Polizeiverhalten/ Coronademo-ortsfest-halten/Dresdner Medizinstudenten

Man muss nicht mit dem 1.Mai vergleichen. Man kann auch die Baumbesetzer nehmen.
In Passau rückte für vier Besetzer das SEK an.

Der Einsatz im Hambacher Forst war sogar erwiesenermaßen unrechtmäßig:

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Sie haben offensichtlich die anderen Threads zu dem Thema nicht gelesen.

Der Vorwurf an die Polizei ist die Durchsetzung und nicht die Anordnung von Maßnahmen. Diese liegt bei der Polizei.

Ihr emotio ratio Vorwurf ist bedauerlicherweise eine einfache Delegitimierungsstrategie. Die nur funktioniert, da sie die Forderung bzw. Kritik an die Polizei ad absurdum führen, weder im Podcast noch im Forum wurde gefordert bei sämtlichen Querdenker Demos zu jeder zeit alles druchzusetzen was möglich ist. Im Gegenteil es wurde gefordert, überhaupt die Querdenker Demos als entpsrechendes Problem wahrzunehmen bei dem Handlungsdruck besteht, das ist schwerlich eine emotionale Überreaktion, sondern vielmehr ein Appell an die Polizei die ihr zugedachte Funktion auch zu erfüllen oder dies zumindest zu versuchen. Andernfalls würde man sich wohl die Fragestellen müssen, ob die angehäufte Machtfülle der Polizei überhaupt legitimiert werden kann. Über die konkreten Maßnahmen kann man anschließend sprechen, man glaubt oft gar nicht was die Polizei so alles machen kann und macht.

Auch ihr Anarchie Verweiß ist eine deratige Zuspitzung. Zum einen durch Chaosängste emotional aufgeladen, zum anderen bar jeglicher Realität. Denn selbst, wenn dem so wäre, dass eine durchgreifende Kontrolle jeglicher Querdenker Demos, die gesamten Ressourcen der Polizei schlucken würde (was noch zu belegen wäre) dann hätte dies immer noch niemand gefordert. Ohnehin ist die Frage von Durchsetzung und Ressourcen ein Optimierungsproblem und taugt daher nicht, um die Podcast angesprochene Kritik zu verwerfen. Die Optimierung stellt Fragen von Kompromiss und Abwägung sprich von der Menge der Ressourcen, dem Einsatz von Ressourcen und dem Ziel. Entsprechend haben viele hier im Forum gefordert, dass vorhandene Ressourcen vor allem gezielt gegen Großdemonstrationen eingesetzt werden bzw. die schon verwendeten Ressourcen auch zum Einsatz kommen (Stichwort nebenherfahrender Wasserwerfer). Dieses Optimierungsproblem hat zahlreiche Lösungsmöglichkeiten, nur zielt die Kritik des Forums und Podcasts nicht darauf ab, sondern setzt weiter vorne an, in der schlichten Anerkennung des Problems der Querdenker.

Hinzu kommt - sie scheinen nicht in einer Großstadt mit entsprechend großen Querdenker Demos zu leben, sonst würden sie vielleicht mit einbeziehen, dass eben die Großdemos in bestimmten Gebieten ein derartiges Chaos vor dem sie sich fürchten in Ansätzen erzeugen insbesondere auch für bestimmte Personengruppen. Aus Angst vor übergriffigen Nazis und Querdenkern, aus Angst vor Infektionen, meiden die Bewohner regelmäßig die Gebiete um die Demos und entsprechend auch die Öffis.

Der Verweis auf linke Demos soll eben nur die Problemwahrnehmung darstellen und in einzelnen Fällen aufzeigen, welche Ressourcen vorhanden und mobilisiert werden, wenn die Problemwahrnehmung durch Polizei und Staat entsprechend hoch sind. Das ist ein Verweis auf das Optimierungsproblem nicht ein Aufruf dass überall so zu machen.

Ich lehne mich glaube ich nicht all zu weit aus dem Fenster, wenn ich unterstelle, dass hier ein tendenziell konservatives Weltbild inhärent ist, welches Chaosängste überspitzt, linke Demonstrationen überschätzt bzw. nur die besonders „harten“ im Blick hat, während bei Querdenker Demos lediglich die 150 Spaziergänger in irgendeinem Dorf betrachtet werden. Für den Emotionalitätsverweis hängt mir in der Betrachtung zu viel des eigenes Weltbildes mit drin, welches durch die verabsolutierte Zuspitzung ein derartig riesigen Graubereich aufmacht, der jedoch Ignoriert wird, mit dem Zweck geradezu jegliche Kritik an der Polizeiarbeit von vorne hinein zu delegitimieren. Zugespitzt könnte man sagen ihre Thesen laufen auf ein Nullsummenspiel von Chaos oder Demos unkontrolliert laufen zu lassen hinaus.

