Selbstbestimmungsgesetz - Hausrechtsklausel

Selbstbestimmungsgesetz - Worum gehts?

Ich wollte fragen, ob Sie noch das Selbstbestimmungsgesetz behandeln wollen, das zwischen Herrn Buschmann und Frau Paus ausgehandelt wurde.
Leider gibt es hierzu große Verunsicherungen innerhalb der Queere Gemeinschaft und vor allem trans Menschen, weswegen ich mich sehr freuen würde, wenn Sie das neue Gesetz auch rechtlich einordnen können.

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz sollte es ja möglich für (trans) Menschen werden, ihren Namen und/oder Geschlechtseintrag mit einem einfachen Gang zum Standesamt ändern zu können, ohne durch das langwierigen Verfahren des verfassungswidrigen TSGs hindurchzumüssen. (Ein ähnliches Gesetz, bei dem sogar Anspruch auf medizinische Leistungen mit drin sind, gibt es in Argentinien schon 2012)

In dem SZ Artikel „Übers eigene Geschlecht bestimmen“ gab es nun seit mehreren Monaten die ersten neuen Informationen über das Gesetz und es lässt nichts Gutes vermuten. Es wurden zwei Sachen hinzugefügt:

  • 3 Monatsfrist „Bedenkzeit“ für die Änderung des Namens
  • Hausrechtsklausel

3 Monatsfrist

Diese Frist ist irgendwie lächerlich. Viele von uns trans Menschen haben jetzt schon mehrere Monate bis Jahre darauf gewartet, dass wir endlich ohne das TSG Verfahren unsere Namen ändern können. Das ist erneut eine Bevormundung des Gesetzgebers, welcher uns nicht zutraut, selbstbestimmt über uns zu entscheiden.

Die Annahme, dass jede trans Person da nochmal 3 Monate drüber nachdenken muss, ist wirklich realitätsfern. Viele benutzen schon ganz andere Namen in unserem Alltag, BEVOR wir uns Gedanken darüber machen, den auch rechtlich zu ändern. Dadurch ergeben sich dann für uns aber Probleme. Ich habe mir vor ein paar Tagen zum Beispiel ein Paket bestellt, und an der Packstation wollten sie es mir nicht geben, weil natürlich mein Name noch nicht auf meinem Personalausweis stand. Was dieses Gesetz regeln soll, ist doch den Namen, welchen wir benutzen, auch rechtlich einzutragen, damit wir nicht mit solchen Problemen konfrontiert werden. Es soll uns doch nicht „erlauben darüber nachzudenken“.

Ich finde es wirklich widersprüchlich, wie gerade die FDP, die ja so gerne von Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung redet, queere Menschen bevormundet. Das wäre, als würde man 3 Monate Bedenkzeit vor einer Heirat bekommen, bevor der Status beim Standesamt auch wirklich geändert wird. (1/3)

3 „Gefällt mir“

Rechtliche Einordnung

Mir ist klar, dass der Gesetzesentwurf noch nicht steht und noch nicht veröffentlicht wurde. Auch wenn er „vor Ostern den Verbänden übergeben werden sollte“ Ich verstehe auch wenn sie erst auf die Veröffentlichung warten wollen. Aber sowohl ich, als auch viele andere trans menschen haben einfach angst dass das festgeschrieben wird (dazu kann man sich auch die kommentare unten den beiträgen in queer.de anschauen). Außerdem ist in keinster weise klar welche Implikationen das hat.

Kann ein/e Hausbesitzer/in (Arbeitgeber/in) entscheiden auf welches Klo du musst? Wenn du deren Meinung nach nicht „weiblich/männlich“ genug aussiehst, können sie dich anweisen auf ein geschlechtsneutrales Klo zu gehen? Was ist wenn es nur eins davon gibt? Musst du dich outen gegenüber deiner Arbeitgeber/innen? Da das ja nur für trans Menschen gelten soll, was ist wenn eine cis Frau als „zu männlich“ eingeordnet wird. muss diese dann auch ein anderes Klo benutzen? Wie ist dass dann damit zu vereinbaren, dass/ob du dich vor deinem/er Arbeitgeber/in outen musst?

