Naturstrom Preiserhöhung

Die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien und der Verbrauch stimmen selten überein. Daher müssen auch Anbieter von erneuerbaren Energien Strom an der Börse kaufen und verkaufen. Und dort sind die Preise in diesem Jahr massiv gestiegen. Dazu kommt, dass die Preise höher sind, wenn gerade wenig Wind oder Sonne ist, also genau in dem Moment, wo die Anbieter von erneuerbaren Energien Strom kaufen müssen. Verkaufen tun sie dagegen zu niedrigen Preisen. Und bei dem Verkauf werden dann noch die Übergewinne vom Staat abgeschöpft.

Ob die 50 Cent/kWh gerecht fertigt sind, kann ich nicht beurteilen. Aber dass es zu einer Erhöhung kommt, war klar.

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Ich bin auch ein wenig schockiert von der absolut unverhältnismäßigen Preiserhöhung. Der Anbieter hat explizit damit geworben, dass er nicht an der Strombörse teilnimmt und sogar selbst PV- und Windkraftanlagen betreibt, damit man unabhängig von solchen Preisschwankungen ist.

Da ist natürlich unter keinen Umständen irgendwie die Lage schuld oder verantwortlich oder sonst irgendwas - ich denke das schreibt hier auch keiner. Trotzdem hatte die Lage ja mal solche Erhöhungen von einer Reihe von großen Stromversorgern angesprochen. Da könnte es auch interessant sein über genau so etwas wie Naturstrom zu berichten. Ist vielleicht aber auch nicht interessant genug.

Zumindest bin auch ich froh, dass ich hier ein, zwei Leute sehe, die sich auch ganz schön von Naturstrom veräppelt fühlen.

Erst hatte ich das hier gelesen:

Ein Tag später kam auch Post von Naturstrom: Von 0,26 € auf 0,51€.

Meine Frage, mit der ich ins Forum kommen wollte und dann diesen Betrag hier gesehen habe:
Wie kann ich denn jetzt prüfen, ob die Preiserhöhung gerechtfertigt ist?

Meines Wissens nach gibt es eine Klausel für langfristige Absicherungen (sog. Hedges) . Meines Verständnisses nach wird der Verlust aus diesen Geschäften angerechnet. Also, wenn ich zu 100€ langfristig verkauft habe und 300€ am Spot bekommen hätte, werden mir die 200€ Verlust zum Spot gutgeschrieben. Soll heißen, in deinem Beispiel bleibt kein zu versteuernder Übergewinn übrig.

Hey @TobiasF, danke für die Klasse Antwort. Von dieser Klausel wusste ich bisher nichts und musste gerade auch ziemlich suchen bis ich das hier vom Habeck-Ministerium gefunden habe.

  1. Trocknet die Erlösabschöpfung den PPA-Markt für Erneuerbare aus?
    Nein. Anlagen, die vor den 1. November 2022 einen Vermarktungsvertrag für erneuerbare
    Energien (Power Purchase Agreement, PPA) abgeschlossen haben, dürfen ihn für die Dauer seiner
    Laufzeit bei der Erlösabschöpfung anrechnen. Abgeschöpft wird in solchen Fällen auf Basis der
    tatsächlich angefallenen Erlöse laut Vertrag („Spitzabrechnung“), nicht wie sonst unter
    Zugrundelegung der Spot-Strommarktpreise. Ein besonderer Bonus gilt für Neuanlagen: Für sie
    gilt die Stichtagsregelung nicht. Sie können jederzeit einmalig neue PPA-Verträge anrechnen.
    Richtig ist, dass neue PPAs für Bestandsanlagen während der Abschöpfung risikobehaftet sind
    und unter Umständen ökonomisch nicht mehr attraktiv sind.
    Die Eingrenzung auf Neuanlagen für
    die Anrechnung neuer PPAs ist jedoch zwingend erforderlich, um die Umgehung der Abschöpfung
    durch kreative Neuverträge bei Bestandsanlagen zu umgehen.

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wieso dieses Problem besteht wenn ich die Termingeschäftverluste anrechnen kann, aber anscheinend scheint auch das Ministerium die Probleme zu erkennen (und bewusst in Kauf zu nehmen).

