Naja, hier muss man schon sagen, dass das Beamtenrecht ein besonderes Arbeitsverhältnis ist, das sowohl vom Staat eine besondere Fürsorgepflicht für den Beamten, aber auch von Beamten eine besondere Wohlverhaltenspflicht fordert. Ob dieses Verständnis von Beamtentum generell noch sinnvoll und zeitgemäß ist, darüber kann man vortrefflich streiten - unstreitig ist, dass es sowohl gesetzlich als auch in der Rechtsprechung klar geregelt ist.
Das halte ich generell auch für unproblematisch - die Frage ist eher, wie wir ein „die Achtung und das Vertrauen“ untergrabende Verhaltensweisen definieren. Und da sind wir wieder beim Ausgangsbeitrag:
Straftaten oder auch ständig wiederholte Ordnungswidrigkeiten, ebenso wie jedes Verhalten, dass ernsthafte Zweifel daran aufkommen lässt, dass der Beamte sich den freiheitlich-demokratischen Grundrechten verpflichtet fühlt, sollten klar unter § 34 Abs. 1 BeamtStG fallen.
Auch ist klar, dass je nach Beamtenrolle unterschiedliche Gewichtungen auftreten, daher: Ein Richter muss grundsätzlich noch ein Stück neutraler sein als ein verbeamteter Mitarbeiter in der Verwaltung, ein sehr hoher Beamter kann schneller über kleinere Straftaten (z.B. betrunken Autofahren) stolpern als ein „einfacher“ Beamter. Auch das finde ich persönlich in Ordnung. (hier könnte man das obligatorische Spiderman-Zitat einfügen…)
Verhaltensweisen jedoch, die nur beim Vorliegen von Vorurteilen auf der Seite des Beurteilenden zur Einschätzung führen, dass „die Achtung und das Vertrauen“ in die jeweilige Beamtenrolle geschädigt werde, dürfen jedoch gerade nicht als Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht des Beamten gewertet werden. Also Verhaltensweisen, die weder straf- noch ordnungsrechtlich irgendwie problematisch sind, noch Zweifel an der demokratischen Gesinnung aufkommen lassen, dürfen nicht durch das Beamtenrecht pönalisiert werden. Period.
Am schlimmsten finde ich dabei immer, wenn als Argument die „Repräsentation“ genannt wird. Denn das bedeutet im Umkehrfall, dass man der Meinung ist, dass bestimmten gesellschaftlichen Gruppen (z.B. sexuell freizügige Menschen) die Repräsentation verweigert wird. Es wird quasi gesagt, dass nur „die (vermeintliche) Mehrheitsgesellschaft“ in der Bundeswehr repräsentiert werden dürfe. Und das ist nah an den Zuständen in Polen oder gar Russland - und denkbar weit vom Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit bzw. der freien Entfaltung der Persönlichkeit entfernt.
Deshalb halte ich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für ein Fehlurteil, weil es nicht ohne die Bestätigung und Stärkung von Vorurteilen argumentativ begründet werden kann. Und deshalb hoffe ich, dass Frau Biefang vor das Bundesverfassungsgericht ziehen wird, um das Urteil überprüfen zu lassen. Das hoffen übrigens überraschend viele Juristen und vor allem Jura-Professoren unabhängig von der eigenen Meinung zum Thema, weil dieses Thema einfach nach einer endgültigen Klärung durch das BVerfG (und wenn das Scheitert vielleicht sogar den EGMR) schreit.