Recht auf Wohnungstausch

Der Berlin Mieterverein bezeichnes das österreichische Vorbild als „totes Recht“. Die Zahlen aus dem Deutschen Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, mit 300.000 freiwillig zum Tausch ausgeschriebenen Wohnungen, zieht eine ernüchternde Billanz mit 80 Anfragen und 0 Tausch. :thinking:

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Liebes Lage Team,
euren Podcast über die Lösungsidee des Wohnungstausches habe ich begeistert verfolgt.
Im anschließenden Diskurs mit einem guten Freund, bin ich auf ein erwähnenswerten Aspekt gestoßen, - die praktische Umsetzung.
Wie Ihr berichtetet sind es meist ältere, betagte Menschen, die aus für Sie zu große Wohnungen ausziehen / tauschen würden. In meinem Studium ziehen wir immer „Oma Erna“ als Beispiel heran.
Welchen Anreiz hat Oma Erna einen stressigen, kostspieligen Umzug mitzumachen, um weniger Platz zum selben Preis zu haben? Wie soll solch ein Umzug in der Praxis an einem Tag umgesetzt werden?
Oma Erna benötigt vielleicht Ihre Sitzerhöhung auf dem Klo, die Rollstuhlgerechte Küche, Ihre Tapeten… das ist alles leider nicht an einem Tag umgebaut.
In der Folge stellt sich die Frage, wie das jüngere Paar ggf. mit Kindern die Übergangszeit zwischen Umbau Ihrer alten Wohnung für Oma Erna bis zum Einzug gestalten soll? Schließlich kann Erna nicht in einer Baustelle wohnen…
Ich freue mich auf euren weiteren Diskurs und mögliche Lösungsideen. Das begeistert mich an euren Podcasts - Lösungen vorzustellen.
Lieben Gruß vom begeisterten Lage Fan

Es geht ja noch weiter.

Oma Erna zieht dann vermutlich aus einer Gegend, wo sie zumindest noch ein paar Menschen um sich herum kannte und die wenigen sozialen Kontakte, die sie noch hat, irgendwohin wo sie niemanden kennt.
Dann kann so ein Tausch oft dazu führen, dass die Mieten dennoch an den Markt „angepasst“ werden, sprich erhöht werden. D.h. da müsste man gesetzlich einschreiten.

Das geht nur dadurch, dass eine Partei für Zeit X irgendwoanders unterkommt (Pension, Hotel, Bekannte, Verwandte). In einem Tag ist das nicht zu bewerkstelligen. Aber wenn es gut geplant ist geht das schon irgendwie, natürlich nur selten ohne Mehrkosten.

Oma Erna hat vermutlich seit 20 Jahren an ihrem Haus nichts mehr gemacht, weil „das lohnt sich für mich doch eh nicht mehr“, heizt also ihr viel zu großes schlecht gedämmtes Haus weiter mit ihrer immer älter werdenden Ölheizung.
Aber tauschen geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Stattdessen sollte der Staat sich von den Sozialwohnungen für Familien verabschieden und günstiges betreutes Wohnen für Oma Erna bauen, damit sie

  1. Eine moderne altersgerechte Wohnung bekommt
  2. Geringere Nebenkosten
  3. Soziale Teilhabe durch Bushaltestelle vor der Tür, zentrale Lage und einen Gemeinschaftsraum im Haus, den sie sich mit anderen Ernas teilt

Ihr Haus kann sie dann zu einem fairen Preis dem Markt anbieten oder vielleicht sogar der Staat übernehmen und dafür Erna umsonst wohnen lassen.

Ich glaube der Wohnungstausch ist so gedacht, dass zwei Mietwohnungen getauscht werden.

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Mehr als die Hälfte der über 60-jährigen wohnen im eigenen Haus/Wohnung. Es ist also wesentlich effektiver dort anzusetzen.
Wohnsituation nach Altersgruppen 2023 | Statista

Ich glaube, die Oma ist eher ein seltener Fall. Sinnvoller wäre es schon früher, wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann werden normalerweise einer oder mehrere Räume nicht mehr oder kleiner benötigt.

