Populistische These: Ausländer sind häufier kriminell

siehe: Kriminalität | Desintegration | Zahlen und Fakten | MEDIENDIENST INTEGRATION

Warum sind Ausländer überproportional in der Polizeilichen Kriminalstatistik vertreten?

Die Antwort auf diese Frage finden Sie auch im Mediendienst-Artikel hier.

Teilweise lässt sich das durch die Statistik selbst begründen:

  • Unter Straftaten von „Nichtdeutschen“ werden alle Straftaten von Ausländeren erfasst – auch von solchen, die etwa gezielt nach Deutschland einreisen, um eine Straftat zu begehen. Es handelt sich also nicht bei allen tatverdächtigen Ausländern, die in den Kriminalstatistiken erfasst werden, um im Deutschland lebende Menschen. Beispiel: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik hatten im Jahr 2019 insgesamt 11,8 Prozent der ermittelten ausländischen Tatverdächtigen ihren Wohnsitz im Ausland, bei weiteren 12 Prozent konnte die Polizei keinen (festen) Wohnsitz ermitteln.Quelle
  • Bei den Straftaten werden auch sogenannte ausländerrechtliche Verstöße mitgezählt. Das sind Verstöße, die überhaupt nur von Ausländern, nicht aber von Deutschen begangen werden können (zum Beispiel illegale Einreise). Die PKS gibt daher auch „Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße“ an: 2023 wurden demnach 2.017.552 Tatverdächtige insgesamt registriert, davon 1.322.571 deutsche und 694.981 nichtdeutsche Tatverdächtige (34,4 Prozent).Quelle

Teilweise lässt sich das durch das Alter, das Geschlecht und die soziale Lage der Tatverdächtigen erklären:

  • Geschlechter- und Alterszusammensetzung: Herkunftsübergreifend zeigt sich, dass junge Männer häufiger Straftaten begehen als andere Personengruppen. Unter Migrant*innen – insbesondere unter Geflüchteten – sind junge Männer prozentual überrepräsentiert und sind demnach potenziell häufiger in Kriminalitätsstatistiken zu finden.Quelle

  • Auch schwierige Lebensbedingungen erhöhen das statistische Risiko, Straftaten zu begehen. Migrantinnen sind häufiger mit belastenden Lebensumständen konfrontiert als Nichtmigrantinnen. So ist beispielsweise das Armutsrisiko höher und die Möglichkeiten der Teilhabe – z.B. am Arbeitsmarkt –, geringer. Auch Gewalterfahrungen im Herkunftsland und auf der Flucht zählen zu den belastenden Faktoren.Quelle

  • Es gibt Hinweise darauf, dass Angehörige von Minderheiten überdurchschnittlich oft von der Polizei kontrolliert werden und öfter von Opfern angezeigt werden als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft.Quelle

3 „Gefällt mir“

Wobei diese zwei Punkte nicht die These wiederlegen, dass Migranten häufiger kriminell wären, sondern begründen/rechtfertigen, WARUM sie das sein könnten.

Hier könnte man dann dagegen halten: „Ja dann müssen wir Migration halt so kontrollieren/einschränken, dass nicht überproportional junge Männer hier ankommen“ oder „wenn Geflüchtete aus humanitären Gründen fliehen, dann sollten wir hier ja eigentlich primär die verletzlichsten Gruppen aufnehmen (Frauen, Alte, Kinder), stattdessen kommen aber vor allem die am wenigsten verletzlichen“

Ich würde daher nur auf Argument 3 abstellen in einer Diskussion, sonst macht man sich angreifbar.

3 „Gefällt mir“

Nein, das kann man so nicht sagen.

