Schwarzarbeit

Hallo Lage,

das Interview mit Frau Bruckmaier in der LdN350 nehme ich zum Anlass um Euch mal das Thema Schwarzarbeit näher zu bringen, da es meiner Ansicht nach zur Behandlung des Bürgergeldes dazu gehört.

Schwarzarbeit an sich wäre meiner Ansicht schon einen eigenen Beitrag wert, denn das Thema und vor allem die verfügbaren Statistiken dazu sind recht komplex. Ich habe für diesen Beitrag nichts leicht verdauliches gefunden.
Schwarzarbeit überschneidet sich zudem mit dem mit Schattenwirtschaft, in den zum Beispiel Drogen- oder Menschenhandel hineinfällt. Mich interessieren aber legale Tätigkeiten wie Haare schneiden, Massieren, Putzen, Gartenarbeiten etc…

Ich wüsste gerne ob bekannt ist wie viele Bürgergeldempfänger nebenbei arbeiten und wieviel sie sich damit monatlich hinzuverdienen?

Erstmal möchte ich Anmahnen, das Thema Schwarzarbeit nur auf Bürgergeld-Empfänger zu beziehen. Der Großteil der Schwarzarbeit wird von Berufstätigen begangen, die nebenbei noch etwas am Laufen haben, das ist geradezu klassisch im Handwerk und auch z.B. in der Steuerberatung.

Die Stigmatisierung von vor allem Bürgergeld-Empfängern halte ich für falsch. Ja, auch hier gibt es „schwarze Schafe“, aber gemessen am Gesamtvolumen der Schwarzarbeit dürfte das verschwindend gering sein. Denn wenn der Bürgergeldempfänger eine Ausbildung hat, wird er in aller Regel in dem Bereich arbeiten und nicht dauerhaft Bürgergeld beziehen, wenn er keine Ausbildung hat, beschränkt sich die Schwarzarbeit oft auf lächerlich niedrige Summen für Dinge wie Putzen oder Gartenarbeit. Klar, das ist dann immer noch Sozialhilfemissbrauch, Steuerhinterziehung und einiges andere, aber vom Volumen wegen den niedrigen Löhnen eben zu vernachlässigen - und oft würden diese unqualifizierten Arbeiten sonst auch einfach gar nicht getätigt.

Der Fokus bei der Schwarzarbeit auf das Bürgergeld ist wieder so ein „konservativer Reflex“, wieder ein typisches „Treten nach Unten“, basierend auf Vorurteilen („der will nicht arbeiten, weil er mit Bürgergeld und Schwarzarbeit besser dar steht!“), die nur auf wenige Einzelfälle zutreffen (die dann am Nasenring durch die Trash-TV-Arenen gezogen werden, um sie dem empörten Bürger vorzuführen…).

Zu deinen sonstigen Fragen:
Tatsächliche Statistiken wird es dazu - aus nachvollziehbaren Gründen - nicht geben, es spielt sich eben in einem Dunkelfeld ab. Von den gemeldeten und verurteilten Fällen auf das Dunkelfeld zu schließen ist - wie immer in solchen kriminologischen Konstellationen - in aller Regel wenig sinnvoll, weil die Größe des Hellfeldes eher von den Ermittlungsbemühungen als von der Größe des Dunkelfeldes abhängt.

Von daher ist natürlich nicht bekannt, wie viele Bürgergeldempfänger nebenbei schwarz arbeiten.

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Also ich sehe das Thema Schwarzarbeit bei Bürgergeld- Empfängern eher als untergeordnet.
Warum? Wo wird die meiste Schwarzarbeit geleistet? Im Handwerk (Maler, Elektriker, Heizung & Sanitär, Gärtner), bei Reinigungskräften (aber nur bei Privat) und anderen Dienstleistungen (z.B. Frisör).
Alle Handwerkberufe können wir ausschließen, weil dort wesentlich mehr als verdient wird, als Mindestlohn und darum viel mehr als Bürgergeld.
Bei Reinigungskräften und Frisören wird es wahrscheinlich eine höhere Quote geben, weil dort nicht weit über Mindestlohn entlohnt wird.

Darum denke ich, vom Gefühl, dass die Schwarzarbeitsquote eher tief ist.
Aber wie @Daniel_K schon schrieb, die Hauptschwarzarbeitslast ist eher bei den Arbeitenden Leuten zu suchen und die ist wirklich extrem hoch. Man muss nur mal in den Baumarkt fahren und sich umsehen, wer dort was einkauft.

Ich schließe diesen Thread.

Es gibt keinen Grund, speziell bei Bürgergeldempfängern immer zu unterstellen, dass sie schwarz arbeiten.

