Ich vermute folgenden Grund für den Erfolg der AFD im Osten.
Es scheint mir einen grossen Unterschied zwischen Westen und Osten zu geben.
Die Leute im Westen leben von den Ausländern, insbesondere den neu angekommenen Flüchtlingen, stark segregiert. Hier hat man sein Häuschen im grünen. Die Ausländer wohnen irgendwo in der Agglomeration. Auch durch die finanziellen Rücklagen, die sich die Westdeutschen in den letzten 80 Jahren ansparen konnten. Der Westdeutsche lebt in der Gewissheit, dass er alleine schon durch die Beherrschung der Deutschen Sprache mindestens zur Mittelklasse gehört. Damit kriegt man einfacher eine Wohnung. Man kriegt einfacher einen Job. Und wenn nicht, können sich die Wessies mit dem Ersparten einfach selbständig machen. Falls das nicht reicht, kriegt man verhältnismässig leicht einen Kredit. Die Altersvorsorge wird durch das Ersparte und eine (zwar nicht grosse aber immerhin >0) Erbschaft aufgebessert.
Der WestDEUTSCHE erlebt sich als in einer über die Ausländer deutlich erhabenen Position. Darum sind die Ausländer auch keine Gefahr, sondern die netten Leute die für wenig Geld die Wohnung putzen, oder die Strassen bauen. Es sind die Leute, die am Strassenmarkt das exotische Essen verkaufen. Aber im alltag sind die Ausländer nicht die kleinste Gefahr.
Im Osten hingegen haben die Ost-Deutschen dieses Erhabensein über die Ausländer nicht. Die OstDEUTSCHEN wurden in den 90ern komplett „enteignet“. Was sie wussten war falsch. Was sie konnten war nicht mehr gefragt. Ihr Rentensystem wurde schlicht aufgelöst. Ihre sichere Wohnung (die eigentlich auf Lebenszeit garantiert war = „Eigentum“) wurde entzogen und einem Westler übergeben. Geld hatten sie ja eh alle nicht.
Im Wesentlichen sind die Ostdeutschen heute auf demselben gesellschaftlichen Niveau wie Immigranten, die in den 90ern mittellos und ohne Ausbildung nach Deutschland einreisten. Ihre Sprache kennzeichnet sie immer noch als „Ossies“. Sie bekommen die Wohnungen nicht bevorzugt. Sie kriegen den Job nicht bevorzugt. Gespartes oder Erbschaften sind nicht zu erwarten. Die Banken haben wenig Vertrauen in sie. Sie hangeln sich wie Syrer, Afghanen oder Iraner von einem prekären Job zum nächsten.
Und darum werden halt Migranten als so eine grosse Gefahr empfunden. Die Migranten werden von der Wirtschaft und dem Staat gleich behandelt wie die Ostdeutschen. Das ist zwar fair. Aber es ist ein Wettbewerb, dem sich kein Westdeutscher je stellen muss. Es herrscht also harter Wettbewerb zwischen den Ostdeutschen und den Immigranten.
So gesehen ist die AFD das Versprechen einer Clan-Familie. Gegen bedingungslose Loyalität wird eine Absicherung gegen den Unbill des Staates und den harten Wettbewerb versprochen. Und im Vergleich zur garantierten Bedeutungslosigkeit und Armut ist das ein verlockendes Versprechen. Selbst wenn es jedem Anhänger klar ist, dass die Chance auf eine wirkliche Verbesserung der Lage gering ist. Aber es besteht eine Chance sich dem Clan anzudienen und dadurch Punkte in der Peer-Group zu erhalten.