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Auch wenn ich das nicht umschmeichelhaft finde, muss ich das gerade rücken: ich bin kein Polizist :policewoman:

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Also ich probier’s nochmal, vielleicht werde ich dann besser verstanden:

  1. Es ist nicht die Polizei, die die Entscheidung über die Auflösung einer Demonstration trifft, die ihre Auflagen nicht einhält, sondern die Versammlungsbehörde. Das kommt im Podcast (für mich) nicht so rüber.

  2. Im Podcast werden 50.000 „Spaziergänger“ in BaWü mit einer Bindung von 2.500 Polizisten benannt. Das kann man hochrechnen, alternativ böte sich an, über eine beliebige Partei eine kleine Anfrage im Bundestag zu initiieren, dann wüssten wir es alle genau. Es bleibt der Fakt, dass dies alles Polizisten sind, die (abgesehen vielleicht von der Bereitschaftspolizei) diese Versammlungen neben ihrem normalen Dienstgeschäft bewältigen müssen. Das Beispiel von TRq ist nicht aus der Luft gegriffen. Da sind einfach irgendwann personelle Grenzen erreicht.

  3. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten bei einer Veranstaltung ist am Ende der Rechnung eine Frage von Folgenabschätzung (was passiert, wenn ich es konsequent mache) und Durchsetzbarkeit (kann ich eine daraus resultierende Eskalation im Griff behalten oder geht am Ende mehr zu Bruch als es die Sache in der Abwägung „wert“ ist). In einer Versammlung von 1000 - 2000 Menschen die Maskenpflicht durchzusetzen und damit dem gewaltbereiten Teil davon genau das zu geben, worauf er gewartet hat - da braucht man einfach mehr Personal an einem Ort als derzeit bei den vielen, vielen „Spaziergängen“ verstreut im Einsatz ist. Ich betone: wir reden hier von Ordnungswidrigkeiten, nicht von Landfriedensbruch oder ähnlichem.

  4. Ich verstehe den tendenziellen Vorhalt an die Polizei in Bezug auf Autonome und den schwarzen Block und ich will auch gar nicht in Abrede stellen, dass zurückliegende Einzelanlässe Grund zur Kritik geben. Grundsätzlich aber dürfen Sie ganz sicher davon ausgehen, dass der Schutz von Minderheiten der weit überwiegenden Mehrheit der Polizei ebenso am Herzen liegt wie Ihnen. Egal wie: den Vortrag im Podcast fand ich zu sehr schwarz und weiß gemalt, (möglicherweise unbeabsichtigt) verquickt mit der versammlungsrechtlich unrichtigen Rolle der Polizei - und das wollte ich mit „bashing“ zum Ausdruck bringen.

Viele Grüße,
Volker Hesse

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Ups, war ja ein eingebetteter Beitrag :joy:

Die Auflösung der Baumbesetzung durch ein SEK hört sich jetzt erstmal überzogen an. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass es bei der bayerischen Polizei zwei Spezialisierungen für Höhenintervention/Höhenrettung gibt. Zum einen gibt es Berführer/Alpine Einsatzgruppe die für diese Lage wohl eher nicht ausgebildet sind und in deren Aufgabengebiet das auch einfach nicht fällt. Zum anderen gibt es beim SEK Beamte haben die sich für Höhenintervention spezialisiert haben.

Es gibt schlichtweg keine andere Möglichkeit der polizeilichen Höhenintervention bei Personen die sich absichtlich in eine solche Lage gebracht haben. Sicher gäbe es auch bei den örtlichen Kollegen ein paar Leute die vielleicht privat klettern oder man könnte sich vielleicht bei der Feuerwehr umhören ob die einem bei der Bergung helfen. Die saubere Lösung ist allerdings die extra dafür ausgebildeten Spezialisten vom Spezial Einsatzkommando zu holen.

Beim Hambi war ich auch stark enttäuscht. Hatte meiner Meinung nach fast Format eines Stuttgart21.