Die rechte These ist: „Ausländer sind krimineller als Deutsche“, dieser These liegt die Denkweise zu Grunde, dass die Eigenschaft „ist Ausländer“ eine Kausalität für die Eigenschaft „ist Kriminell“ sei. Die von @panstruga genannten Gegenargumente berichtigen dies, indem sie darauf verweisen, dass es sich nicht um eine Kausalität, sondern um eine schlichte Korrelation handelt. Die Kausalität für die Eigenschaft „ist Kriminell“ ist nicht die Eigenschaft „ist Ausländer“, sondern „ist junger Mann in wirtschaftlich schweren Verhältnissen“. Diese Eigenschaft wiederum trifft auf Ausländer genau so zu wie auf Deutsche.

Das ist tatsächlich wichtig, bei Kriminalitätsstatistiken zu bedenken: Bereinigt man die Statistiken so, dass man sich tatsächlich nur vergleichbare Gruppen anschaut (also z.B. „Deutsche junge Männer mit niedriger Bildung in wirtschaftlich präkären Verhältnissen“ vs. „Zugewanderte junge Männer mit niedriger Bildung in wirtschaftlich präkären Verhältnissen“), also der einzige Unterschied dieser Gruppen die Eigenschaft „ist Ausländer“ ist, kommen wir zum Ergebnis, dass die Kriminalitätsbelastung dieser beiden Gruppen nahezu identisch ist.

Die richtige These wäre folglich: „Junge Männer in wirtschaftlich präkären Verhältnissen sind häufiger kriminell“, aber damit kann die AfD halt keinen populistischen Wahlkampf machen…

Das würde bedeuten, mehr Familiennachzug zu ermöglichen. Der Grund, warum vor allem junge Männer kommen, ist eben, weil die Überfahrt so gefährlich ist und junge Frauen hier auch häufig in dem vorhandenen Machtvakuum (=keine öffentliche Ordnung) oft Opfer von (sexueller) Gewalt werden. Dazu sind die Männer aus den betroffenen Ländern in der Regel auch besser ausgebildet und die Familien sehen eher eine Hoffnung darin, dass der junge Mann hier wirtschaftlich Fuß fassen kann, als die junge Frau.

Wenn wir wollen, dass mehr Frauen und alte Männer kommen, müssen wir die Fluchtwege weniger gefährlich gestalten und dafür sorgen. Irgendwas sagt mir, dass das nicht das Ziel der AfD-Argumentation ist :wink:

1 „Gefällt mir“

Ich wollte einen ähnlichen Eintrag machen, jetzt ist mir aber jemand zuvor gekommen :pensive:

Mit diesem Argument geht auch einher, dass in Deutschland früher weniger Straftaten begangen wurden, da die Straftaten erst mit steigender Imigrantenzahl stiegen und es heute so schrecklich unsicher sei.

Es stellt sich heraus, dass sich absolut keiner die Mühe macht, die Kriminalstatistik persönlich durchzugehen, die man hier findet:

https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/pks_node.html

Einige interessante Statistiken würde ich gerne anhängen, ich gehe sie immer gerne mit einigen Hysterikern durch, ich kann aber kein Excel hochladen. So gut wie alle Straftaten sind über die Jahrzehnte zurückgegangen sind, Deutschland ist heute so sicher wie noch nie.

Natürlich gab es ab der Wiedervereinigung einen Ausschlag nach oben, und es gibt Schwankungen, es ist aber durchaus eine Tendenz erkennbar.

3 „Gefällt mir“

Kannst du diese bereinigte Statistik bitte hier verlinken? Insbesondere die Kapitalverbrechen würden mich interessieren.

Ich gebe hier vor allem das wider, was ich in diversen Kriminologie-Vorlesungen gelernt habe. Dort haben wir auch mit entsprechenden Studien gearbeitet, die ich natürlich jetzt nicht mal eben aus dem Kopf vorlegen kann.

„Bereinigte Statistiken“ direkt gibt es leider nicht, da die dazu nötigen Daten (z.B. der sozio-ökonomische Status der Tatverdächtigen) nicht in der Datengrundlage erfasst ist. Es wird in der Kriminologie daher eher damit gearbeitet, eigene Daten zu sammeln, auch, weil die Daten der Kriminalitätsstatistiken generell problematisch sind (weil sie eben nur das Anzeigeverhalten aufzeichnen, nicht etwa, ob es auch zu einer Verurteilung kam, was wesentlich relevanter wäre).