Aber noch was anderes: Im Podcast wurden ja aufgrund der Vertragsfreiheit Vorbehalte geltend gemacht. Also die Vertragsfreiheit der Vermietenden, sich ihre Mieter selbst aussuchen zu können. Da es aber um die Mietverträge geht, hat die Vertragsfreiheit ja zwei Seiten, nämlich auch die Mietenden. Wenn die Besitzer wechseln, zB durch Verkauf der Wohnung, dann haben die Mitenden absolut kein Mitspracherecht, d.h. ihre Vertragsfreiheit ist an der Stelle komplett ausgehebelt. Ist das nicht ähnlich zu sehen, wie auf der anderen Seite mit Wohnungstausch? Ich fände es schon durchaus sinnvoll, für diesen Zweck die Vertragsfreiheit einzuschränken.

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Natürlich haben Sie eine Vertragsfreiheit, sie können den Vertrag kündigen, wenn die neue Eigentümerin ihnen nicht passt. Ein Vetorecht für den Verkauf an sich würde die Eigentumsrechte unangemessen einschränken. Die Mietenden haben durch den Verkauf keine Nachteile, da der Mietvertrag erstmal 1:1 mit der neuen Eigentümerin weiterbesteht.

Genau so wie ich sonst auch kündigen kann im Rahmen des Vertrages.
3 Monate wird mir der neue Vermieter mindestens aufs Auge gedrückt. Wenn ich nun einen Vertrag mit Befristung z. B. für meine vier Regelstudienjahre geschlossen habe, greift deine Aussage schon gar nicht.
Oder gibt es ein Sonderkündigungsrecht bei Vermieterwechsel von dem ich nichts weiß.

Ich verstehe dein Argument, aber bei einem Verkauf ist klar geregelt, das der Käufer die Rechtsnachfolge antritt. Ist bei dem Verkauf eines Unternehmens ja auch so, die Kundenverhältnisse werden vom Käufer übernommen.

Und in Österreich ist klar geregelt, dass der neue Mieter nach Wohnungstausch die Rechtsnachfolge antritt und den bisherigen Mietvertrag 1:1 übernimmt. :slight_smile:

Ich hätte hier auch noch einen Aspekt. Die privaten Vermieter (1-2 Wohnungen zu vermieten) die ich kenne sind quasi alle bei älteren Vermietern sehr sparsam was Mieterhöhungen angeht, weil die sind ja eh nur noch ein paar Jahre drin und dann kann man ja immer noch für die neuen Mieter die Miete auf den aktuellen Wert erhöhen.
Aus geplanten 2-3 Jahren bis Oma Erna in ein betreutes Wohnen zieht werden aber dann teils 10 und mehr Jahre und so hat Oma Erna kulanterweise in diesen Jahren keine Mieterhöhungen erhalten.

Müssen Vermieter jetzt aber damit rechnen, dass Oma Erna jederzeit einfach die Wohnung tauscht und plötzlich ein langfristiger Mieter mit dieser günstigen Miete im Vertrag ist, dann wäre es sehr wahrscheinlich, dass Vermieter vermehrt hinterher sind die Miete auch bei alten Mietern im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten anzupassen.

Ob dieses Phänomen mit ausbleibenden Mieterhöhungen bei alten Mietern natürlich überhaupt allgemein auftritt oder mein Umfeld hier eher weniger repräsentativ ist kann ich nicht beurteilen.
Ich weiß zumindest, dass einige Freunde und Familienmitglieder die in Genossenschaftswohnungen wohnen/wohnten eher niedrige Mieterhöhungen bekommen haben, da auch dort Mieten meist erst mit neuen Verträgen deutlich erhöht werden und Mieter die schon sehr lange dort wohnen daher ziemlich günstig weg kommen. Ganz selten dürfte dieses Prinzip der Mieterhöhung vorwiegend bei Neumietern daher zumindest nicht sein.

Ich denke, so ein Wohnungstausch wird wohl nur auf freiwilliger Basis funktionieren, bei der alle Beteiligen, also Eigentümer/Vermieter und Mietparteien, sich auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen bzw auf die Modalitäten des Wohnungstausches.
Somit bleibt es aktuell eher eine Sache von Einzelfällen.
Ob man da rechtliche Rahmenbedingungen schaffen kann, die solche Vorgänge vereinfachen, halte ich aufgrund der Komplexität der rechtlichen Lage zumindest für herausfordernd