf. Da braucht es höchstens finanzielle Sicherheit für diese Aktivitäten, aber keine Bevormundung von denen, die den Planeten in den letzten Jahren schon bis kurz vor die Wand gefahren haben.

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Das ist ein komplett anderes Thema, ich würde dafür einen Extra-Thread empfehlen. Dieses Problem wird aber aktuell auch in den Ampelministerien bearbeitet, daher ist die Förderung aktuell gedeckelt. Bin gespannt auf das Ergebnis.

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Das isr noch ein anderes Thema :smiley:

Ich weiß nicht so recht, was ich dazu sagen soll… Aber ich glaube, sie bedarf keiner weiteren „Erörterung“, denn die Energiewende ist definitiv notwendig. Man sollte sie aber natürlich so folgenarm wie möglich gestalten, deshalb ist es gut, wenn Probleme wie der Kobaltbergbau im Kongo, die Lithiumprobleme in Chile und jetzt Polysilizium in China angesprochen werden. Leider wird das von Energiewendegegnern allzu häufig als Totschlagargument verwendet, während wir uns gleichzeitig an die negativen Folgen der Fossilindustrie (Öltanker, Deepwater Horizon, Braunkohletagebaue, Luftverschmutzung) gewöhnt haben. Man muss aber abwägen, wie viel von dem einen man durch das andere vermeidet, und dabei gewinnt die Energiewendemaßnahme in der Regel deutlich (übrigens auch beim Sanieren am Bau, nicht unbedingt jedoch bei Abriss Neubau).

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Danke für den Hinweis. Hier ist noch mal eine Quelle ohne Paywall, die die Situation auch ganz sehr gut zusammen fasst:
China baut Marktmacht bei Polysilizium kräftig aus - iwr.de

Laut dieser Quelle hat die Lage der Fabriken in Xinjiang wohl vor allem mit der Verfügbarkeit von billigem Kohlestrom zu tun und nicht unbedingt mit den Uiguren, oder steht in dem FAZ-Artikel etwas anderes?

Ich würde außerdem gerne noch ein technisches Detail bringen:
Bei den Artikel geht es vor allem um sog. „Poly-Kristallines“ Silizium, dass eigentlich von den Eigenschaften her, vor allem des Wirkungsgrades und damit der Stromausbeute, ein paar Prozentpunkte schlechter ist, als das „reine“ Mono-Kristalline Silizium (Quelle).

Poly-Silizium (oder Multi-Silizium) ist aber billiger zu produzieren und wird wohl daher gegenüber Mono-Silizium immer stärker bevorzugt. (Quelle):

Das heißt, dass es bei Solarzellen, wie so oft, schlicht um den Preis geht und man wird wohl andere Mechanismen brauchen, wenn wir in Deutschland mit China mithalten wollen und eine einigermaßen ordentliche Solarbranche haben wollten, die auch Solar-Zellen in großem Maße produziert.

Da stand nur was von „Standortvorteilen“ in Xinjiang, wenn ich mich richtig erinnere.

Guter Punkt!

Es gibt noch Solarwatt, und m.e. kommt die Zahl zehn nur in dem Film vor:
Oder evtl. hat mir das ein gut informiertes Vögelchen gezwitschert ;-), bin mir nicht mehr sicher, aber genau deshalb wird es noch etwas dauern bis wir weitere Ergebnisse sehen, so etwas baut sich nicht von jetzt auf gleich.

Das halte ich, entschuldige bitte, doch eher für eine eindimensionale Sicht.
Es geht nicht nur um den Preis. Bei großen Solarparks und klugen Investoren geht es um Garantien >30 Jahren. Es mag oft so den Eindruck haben, dass es nur um „billig“ geht, dieser Eindruck trügt aber.

Wir sind derzeit wieder führend in der Forschung, darum geht es, und das sind wir, ganz allgemein gesprochen ohne ins Detail zu gehen, wieder in vielen Bereichen.

China und Jinko beliefert auch Länder, überwiegend Eurasien, da ist die Finanzkraft nicht so hoch wie bei uns.

Leider nicht, auch hier ist es viel komplizierter, es geht nicht nur immer um Preise und Mithalten, sondern auch um Qualitäten, Kapazitäten etc

Ehrlich gesagt habe ich @Matder genau so verstanden, wo er sagt

Hier ist dann eben nicht der Preis der Mechanismus, sondern andere Alleinstellungsmerkmale wie Wirkungsgrad, Lebensdauer, CO2-Fußabdruck der Produktion. Oder hab ich das falsch verstanden?

Denn klar geht es ums „Mithalten“ bei der produzierten Menge, natürlich nicht beim Billigpreis.

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Jo. Solch ein framing wird nicht das letzte mal gewesen sein. Das einzige was ich so lerne ist wo ich wieder mal eine Zeit lang keinen klick hin schicke.

nicht nur das. Vermutlich ist der begriff auch recht aufgeladen um es mal dezent auszudrücken. ‚Globaler Süden‘ = Alle ‚armen‘ Länder mit nicht weissen Menschen? editWie vermutet

Critics of this usage often argue that it is a vague blanket term".[47] Others have argued that the term, its usage, and its subsequent consequences mainly benefit those from the upper classes of countries within the Global South;[1] who stand „to profit from the political and economic reality [of] expanding south-south relations.“[1]

aus ‚Global South‘

In dem Wikipedia Artikel steht alles mögliche. Von weissen Menschen hab ich erst mal nichts gefunden. Statt dessen findet sich hier das Gegenteil vom unterstellten: Globaler Süden – Wikipedia,
Aber mal zum Inhaltlichen. Indien und Vietnam wie auch einige andere asiatische oder lateinamerikanische Länder unterscheiden sich schon komplett von dem was unter den am wenigsten entwickelten Ländern versteht. Schwellenland – Wikipedia
In Indien oder Brasilien gibt es genauso Hightech wie in den Industrieländern, nur halt nicht flächendecken. Die brauchen unsere Technik eher nicht (auch wenn wir ihnen Kohlekraftwerke schenken wollen)
Vor ein paar Jahren war es mal on vogue auf Afrika zu setzen, da gäbe es eine dynamische Entwicklung. Hat jemand Kenntnisse ob sich dort was getan hat? Kennt jemand die Dynamik des Ausbaus regenerativer Energie? (eigentlich ziemlich einfache Technik, weitgehend frei von Technologiesprüngen)

Bitte bedenken dass China auch 17 mal soviel Einwohner hat. Dann relativieren sich die 20 bis 30 Jahre schon wieder. Aber ja, wir hatten 16 Jahre lang kaum politische Unterstützung in diesem Bereich