Wenn man Schwarzarbeit diskutiert, dann für alle Berufsgruppen. Übrigens auch für Handwerker. Habe ich jedenfalls als Jugendliche selbst mitbekommen. Auch Arbeitnehmer könnten theoretisch schwarz arbeiten. Und von irgendwelchen Steuertricks der Unternehmen wollen wir erst gar nicht anfangen, ist aber der Schwarzarbeit durchaus vergleichbar. Es ist falsch und fatal, immer die Verbindung zum Bürgergeld zu ziehen. Dem liegt auch ein sehr seltsames Menschenbild zugrunde.

So ist also bereits die Überschrift eine Unterstellung. Ich schließe.

Das kann durchaus sein, aber könntest du dazu eine Quelle angeben?

Das ist aus 2014:

Von den neun Millionen Schwarzarbeitern haben nach Schneiders Studien acht Millionen einen regulären Job und bessern sich schwarz das Einkommen auf. Vollzeit-Schwarzarbeiter gebe es hingegen nur knapp eine Million - vor allem Arbeitslose und Frührentner. Immer beliebter werden Modelle, bei denen etwa eine Kellnerin für 20 Stunden pro Woche legal angestellt wird und den Lohn für die übrige Arbeitszeit bar auf die Hand bekommt.
Warum Schwarzarbeit entsteht und wie sie sich auswirkt - Fragen und Antworten

Damit dürfte es sich im Bevölkerungsschnitt also in etwa die Waage halten.

Und hier noch etwas interessantes aus 2003:

Nach Schätzungen der alten Bundesregierung beträgt die Summe, die durch Sozialleistungsbetrug verloren geht, nur sechs Prozent des Schadens durch Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug
[Faule Arbeitslose? | Arbeitslosigkeit | bpb.de]

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Top - danke für die Quelle. Passt.

Was ich auch nicht verstehe: wenn ich die Studien, die es darüber z.B. von der Uni Tübingen gibt richtig verstehe, dann findet Schwarzarbeit ganz überwiegend im Niedriglohnsektor statt. Vor allem im Bereich Gastronomie, Bau, Putzen [1].
Gleichzeitig ist der dadurch entstehende Schaden mit 300 Mrd alles andere als vernachlässigbar. Gerade die Tatsache, dass irgendwas zwischen 60 und 90% der Putzhilfen schwarz arbeiten (ja nach Schätzung) dürfte also schon ein Thema sein.

[1]

Die Welt spricht von Umsatzeinbußen die Unternehmen hätten, die nicht schwarz beschäftigen, was natürlich fadenscheinig ist, den Umsatz macht ja trotzdem jemand.
Trotzdem hat man viele Ausfälle.
Sozialversicherungsbeiträge von 40%, keine Einkommensteuer (gehen wir von 15% aus), in vielen Fällen keine Umsatzsteuer (19% auf Lohn und Marge, gehen wir von zusammen 30% aus). Stockt der Schwarzarbeiter seinen üblichen Lohn auf oder ist arbeitslos käme das noch on top.
Nach dieser Rechnung wären das bei 14€ Lohn 26€. Sagen wir, dass die 1Mio 38 Stunden schwarz arbeitet, der Rest im Schnitt 10 Stunden pro Woche wären das 12 Milliarden Stunden und 310 Milliarden Euro.
Sind jetzt fiktive Zahlen von mir, aber zeigt, dass dem Staat durchaus diese Größenordnung entgehen könnte, zumal auf dem Bau und auch an Reinigungskräfte (nicht in Zeitarbeit) eher 20€ plus gezahlt werden.
Letztendlich ist der einzelne vernachlässigbar. Erst die große Zahl von 9 Millionen macht es relevant.

Jetzt zu diesem Teil. Worauf basiert die Einschätzung? Prof. Schneider aus der Uni Linz (die ja zum Thema Schwarzarbeit viel publiziert hat) schätzt, dass jeder dritte erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger nebenbei schwarz arbeitet [1]. Klar - ist mangels Daten nur eine Schätzung, aber immerhin von jemandem der dazu viel geforscht hat.
Denke auch nicht, dass das eine Stigmatisierung ist. Finde im Gegenteil man sollte diese Art der Schwarzarbeit weitgehend entkriminalisieren: also den Dazuverdienst durch minimale Abgaben möglichst attraktiv machen. Dann sind diese Leute zumindest sozialversichert. Dann läuft man natürlich wieder in das Problem des Lohnabstandsgebotes, aber ich glaube anders geht es nicht. So zu tun, als wäre das ein vernachlässigbares Problem finde ich jedenfalls den völlig falschen Ansatz.

