NRW will das Schulfach Sozialwissenschaften ersetzen

Guten Morgen,

die Landesregierung NRW (schwarz/gelb) will das Schulfach Sozialwissenschaften durch „Wirtschaft/Politik“ ersetzen. Nicht nur fällt damit der soziologische Aspekt des Faches weg, alle SoWi-Lehrkräfte verlieren automatisch die Fakultas für ihr Fach und müssen einen zusätzlichen Zertifikatskurs absolvieren, um das neue Fach unterrichten zu dürfen. Das ist auch aufgrund des Lehrkräftemangels absolut grotesk. Lehramtsstudierende, die SoWi studieren, wissen nun nicht mehr, ob sie umsonst studiert haben.
Zudem ist insbesondere der soziologische Aspekt des Faches ein wichtiger Teil der Politischen Bildung an Schule, der nun wegfallen würde.

Mir ist schleierhaft, wie die Landesregierung auf so eine Idee kommt.
Wie steht ihr dazu?

Hier ist Literatur zu dem Thema:

Hier eine Petition:

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Ich finde Wirtschaft und Politik für die jungen Menschen sehr wichtig - auf Lange Sicht sicherlich eine sinnvolle Sache.

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Wirtschaft und Politik anstelle von Sozialwissenschaften - das finde ich nicht sinnvoll.
Es geht ja gerade in Leben nicht ausschließlich um Wirtschaft und Politik sondern auch um ein soziales Miteinander - und damit ist nicht nur das soziale Sicherungsnetz des Deutschen Staates gemeint, also die Sozialpolitik.
Aber es gibt doch schon ein Fach Wirtschaft und Politik, oder?

Moin,

ich studiere derzeit Politik-Wirtschaft in Niedersachen und belege dort entsprechend auch Module aus dem Bereich der Soziologie. Da es in Niedersachen bereits das Fach Politik-Wirtschaft gibt, habe ich erst dadurch die Soziologie kennengelernt und bemerkt, dass diese sehr dabei hilft die Gesellschaft zu verstehen. Allerdings habe ich an der Uni auch Kommilitonen aus NRW, die das Fach Sozialwissenschaften in Schule hatten. Diesen kannten viele Wirtschaftliche Inhalte nicht, welche allerdings ebenfalls sehr wichtig sind, um als mündiger Bürger agieren zu können. Daher müsste eigentlich beides unterrichtet werden.

Gab es vorher in NRW kein eigenes Schulfach für Wirtschaft? Ich dachte, es sei in allen Bundesländern so, dass es ein Fach für Politik und Soziales gibt. Und dann daneben ein Fach für Wirtschaft.

Bildungsföderalismus ist schwierig.

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Wirtschaft und Politik wurden ohnehin bereits in SoWi unterrichtet.

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Also ich finde prinzipiell die Umstrukturierung von Schulfächern sinnvoll. Prinzipiell haben Lehrer die Soziologie unterrichten schon viele Kenntnisse im Bereich Wirtschaft und Politik. Ich persönlich finde das auch mehr als nötig. Ich bin Jahrgang 1985 und es ist schockierend, wie wenig Kenntnisse aus der Schulzeit im Bereich Wirtschaft und Politik in meinem Jahrgang vorhanden sind. Dabei geht es nicht nur um grundsätzliche Vorgänge wie z.B. Wahlen, sondern leider auch um das Verständnis von Politik und Wirtschaft an sich. Da geht es auch darum gewisse Entscheidungen interpretieren zu können und sich somit auch selbst vor Populismus zu schützen. Dies ist in Zeiten von Social Media und anderen Pseudo Nachrichten Plattformen noch wichtiger als zu meiner Jugendzeit, als die größte Gefahr die Zeitung mit den 4 großen Buchstaben war. Wo ich allerdings zustimme, ist die Wahl des abgeschafften Faches. Da muss ich sagen sollte ehr ein Fach wie Religion endlich gestrichen werden, da dies für mich ehr in den Bereich freiwillige AG fällt als Pflichtfach.

