Kurze Situationsbeschreibung Lage der Demokratie(n)
Parlamentarische Demokratie wird nicht so gelebt wie in der Theorie beschrieben (Abgeordnete sind Unabhängig, sind dem Wähler und der Verfassung verpflichtet) . Um nur einige Punkte zu nennen Lobbyismus (Korruption mit Jobversprechen/Vortragshonaren/Druck durch die Partei)
2.Verlust von Vertrauen in die Politik durch Korruption. Ignorieren von Problemen und Bedürfnissen der Wähler.
Verlust der Glaubwürdigkeit von Medien und Berichterstattern. Sicherlich ein Punkt sind hier die Reichen Milliardäre die Einflüsse auf Medien aber auch die sozialen Medien,Trolle etc.
4.Bürger fühlen sich Machtlos und Unbedeutend.Keine guten Möglichkeiten der Partizipation.
Resultat es wird Extremismus als Rationale Antwort auf alle Probleme und Schein Probleme besonders von „Konservativen“ und Rechtsextremen.
Das Beobachten wir in allen Demokratien mit schwacher Teilhabe der Bürger am Staat.
Verbesserung der Wahrhaftigkeit von Demokratie:
Gute und Effiziente Bürokratie schaffen
Teilhabe auch durch Bürgerinitiativen und Bürgernentscheide (Wenn es so etwas gibt kann man endlich Mal ein Thema diskutieren was zumindest Gefühlt von den Menschen direkt getragen wird)
Regionalisierung der Entscheidungen. Viele Entscheidungen könnten Regionalspezifisch sein. Grundlegende Strukturen können auf die EU gelagert werden z.b. Minimum für Verfassungen auf Nationaler und Regionaler Ebene
Politik muss nicht immer nur Probleme besprechen es muss auch Aktiv eine Zukunft geplant präsentiert und diskutiert werden.
Prinzipiell kluge Gedanken und gute Ideen. Der Teufel steckt aber mal wieder im Detail, spricht bei der Umsetzung. Ich nehme mal Berlin, da gab es in den letzten Jahren drei erfolgreiche Volksentscheide:
Mobilitätsgesetz: Angeleiert von Initiativen, die Rad-und Fußverkehr sowie Öffis stärken wollten. Folge des erfolgreichen Volksentscheids war ein Mobilitätsgesetz, was genau das vorsieht. Die Praxis sieht völlig anders aus. Politik und Verwaltung sind zu großen Teilen bei ihrem alten Denken geblieben („Straßen sind vor allem für Autos da“) und bremsen entsprechende Planungen systematisch aus - und zwar auch unter Rot-Rot-Grün. Die CDU ist u. a. mit einem „Mehr Rechte für Autofahrer“-Wahlkampf an die Regierung gekommen und will das Gesetz nun mehr oder weniger schleifen und die SPD - die es vorher mit beschlossen hat - stellt sich nicht wirklich dagegen.
Tempelhofer Feld: Der erfolgreiche Volksentscheid verbietet jegliche Bebauung für diese in der Innenstadt einzigartige und dringend benötigte Grünfläche. Dennoch gibt es von unterschiedlichen Parteien seit Jahren immer wieder politische Bestrebungen, das Feld dennoch zu bebauen.
Enteignung großer Immobilienkonzerne. Hier gab es durch den erfolgreichen Volksentscheid nur eine Art Grundsatzentscheidung, aber seit Jahren sitzt der Senat das aus (erst unter SPD- jetzt unter CDU-Führung) und tut alles Mögliche dafür, eine Umsetzung dieses Beschlusses zu verhindern, anstatt den politischen Willen der Bevölkerung tatsächlich umzusetzen.
Für mich persönlich hat das die Konsequenz, dass ich mir drei Mal überlege, ob ich nochmal Zeit investiere, um z. B. für einen Volksentscheid Unterschriften zu sammeln.
Dies ist (glücklicherweise?) auf Bundesebene nicht möglich. Die BRD ist gemäß Artikel 20 eine repräsentative Demokratie, in der alle gesetzgebende Gewalt vom Parlament mit seinen gewählten Vertretern ausgeht.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben, angelehnt an Erfahrungen aus Weimar, die direkten Volksentscheide bewusst nicht als Mittel der Teilhabe eingeführt. Eine repräsentative Demokratie mag, weil sie auf Kompromissen aufbaut, vielleicht nicht immer die erhofften großen Lösungen hervorbringen, ist allerdings deutlich stabiler als wenn man via Umfrage jeder Hutmode hinterherrennt, im Guten wie im Schlechten.
