Polizeiverhalten/ Coronademo-ortsfest-halten/Dresdner Medizinstudenten

Es kann offenbar bis zu 500 € Bußgeld für die Teilnahme geben: "Spaziergänge" gegen Corona-Regeln stoßen auf Widerstand - SWR Aktuell . Das ist schon viel, und hätte sicherlich eine gewisse abschreckende Wirkung, wenn es weit kommuniziert würde.

Ja, das ist nicht leicht abzuwägen. Aber wenn der Eindruck entsteht, dass Regeln gegen Angehörige einer Gruppe generell nicht durchgesetzt werden, kann das auch dazu führen, dass sie sich immer öfter an immer mehr Regeln nicht halten. Und bei der schweigenden Mehrheit läßt es die Akzeptanz von Maßnahmen sinken.

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Vielen Dank für deine Einsichten, @Tobias2 – das finde ich als (unfreiwilliger) Beobachter von Querdenker-Aktivitäten hier auf dem Land sehr aufschlussreich und kann mir vorstellen, dass die Situation für euch sehr schwierig ist.

Ich lebe in Illertissen, einem Ort im bayrisch-schwäbischen Grenzgebiet, wo es eine recht aktive Querdenker-Szene gibt, die seit eineinhalb Jahren mit verschiedenen Aktionen (zunächst klassische Demos vor meiner Haustüre auf dem Marktplatz, zuletzt „Spaziergänge“ in durchaus beachtlicher Größe) versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Hierbei fällt mir auch immer auf, dass das Mobilisierungspotenzial recht großflächig zu sein scheint und Teilnehmer:innen von weither anreisen. Die Veranstaltungen finden bei uns Sonntag-nachmittags statt, sind also sehr „familienfreundlich“ und auch immer von vielen Familien mit Kindern besucht.

Abgesehen von einzelnen Terminen, zu denen offensichtlich Kräfte von außerhalb zusammen gezogen wurden, habe ich den Eindruck (ohne jede interne Kenntnisse), dass die Veranstaltungen meist nur – wie von dir beschrieben – von den Einheiten „begleitet“ werden, die eh vor Ort sind. Das beschränkt sich dann in der Regel auch auf eine rein passive Beobachterrolle, d.h. Wagen stehen neben der ungestört stattfindenden Demo oder fahren neben dem „Spaziergang“ her. Ich habe das Gefühl, dass die Teilnehmer:innen dadurch durchaus in ihrem Tun bestätigt werden.

Schade finde ich, dass es hier in der Außenkommunikation der Polizei offenbar gar kein Problemempfinden gibt, siehe z.B. diese Pressemitteilung von heute (Original):

Corona-Spaziergang
ILLERTISSEN. Am Sonntagnachmittag kam es im Stadtgebiet erneut zu einem Zusammentreffen von Gegnern der Corona-Infektionsschutzmaßnahmen. Etwa 700 Personen nahmen an der nicht angemeldeten Veranstaltung teil. Die Szene traf sich zunächst in kleineren Gruppen auf diversen Plätzen in Illertissen und formierte sich schließlich zu einem Aufzug entlang der Staatsstraße 2031, also im Bereich der Ulmer Straße, Memminger Straße. Während des „Spaziergangs“ erfolgte kein offensichtlicher Protest. Vielmehr liefen die Teilnehmer in relativ geordneten Reihen auf den Gehwegen zunächst in nördlicher Richtung bis zum Kreisverkehr Saumweg. Dort querte der Aufzug die Staatsstraße und bewegte wieder gen Süden. Im Bereich der Memminger Straße, ungefähr auf Höhe der Anton-Kanz-Straße, machten die „Spaziergänger“ erneut kehrt. Anschließend ging es zurück zur Hirschkreuzung. Dort beendete ein Großteil der Teilnehmer den Protest. Etwa 300 Personen verlegten noch zum Marktplatz und standen in Kleingruppen herum. Davon spazierten wenig später nochmals 100 Personen die Ulmer Straße in Richtung Norden entlang und wieder zurück. Der Protest verlief durchwegs friedlich. Zu Verkehrsbehinderungen kam es nicht. Nach etwa zwei Stunden war die Protestaktion beendet.
(PI Illertissen)