Die königlich Bayrische Gebirgsmarine zu Pferd

Sry konnte nicht widerstehen :smile:

Komisch, wenn es um irgendwelche linken Demos ging, habe ich noch nie davon gehört, dass da personelle Grenzen erreicht wurden und dass man den Krawallmachern ja mit einem starken Durchgreifen nur das geben würde, was sie suchen.

Wenn es doch nur eine unabhängige Stelle gäbe, die bei Fehlverhalten der Sicherheitsbehörden kontaktiert werden kann und unabhängig vom Rest der Polizei wäre…
Oder eine wissenschaftliche Aufarbeitung der „zurückliegenden Einzelanlässe“ und der Beliebtheit von Minderheitenschutz in der Polizei, …
Naja, mal schauen was Frau Faeser so erreicht.

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In der aktuellen Lage (272) werden ein paar Aussagen getätigt zu denen ich mich gerne äußern möchte.

Kurz zu mir: Ich bin 26 Jahre alt und Polizist in einer kleinen Stadt in Oberbayern. Ich bin im gehobenen Dienst und desöfteren als Einsatzleiter vor Ort bei Polizeieinsätzen eingesetzt.

Auch in unserer beschaulichen ca. 10.000 Einwohner Stadt kommt es seit Mitte Dezember immer wieder zu spontanen und teilweise auch angemeldeten Versammlungen. Zum Beispiel gestern am 10.01.2022 als sich bei einem „Montagsspaziergang“ etwa 150 Personen versammelt haben und mit Laternen durch das Städtchen gegangen sind. Im Dienst waren zu dieser Zeit vier Polizistinnen die die Demonstration „betreut“ haben. Ich denke es ist nachvollziehbar, dass man mir vier Beamtinnen keine Demonstration ortstfest halten kann. Während der Demonstration musste die zweite Streife außerdem noch zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, womit etwaiges Einschreiten sowieso nicht mehr möglich gewesen wäre.

Soviel zum Thema „Ortsfest halten“, „Personalien feststellen“ und „Maskenpflichten durchsetzen“. Ganz zu schweigen davon jemanden zur Personalienfeststellung festzunehmen.

Das ist natürlich kein Einzelfall. In ganz Bayern (über die anderen Bundesländer habe ich keine Informationen, höchstwahrscheinlich allerdings analog zu sehen) gehen seit ein paar Wochen montags gefühlt in jedem Kuhkaff unangemeldet Gegener der Coronamaßnahmen auf die Straßen. Das hat natürlich zur Folge, dass es mit Einsatzkräften sehr schlecht aussieht wenn man versucht Unterstützung zu bekommen.

Der Vergleich der zu anderen Demonstrationen von Linken/Migrant*innen ist nachvollziehbar und ich denke auch, dass es anders angegangen werden würde. Allerdings darf man nicht außer Augen lassen dass es faktisch im Falle der Coronademonstrationen einfach nicht möglich ist die Rechtsordnung durchzusetzen.

Außerdem möchte ich noch kurz auf das Verhältnis der Demonstrierenden zum Staat eingehen:
Wenn sich diese Leute treffen und von der Polizei mit Maßnahmen überzogen werden während sie mit einer Laterne in der Hand wie bei einem St.-Martins-Umzug durch die Stadt gehen führt das in meinen Augen nur noch zu mehr Radikalisierung. Die Versammlungen die bis jetzt bei uns stattgefunden haben waren in erster Linie von Menschen zwischen 35 und 65 mit hohem Frauenanteil besucht. Das sind keine gewalttätigen Fackelträger, sondern verwirrte und falsch informierte alternative Bürger*innen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass mir das so natürlich auch nicht gefällt. Ich würde persönlich liebend gerne Auflagen durchsetzen und Personen die sich nicht daran halten von der Versammlung ausschließen. Warum das derzeit allerdings faktisch nicht möglich ist sollte klar geworden sein.

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Auf einem strategischen Level mehr zu priorisieren geht leider nicht. Man kann die kleineren Demonstrationen nicht komplett unbetreut lassen. Eine, wenn auch geringe, Polizeipräsenz ist da schon sehr hilfreich um zu erinnern, dass man zumindest Abstand halten soll. Die verfügbaren Einsatzzüge, die tatsächlich für Demonstrationen ausgebildet sind, werden bei konfliktbehafteten Demonstrationen, also in erster Linie wenn eine Gegendemonstration zu erwarten bzw. angemeldet ist eingesetzt.