Vielleicht kann sich @vieuxrenard das Thema mal anschauen und erklären?

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s. auch

Das ist der Fall. Exakt damit hat naturstrom ja auch geworben.

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Hier sind ein paar Kraftwerke aufgeführt: Unsere Kraftwerke | 100% erneuerbare Energien von naturstrom

Bin die Liste mal kurz überflogen. Wenn die Angaben zur erzeugten Energie bzw. Zahl der damit versorgten Durchschnittshaushalte zusammenzählt und vergleicht mit der Angabe von ~280.000 Privat- und 20.000 Geschäftskunden, dann wird einem vermutlich ein gewisses Missverhältnis auffallen. Das Unternehmen scheint mir eher ein Händler von EE-Strom zu sein als ein großer Produzent.

Danke für den Hinweis. Ich bin die Angaben von deiner verlinkten Seite mal durchgegangen und habe die erzeugten MWh der Anlagen und versorgte 3 Personen-Haushalte protokolliert. Am Ende komme ich auf ca. 175 GWh und damit etwa 58000 versorgte 3-Personenhaushalte (à 3000 kWh) bzw. 175.000 Kunden.

Tatsächlich ist das eine ziemliche Lücke zu den benannten 280.000 Privatkunden (+20.000 Geschäftskunden, wobei die Masse vermutlich Kleinverbraucher sein werden), kann aber auch durch schnelles Wachstum infolge guten Marketings bedingt sein.

Energie in Mwh Versorgte 3P-Haushalte Anzahl Kunden
Rugendorf 18750 6250
Hünfelder Wald 26250 8750
Frauenprießnitz 4230 1410
Poppenlauer 14070 4690
Berg 4320 1440
Ramsthal 14070 4690
Scheßlitz-Königsfeld 45000 15000
Lichtenbold 6300 2100
Rottenbach 4200 1400
Eggolsheim 13000 4333
Knigslutter 810 270
Ramsthal 1600 533
Oberreidenbach 1000 333
Uttenreuth 1000 333
Zwickau 7200 2400
Schwerin 330 110
Wöbbelin 810 270
Düsseldorf 46 15
Henschleben 6900 2300
Braunschweig 210 70
Brück 4100 1367
174196 58065 174196

Mit „Kunden“ sind sehr wahrscheinlich die Vertragspartner gemeint, nicht die Zahl von Personen hinter einem Stromanschluss. Letzteres weiß der Stromversorger gar nicht.

Dürften sie diesen Strom auch direkt an die Kund:innen verkaufen oder greift da das Doppelvermarktungsverbot?:
https://dejure.org/gesetze/EEG/56.html

Ich bin auch Kunde seit Okt. 21 und habe auch Post erhalten und mir genau die selben Fragen gestellt, warum Naturstrom die Preise erhöht hat.
Vllt ist nicht alles so sauber wie gedacht aber jeder der ein bisschen die grauen Zellen anstrengt wird wissen, dass der Strom aus der Steckdose eben nicht 100% grün ist beim Ökostromtarif. Letztlich werde ich von EnBW mit Strom versorgt, ob ich nun bei Naturstrom oder EnBW den Vertrag habe ist doch völlig egal.

Der Grund, warum man auf jeden fall einen 100% Ökostromtarif nutzen sollte (und eben auch Unternehmen wie Naturstrom oder Polarstern und wie sie alle heißen) liegt einfach darin, den Anteil an EE zu erhöhen. Kohle von RWE oder EON darf nicht mehr „konsumiert“ werden und gehört durch EE (Sonne, Wasser, Wind, neue Turbinen, Forschung) ersetzt. Das muss einfach mal einen Nachbrenner-Effekt endlich haben.

Auch ich habe Post von Naturstrom erhalten. Ich habe vor, von Naturstrom eine konkrete Begründung für die Höhe der Preiserhöhung zu verlangen.

Edit: Spellchecked

Was haltet Ihr davon? Verbesserungsvorschläge gern gesehen!
Kann gern von Euch verwendet werden.

