Prozesse zu Protesten der Letzten Generation

Vor einigen Wochen habe ich als Besucherin und support für eine Freundin einem Prozess zu einer der Straßenblockaden der Letzten Generation in Köln beigewohnt und fand die Sachverhalte zum einen schockierend, zum anderen so spannend, dass ich mir wünschen würdet, ihr könntet das Thema (auch von juristischer Seite) im Podcast beleuchten! Die Art und Weise, wie die Thematik des Zivilen Ungehorsams von Angeklagten- als auch von Gerichtsseite auseinandergenommen wurde, war total spannend, vor allem unter dem Aspekt, dass der Zivile Ungehorsam als Protestform einen so weit zurückreichenden historischen Hintergrund hat, was sich in der Art und Weise des Dialogs darüber nicht unbedingt widergespiegelt hat. Besonders spannend fände ich es, wenn es euch möglich wäre einen Anwalt/eine Anwältin, die Mitglieder der LG vor Gericht vertreten und bereits vertreten haben, im Podcast zu interviewen.
Gerade im Gespräch mit den Anwältinnen wurde nochmals deutlich, wie unterschiedlich die verschiedenen Verhandlungen zu ähnlichen Straßenblockaden in den letzten zwei Jahren in Deutschland ablaufen oder abgelaufen sind und wie sehr die Urteile in ihrem Strafmaß (von Freisprüchen (in Anklagen der Nötigung gleichen Ausmaßes) bis zur Verhängung von Freiheitsstrafen für ähnliche Sitzblockaden in Berlin) variieren.
Besonders als Justiz-Laiin hat mich verwundert, wie weit der Interpretationsspielraum der Richter
innen in Bezug auf den Umstand des „rechtfertigenden Notstands“ der Klimakrise zu sein scheint und wie sehr das persönliche Rechtsverständnis der Richter*innen in Bezug auf die Auslegung dieses Paragraphs mit einfließen kann, der ja auch in Bezug auf die Zivilen Seenotrettung angeführt wird.

Wie sehr die eigene politische Haltung und persönliche Erfahrung der Richter*innen in die Rechtsprechung in diesen Fällen eine Rolle zu spielen scheint, hat mich besonders unter dem Aspekt beunruhigt, dass als erste Erörterung der Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, das Gericht sich darauf geeinigt hat „die Globale Erwärmung als wahr anzunehmen“. In Anbetracht der der wissenschaftlichen Lage zum Thema Klimakrise eine erschreckende Grundlage zur Verhandlung eines Prozesses zu friedlichen Protesten für mehr Klimagerechtigkeit in unserem Land.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Thematik in eine Podcast-Folge des neuen Jahrs einfließen würde und von euch beleuchtet wird!
Danke für eure Arbeit und nur das Beste für 2024!!

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Hätte das Gericht das Gegenteil angenommen, wäre das mMn empörender.

Ich gehe mal davon aus, dass das prozessökonomische Gründe hatte. Wenn ich mich in einem Gerichtsverfahren auf „rechtfertigenden Notstand“ berufe, muss ich die Existenz einer Gefahr beweisen können, die diesen Notstand hervorruft. Wenn das Gericht also zu Beginn „die globale Erwärmung als wahr“ deklariert, ist das gleichzeitig der Hinweis an die Verteidigung, die ganzen Studien und IPCC-Berichte, mit denen sie evtl. die globale Erwärmung belegen möchte, bitte zu überspringen, weil das Gericht diesen Teil der Argumentation nicht angreifen wird.

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