Zu deinem Vorschlag alle einzukesseln und wegen Ordnungswidrigkeiten anzuzeigen kann ich nur sagen, dass das natürlich alleine schon rechtlich nicht geht. Das in Artikel 8 GG verankerte Grundrecht zur Versammlungsfreiheit und diverse andere Grundrechte wie die Freiheit der Person einzuschränken um Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen ist numal einfach nicht möglich. Außerdem wird eine Ordnungswidrigkeit nur durch einen nicht identifizierbaren Versammlungsleiter begangen. Solange der Rest genug Abstand hält wird es schwierig da Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutz zu finden. Eine Versammlung aufzulösen oder Teilnehmer einzukesseln ist schließlich die ultima ratio. Bei Ordnungswidrigkeiten auf jeden Fall nicht vertretbar.

Zu deiner Aussage, dass ja bei anderen „Verbrechen“ (ich denke du meinst Vergehen) ja auch priorisiert wird kann ich nur sagen, dass nach dem Legalitätsprinzip jede Straftat die angezeigt/wahrgenommen wird auch der Staatsanwaltschaft vorgelegt wird. Eine Priorisierung findet in erster Linie bei Kontrolldelikten, also bei Delikte die nur durch ein polizeiliches Einschreiten erst bekannt werden wie z.B. Verstöße nach dem Betäubungsmittelgesetz, statt. Ansonsten wird tatsächlich in jede Straftat Zeit und Aufwand investiert.

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Hallo @Tobias2,

danke erst mal, dass du als Polizist dazu etwas schreibst und auch Fakten aus deinem Berufsleben beisteuerst. :slight_smile:

Der Vorschlag, den @vieuxrenard im Podcast gemacht hat, und auf den @Blackfire hier hinaus will, wurde z.B. auf einer Demo in meiner Heimat, Kleinstadt in Brandenburg, im Nov 2020 mehr oder weniger umgesetzt.

Es hatten sich ca. 200 Corona-Maßnahmen-Kritiker zu einer unangemeldeten Demo versammelt. Die Polizei war dort mit, ich schätze, höchstens 50 Mann. Die haben den Haufen erst mal stehen stehen lassen, auf die Einhaltung der Maßnahmen (Abstand, Masken) gedrängt und nach einem Versammlungsleiter verlangt.
Es meldete sich dann einer und mit dem hat die Polizei dann gesprochen. Nach 45 Minuten musste der dann aber die Versammlung beenden, weil 3/4 der Leute keine Masken trugen. Der geplante Marsch durch die Stadt fand dann auch nicht mehr statt. Die Polizei hat dann aufgelöst. Weil einige nicht gehen wollten, haben Sie 20 Platzverweise ausgestellt und bei 15 Leuten die Personalien festgestellt.

So in etwa sollte das doch eigentlich bei jeder Versammlung/Demo laufen, oder? Und die Polizei war in dem Beispiel mMn noch entgegenkommend und hätte die Leute trotz fehlender Anmeldung machen lassen, wenn sie die damaligen Corona-Maßnahmen eingehalten hätten.

Daher wäre meine Frage, an dich:
Was müsste sich, aus deiner Sicht ändern, damit so ein Vorgehen der Polizei flächendeckend umsetzen lassen würde? Du sagst ja selbst, dass dir das auch lieber ist.

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Vielen Dank für die Informationen aus erster Hand, @Tobias2. Und natürlich für den Beitrag von Dir und Deinen Kollegen, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
Ich verstehe, dass die große Zahl der sogenannten „Spaziergänge“ verhindert, dass ihr dafür sorgt, dass alle Verstöße geahndet werden, und dass Einkesseln oft nicht zulässig wäre. Trotzdem finde ich es schlecht, dass der Eindruck entstehen könnte, dass Q-Denker in Deutschland in aller Öffentlichkeit beliebig gegen Coronaregeln einschließlich Auflagen für Versammlungen verstoßen könnten, ohne dass der Staat irgendetwas dagegen täte.
Insofern fände ich es, ähnlich wie wohl @Blackfire , gut, wenn es eine gewisse Schwerpunktbildung der Kräfte gäbe und einige Exempel statuiert würden, natürlich im Rahmen von Recht, Gesetz und Verhältnismäßigkeit. Bei den Versammlungen wird ja sicher von vielen gegen Coronaregeln verstoßen, und dafür sollte es zumindest teilweise Bußgelder geben (Maskenpflicht?). Und deshalb anzeigen und Personalien feststellen sollte doch rechtlich gehen.
Die Fälle sollten dann auch der Presse bekannt gemacht werden. Das wird bei Durchsuchungen bei bekannten Personen oder Unternehmen ja auch oft getan.