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Die Leute von Naturstrom haben es wohl auch gelesen:

Dann hätten sie aber gleich mal mit ein paar Daten ihre angeblich in dem Maße gestiegenen Kosten transparent belegen können!

Genau in dasselbe Horn habe ich in meinem (von der Community zensierten) Beitrag letzten Monat geblasen.
Schön, dass meine Meinung mehrheitsfähig wird :nerd_face:

Ich finde die Erklärung dort nicht passend. Wir als Kunden kaufen ja keinen Strom an der Börse, sondern beim Öko-Strom-Anbieter. Und die verdienten sich dieses Jahr an der Börse dumm und dusselig und sind dann auch noch so frech ihren Kunden die Preise zu erhöhen :rage:

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Ich bin jetzt kein Experte in Sachen Stromindustrie, und lasse mich gerne korrigieren, aber ich glaube, dir (und anderen weiter oben) unterläuft hier ein Denkfehler, wenn du Ökostromerzeuger mit Ökostromanbietern in einen Topf wirfst.

Prinzipiell ist es doch so, dass auch „100% Ökostrom“-Anbieter zu Zeiten mit wenig Sonne und Wind an der Börse Kohle-/Gas-/Atomstrom kaufen müssen. Einen Tarif „bei Dunkelflaute drehen wir dir den Strom ab“ gibt es nicht, und ich vermute auch, der würde sich am Markt nicht durchsetzen. Und ausreichend Speicherkapazität, um das auszugleichen, existiert derzeit noch nirgendwo.

„100% Ökostrom“ bedeutet also nicht mehr und nicht weniger, als dass der Anbieter in Summe über das Jahr(?) mindestens genauso viel Ökostrom erzeugt (– gut – bzw. sich als Kontingent von Erzeugern sichert – schlecht – denn die passen jetzt die Preise nach oben an), dass der Stromverbrauch aller seiner Kunden damit abgedeckt wird. Ein Teil davon fällt in Überschusszeiten an und wird an der Börse verkauft, ein anderer Teil muss zu Unterdeckungszeiten an der Börse zugekauft werden.

Nun ist aber das Problem, dass bspw. Windstrom mittlerweile im Vergleich sehr günstig ist, fossiler Strom aber sehr teuer. Das Verhältnis von Einnahmen zu Überschusszeiten zu den Kosten bei „Dunkelflaute“ wirkt sich deswegen extrem nachteilig für den Ökostromanbieter aus.

Ein Rechenbeispiel (keine Ahnung, ob die Zahlenordnungen realistisch sind): Ein Ökostromanbieter hat einen Kundenstamm, der durchschnittlich 100 MW verbraucht. Da seine Windkraftanlagen im Mittel nur etwa 50% ihrer theoretischen Kapazität erzeugen, hat er davon 200 MW installiert. Wenn die zufällig gerade bei starkem Wind 180 MW erzeugen, verkauft er die überschüssigen 80 MW. Zu diesen Zeiten ist der Strom an der Börse aber dummerweise spottbillig, weil alle ihren Windstrom loswerden wollen, und er bekommt kaum mehr als die Erzeugungskosten heraus. Herrscht aber gerade praktisch Flaute, und seine WKWs erzeugen nur 20 MW, ist er gezwungen die fehlenden 80 MW zu Mondpreisen dazuzukaufen.

Anders sieht es natürlich bei Windkrafterzeugern aus. Die nehmen die Merit-Order-Preise mit und verdienen wirklich sehr gut damit. Vorausgesetzt, sie haben auch zu Zeiten relativer Knappheit, wenn die WKWs bspw. nur auf 30, 40 oder 50% laufen, Überschuss um ihn an die Börse zu bringen, was aber eben Ökostromanbieter, selbst wenn sie auch Erzeuger sind, genau nicht haben, denn sie müssen ja zuerst ihre eigenen Kunden damit beliefern.

