Notwendige Anomymität im Internet vs. Gesetzgebung

Hey,

Ich möchte gern einen Blog erstellen, nicht gewerblich & ohne gewinnerziehlungsabsichten. In diesem Blog möchte ich zu Statistiken schreiben & auch über eine rechtsextreme Partei aus Sachsen informieren.
Allerdings scheue ich davor zurück, weil das Telemediengesetz die Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen des Betreibers enthält. Das bedeutet, sobald ich einen Blog rechtskonform, erstellen würde, würde ich mich & meine Familie gefährden.

Ich habe herausgefunden, dass eigentlich jeder der nicht ausschließlich zu persönlichen / familiären Zwecken sogenannte Telemedien veröffentlicht, dieser Pflicht unterliegt. Telemedien sind für den Gesetzgeber Datenangebote in Form von Texten, Bildern, Tönen usw., welche durch Telekommunikation elektronisch zugänglich gemacht werden. Es ist dabei unerheblich ob ein gewerbliches Interesse dahinter steht oder nicht.
Das bedeutet, dass jeder der eine Website oder einen Account im Social Media unterhält & sich dort teilweise zu nichtpersönlichen / nichtfamiliären Dingen äußert, rein rechtlich gesehen, seinen Namen & Anschrift veröffentlichen muss.
Wenn man der Pflicht nicht nachkommt, drohen drakonische Bußgelder von bis zu 50.000 € + unter Umständen kostenpflichtige Abmahnungen.

Das empfinde ich nicht nur als nicht zeitgemäß, sondern in meinem Fall als gefährlich. Es ist bekannt, dass Rechtsextremisten Daten von unliebsamen Menschen sammeln, diese speichern. Im schlimmsten Fall Gewalt gegen Menschen angewendet wird, die auf diesen Listen stehen. Auf der anderen Seite steht der Staat der mich zur Veröffentlichung meiner Daten zwingt, wenn ich Informationen uA zu Rechtsextremismus veröffentliche.

Derzeit habe ich wenige Möglichkeiten. Ich könnte entweder gegen geltendes Recht verstoßen, indem ich zB einen Blog veröffentliche & kein Impressum angebe, wie dies einige tun. Habe dann aber immer das drakonische Bußgeld über mir schweben.
Oder man könnte die Kommunikation über Staaten laufen lassen, die sich nicht um deutsches Recht scheren. Panama oder Tuvalu bieten entsprechende (sogar recht preisgünstige) Angebote an. Wobei ich es nicht sinnvoll finde, für die Veröffentlichung von öffentlich zugänglichen Informationen (es geht hier keineswegs um Veröffentlichung von geheimen oder geschützten Informationen) in die Illegalität gezwungen zu werden, nur um sich und seine Familie zu schützen.
Oder ich verzichte komplett, was auch nicht die Lösung sein kann.

Ich hätte kein Problem damit, wenn mein Name & Adresse verschlüsselt bei einer Behörde hinterlegt wären & im Streitfall, wofür die Impressumspflicht eigentlich gedacht ist, gerichtlich verwendet werden kann. Aber ich habe in großes Problem für jedermann lesbar im Internet meinen Namen & meine Adresse zu veröffentlichen.

Viele Grüße

Frank

Links zum Thema

Telemediengesetz: § 5

Medienstaatsvertrag: § 18

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Solche Zahlen liest man gerne, wenn es in den Medien um den Strafrechtsrahmen geht. Wie oft kam es in der Vergangenheit tatsächlich vor, das Bußgelder in einer solchen Höhe verhängt wurden? Wie oft wird von der Polizei und den chronisch überlasteten Gerichten ein solcher Fall ermittelt - hierzulande stechen Ermittlungsbehörden nicht gerade durch ihre rege Tätigkeit hervor, wenn es um Internetkriminalität geht.

Du musst nicht deine privat Adresse angeben! Ein Blick in das Impressum des Lage Forums hätte genügt. Dort sind nicht die Privat Adressen von Ulf und Philip angegeben - eine ladungsfähige Anschrift reicht aus. Du kannst z.B. deinen Arbeitsplatz angeben, wenn du dich dort regelmäßig aufhältst.

Ja. Für mich auch eine geiße Hemmschwelle.

Es gibt Impressum-Dienste über die man das anonym machen kann. Aber wenige und nicht sonderlich professionell (oder teuer).

Ich würde mir da auch eine bessere Lösung wünschen. Ne Registrierungsnummer über die dann für begründete Fälle die ladungsfähige Anschrift herausgegeben wird oder so.

Wärw was für einen FDP Justizminister.

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Da muss keine Ermittlungsbehörde kommen. Anwälte grasen das Internet auf der Suche nach Blogs die sie abmahnen können. Spätestens wenn man sich Unbeliebt macht…

Na klar… damit man dann die Abmahnung beim Chef abholen kann… wenn du zögerst deine Privatadresse anzugeben, weil du Angst vor Stress hast, dann ist es keine Option auch noch sein Berufsleben mit reinzuziehen.

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Die Zahlen stammen nicht von Medien sondern vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nurkleare Sicherheit und Verbraucherschutz.
Es ist meiner Meinung nach zweitrangig ob Behörden beim Internet scheinbar teilweise keinen Durchblick haben & es dadurch zu wenigen Strafen gekommen ist. Sicher ein Großteil der Accounts im Social Media Bereich hat kein Impressum, müsste aber eins haben. Wenn du allerdings kritische Inhalte veröffentlichst haben Menschen, zB Rechtsextreme, das Recht gegen fehlende Information eines Betreiber zu klagen. Das bedeutet, die bekommen im worst case deine Adresse & du bekommst drakonische Bußgelder obendrauf. Das wäre ein Win-Win für die Rechtsextremen. Meiner Meinung nach wäre es besser, wenn eine anonymisierte Form des Impressums möglich wäre, gegen die man nicht klagen kann.
Nur weil es sich durchgesetzt hat, gegen das gültige Recht zu verstoßen, heißt es ja nicht, dass das Recht so unangepasst bleiben muss, dass ein Großteil dagegen verstößt. :person_shrugging:

Eine ladungsfähige Adresse ist ein meiner Meinung nach ein schlechter, aber einziger Workaround & nicht für jeden möglich. Um auf dein Beispiel zu reagieren, die Adresse meines Arbeitgebers liegt im selben kleine Ort. Da mein Name im Impressum veröffentlicht werden muss, wäre es ein leichtes meine Adresse herauszufinden.

Du bist halt einfach angreifbar. Entweder juristisch oder ganz direkt. Blöde Situation.