Schuldenbremse erweitern

Hallo,

ich habe eine Frage zur Erweiterung der Schuldenbremse für zusätzliche Investitionen. Es geht um folgendes Problem(Buchhaltertrick):

Die momentan im gedeckelten Haushalt für Investitionen vorgesehenen Mittel werden stattdessen in zusätzliche Investitionen umgewandelt, indem sie durch „Konsumausgaben“ ersetzt werden. Das bedeutet, dass beispielsweise 100€ im gedeckelten Haushalt für Investitionen durch Konsumausgaben ersetzt werden, und dafür würde dann zusätzliche Schuldenaufnahme erfolgen.

Wie steht ihr zu dieser Meinung?

Viele Grüße,
Dieter

Zwei Gedanken dazu:

  1. Die Unterscheidung zwischen Investitionen und Konsum Ausgaben in der momentanen Form halte ich für ungeschickt. Ein Beispiel: der Bau einer Schule ist eine Investitionen. Die Bezahlung der Lehre:innen ist eine Konsumausgabe. Würde es nicht mehr Sinn machen, Beides als Investitionen in die Zukunft beziehungsweise Bildung zu sehen?

  2. Ich bin zwar froh, dass mittlerweile anscheinend auch Neoliberale zu der Überzeugung zu kommen scheinen, dass die Schuldenbremse Murks ist. Allerdings natürlich nur, weil es gerade opportun ist, und nicht, weil wissenschaftliche Erkenntnisse und empirische Studien sie zu dieser Überzeugung bringen. Das konnte man meines Erachtens gut erkennen, als Philipp im Podcast wiedergegeben hat, was die Industrie Vertreter davon halten. Denn die meinten „ ja nicht so viele Schulden machen, weil das müsse irgendwann wieder refinanziert werden.“ Da schwingt für mich ein ganz grobes Missverständnis von Staatsfinanzierung mit. Der Staat Schafft ihr Geld, in dem er Schulden macht. Wenn er viele Schulden gemacht hat und damit die Geldmenge erhöht hat und dass sie dann wieder über Steuern einzieht, vernichtet er das Geld wenn er damit die Schulden abbezahlt. Es gibt die hat keinen Gläubiger vom Staat, der beim abzahlen der Schulden das Geld bekommt und dann selbst wieder ausgeben könnte oder wieder in den Umlauf bringen könnte. Das hat mit Refinanzierung nichts zu tun, sondern der Staat steuert über Schulden und Steuern einfach nur die Geldmenge.

Um direkt auf die Frage zu antworten. Solche Buchhaltungstricks halte ich für nicht schlimm, weil der Staat mE „nur“ darauf achten muss, nicht den Markt zu überhitzen, statt eine arbiträre Schuldenbremse einzuhalten. Wenn der Staat zB plötzlich Haufen Geld in einen bestimmten Sektor durch Investitionen pumpen würde und die Handwerker/Dienstleister deshalb plötzlich die Preise anheben würden, wäre das schlecht. Wenn das nicht passiert, ist mE auch egal, ob der Staat die Schuldenbremse mit nem buchhaltungstrick umgeht.

Wir sollten die derzeitig politisch geführte Diskussion zur Schuldenbremse nicht mit einer Grundsatzdiskussion zur MMT vermischen. Denn dafür müsste unsere Politik darauf ausgerichtet sein und das ist sie nicht.
In unserem derzeitigen Modell gibt der Staat Anleihen aus, die von privaten Marktteilnehmern gekauft werden. Und natürlich wollen die dieses Geld irgendwann auch wieder.
Und das Geld schöpft auch nicht der Staat, sondern eine Zentralbank, die vom Staat unabhängig agiert mit so Nachteilen wie denen, dass sie plötzlich Verluste macht, weil sie selbst ihr Geld für 0% verliehen hat, nun den Privatbanken für ihre Einlagen aber 3% bezahlen muss.

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Sorry, das verstehe ich nicht. Klar, ich habe Geldschöpfung stark vereinfacht, weil es für die Diskussion meiner Meinung nach keinen Unterschied macht. Aber für die Diskussion ist ist doch auch wichtig, wie man zu einer Antwort kommt?

MMT beschreibt aber doch nur, wie das Geldsystem funktioniert, also die Realität. Welche politischen Entscheidungen man auf der Grundlage trifft, kann ja jeder anders machen. Die MMT gibt da nichts vor. Aber wenn man wie ich der Meinung ist, dass sie die Realität besser beschreibt, als Neoklassik oder whatever, ergibt sich dann halt auch ne Antwort auf die Frage von OP, die ja voraussetzt, dass Staatsschulden generell negativ sind. Und darauf ist meine Antwort: das sehe ich nicht so, deswegen sind Buchaltungstricks auch egal. Wichtiger ist, dass der Staat die richtigen Ausgaben tätigt und die falschen zurückschraubt. Ob er dafür Schulden aufnimmt oder sogar einen Überschuss erwirtschaftet ist Nebensache.

Das übelste Gegenbeispiel ist doch der Finanzsenator von Berlin, der sich bei dem Investitionsstau in Berlin dafür gefeiert hat, dass er einen Überschuss im Haushalt hatte. Nein, digger, du müsstest Schulden machen, dass es kracht (ich weiß er darf nicht).

Aber wie würdest du denn die frage von OP beantworte (Fan von MMT oder nicht…)?

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Dann erkläre doch, wie die MMT in Deutschland umgesetzt wurde oder meinetwegen auch umgesetzt werden kann?
Natürlich ohne Gesetze zu ändern und ohne eine Grundsatzdiskussion loszutreten.
Ansonsten bleiben wir doch bitte in der derzeitigen Realität und führen MMT-Diskussionen in den Threads, die sich bereits (ausschließlich) mit dem Thema befassen.

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Das genau beschäftigt mich auch. Wenn staatliche Investitionen ohne Schuldenbremse über ein Sondervermögen - also Schulden finanziert werden, besteht doch die Versuchung, sie nur noch über diesen Weg zu finanzieren. Der ordentliche und restliche durch Steuereinnahmen finanzierte Haushalt könnte dann fröhlich für konsumtive Ausgaben unters Volk gebracht werden. Es wird nur so gehen wie beim Häuslebauen: eine bestimmte Quote an Eigenkapital wird schon eingebracht werden müssen. Will heißen, ein nicht unerheblicher Teil der Investitionen müsste über den Haushalt abgewickelt werden.
Oder?

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