Problematik Gesundheitswesen: Eigenverantwortung

Im letzten Podcast ging es um die Coronathematik und die zunehmenden Probleme im Gesundheitswesen.
Ich arbeite als Pflegekraft und höre allerorten, dass es einen Pflegenotstand gibt und zu wenig Geld ausgegeben wird.

Ich sehe das Problem ganz woanders:
Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und Arztpraxen sind überfüllt mit Patienten, die aufgrund ihres Lebensstils unnötigerweise dort landen. Übergewicht, Bewegungsmangel, Fehlernährung, Alkohol, Zigaretten etc führen zu 70-80% aller Erkrankungen!

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Ich habe über dieses Thema mit sehr vielen Ärzten in Krankenhäusern und Praxen gesprochen und viele sind völlig desillusioniert darüber, wie wenig Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit übernommen wird. Das ist ein Bildungsproblem, aber nicht nur.

Für alles gibt es eine scheinbare Medizin, Insulin, Herzmedikamente, neue Gelenke ohne daß der Patient sein Verhalten ändert.
Auf die Dauer eine unbezahlbare Situation, Ärzte und Pflegepersonal sind ein Großteil ihrer Zeit mit den Folgen der freien Entscheidungen ihrer Patienten beschäftigt, ihre Gesundheit an die Wand zu fahren.

Vor 30 Jahren war Diabetes Typ 2 eine Alterskrankheit, heute kommen 25 jährige damit zum Arzt und haben den körperlichen Zustand eines 65 jährigen.

Das wird dauerhaft in eine mehrfache Krise führen, unbezahlbar und eine schlicht kranke Gesellschaft.

Das muss breit diskutiert werden und zwar nicht von hinten, also immer nur beim „Reparieren“. Beim Klimawandel und bei Umweltthemen ändern wir die Ursachen und sehen unsere Verantwortung auch für ärmere Länder.

Im Gesundheitswesen wird all das ausgeblendet.

Maßnahmen müssen vielfältig sein, Steuern auf Zucker und Fertignahrung, Gesundheitsunterricht in den Schulen, Präventivmedizin in vielen Bereichen, und eine Therapie, die Verhaltensänderung fordert und fördert.

Wir geben Unmengen aus, um uns diese „Repariermedizin“ zu leisten, gleichzeitig hat ein Großteil der Weltbevölkerung nicht einmal Minimalversorgung.

An diesem Thema werden wir nicht vorbei kommen, zumal die geburtenstarken Jahrgänge jetzt alt werden.
Dafür nun Pflegepersonal aus anderen Ländern anzuwerben…wer versorgt denn dann dort die Menschen??

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Absolut richtig.

Die große Frage ist halt immer, wie wir hier einen gesellschaftlichen Wandel schaffen wollen.

Autoritäre Systeme wie China versuchen es z.B. mit dem Social Credit System, welches bei uns strikt kritisiert wird. Das erfordert leider einen „gläsernen Bürger“, damit der Staat entsprechend „steuernd“ eingreifen kann. Ein solches System auf Deutschland übertragen würde z.B. bedeuten, dass die Abgabe von Zigaretten und Alkohol strikt kontrolliert wird und der Krankenkassenbeitrag höher wird, desto mehr Alkohol und Zigaretten jemand kauft. So würde der abstinente Nichtraucher dann nur 10% Krankenkassenbeitrag zahlen, während der gelegentlich Alkohol trinkende Kettenraucher z.B. 20% zahlen müsste. An und für sich wäre ein solches System fair und könnte auch gut das Verhalten steuern, aber die Notwendigkeit des „gläsernen Bürgers“ ist einfach ein großes No-Go. Wobei wir derartige Mechaniken aktuell bei vielen Krankenkassen schon haben - Stichwort „Bonus für nachgewiesene Sportkurse“.

Was wären andere Möglichkeiten?

Alkohol sollte ähnlich wie Zigaretten behandelt werden, daher: Absolutes Werbeverbot!
Dazu sollten Alkohol und Zigaretten (wie auch Cannabis, falls es legalisiert werden sollte) nur in staatlich kontrollierten Abgabestellen verkauft werden - es muss aufhören, dass diese Suchtgüter selbst nachts noch an jedem Zigarettenautomaten bzw. jeder Tankstelle 24/7 erhältlich sind. Ich bin gegen ein Verbot, weil ich es für nicht durchsetzbar halte, aber diese Dinge sollten zumindest gesellschaftlich stigmatisiert werden. Gerade die Glorifizierung von Alkohol muss endlich aufhören - es kann nicht sein, dass ich als Nichttrinker mich immer noch auf einer Party dafür rechtfertigen muss, warum ich nicht trinke. Das ist das deutlichste Zeichen dafür, dass hier einfach etwas auf gesellschaftlichem Level grundsätzlich falsch läuft.

