Naturstrom in der Lage Werbung – Sinnvoll?

Liebes Lageforum,

in der Lage wird ja fleißig der Anbieter Naturstrom mit dem Versprechen beworben, dem Verbraucher 100% nachhaltigen Strom zu liefern. Ich muss gestehen ich habe nie so recht verstanden worin der Sinn solcher Ökotarife besteht. Meine Kritik versuche ich mal in den folgenden Fragen zusammenzufassen, vielleicht übersehe ich hier etwas und jemand kann mich aufklären…

Der Strommix von Naturstrom setzt sich laut Homepage aus 60% EEG Strom und 40% Wasserkraft zusammen. Ohne Ökostromtarife wären diese Anlagen normaler Teil des deutschen Strommixes und würden den durchschnittlichen CO2/kWh Wert entsprechend ihres Anteiles reduzieren. Kaufen nun Ökostromtarife die erneuerbaren Stromkontingente auf und vermarkten diese als 100% CO2 neutral, verschlechtert sich doch die CO2 Bilanz der übrigen Tarife um denselben Betrag – Unterm Strich ein Nullsummenspiel. Wo liegt hier der Vorteil fürs Klima?

Der Anbieter garantiert allen Abnehmern 100% Ökostrom aus deutschen Wasser und EEG Anlagen. Wie allgemein bekannt ist gibt es vor allem im Winterhalbjahr immer wieder mal Wochen in denen auf Grund der Wetterlage kaum EEG Strom eingespeist wird. Aus welchen Quellen beliefern Naturstrom und vergleichbare Anbieter in dieser Zeit die Kunden? Wie kann er diese 100% garantieren?

Unterm Strich bleibt im Vergleich zu einem regulären Tarif nur der eine Ct/kWh zur Förderung von neuen EEG Anlagen. (Dieser kommt on top zu den 6,5 Ct/kWh, die jeder normale Tarif als EEG Umlage eh schon bezahlt). Bei einem 2 Personen Haushalt mit 2500 kWh/a macht das ganze 25€ zusätzliche Förderung im Jahr. Wenn das der Hauptvorteil für diese Tarife ist, warum spart man sich nicht einfach den ganzen Aufwand für die Vermarktung von Stromtarifen und setzt nicht lieber Investitionsfonds oder meinethalben sogar Spendenfonds für den Ausbau der Erneuerbaren auf? Wäre das nicht direkter und ehrlicher?

Ich werd leider das Gefühl nicht los hier wird den Leuten eher ein gutes Gewissen verkauft als dass ein entscheidender Beitrag zur Energiewende geleistet wird. Aber ich lerne gerne dazu wenn jemand mehr zum Thema weiß :wink:

VG M

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Die Werbung in der Lage der Nation wird durch eine externe Agentur gebucht und ist meines Wissens von der Lage unabhängig.

https://lagedernation.org/werbung/

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Das ist halt das Dilemma mit Werbung generell.
Werbung ≠ wissenschaftlich überprüfbarer Fakt, es ist und bleibt Werbung.
Sicherlich gibt es Richtlinien in der EU für Werbung, es gibt aber auch Tempolimits die nicht eingehalten werden :wink:
Schlussendlich muss der mündige Verbraucher abwägen und sich, wie du es machst, informieren wie weit die Werbeversprechen mit der Realität deckungsgleich sind und danach seine Entscheidung treffen.

Wie sich das bei der Lage mit der Werbung verhält, hat ja @Justjaythings schon verlinkt und wurde schon in unzähligen Threads diskutiert.

Grüße

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Das ist bei vielen der sogenannten „Ökotarifen“ der Standartanbieter wohl der Fall. Auch dass mit dem herausnehmen des „grünen Stromes“ der mix des Restes schlechter wird.
Da muss man halt schauen den richtigen Anbieter zu erwischen.
Mein regionaler Anbieter verspricht Anlagen nachzubauen um seinen Bedarf selbst zu decken. Also kein greenwashing mit irgendwelchen Zertifikaten. Ich persönlich finde regionale/dezentrale Lösungen die beste Alternative.

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Hallo Martin,

bei der Auswahl des Stromlieferanten geht es in meinen Augen vor allen Dingen darum dass das Anbieten /Produzieren von Ökostrom ein sinnvolles Geschäftsmodell wird/ ist.