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Ich sehe das Thema weniger bei der Kleinstversammlung im ,Kuhkaff, sondern bei „spontanen“ Zusammenkünften von mehreren tausend Personen wie zB in Rostock, wo dann der Nazi-Hool-Block erst einmal die Polizei überrennt. Oder bei vergleichbaren Ereignissen im Osten des Landes, wo die Polizei durch sehr lange Leine auffällt, während man in gewissen Leipziger Stadtteilen zu Silvester die Wasserwerfer auffährt.

Polizeiliches Handeln ist da traditionell biased und das sehe ich auch im Ausgangspost. Menschen zwischen 35 und 65 bei hohem Frauenanteil sind für mich kaum ein taugliches Ausschlusskriterium für die Begehung von OWis. Ich wüsste auch nicht, ob der vermutlich jüngere Altersdurchschnitt bei Demos rund um den 1. Mai oder einen G20-Gipfel allein einen robusteren Umgang tauglich rechtfertigt. Ich entsinne mich auch, dass bei den Protesten um Stuttgart 21 auch eher weniger Rücksicht auf die gefühlte gesellschaftliche Komposition der Demoteilnehmer genommen wurde.

Wie gesagt, über die 150 Verwirrten in Durchschnittsdorf würde m.E. niemand reden, zumal Spontaneität da eine gewisse Restglaubwürdigkeit hat. Aber wenn man unangemeldete Demos mit tausenden Teilnehmern bei Verbot von Demozügen nach LandesVO laufen lässt, kommt zwangsläufig der Verdacht von Doppelstandards auf. Zumal es nicht Aufgabe der Polizei ist zu bewerten, ob die LandesVOen verhältnismäßig sind, sondern sie soll ihre Einhaltung mitüberwachen und durchsetzen.

Sehr merkwürdig hat sich auch der sächsische Polizeipräsident in der taz geäußert (Polizeipräsident über Coronademos: „Polizei kann nicht überall sein“ - taz.de). Es ist nicht Aufgabe der Polizei, die Versammlungsfreiheit mit dem Gesundheitsschutz zu vereinen, sondern geltendes Recht anzuwenden/durchzusetzen. Ob der sächsische Gesetz- bzw. Verordnungsgeber Versammlungsfreiheit und Gesundheitsschutz verfassungskonform abgewogen hat, müsste dann bitte schon die Judikative entscheiden und abwägen.

Mir ist klar, dass vor Ort situationsangemessen entschieden werden muss, nur muss auch die Frage erlaubt sein, wie lange sich die Staatsgewalt von Leuten mit völlig wirren Umsturzphantasien auf der Nase herumtanzen lassen möchte? In der Lage272 wurde das ganz richtig gesagt: man stelle sich vor, es handelte sich um Geflüchtete, Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund oder „spontane“ linke Spaziergänge. Dann fällt es schon extrem schwer, sich vergleichbare Milde vorzustellen.

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Ich finde es großartig, dass du hier mal die Perspektive der Beamten darlegst!

Da würden mich ein paar Details interessieren. Was würde die Polizei denn machen, wenn, sagen wir mal, die deutschen muslimischen Gemeinden Spaziergänge veranstalten würden, um gegen die von ihnen gefühlte Unterdrückung der Muslime zu protestieren, in jedem Ort mit Moschee vielleicht. Und zwar jetzt gerade während Corona und es würden kaum Abstand und Maskenpflicht eingehalten.

Mich interessiert die Antwort ganz ehrlich. Was würde die Exekutive dann tun?

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Hi @Tobias2, herzlichen Dank für deine Perspektive! Das finde ich sehr wertvoll zur Einordnung dessen, was überhaupt möglich ist.

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Nehme mal an gibts nen Perspektiven Unterschied, ich spreche vor allem von Großstadtdemos ins besondere in Leipzig und da bin ich schon sehr verwundert. Der Personenstärke und Ausrüstung nach scheint man schon von potentiellen Konflikten auszugehen, benutzt diese dann aber häufig nicht bzw. wenn man diese benutzt hat man meistens schon die Kontrolle verloren. Gerade auch, wenn bekannt ist das Neonazis mitlaufen werden, verwundert mich die hinter der Zurückhaltung scheinbar liegende Risikoeinschätzung schon. Währenddessen ist Leipzig voller Polizisten obwohl die linke Demo sogar abgesagt wurde oder bei Silvester in Connewitz werden direkt Granatwerfer und Weißkreuz mobilisiert. Entsprechend würde ich sagen, hier besteht keine Frage der Ressourcen ( in Leipzig scheint man sogar das Geld zu haben so ziemlich jeden Tag nen Hubschruber drüber fliegen zu lassen) sondern der Frage worauf die Risikoeinschätzung beruht. Schließlich gibt es das Problem, dass das rechte Demos schlecht poliziert werden schon länger als Corona, man denke nur an Chemnitz oder alle Jahre wieder den 13. Februar in Dresden.