Die Steuern auf Lebensmittel müssen grundsätzlich deutlich überarbeitet werden. Es kann nicht sein, dass das selbst gekochte Gericht von 800 kcal nahezu immer teurer ist als die Fertigpizza für 800 kcal - leider ist das aber die Realität. Man muss sich schon sehr anstrengen, um eine Hauptmahlzeit für weniger als 1,60 € zu kochen. Daher: Umsatzsteuer für Gemüse und unverarbeitete pflanzliche Lebensmittel auf 0%, Umsatzsteuer für verarbeitete Lebensmittel und Fleisch deutlich rauf!

Bezüglich Bewegungsmangel würde ich noch vorschlagen, dass es starke Förderungen für Unternehmen geben sollte, die nachweislich ihre Büromitarbeiter zum Sport motivieren. Daher: Kooperationen mit Fitnessstudios und Extra-Pausen für Fitness sollten massiv gefördert werden. Das stärkt in der Regel auch die Arbeitsleistung der Belegschaft.

Übergewicht bei Kindern sollte wesentlich stärker von Ärzten und Behörden wahrgenommen und entsprechend interveniert werden. Es ist nicht okay, wenn der 12-jährige mit seinen 1,55m schon 60+ Kilo wiegt. Und nein, es ist nicht die „Freiheit“ und das „Recht auf Erziehung“ der Eltern, ihre Kinder zu massivem Übergewicht zu erziehen (de jure ist es das leider doch, da eine Intervention gegen den Willen der Eltern nur bei Kindeswohlgefährdung möglich ist, welche nur bei wirklich massivem Übergewicht angenommen wird, also wenn das Kind schon in den Schoko-Brunnen gefallen ist…)

Aber das ist halt der Kern der Debatte:
Rauchen, Alkohol trinken, Übergewichtig sein, keinen Sport treiben zu dürfen - das sind alles Dinge, die als Freiheiten betrachtet werden und die definitiv auch Freiheiten sind, aber eben gemeinschaftsschädliche Freiheiten, die hohe Kosten erzeugen. Ein Staat, der hier eingreifen will, gerät immer in Gefahr, in’s Totalitäre abzudriften. Dennoch stimme ich dir absolut zu, dass wir hier mehr tun müssen. Der Trend zum Rauchen und Alkohol ist zwar die letzten Jahre immer (geringfügig) rückläufig, was schon mal gut ist, aber die Zahlen zum Übergewicht und Bewegungsmangel werden von Jahr zu Jahr schlechter. Ich unterstütze daher auch verhältnismäßig drastische Maßnahmen, weil ich fürchte, dass wir nur mit Aufklärungskampagnen und Ernährungsunterricht in der Schule hier nicht auf einen grünen Zweig kommen werden.

Und natürlich ist das Thema Diskriminierung wichtig. Ich bin strikt für eine deutliche Stigmatisierung von Rauchen und Alkohol trinken als negative Verhaltensweisen, die meines Erachtens auch sozial diskriminiert werden dürfen. Bei Übergewicht ist das nicht mehr so einfach. Andererseits bin ich strikt dagegen, im Rahmen von „Body Positivity“ so zu tun, als sei Übergewicht gar kein Problem, sondern gleichwertig zum Normalgewicht. Übergewicht ist negativ, es hat negative Konsequenzen für das Individuum und die Gesellschaft, ebenso wie Untergewicht, weshalb ich es auch für problematisch halte, wenn die Unterhaltungsindustrie Menschen an der Grenze zum Untergewicht zum Schönheitsideal und Normalfall stilisiert. Daher muss Über- und Untergewicht jeweils als Problem benannt werden dürfen, ohne dass es gleich heißt, man würde übergewichtige Menschen diskriminieren. Aber man sieht hier schon: Das Thema ist eine extreme Gratwanderung.