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ja, genau das Gefühl hatte ich eben auch und war sehr irritiert.

naja, Sozialwissenschaften als Unterrichtsfach war NIE reine Soziologie, sondern eben eine Trias aus Soziologie, Wirtschaft und Politik.

Keine Ahnung, aber vielleicht könnte man ja auch beide Themen (Politik/Wirtschaft + Sozial) in einem Fach zusammenbringen. Ohne eine gute wirtschaftliche Basis fällt es auch schwer sozial zu sein, oder? Umgedreht sollte es auch keine Wirtschaft ohne ausreichenden Sozialstaat geben.

Sprach er völlig frei von Dogmatismus :smiley:

@zwiebel Da stimme ich dir zu. Ich muss dazu entschuldigend sagen, dass ich in RLP zur Schule gegangen bin und NRW nicht so gut kenne. Allerdings erinnere ich mich noch sehr gut an die 2 Stunden Sozialkunde pro Woche. Dort wurde Soziales, Politik, Wirtschaft und teilweise auch Geschichte in diese kurze Zeit gequetscht. Ich fand schon immer, dass dies völlig unzureichend war. Also man könnte auch prinzipiell den Rahmenplan für Sozialkunde umschreiben, die Stunden pro Woche gerne auf mindestens 3 erhöhen und das Fach wirklich umbenennen in Wirtschafts-Sozialkunde z.B… Aber so wie es jetzt ist und läuft ist der Anteil an politischer und wirtschaftlicher Bildung in den Schulen erschütternd schlecht. Ich denke da auch an neue Auszubildende im kaufmännischen Bereich. Da ist fast keinerlei Wissen da auf dem man aufbauen könnte. Und ich sehe da auch selten einen Unterschied zwischen mittlerer Reife und allgemeinem Abi (ich lasse extra Wirtschaftsgymnasium raus).

das ist es aber doch schon längst. Das Schulfach „Sozialwissenschaften“ in NRW umfasst alle drei Bereiche… ich weiß nicht genau, wie es an anderen Schulformen ist. Ich diskutiere jetzt aus der gymnasialen Perspektive heraus.

Im Kernlehrplan der gymnasialen Oberstufe steht für die Einführungsphase (Klasse 11): " In den drei Inhaltsfeldern der Einführungsphase knüpft der Unterricht an die in der Sekundarstufe I gewonnenen sozialwissenschaftlichen Kompetenzen an und vermittelt zentrale fachspezifische Zugänge der drei Fachdisziplinen zu den sozialen, ökonomischen und politischen Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler. Hier werden gezielt Anforderungssituationen der ökonomischen, sozialen und politischen Mikroebenen mit denen der Meso- und Makroebenen verknüpft."

@K_H
ja, da hast du Recht. Aber eigentlich ist das ja bereits in Sozialwissenschaften angelegt. S.o. KLP NRW zur gymnasialen Oberstufe.

@Tris ja, das mit Religion ist so eine Sache, das gehört für mich auch in den Privatbereich. Allerdings sollte schon ein Fach wie Philosophie unterrichtet werden, da auch dies einen wichtigen Beitrag zur Politischen Bildung, Mündigkeit und (Selbst-)Reflexionsfähigkeit leistet. Das ist für unser gesellschaftliches Miteinander unabdingbar. Konfessioneller Religionsunterricht kann dies mMn tatsächlich nicht in diesem Sinne leisten.

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Dass „die neoliberalen“ an allem Leid der Welt von Klimakrise bis AfD schuld sind ist genauso so eine Verschwörungstheorie wie die nächstbesten Bilderberger/rothschild Geschichten. Sie schmeißen zusammenhangslos mit Schlagwörtern um sich. Erklären Sie uns doch mal, wer genau welchen Karren vor welche Wand gefahren hat, was konkret anders hätte laufen sollen, was diese Menschen nun mit der AfD zu tun haben und was genau der Gamestop Kurs für die Zukunft unserer Volkswirtschaft ihrer Meinung nach zu bedeuten hat.

Habe ich sie Antisemit genannt? Nein? Dann unterstellen Sie mir das auch nicht.

