Im Sudan herrscht seit wenigen Monaten ein Bürgerkrieg zwischen der Armee und den rapid support forces (RSF). Den RSF wird Genozid an Schwarzafrikanischen Teilen der Bevölkerung im Darfur vorgeworfen. Zudem herrscht dort eine Hungersnot. Im Vergleich zu Gaza und Ukraine erfährt der Konflikt kaum Beachtung, obwohl die Opferzahlen deutlich höher sein dürften. Sudan sitzt zwischen dem mittleren Osten und subsahran-Africa, der Konflikt sollte also eigentlich auch geopolitisch ernst zu nehmen sein. Mich würde eure Einschätzung dazu interessieren, und ich fände es super mehr darüber zu hören.
Ich würde vorschlagen, hier mal ein Interview mit einer Expert:in zu machen. Diese Konflikte lassen sich in der Regel nicht gut erklären, wenn man sich nicht über Jahre mit der Situation befasst hat.
Relevant wird der Konflikt für Deutschland und für Deutsche aus mehreren Gründen:
- Welthandel: Der Sudan hat eine lange Küste am Roten Meer, die wichtigste Seeroute für den Handel zwischen Europa und Asien. Die dortige Schifffahrt ist schon durch Angriffe aus dem Jemen stark gefährdet.
- Migration: Deutschland hat vor mehreren Jahren mit dem damaligen Machthaber Omar Al-Bashir kooperiert, um Migrantenströme zu kontrollieren (es wurden Lager usw. gebaut). Der Sudan ist ein wichtiges Transitland für Migranten aus Ostafrika.
- Regionale Stabilität: Sudan, Südsudan, Tschad, Eritrea, Äthiopien, Somalia, Libyen, etc. sind alles nicht besonders stabile Länder, die in der Vergangenheit auch größere Kriege gegeneinander geführt haben. Der Sudan ist außerdem ein wichtiges Transitland für Waffen aus dem Iran nach Gaza und aus allen möglichen Orten nach Nordafrika, von wo aus Europa nicht weit ist.
- Allgemeines Elend: Aus einer rein moralischen Perspektive heraus schulden wir es den Menschen dort, ihre Situation zumindest anzuerkennen, auch wenn unsere Möglichkeiten zur Einflussnahme ehrlich gesagt bescheiden sind.
Bei Ausbruch des Konflikts hat die Bundeswehr übrigens deutsche und europäische Staatsbürger aus Khartoum (der Hauptstadt) evakuiert. Die Operation ist in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen worden.
Wenig rühmlich war, dass bei der Räumung der deutschen Botschaft nicht sichergestellt wurde, dass die dort für Visumsanträge gelagerten Pässe sudanesischer Bürger wieder an diese Personen ausgehändigt werden konnten. Dadurch konnte eine größere Zahl Menschen nicht vor den Kämpfen fliehen, die Nachlässigkeit deutscher Planung hat so direkt zu Lebensgefahr einiger Sudanesen beigetragen.
Sehr zu empfehlen auch der Podcast neben der Spur, hier die Folge zum Sudan:
Würde mich da anschließen. In einem us-amerikanischem Nachrichtenpodcast, den ich höre wird die Situation immer wieder besprochen, aber in deutschen Medien ist das wirklich ein komplettes Nicht-Thema.
Welchen Podcast hörst du?
Heißt American Prestige und wird von einem Journalisten und einem Professor für us-amerikanische Außenpolitik gemacht. Deswegen ist es auch recht us-zentrisch, aber beschäftigt sich auch viel mit Nachrichten aus dem globalen Süden, die man sonst kaum mitbekommt. In der letzten Folge sprechen sie unter anderem (kurz) über den Sudan, Süd-Sudan und Mali.
Zugegeben schon ein paar Monate her und daher nicht für tagesaktuelle Infos, jedoch durchaus für Hintergründe interessant:
In Folge 377 der LdN aus dem April 2024 gab es ein Interview zum Thema Sudan mit Annette Weber, EU-Repräsentantin für das Horn von Afrika.