Das erzeugt bei mir das Gefühl, dass versucht wird, die passive Taktik durch ein nachträgliches Schönschreiben der Lage zu rechtfertigen. Wäre es denn zu viel verlangt (natürlich kein Vorwurf an dich), hier wenigstens deutlich zu machen, dass diese Veranstaltung nicht rechtmäßig war, oder durchgehend den „Spaziergang“ in Anführungszeichen zu setzen? Dies insbesondere, da die Lokalpresse hier auf dem Land nach wie vor sehr glücklich Polizeipressemitteilungen 1 zu 1 ins Blatt nimmt (diese Unsitte war ja vor längerer Zeit schonmal Thema in der Lage) und diese somit aktiv zur Meinungsbildung vor Ort beitragen.

Hallo @Joshua,

Ich kann den Eindruck, dass dieser Text das Ganze etwas verharmlost, durchaus nachempfinden. Wer glaubt eine Rotte aus 700 Leuten, die irgendwo lang marschieren, sei kein Protest sondern suggeriert sogar, dass es sich um etwas Normales handelt, der hat so was noch nie vor Ort erlebt.
Selbst wenn die Leute an sich friedlich sind, was auch nicht immer der Fall ist, dann ist so ein Vorbeilaufen von vielen Menschen immer mindestens befremdlich und sorgt für Aufmerksamkeit.

Also wenn ich das richtig sehe, ist eine solche „Versammlung“ per se von der Verfassung geschützt. Sie soll nur ordentlich durchgeführt bzw. angemeldet werden.
In meiner Beispiel oben hat die Polizei bei so einer Versammlung ja auch erst mal versucht den Veranstaltungsleiter zu finden bzw. jemanden der das adhoc übernimmt.

Grundsätzlich finde ich so was auch gut, um auf spontane Ereignisse mit berechtigtem Protest reagieren zu können. Ich denke mal, dass z.B. die Spontan-Demos nach der Wahl von Thomas Kemmerich (in Thüringen 2020 mit AfD-Stimmen), zum Großteil vorher nicht angemeldet waren.
Gerade bei solchen Ereignissen ist aber eine schnelle Reaktion als Ausdruck öffentlicher Empörung wichtig, damit so etwas nicht im Sande verläuft.

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Servus Joshua,

Ich persönlich finde die Pressemeldung auch äußerst misslungen. Dein Gefühl, dass versucht wird das passive Agieren schönzuschreiben teile ich.

Ich denke, dass das viel mit der Fehlerkultur und fehlender Fähigkeit zur Selbstkritik zu tun hat. Man will sich natürlich in der Öffentlichkeit als Handlungsfähig präsentieren.

Die Aussage von @Matder zu der rechtmäßigkeit der Versammlung finde ich sehr gelungen. Es ist zwar in dem Fall natürlich keine spontane Demo und die Einhaltung von Auflagen sollte kontrolliert werden. Eine Ordnungswidrigkeit begeht allerdings nur der nicht vorhandene Versammlungsleiter bezüglich der Nichtanmeldung der Versammlung (zumindest in Bayern).

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Da in der Lage 272 ja auch ausführlich die aktuellen Querdenker-Demos diskutiert wurden, hier ein aktueller Vorfall aus Dresden: Dresden: Medizinstudenten werden bei Demo gegen Corona-Leugner von Polizei angezeigt - DER SPIEGEL
Meinungen würden mich interessieren!

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Ja das ist wirklich Mist, hier kann sich die Polizei auch nicht mehr raus reden. Sie waren ja da und auch mit ausreichend Leuten, wie es in dem Artikel heißt.
Denn selbst wenn, was ich bezweifle, die Studenten ihren Protest nicht angemeldet haben, werden sie auf jeden Fall Masken getragen haben und sicher auch genug Abstand gehalten haben, im Gegensatz zu den meisten Corona-Maßnahmen-Protestierern.

Soll heißen, bevor die Polizei, anfängt gegen die paar friedlichen Studenten vorzugehen, müssten sie erst mal den Großteil der Corona-Leugner abräumen und zwar rein aus objektiven Gesichtspunkten.

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