Die totale Fixierung auf das „Leid“ dass durch den „Neoliberalismus“ entstanden sein soll, bei gleichzeitiger Ignoranz bzgl. des enormen Wohlstands in allen Lebensbereichen, der vor allem durch den Kapitalismus entstehen konnte, ist doch einfach nur unehrlich. Sie drehen sich nunmal die Fakten, wie es ihnen ins Weltbild passt. Ihre Ausführungen zur AfD und der Verbindung zu dem „Neoliberalismus“ ist doch einfach nur Kauderwelsch direkt vom linken Stammtisch. Und das wir die Klimakrise am Hals haben liegt nicht an der Unfähigkeit der Märkte, sondern an der Unfähigkeit der Politiker das Instrument „Markt“ richtig einzusetzen. Wenn eine Ressource etwas keinen Preis hat, wird der Markt eben auch nicht auf Effizienz im
Umgang mit dieser Ressource optimieren. Und dann schafft es irgendwie das ideologisch verklärte Tempo 130 in ihren Beitrag, was im Großen und Ganzen nun wirklich nichts bringt außer es „den bösen Rasern“ zu zeigen.
Und auch die Verbindung FDP-AfD finde ich problematisch.

Kurzum: Sie haben meinen Eindruck nur bestätigt, ich erwarte von Ihnen keinen konstruktiven Input mehr. Ich klinke mich an dieser Stelle aus.

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Ich muss Ihnen in weiten Teilen Recht geben. Ich bin kein großer Freund des Neoliberalismus aber ihn für 80-90% des Leids auf der Welt verantwortlich zu machen, scheint mir etwas zu ideologisch. Der wachsende Ressourcenverbrauch hat auch ganz viel mit dem Bevölkerungswachstum zu tun, hier sollten wir mal gegensteuern.

Das erscheint mir unfassbar absurd – ich habe im Jahr 2009 Abitur in NRW gemacht, unter anderem Leistungskurs Sozialwissenschaften. Unterrichtet wurde ich dabei übrigens von einem promovierten Volkswirt, der als Quereinsteiger vorher ca. 20 Jahre seines Lebens als LKW-Fahrer gearbeitet hat und den Job aufgrund eines Motorrad-Unfalls nicht mehr ausüben konnte (um auch die Lehrerseite abzudecken).

Kein Fach war für mich so grundlegend wichtig für meine heutige Sicht auf die Welt wie SoWi. Ein ganz kurzer Abriss über die Inhalte: Im Prinzip volkswirtschaftliche Grundlagen (wie funktioniert Geld, was sind die einzelnen Begriffe von BIP bis Außenhandelsbilanz), dazu politische Grundlagen (was ist Föderalismus, wie funktioniert der Gesetzgebungsprozess, damals auch ein großer Fokus auf die EU und ihre Institutionen) und – mir kam es ehrlicherweise immer eher integriert vor – Themen wie zum Beispiel der soziale Wandel, Erklärung von Sinus-Milieus, etc. Ich habe das jetzt mal ungestützt wiedergegeben – wenn mein SoWi-LK-Lehrer das liest kann er daraus ja was über seine Fertigkeit ableiten :slight_smile:

Lustigerweise führte das – ohne hier jetzt auch in diese Neoliberalismus-Diskussion einzusteigen – auch zu meiner politischen Willensbildung und Auffassung, die mich letztlich eher in Richtung FDP als woandershin getrieben hat, damals war die Landesregierung im Übrigen rot-grün.

Was ich nicht verstehe, um hier auch einen Debatten-Beitrag zu leisten: Warum müssen Lehrkräfte sich zusätzlich qualifizieren, wenn Teile des Faches wegfallen? In meiner ganz persönlichen Wahrnehmung waren klassisch soziologische Themen immer eher eingebettet in zB volkswirtschaftliche Themen (Sozialversicherungssystem in Deutschland, …). Das erscheint mir, auch aufgrund des von @zwiebel angesprochenen akuten Lehrermangels als absolut unnötiger Stein, der einem wichtigen Fach in den Weg gelegt wird.

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Es gibt eine Klarstellung der Landesregierung: Zur aktuellen Debatte um die Lehramtsstudiengänge Sozialwissenschaften und Wirtschaft-Politik | Bildungsportal NRW