Wenn du da mehr Informationen haben willst kannst du u.a. hier fündig werden:

Gerade der Beitrag der Seiten 14-32 stellt den Kern der kriminologischen Forschung halbwegs gut dar, also dass es eben nicht um die Eigenschaft „Migrant“ geht, sondern um Risikofaktoren.

Aber mal ganz davon ab:
Ich halte das eigentlich für einen No-Brainer, dass es um Risikofaktoren geht und die Nationalität als Solche nur ein sehr begrenzter (kultureller) Risikofaktor ist. Oder gehst du ernsthaft davon aus, andere Kulturen seien quasi „auf natürliche Weise“ mehr zu Kriminalität geneigt als „Deutsche“?

1 „Gefällt mir“

Für Deutschland kenne ich keine ausführliche Statistik, aber wegen der Diskussion in einem anderen Thread bin ich auf eine relevante Analyse aus Schweden gestoßen: Sweden finally publishes new immigrant crime rate data, which shows no surprises – Clear Language, Clear Mind


Ich kann kein Schwedisch, aber der verlinkte Blog ist auf Englisch und erklärt die Grafik wie folgt:

Die Abbildungen zeigt die Prävalenz von Verdächtigen schwerer Straftaten im Verhältnis zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die Straftaten sind „Tödliche Gewalt“, „Vergewaltigung“, „Einbruch“ und „Raubüberfall“.

Die schwarzen Balken sind in Schweden geborene Menschen mit zwei in Schweden geborenen Eltern. Dann folgt in zunehmender Helligkeit: In Schweden geboren mit einem im Ausland geborenen Elternteil; In Schweden geboren mit zwei im Ausland geborenen Elternteilen; Im Ausland geboren.

Grafik a) zeigt die Prävalenzen ohne jede Korrektur. Abbildung b) korrigiert für Alter und Geschlecht. Abbildung c) korrigiert für Alter, Geschlecht, verfügbares Einkommen, Bildungsstand und Wohnort.

Ergebnisse: Betrachtet man einfach nur die „Herkunft“, dann sind Menschen mit Migrationshintergrund erheblich bei den Tatverdächtigen von schwerer Kriminalität überrepräsentiert. Am auffälligsten ist das aber nicht bei den neuen Migranten (im Ausland geboren), sondern bei in Schweden geborenen Kindern ausländischer Eltern – was auf erhebliche Integrationsschwierigkeiten schließen lässt.

Je mehr man tatsächlich Äpfel mit Äpfeln vergleicht (also junge, wirtschaftlich marginalisiert Männer des selben Wohnorts mit und ohne Migrationshintergrund), desto stärker gleichen sich die Statistiken an.

Da es sich zudem um „Verdächtige“ und nicht „Verurteilte“ handelt, kann man zudem vielleicht davon ausgehen, dass Menschen mit erkennbaren Migrationshintergrund aus rassistischen Gründen öfter verdächtigt werden als ethnische Schweden. Das würde die Unterschiede nochmal verringern.

Für mich ist die Schlussfolgerung ziemlich deutlich: Nicht die Herkunft, Ethnizität, Kultur oder Religion ist für das Risiko kriminell zu werden entscheidend. Sondern die sozialen und wirtschaftlichen Umstände und Lebensperspektive.

Oder auch etwas griffiger: Nicht Ausländer sind häufiger kriminell, arme und marginalisierte Menschen sind häufiger kriminell.