Natürlich kommt der Strom aus Deiner Steckdose nicht aus einem bestimmten Kraftwerk sondern aus dem Netz.
Aber wenn ich mich als Anbieter frage ob ich ein neues Solarfeld bauen möchte, während gleichzeitig die Einspeisevergütung für Solarstrom zurückgeht, und es einen Kundenstamm gibt, der bereit ist einen (ja auch nicht unendliche hohen) Aufpreis dafür zu zahlen, dass er den Strom aus Erneuerbaren bekommt, dann kann der Anbieter diese Investitionsentscheidung halt treffen.

Du fragst: Was ist der Vorteil fürs Klima. Wenn Du davon ausgehst, das sich aufgrund von staatlicher Intervention der gesamtstrommix (oder: Die Anzahl verschiedener Kraftwerke) auf einem festen Pfad befindet dann hast Du recht und es macht keinen Unterschied.
Wenn Du glaubst das Durch erhöhte Nachfrage von Kund*innen (Nachfrage mit gewisser zusätzlicher Marge) Erzeugerinnen davon überzeugt werden können zusätzliche Mengen an EE-Strom zu produzieren, dann bringt es was.

Dass das grundsätzlich in einem gewissen Rahmen funktioniert kann man glaube ich daran sehen, dass es ja Anbieter wie zB Energiegenossenschaften aber auch Naturstrom gibt, die eigene Stromkraftwerke (vor allem Wind & Solar) betreiben. Diese Anlagen würden nicht existieren wenn die Unternehmen nicht Strom verkaufen könnten. Und das könnnen sie, weil sie mit ihrer besseren Ökobilanz einen Unique Selling Point im Vergleich zu Eon,RWE und Stadtwerken haben.

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Genau mein Gedanke - der Ausbau erneuerbarer Energien liegt nicht in der Hand der Verbraucher. Ob ich Ökostrom kaufe oder nicht, macht keinen Unterschied. Da ergibt es mehr Sinn die Finanzierung von Projekten direkt zu fördern oder in entsprechenden Firmen sich bewerben und die eigene Arbeitskraft für was sinnvolles einsetzten, statt bei VW umweltschädliche E-Autos (Stichwort: Lithium-Abbau) zu bauen und zu entwickeln.

Außerdem werden wir nie den eigenen Energiebedarf mit heimischen Anlagen decken können. Mit der E-Mobilität steigt der Strombedarf. Der wird nicht aus aus deutschem Wind, Sonne und Wasser kommen. Es wird Zeit das wir uns ehrlich machen und den Import von CO2 neutraler Energie offenen diskutieren. Zur Zeit haben wir eher das Phänomen, dass sinnvolle Anlagen wie Flüssiggas-Terminals der Bevölkerung nicht erläutert wird. Zur Zeit kann niemand ernsthaft ein Wasserstoff-Terminal bauen, denn dafür braucht es grünnen Wasserstoff im Ausland - den es nicht gibt. Allerdings gibt es den grünen Wasserstoff im Ausland nicht zu kaufen, da wir keine Terminals haben um diesen zu importieren. Da muss jemand den Anfang machen und das geht mit Terminals die als Erdgasterminal in Betrieb gehen und sich Schrittweise auf Wasserstoff umrüsten lassen. Und ja - es braucht Pipelines bis nach Bayern hoch.

Dafür müsste halt der Ausbau erleichtert werden, aber das ist ja sowieso der Fall.

Was die Werbung in der Lage angeht, so finde ich es schon etwas befremdlich, wenn beide einfach sagen: „Wir buchen die Werbung nicht“ und die Sache dann als erledigt betrachten. Dabei soll es nicht nur um Naturstrom gehen, sondern um alle Werbungen. Zum einen spricht Philip die Werbung, zum anderen ist man als Hörer natürlich dazu geneigt, den beiden zu vertrauen - erst Recht, wenn es um etwas so häufig besprochenes geht, wie Klimaschutz.

Öffentlich ein Produkt zu bewerben, mit dem man sich nicht beschäftigt hat, ist dann schließlich auf dem Level von Beauty Youtuber:innen.

Kann es sein, dass das ein Missverständnis ist?
Ich dachte immer, mit der EEG Umlage bereits geförderter Strom darf nicht mehr extra als grüner Strom vermarktet werden (sonst könnte eon oder sonst wer ja auch einfach einem Teil seiner Kunden grünen Strom verkaufen, indem sie pro forma dem Rest mehr Kohlestrom geben, halt bis die 40% Erneuerbarenanteil des dt. Strommixes aufgebraucht sind).
Ist es nicht so, dass Naturstrom damit meint, dass sie ehemals von der eeg Umlage geförderte Produzenten „übernimmt“? Für die ist es ja durchaus oft unwirtschaftlich, weiter zu produzieren, wenn die Förderung wegfällt.
Damit wäre es in der Bewertung schlechter als extra neu gebaute Erneuerbare Quellen aber besser, als wenn es den dt. Mix entsprechend nur verwässern würde.
Es hängt halt von der Frage ab, was die Produzenten Alternativ machen würden.
Gruß Jakob