[1]
Bürgergeld und Schwarzarbeit: Welche Strafen drohen? | SÜDKURIER.

Okay, wir müssen hier mal grundlegend über Statistik sprechen.

Die von @der_Matti aufgeführten Quellen spricht davon, dass es 9 Mio Schwarzarbeiter in Deutschland gibt, von denen acht Million Erwerbstätig sind, die andere Million auf (Früh)Rentner und Bürgergeldempfänger entfällt.

Deine Quelle sagt, jeder dritte Bürgergeld-Empfänger würde schwarz arbeiten. Wir haben in Deutschland etwa 5,5 Mio Bürgergeld-Empfänger. Selbst wenn deine Quelle richtig ist und jeder Dritte davon schwarz arbeitet, wären das immer noch weniger als 2 Millionen - von insgesamt 9 Millionen. Die Schätzung halte ich nebenbei für extrem fragwürdig, die Qualität der Schätzung hängt dabei nicht von der Qualifikation des Schätzenden ab, sondern von den Argumenten, mit denen er seine Schätzung untermauern kann. Und die sind nicht überzeugend.

Wir reden hier über zwei verschiedene Grundgesamtheiten: Die der Schwarzarbeiter und die der Bürgergeldempfänger. Bei den Bürgergeldempfängern müssen wir zudem nochmal zwischen Langzeitarbeitslosen und Übergangsarbeitslosen unterscheiden. Der Großteil der Schwarzarbeit dürfte auf Menschen entfallen, die geringfügig beschäftigt sind (dh. offiziell arbeitet die Person auf 520-Euro-Basis, inoffiziell aber deutlich mehr unter der Hand, i.d.R. beim gleichen Arbeitgeber) oder die zwischen zwei Jobs schwarz arbeiten. Die Schwarzarbeit-Quote unter Langzeitarbeitslosen dürfte sehr niedrig sein - und die Arbeit, die dort schwarz erledigt wird, dürfte auch nur geringen Umfang haben.

Tue ich das?
Ich sage lediglich ganz klar, dass man Bürgergeld-Empfänger nicht mit „die arbeiten doch eh alle schwarz“ stigmatisieren sollte, wie es leider viel getan wird.

Ich halte Schwarzarbeit bei Bürgergeldempfängern auch für ein Problem, das man tatsächlich idealerweise lösen würde, indem man die Zuverdienstmöglichkeiten deutlich verbessert. Aber ja, als Sozialleistungsmissbrauch muss das Thema auch scharf verfolgt werden. Niemand verteidigt hier Bürgergeldempfänger, die schwarz arbeiten - natürlich ist das unter aller Sau! Was mich aber eben stört ist der konservative Reflex, jedem Bürgergeld-Empfänger zu unterstellen, schwarz zu arbeiten.

Dazu noch meine persönliche Erfahrung:

Da ich länger im Bereich der Steuerberatung als Bilanzbuchhalter gearbeitet habe, habe ich nebenbei auch einigen Einblick in das Thema Schwarzarbeit, interessanterweise mehr im Kontext der Steuerberatungskanzleien selbst als im Kontext der Mandanten (wobei es auch da klare Fälle gibt, die jedem bekannt sind, gerade in der Gastronomie… da muss man Mandanten auch mal darauf hinweisen, dass sie „mehr offiziell bezahlen müssen“, weil es dem Finanzamt sonst sofort auffällt, dass der Laden nie und nimmer mit den offiziell gemeldeten Personalstunden laufen kann…). Selbst mir wurde, als ich die Vollzeitstelle gekündigt habe, um wieder zu studieren, dieser klassische Satz gesagt: „Arbeite doch wenigsten auf (damals noch) 450-Euro-Basis weiter, dann kannst du so viel arbeiten, wie du schafft, alles über 450 gibt’s dann in Bar mit x Euro pro Stunde“ - was ich natürlich abgelehnt habe. Das sind die „klassischen“ Fälle von Schwarzarbeit, auf die vermutlich der größte Teil entfällt - und der für die Finanzämter und Behörden nahezu unmöglich nachweisbar ist. Diese ganzen „Haushaltshilfen“-Sachen haben kaum ein relevantes wirtschaftliches Gewicht, insbesondere, weil diese Arbeit sonst oft gar nicht angeboten würde… diese Dinge sind maximal ein Schaden auf dem Papier.