Ein weiterer artikel der SZ behauptet nun das dass gar nicht rechtens wäre, was mich natürlich freuen würde .
Trotzdem fände ich es gut wenn ihr das rechtlich einordnen könntet, was das für Auswirkungen haben könnte, wo die Grenzen des neuen Gesetzes sein könnten, und ob das überhaupt so zulässig ist.

[^1]: TERF: (trans exclusionary radical „feminists“), anfangs beleidigung, nun oft selbstbezeichnung von „feministinnen“ welche trans menschen ausschliessen. wer die „debatte“ oder den culture war über trans menschen im englischen sprachraum mitverfolgt, dem kommt viele der punkte die nun buschmann macht sehr bekannt vor. (3/3)

Hausrechtsklausel

Hier möchte wahrscheinlich maßgeblich die FDP (vor allem Herr Buschmann?), festlegen dass Menschen darüber bestimmen können ob und in welche Geschlechtlich getrennte Räume (Klos, Umkleiden, etc) reindürfen.

Hierzu möchte ich kurz aus dem oben genannten Artikel zitieren:

Die Betreiberin einer Frauensauna soll auch künftig sagen können: 
Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner Kundinnen
Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung 
eines Menschen an

Weiter:

Im Streitfall gilt das Hausrecht, die BetreiberInnen bestimmen 
welche Transpersonen eingelassen werden. 
Bei Beschwerden könnte zunächst der Bademeister entscheiden wer 
welche Umkleide nutzt, oder wer rausfliegt.

Diese Aussagen von Herrn Buschmann macht mir einfach nur Angst. Da es ja leider sehr viel Transphobie und Cissexixmus in unserer Gesellschaft gibt, bin ich mir ziehmlich sicher, dass ein solches Gestz missbraucht werden wird um uns trans Menschen weiterhin von teilen des Öffentlichen Lebens auszuschließen. Auch Ferda Ataman, die Disrkiminierungsbeauftragte des Bundes, kritisierte die Einigung, siehe auch Queer.de und SZ.

Kommunikation

Was ich auch sehr stark kritisieren möchte, wie das ganze kommuniziert wurde: Lange Zeit nichts, gespickt mit problematischen Aussagen von Interviews von Herrn Buschmann. Wir warten jetzt schon seit mitte letzten Jahres auf das Gesetz, welches schon längst da sein sollte, dann von der FDP verzögert wurde wegen Bedenken von „TERFs“[^1]. Nun plötzlich, nachdem er schon mehrfach in verschiedenen Medien darüber geredet hat Sonderklauseln einzubauen, auch wenn das vom Justizministerium bestritten wurde, bestätigen sich unsere Befürchtungen, wobei das nicht über einen öffentlich zugänglichen Kanal kommuniziert wurde sondern über den zuoberst gennannten SZ Artikel der ja hinter einer Paywall ist.

Durch die Kommunikation die hiervon ausgeht, entsteht wieder ein Generalverdacht, dass trans Frauen Grundsätzlich nicht getraut werden darf, es könnte ja auch einfach ein „Mann in Verkleidung“ sein. Es gibt keine Evidenz dafür, dass es auf derartige Weise ausgenutzt werden würde. Trotzdem werden wir wieder als potentiell Gefährlich hingestellt, was weiter auch den Hass anfächert welchen uns immer wieder entgegenschlägt. (2/3)

Ich wurde darauf hingewiesen, dass natürlich auch inter* Menschen von diesem Gesetz betroffen sind. Dies habe ich in den vorherigen Einträgen leider nicht explizit angesprochen. Entschuldigung.

Vielleicht ist jetzt ein ganz guter Zeitpunkt, dieses Gesetz und die Begleitumstände, nach der Abstimmung im Bundestag und damit dem voraussichtlichen Inkrafttreten Ende des Jahres, nochmal zu erwähnen.