Im Grunde müssten die Anbieter also nicht, wie oben im Beispiel beschrieben, bloß in Summe genug Kapazitäten für ihre Kunden besitzen, sondern ein Vielfaches davon, da sie bei der augenblicklichen Preisvolatilität an der Börse vielleicht das zehn- oder zwanzigfache an der Strombörse verkaufen wie kaufen müssten, um das finanziell einigermaßen auszugleichen. Der Anbieter müsste also statt 200 MW vielleicht 1000 MW installieren, um seine 100 MW Kunden deutlich günstiger zu versorgen als es die Wettbewerber mit fossilem Strommix tun. (Und dann müsste er natürlich einen Neukundenstopp verhängen, sonst hat er in Kürze Kunden mit 500 MW Bedarf, und dann sind wir wieder am Anfang angekommen.)

Letztendlich ist es aber einfach so, dass man bei Kauf von „100% Ökostrom“ für die gute Sache die eigenen Optionen an Energiequellen einschränkt. Es ist daher klar, dass solche Tarife nicht langfristig günstiger sein können, als welche ohne Beschränkungen, allenfalls gleich teuer.

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Da würde ich jetzt mal schauen, wie sich die Lage entwickelt. m.E. soll durch die hohen Preise das Bewusstsein für Verbrauchsminderung/ Einsparung geweckt und gelenkt werden!

Die Alternative zum einsparen ist Eigenenergie über

  • Pv (auch Balkonkraftwerke/Steckersolaranlagen)
    -Bürgerenergiegenossenschaft
  • Anbieterwechsel

Nicht jammern ist angesagt sonder Lösungen umsetzen!

Ich habe Antwort von Naturstrom bekommen:

Ich habe daraufhin geantwortet:

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Na ja, ich spiel jetzt mal Devil’s Advocate und zitiere mal dich selbst aus deiner Ursprungsmail:

Wenn dem so ist,] darf Naturstrom den vereinbarten Arbeitspreis ausdrücklich nur nach billigem Ermessen erhöhen, wenn eine Preiskomponente, auf die Naturstrom keinen Einfluss hat, gestiegen ist (Verweis auf § 315 BGB). Solche Preiskomponenten sind:

  • Einkaufspreis für Strom aus erneuerbaren Energien und/oder Bestandteile der Gestehungskosten des von Ihnen aus erneuerbaren Energien produzierten Stroms (abzüglich von Neuanlagenförderungen), auf die Sie keinen Einfluss haben
  • Stromsteuer
  • EEG-Umlage, Netzentgelte

Da Naturstrom in seiner Antwort a) zugegeben hat, dass bestenfalls 25% des Stroms nicht eingekauft werden müssen (das kann man durchaus als „nicht unerheblich“ interpretieren, ist mehr wie ein kleiner einstelliger Prozentbetrag; da bist du halt so gesehen auf eine sehr dehnbare Gummi-Aussage reingefallen), somit 75% von steigenden Einkaufspreisen voll betroffen sind, und b) die preistreibenden Komponenten der Einkaufspreis und die Netzentgelte sind, haben sie doch für dich nachvollziehbar dargelegt, dass die Preiserhöhung auf Komponenten, auf die sie keinen Einfluss haben, zurückzuführen ist. Du antwortest ja sogar selbst damit, dass du genau dies aus ihrer Grafik herausinterpretiert hast. Scheint ihnen also gelungen zu sein, die nachvollziehbare Darlegung.

Der einzige Weg, wie man von diesem Punkt aus „noch nachvollziehbarer“ werden könnte, wäre eine Offenlegung sämtlicher Lieferverträge und der internen Berechnungsmodelle für die Preise und die Deckungssummen bei den eigenen Kraftwerken, damit du die Zahlen alle selbst im Detail nachrechnen kannst. Das werden sie aus ebenfalls nachvollziehbaren Gründen (Geschäftsgeheimnisse) nicht tun wollen, und ich kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass du oder die Schlichtungsstelle es hinbekommen werden, sie zu diesem Schritt zu zwingen. Aber nichtsdestotrotz bin ich gespannt drauf, wie’s weitergeht :smiley:

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Ich hatte das Problem bei der EWS Schönau wieder nicht, die haben sogar von 50ct/kwh auf 43,9ct/kwh abgesenkt vor etwa zwei Monaten…
Früher hatte ich jahrelang Naturstrom…
Alles sehr merkwürdig

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