Nordstream 1 und 2 / Sabotage #3

Dein Artikel ist von Anfang Oktober, meiner von Ende November. Ich dachte, du willst aktuelle Informationen in deine Überlegungen einbeziehen. Dass zunächst plausibe Theorien widerlegt werden können, ist Kern einer Theorie.

Weiß ich nicht. Ich denke, entweder war das nicht so ohne weiteres möglich oder es gab unklare Zuständigkeiten.

Beim NDR gibt es nochmal eine schöne, aktuelle Zusammenfassung mit ein paar mehr Details zu dem Boot:

Die deutschen Journalisten haben offenbar beim Aufschreiben der Route, von wem auch immer, Wieck auf dem Darß und Wiek auf Rügen verwechselt.

edit:
Hier gibt es auch noch eine recht umfassende Erklärung, was die Sprengung für die Fauna in der östlichen Ostsee bedeutet:

In einem neuen SPIEGEL-Artikel (Nord-Stream-Sabotagekommando: Die Spur der »Andromeda« - DER SPIEGEL) sollen neue Details zum gemieteten Boot („Andromeda“) stehen. Leider ist der Artikel paywalled - könnte jemand mit Zugang die wichtigsten Infos hier posten?
Laut Oliver Alexander geht aus dem Artikel hervor, dass die Ermittlungsbehörden nur zufällig auf das Boot gestoßen sind. Das würde wiederum bedeuten, dass irgendjemand mit großen Mengen Sprengstoff durch Deutschland und die Ostsee fahren kann, ohne dass die Ermittlungsbehörden irgendetwas davon mitbekommen. Das überrascht mich zwar nicht wirklich, aber beruhigen tut es mich auch nicht.

Irgendwie gibt es jetzt wohl auch schon einige Leute, die bezweifeln, dass man soviel Sprengstoff, wohl 500 kg TNT-Äquivalent pro Explosion, auf diese spezielle Yacht hätte laden können.

Was mich viel mehr überrascht, ist das die deutschen Ermittler angeblich nur durch Zufall die Yacht gefunden haben sollen. Ich ging davon aus, die hätten irgendwelche Ortungsdaten aus den Zeiträumen vor der Explosion untersucht und dadurch die Yacht gefunden, weil die da verdächtig rumschipperte.

Und was ich mich auch frage, wenn das alles über Deutschland lief, wieso gibt es jetzt Gerüchte, dass skandinavische Geheimdienste das alles schon nach 1 Woche wussten (was ja zu dem Mauern der Schweden bei den gemeinsamen Ermittlungen passen würde), obwohl die Operation in Deutschland gestartet wurde? Können die skandinavischen Geheimdienste jetzt besser in Deutschland ermittelt als unser eigener Staat?

Ich finde irgendwie die ganze Geschichte hat so langsam noch mehr Fragezeichen, als die Nummer, die Hersh gebracht hat.

Hier noch ein Interview mit Achim Schlöffel, Extremtaucher, und Tauchlehrer (auch fürs Militär). Er erklärt, dass ein solcher Anschlag für jeden gut ausgebildeten technischen Taucher kein Problem sei und Schüler in seiner Tauchschule bereits auf Stufe 2 in der Lage für einen solchen Anschlag wären.

Er räumt auch mit der Behauptung auf, solche Taucher seien seltene Spezialisten. Schlöffel schätzt allein für Deutschland die Taucher mit den nötigen Fähigkeiten auf mehrere hundert und beziffert die Dauer der ganzen Operation auf weniger als 1 Stunde pro Sprengladung.

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Das mit der Spreng-Expertise ist wohl auch nicht so selten:

Das dürfte sicher auch für andere Länder als Deutschland gelten.

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Danke @matder, das legt dann auch nahe, dass man solche Sprengstoffe nicht nur aus Militärlagern bekommen kann, zumindest in Deutschland.

Ich denke nicht, dass die ganze Ostsee vollständig Radarüberwacht und jedes Boot getracket wird. Üblicherweise funktioniert das ja so, dass die Schiffe ihre Position aussenden (AIS). Und so einen Transponder kann man ausschalten oder noch besser manipulieren, so dass er eine andere Position anzeigt.

Danke für den Hinweis, die aktuelle Position des „tatverdächtigen“ Schiffes kann man sich hier ansehen:

Aktuell liegt das Schiff bei Flensburg, wie viele Reporter da wohl gerade herum schwirren? :thinking: :wink:

Ob es möglich bzw. erlaubt es, bei diesen kleinen Schiffen den AIS-Transceiver auszuschalten, konnte ich auf die schnelle zwar nicht finden, bei größeren Schiffen ist er wohl Pflicht.
Aber ich kann mir gut vorstellen, dass der Verleiher des Schiffes das Ausschalten verbietet, weil das AIS-System ja auch zur Vermeidung von Kollisionen verwendet wird und da geht es ja dann auch um Versicherungsschutz usw.
Manipulieren ist aber andererseits natürlich durchaus möglich, die Funktechnik und das Datenprotokoll dürften keine rocket sience sein.

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Soweit ich weiß, dürfen Sportboote das deaktivieren. Machen bei uns angeblich Angelkutter um nicht die besten Angelpositionen zu verraten.
Pflicht ist es ab 300 BRZ. Da kommt die Jacht nicht ganz dran.

Ja. Wenn du eine Pipeline sprengen will, nimmt man darauf bestimmt Rücksicht :grin:.