Nabend zusammen, hallo Martin,
Das sehe ich etwas anders. Ich bin seit der Fukushima-Katastrophe Kunde bei Naturstrom.
Natürlich ändert diese Entscheidung nichts am gesamten Strommix. Ich möchte allerdings keinen Mix mit Atomstrom aus Frankreich, ich habe die Nase voll von Vattenfall, Eon, RWE usw. Dafür zahle ich gern ein paar Cent mehr und versuche meinen (‚Mikro-‘)Anteil beizusteuern.
Vom sozialen Engagement der Naturstromer abgesehen, leisten sie sehr intensive Beratung und helfen bei regionalen Energieprojekten, Mieterstrom, Bürgerbeteiligung etc. -
Das hilft bei der Dezentralisierung, imo ein entscheidender Punkt für die Umsetzung der Energiewende.
Ich begrüße auch von Naturstrom mitgetragene Initiativen wie „wir spielen nicht mit“
All das findet man auch auf der Naturstrom-Homepage oder man ruft direkt an - ich habe selten eine bessere Hotline kennengelernt…
Gruß
Shinji

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Ich bin seit einiger Zeit bei naturstrom und für mich macht das durchaus Sinn.
Besonders sinnvoll finde ich, dass ein Teil meines Strombeitrags in den Ausbau lokaler Stromerzeugung fließt! Naturstrom engagiert sich nämlich sehr stark lokal bei den Abnehmern neue EE-Stromquellen zu schaffen.

Hi Jakob,

hast Du dafür eine Quelle :)?

Hallo zusammen,

@MartinBauer
Wie allgemein bekannt ist gibt es vor allem im Winterhalbjahr immer wieder mal Wochen in denen auf Grund der Wetterlage kaum EEG Strom eingespeist wird. Aus welchen Quellen beliefern Naturstrom und vergleichbare Anbieter in dieser Zeit die Kunden? Wie kann er diese 100% garantieren?

Das geht ja schon grundsätzlich nicht. Privatkund:innen haben ja normalerweise nur einfache Stromzähler, deren Verbrauch nur einmal im Jahr abgelesen wird. Du weißt also eigentlich nie, wer wann wie viel Strom genutzt hat.

Aber am Ende ist es schon so, dass naturstrom dann auch so viel Ökostrom einkaufen MUSS wie es verkauft. Und es ist einfach so: Wenn das genug Leute machen, muss auch so viel Ökostrom produziert werden - im Zweifel ohne EEG-Umlage oder sonstwas, und das zu wirklich nicht viel Mehrkosten. Gerade wenn große (Industrie-)Verbraucher auch Ökostrom kaufen wollen (zum Beispiel um ihre Produkte als klimaneutral labeln zu können), kommt dabei schon was rum. Das Problem an den „anderen“ Ökostrom-Anbietern ist halt soweit ich weiß, dass die dann hauptsächlich in Norwegen Wasserkraftstrom einkaufen. Das bringt halt für die deutsche Energiewende nichts. Naturstrom (und andere Anbieter, siehe entsprechende Labels) machen das halt anders, und von daher finde ich die Werbung schon okay. Klar ist das ein bisschen „Gutes Gewissen kaufen“. Aber bei entsprechender Nachfrage entstehen halt Markt, Angebot, Skalierungseffekte in der Produktion, usw.

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„… Grund dafür ist, dass in Deutschland der Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzlich gefördert wird – über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Grüner Strom, der so gefördert wird, darf nicht gesondert als Ökostrom verkauft werde…“

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Aus @Jakob 's Link auf die Verbraucherzentrale

Wenn Sie Ökostrom beziehen möchten, sollten Sie einen Tarif mit einem Label wählen, das ein Mindestmaß an Energiewendenutzen garantiert. Das sind das ok-Power-Label und das Grüner-Strom-Label. Beide Labels garantieren zudem, dass die Ökostromanbieter nicht an Atomkraftwerken, neuen Steinkohlekraftwerken und Braunkohlekraftwerken beteiligt sind. Von diesem Grundsatz darf nur im Einzelfall abgewichen werden, beispielsweise wenn die Beteiligung vor dem Jahr 2015 geschlossen wurde (Grüner-Strom-Label).

Naturstrom trägt das Grüner-Strom-Label.

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