Beim Thema Schwarzarbeit muss man daher auch wirklich fragen, ob ein volkswirtschaftlicher Schaden tatsächlich vorliegt. Wenn ein Vielverdiener einem Geringverdiener oder Bürgergeldempfänger 200 Euro im Monat als Haushaltshilfe zukommen lässt existiert einfach kein volkswirtschaftlicher (maximal ein moralischer!) Schaden, wenn die Alternative wäre, dass der Vielverdiener seinen Haushalt sonst selbst erledigt. Denn den bürokratischen Aufwand, der hinter einer regulären (geringfügigen) Beschäftigung steckt würden in solchen Fällen beide beteiligte Personen einfach nicht eingehen… Nicht jede Schwarzarbeit ist in diesem Kontext wirklich ein Problem, und die Fälle, in denen es um unqualifizierte Bürgergeldempfänger (also Langzeitarbeitslose) geht, die einfache Garten- oder Haushaltsarbeiten machen, sind i.d.R. die Fälle, in denen tatsächlich kein volkswirtschaftlicher Schaden vorliegt, in denen es maximal um Gerechtigkeitsfragen im Hinblick auf das Bürgergeld geht.

Natürlich ist die absolute Zahl an Schwarzarbeitern unter Bürgergeld-Empfängern geringer als die absolute Zahl unter Erwerbstätigen. Es gibt ja schlicht viel weniger Bürgergeld-Empfänger. Aber was ist das denn für eine Argumentation? Deutschland ist auch verantwortlich für 2% der CO2 Emissionen weltweit. Trotzdem wäre es doch Murks deswegen zu sagen, dass die deutschen Emissionen vernachlässigbar sind. Wenn die 1/3 stimmen wäre jedenfalls die Quote unter Bürgergeld Empfängern höher als unter anderen Erwerbstätigen.

Welche Argumente meinst du? Ich habe jetzt zumindest nicht gesehen, dass er seinen Rechenweg veröffentlicht hätte. Gibt es denn andere Einschätzungen von Experten (ehrliche Frage)?

Den habe ich ehrlich gesagt nirgendwo gesehen. Ich finde es völlig in Ordnung sich die Frage zu stellen ob es solche Fälle geben könnte. Schlicht, weil das Bürgergeld sehr gering ist und der legale Hinzuverdienst rein ökonomisch unattraktiv. Daran kann man auch etwas ändern wollen, ohne konservativ zu sein und / oder Bürgergeld-Empfänger zu hassen.

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Der Großteil der Schwarzarbeit vielleicht schon. Ein Großteil der von dir genannten 8 Mio. Schwarzarbeiter dürfte aber in eine andere Kategorie fallen, die der Gelegenheitsschwarzarbeiter. Insbesondere im Handwerksbereich. Typisches Beispiel: Ein Handwerker erledigt in einem anderen Betrieb oder in einer Behörde einen normalen Auftrag und wird von einem dortigen Angestellten gefragt, ob er nicht mal am Wochenende vorbeikommen und irgendetwas einbauen kann. Wenn das dann zur Zufriedenheit erledigt wurde, geht die Telefonnummer vielleicht noch im Bekanntenkreis herum. Insgesamt führt das dann gelegentlich zu einem anständigen Taschengeld, aber jedes Wochenende werden die meisten Handwerker dann doch nicht auf diese Art und Weise verbringen wollen.

Ich würde daher schätzen, unter der Voraussetzung, dass die weiter oben gesagten Zahlen stimmig sind, dass das Gros der Schwarzarbeit (Fake-520€-Jobs etc.) nur auf einen kleineren Teil der Gesamtheit der (9 Mio?) Schwarzarbeiter zurückzuführen ist.

Ich denke der Schaden der durch Schwarzarbeit bei Bürgergeldempfängern oder Aufstockern vorwiegend entsteht ist dadurch, dass diese Fälle ohne die Möglichkeit ihr Einkommen so mit wenig Arbeit zu maximieren wohl dann doch eher Vollzeit arbeiten würden.

Somit entgehen nicht nur ein paar Euro Steuern sondern es werden auch zusätzliche Gelder ausgezahlt die sonst wegfallen würden.
Auch bei den Sozialversicherungen wäre dieser Effekt da.

Wie groß dieser Anteil ist, ist dann wieder eine separate Frage.

Wenn ich mir die ansehe die ich (entfernt) kenne die so auffallen, dann sind das oft entweder Hilfsarbeiter auf Baustellen oder bei Umzügen oder wir reden über den 520€ Job der dann eben doch viel umfangreicher ist und für den es dann nicht wenig nochmal schwarz obendrauf gibt. Gerade in Gastro wohl noch sehr häufig.

Hier mal ein Beitrag zu Schwarzarbeit, bezuschusst von staatlichen Subventionen.