Vielleicht hast du eine Innenperspektive dazu warum die bayrischen Bepos immer geschlossen mit bayrischer Flagge im Bus hier ankommen ? Team blauweiß :smiley:

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Servus @Matder,

Das hört sich ja nach einer sehr guten Lösung an. Bin voll deiner Meinung, dass es so tatsächlich öfter laufen sollte. Wenn die Teilnehmer tatsächlich keine Maske tragen und sich somit in eine Gesundheitsgefahr begeben hört sich das Vorgehen auch plausibel an.

Flächendeckend kann das bei dem derzeitigen Aufkommen an Versammlungen leider aus Gründen des Personalmangels natürlich so nicht durchgesetzt werden. Vielleicht eher in Städten in denen man auf mehr Bereitschaftspolizei zurückgreifen kann. Zu einer Einschätzung diesbezüglich fehlt mir allerdings das „bigger Picture“.

Außerdem muss ich fragen: Was bleibt am Ende hängen? Eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem Versamlungsgesetz für den „Versammlungsleiter“. Ansonsten wohl nicht viel. Es ist wohl fraglich ob damit dann letztendlich viel gewonnen ist oder ob es eher zu einer Radikalisierung führen kann. Das zu bewerten ist denke ich nicht leicht.

Interessante Frage. Kann ich natürlich nicht beantworten. Ich hoffe es wäre ein ähnliches Vorgehen in dem die Rechtsgüter Versammlungsfreiheit / Gesundheit / Rechtsordnung sorgsam abgewogen werden. Generell wird es denke ich schwierig wenn keine Kräfte zur Verfügung stehen überhaupt adäquat einzuschreiten selbst wenn man zu einer anderen rechtlichen Einschätzung kommt und eigentlich gerne anders handeln würde.

Servus @Hufschmied,

Da bestehen bestimmt gewisse Vorurteile und eine gewisse Sympathie / Antipathie bei verschiedenen Gruppierungen. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren mit zunehmendem Personalwechsel etwas verbessert.

Hört sich ja stark nach Lokalpatriotismus an. Ich war leider nie in der Bereitschaftspolizei. Allerdings ist ja wohl offensichtlich, dass Bayern das beste Bundesland ist und man sich auch entsprechend darstellen muss :wink:

Hallo @Tobias2,

Also in erster Linie sollen die Corona-Maßnahmen bei Demos, wie auch überall sonst, durchgesetzt werden, um die Demo-Teilnehmer zu schützen. Die Frage, was bei dem, die Maske verweigernden Demonstrant hängen bleibt, müsste da doch eigentlich zweitrangig sein, oder?

Nach meinem Verständnis dienen Demonstrationen in aller erster Linie dem Abgeben eines politischen Statements durch die schlichte körperliche Anwesenheit auf eben dieser Demo.

Ich habe allerdings die Befürchtung, dass etliche der „Spaziergänger“ eher das Verweigern der Demo-Maßnahmen als die eigentliche politische Aussage betrachten.

Gleichzeitig rechtfertigen Sie ihre Verstöße dann auch gleich damit, dass sie auf der Demo ja Teil einer großen Gruppe sind und die meisten anderen Teilnehmer auch keine Masken tragen usw.
(Dazu passend, verweise ich auf diesen sehr plakativen Song, den man in diesen Kreisen wohl gerne hört: „Wir sind soviel mehr - youtube“, Lyrics: Hier)

Aus diesen Demo-Erfahrungen ziehen die Masken-Verweigerer dann, möglicherweise auch eine größere „Legitimation“, solche Verstöße auch im Alltag zu begehen.

Kurz gesagt:
Wenn die Corona-Maßnahmen auf den Demos nicht ordentlich durchgesetzt werden, sehe ich die Gefahr, dass die Teilnehmer der Demos sich dann auch im Alltag nicht an die Maßnahmen halten.

Was natürlich kein Vorwurf an die Polizei sein soll, die dünne Personaldecke z.B. ist ja seit Jahren bekannt.

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