Vollkommen richtig!
Neben Covid haben wir noch zwei Pandemien
Pandemie der Inaktivität
und
Pandemie der Myopie–> China hat im Januar 21 für Kinder ein Handyverbot in Schulen erteilt.
s. Dokumente vom Prof Dr Dr Spitzer Chef Psychatrie-Uni Klinik Ulm

Kurzsichtigkeit war gerade in Asien schon lange vor der allgegenwärtigen Smartphonenutzung ein massives Problem. Der aktuelle Forschungsstand geht davon aus, dass vor allem die Zeit im Freien entscheidet, da zwei Faktoren entscheidend sind: Sonnenlicht und „Training“ der Augen durch Fokussierung auf nahe und weite Objekte. Beides findet draußen automatisch statt, beides findet vor allem beim Lesen gar nicht statt, beim Smartphone-Nutzen auch eher nicht.

Die Dämonisierung des Smartphones macht es hier zu einfach. Es gibt nicht den Hauch des Verdachts, dass das Smartphone schlechter für die Augen sei als das Buch. Und die Epidemie der Kurzsichtigkeit in China hat schon lange vor der Smartphone-Zeit begonnen. Das Smartphone mag den Effekt verschlimmern, weil nun nach dem Lernen am Buch (was in China bei jungen Kindern exzessiv betrieben wird) die Freizeit am Smartphone folgt.

Wenn uns die Fehlsichtigkeit so wichtig ist, müssten wir konsequenterweise auch die Lese-Erziehung signifikant verändern… aber „Lesen“ hat halt so einen guten gesellschaftlichen Leumund, dass sich niemand traut, hier ernsthaft „weniger Lesen“ für Kinder zu fordern, aber weniger Smartphone-Nutzung, das kann man natürlich leicht fordern. Das halte ich für problematisch.

Ich habe kein Smartphone Verbot gefordert.

Ich fordere eher immer selber Denken und aufklärung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, dort gehört auch Gesundheitsvorsorge dazu!

Hallo Daniel, ich sehe vieles genau so.
Die Frage bei den Zivilisationskrankheiten ist zum einen, was kann die Gesellschaft tun, dass es nicht völlig aus dem Ruder läuft und wie geht man mit der Verantwortlichkeit aus.

Theoretisch müsste die Steuer auf Zigaretten beispielsweise alle Folgekosten decken, wenn Rauchen dann zu COPD, Lungenkarzinomen… führt und die sind hoch.

Gesundheitsthemen haben irgendwie immer das Image von " ja, ja ich weiß schon, ist aber nicht lecker, macht kein Spaß", an irgendwas muss man ja sterben, haha.

Das alltägliche Leid der massiven Folgen wird ausgeblendet und oft auch, dass man selbst ja am meisten davon profitiert, wenn man beweglich und fit ist.

Natürlich ist ein totalitäres System, was kontrolliert, indiskutabel.

Gleichzeitig kann nicht jeder Schaden von der Gemeinschaft getragen werden.
Da muss es auch unpopuläre Entscheidung geben.

Diabetes ist besonders im Anfangsstadium sehr gut mit Heilfasten, Bewegungstherapie und Ernährungstherapie behandelbar.

Wie viel Insulin geht jährlich über den Tisch?
Da könnte eine ordentliche Steuer auf Zucker und Industrienahrung gut angelegt werden in einer umfassenden Betreuung zu einem gesundheitlich nachhaltigem Leben.
Da wären Krankenhäuser ganz anders gefordert, angefangen beim Essen (meist immer noch unterirdisch) und auch mit anderen Ansätzen, also edukativ.

Ein etwas anderes Beispiel: als während Corona die Intensivstationen voll liefen, mussten Ungeimpfte in Singapur die Kosten für die Behandlung selbst tragen. Das ist nun ein etwas krasses Beispiel, aber solche Art der „Selbstbeteiligung“ muss gedacht werden können und diskutiert.
Und ja, es geht nicht um Diskriminierung, die sollte es nie geben, sondern um sehr gravierende Folgen von Übergewicht, die die Lebensqualität immer früher oder später massiv einschränken.

Es muss ein Maßnahmenkatalog sein, in sehr viele Richtungen gehend.

Solange aus Gründen des Profits Alkohol, Zigaretten und ungesundes Essen als positive Lifestyle-Produkte beworben werden, sind wir noch weit weg von einer Gesundheitsbewussten Gesellschaft

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