Natürlich ist das im Detail komplexer. Zum Beispiel ist das Muster bei „Vergewaltigung“ durchgehend anders als bei den anderen Straftaten, Migranten der 1. Generation sind hier deutlich überrepräsentiert. Das würde darauf schließen lassen, dass man Neuankömmlinge in unserer Gesellschaft besonders auf unsere Gesetze und gesellschaftlichen Normen hinsichtlich sexueller Selbstbestimmung schulen sollte. Andere Aspekte würden sicher ebenfalls einer näheren Betrachtung lohnen.

cc @Daniel_K

2 „Gefällt mir“

Hm, letzer Beitrag wurde nicht freigegeben oder ist sonst wie verschollen. Ich versuche es erneut:

Diese Argumente widerlegen eine rein rassitische Behauptung, Ausländer wären krimineller. (Quasi von Natur aus.)
Wer so argumentiert, der lässt sich auch nicht von bereinigten Statistiken überzeugen (und ist in meinen Augen eh verloren).

Wenn es kein rassistisches Argument ist, dann belegen die hier gesammelten Argumente hingegen die Behauptung. Denn Geflüchtete sind nun mal hauptsächlich junge Männer mit schlechter Schulbildung, schlechten Deutschkenntnissen und (auch dank unserer integrationsfeindlichen Arbeiterlaubnisvergabe) schlechten Aussichten auf dem Jobmarkt.

Wir müssen also einen Schritt weiter gehen und erklären, welche besseren Möglichkeiten als Abschottung es gibt, um mit dem Problem umzugehen. Oder man muss darlegen, warum auch die ggf. geringfüge höhere Kriminalitätsrate in dem Milieu unproblematisch ist. (Für so ein Argument braucht man aber leider Abstand zu einer Tat wie Solingen.)

Wie wäre es mit Integration vom ersten Tag an, statt Verwahrung in Massenunterkünften und Integration erst, nachdem der Asylstatus geklärt ist? Dazu bin ich durchaus dafür, ganz klar zu kommunizieren, dass Straffälligkeit die Chance auf eine Aufnahme in Deutschland radikal verringert. Ich weiß nicht, wie es aktuell die Praxis ist, aber meines Erachtens muss jeder Neuankömmling ganz klar - in seiner Muttersprache - aufgeklärt werden, dass

a) Konflikte im Zweifel mit der Polizei geklärt werden, nicht „unter sich“ in Selbstjustiz
b) keinerlei Bewaffnung im öffentlichen Raum geduldet wird, auch nicht zur „Selbstverteidigung“
c) eine Anpassung an die Grundsätze des Grundgesetzes zwingende Voraussetzung ist, um hier zu bleiben (z.B. im Hinblick auf Frauenrechte)
d) jede Straffälligkeit die Chancen auf einen Verbleib in Deutschland reduziert, schwere Straftaten die Chancen auf Null setzen.

Hier ist tatsächlich „Fördern und Fordern“ angebracht, wobei „gefordert“ nur wird, dass sich an die Gesetze gehalten wird. Die Förderung hingegen muss stark ausgebaut werden, auf allen Stufen. Das Gute dabei ist: Desto mehr Flüchtlinge wir effektiv integriert haben, desto mehr Multiplikatoren stehen uns zur Verfügung, um zukünftige Flüchtlinge effektiv zu integrieren. Denn 2015 fehlte es vor allem an Muttersprachlern der Menschen aus die Fluchtregionen, hätten wir 2015 anständig angefangen zu integrieren, sollte dieses Problem heute lange gelöst sein und wir sollten genug studierte Sozialarbeiter mit dem entsprechenden sprachlichen Hintergrund haben.

Eine geringfügig höhere Kriminalitätsrate auf Grund der sozio-ökonomischen Faktoren muss einfach akzeptiert werden und sollte auch kein Problem sein. Wichtig ist, das Problem in den sozio-ökonomischen Faktoren zu sehen und zu überlegen, wie man diese sozio-ökonomischen Faktoren bekämpfen kann, statt den Menschen auf Grund seines Migrationshintergrundes anzugreifen. Das unterscheidet „links-progressive“ von „rechts-konservativer“ Politik.

2 „Gefällt mir“