Es gibt/gab in Warnemünde einen Schifffahrtsimulator an der Hochschule. Dieser hat ein AIS Signal ausgesendet. Auch wenn sich seine Position mir Geändert hat, hat er Daten wie Geschwindigkeit und Fahrtrichtung übertragen. Heute ist er nicht aktiv, da Wochenende. Daher kann ich nicht sagen ober er generell noch läuft.
Und Kriegsschiffe machen das so oder so. Die manipulieren ihre Position oder deaktivieren das AIS ganz.

Naja ich meinte das im Hinblick darauf, dass so eine Sabotage-Truppe ihre Aktionen ja auch möglichst verschleiern will. Und da denke ich mir, ist es sicher besser, wenn man dem Vermieter nicht erklären muss, warum man den AIS-Sender ausgeschaltet hat.
Schlimmstenfalls denkt der Vermieter, man will die Yacht klauen und schaltet die Küstenwache o.Ä. ein, während man in Ruhe auf See seinen Sprengstoff platzieren will.

Da wäre also mMn ein Manipulieren des Senders schon sinnvoller.

Für mich passt nicht ins Bild, dass Russland mittels einer false flag Operation Verdacht auf die Ukraine lenken will, auf der anderen Seite aber immer das Narrativ verbreitet hat, dass es eben nicht die Ukraine, sondern die USA gewesen sein soll.

Dieser Schlussfolgerung kann ich in ihrer Absolutheit nicht folgen. Aus meiner Sicht braucht es hier v.a. Geld, Verbindungen und überzeugte Mitstreiter. Das können also auch Oligarchen oder terroristische Vereinigungen leisten. Und je korrupter ein Staat ist, desto Staatsferner kann die jeweilige Organisation sein.

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„Immer das Narrativ verbreitet…“ stimmt schon mal nicht. Im Herbst behauptete der Kreml noch, es gäbe Beweise dafür, dass es die Briten waren (Kreml: London koordinierte Angriffe auf Nord Stream - ZDFheute). Nach dem Hersh-Märchen war der Kreml sich dann sicher, dass es genau so gewesen sein muss (also USA & Norwegen). Nur bei der Geschichte mit der Segelyacht (mehr ist es für mich bisher nicht) sind sie sich auf einmal ganz sicher, dass es so auf keinen Fall gewesen sein kann.
Ich erinnere dazu mal an den Abschuss des Flugs MH17 im Juli 2014. Auch hier verbreite der Kreml (zum Teil zeitgleich) verschiedenste Narrative und Theorien und versuchte auch auf andere Art zu verschleiern, wer tatsächlich dafür verantwortlich war.

T-online mit neuen Recherchen, die wieder eher auf Russland hinweisen:

Kriegen wir als Öffentlichkeit jetzt so lange neue Theorien vorgelegt, bis wir mit einer zufrieden sind?

Ich gebe dieser Theorie jedenfalls erst mal eine 7/10 auf der Hersch-Skala. :wink:

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Es ist ja keine neue Theorie, sondern es sind neue Datenauswertungen. Den Verdacht, dass russische Kriegsschiffe die Sprengsätze angebracht haben, gibt es ja von Anfang an. Ein Standardargument dagegen lautete immer „Die Ostsee ist doch soooo perfekt überwacht, das wäre doch aufgefallen“. Und nun gibt es zumindest Hinweise darauf, dass genau das passiert ist: Unterschiedlichen Nato-Ländern sind ein paar Tage vor den Sprengungen eine Reihe von russischen Kriegsschiffen aufgefallen, die ohne Signal in der Nähe der Anschlagsorte unterwegs waren und die bestens für so eine Aktion geeignet wären.
Das ist natürlich noch kein Beweis für irgendwas - aber hier lohnt es sich m. E. deutlich mehr, dem Ganzen nachzugehen als bei Hershs Märchen oder der Geschichten von einer gemieteten Segeljacht.

Eine neue Datenauswertung der offiziell einsehbaren Schiffsbewegungen etwa? Die sind doch seit Monaten verfügbar. Was genau sollen da die neuen Erkenntnisse sein?

Sorry aber alles was ich da rauslese, ist das irgendwelche europäischen „Sicherheitskreise“, jetzt auf einmal, Erkenntnisse rausgeben, die sie vermutlich schon seit Monaten haben, aber die nie ausreichend waren, um Russland konkret etwas nachzuweisen.

Hast Du den längeren Artikel mit den detaillierten Rechercheergebnissen und die Erläuterungen dazu von Oliver Alexander überhaupt gelesen? Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, das so konkret schon irgendwo gelesen zu haben. Und natürlich beziehe ich mich mit meiner Aussage über das was öffentlich bekannt ist, nicht über Wissen, dass irgendwelche Stellen schon lange haben, ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon weiß.

Aber das ist doch genau der Punkt.
Wenn es Russland gewesen wäre und die europäischen Geheimdienste das seit Monaten wüssten, warum sollten sie diese Erkenntnisse nicht veröffentlichen? Mit so einer plausiblen Anschuldigung würde man den Russen doch in jedem Fall schaden. Warum sollten europäische Länder das nicht wollen?

Die Frage, was irgendwelche Dienste vielleicht wissen, wie sie mit diesem Wissen umgehen und warum sie das so und nicht anders tun, ist aber eine völlig andere als die, welche öffentlich bekannten Erkenntnisse es zu den Anschlägen gibt und welchen Tathergang diese plausibel erscheinen lassen, solange eben kein Szenario klar bewiesen ist. Über Letzteres können wir sinnvoll miteinander reden, über Ersteres nur mehr oder weniger faktenfrei spekulieren (dazu gab es ja in den diversen Nordstrem-Threads auch schon Überlegungen).