Das klingt ehrlich gesagt etwas wie eine Standardantwort aus dem Gemeinschaftskundebuch. Meine polemische Antwort darauf wäre: Na, alles so ideal ist, müssen wir ja eh nichts verändern.
Aber mal ernsthaft: Warum sollte die Möglichkeit für Abstimmungen auch auf Bundesebene die Demokratie automatisch weniger stabil machen? Was ist konkret an der Demokratie z. B. in Dänemark oder Irland - oder meinetwegen auch in der Schweiz - instabiler als in Deutschland?
Wenn ich mir ansehe, dass in vielen Umfragen die Frage ob es 60% Zustimmung oder 60% Ablehnung gibt nur davon abhängt wie das jeweilige Institut die Frage formuliert hat, dann finde ich einen Volksentscheid sehr wohl problematisch. Denn es ist kaum davon auszugehen, dass dies da anders ist.
Dass dann auch noch
Zudem ist auch das herunterbrechen eines Themas auf ein pures Ja oder Nein oft schwierig. Was wenn ich zwar dafür bin, dass sich in einer bestimmten Frage etwas ändert, aber nicht dafür bin das so zu machen wie im Gesetzentwurf gefordert.
Das ist doch eher ein Beispiel dafür wie schwierig dieses Thema ist. Hier wurde eine sehr teure Maßnahme mit Ja beschlossen, die aber ja keine einzige Wohnung schafft. Der Traum, dass man Wohnungen enteignen könne, mit einer Entschädigung die unter dem Preis liegt für den Berlin die Wohnungen einst verkauft hat ist in meinen Augen völlig realitätsfern. Wenn ein Land durch den Vorgang etwas zu verkaufen, renovieren zu lassen und dann günstiger wieder zurückzukaufen zeigt, dass private Investitionen sobald es im Interesse des Landes ist unter den Kosten enteignet werden, dann würde das doch jegliche private Investition zum erliegen kommen lassen.
Ein Modell, welches Mieten ermöglichen soll, die am Ende bei Neubauten gar nicht realisiert werden können, weil allein die Bau- und Unterhaltskosten höher sind als diese Mieten ist zudem auch unrealistisch. Das schafft nur eine Zweiklassengesellschaft mit auf der einen Seite die, die billigen staatlichen Wohnraum bekommen vs. die, die einen realen Preis zahlen müssen.
Für mich ist dieser Voksentscheid eher ein abschreckendes Beispiel für direkte Demokratie.
Dem würde ich zustimmen - aber vermutlich aus ganz anderen Gründen als Du.
Wenn eine Regierung, die ich nicht gewählt habe, etwas beschließt, kann ich das zwar kritisieren, halte mich aber selbstverständlich trotzdem dran. Was aber hier passiert, ist dass eine klare Willensbekundung des politischen Souveräns in einer konkreten Frage schlicht ignoriert wird.
Ohne jetzt hier in eine inhaltliche Diskussion über das Thema einsteigen zu wollen: Die Enteignung von Deutsche Wohnen, Vonovia & Co. hatte nie das Ziel, neue Wohnungen zu schaffen, sondern dafür zu sorgen, dass die Vermietung bestehender Wohnungen nicht mehr so von privaten Gewinninteressen dominiert wird. Das Gegenargument gab es ja auch schon vor der Abstimmung und es hat die Mehrheit offenbar nicht überzeugt.
Wenn ich das Thema richtig auf dem Schirm habe ist die Zustimmung in den Umfragen sehr viel geringer gewesen als beim Voksentscheid. Es wurde daraus abgeleitet, dass viele Ja-Stimmen eher als Denkzettel gedacht waren als als Handlungsaufforderung zu Enteignungen. Also Willensbekundung ja, aber nicht unbedingt in dem Sinne wie der Volksentscheid.
Zu sagen wir enteignen jetzt unter dem Kaufpreis und sorgen somit, dass private Investoren hohe Verluste erleiden ist in meinen Augen vor allem langfristig eben keine gute Idee.
Wie viele haben sich denn tatsächlich mit den heutigen Baukosten, der Problematik der Abschreckung privater Investoren, Der Problematik, dass die versprochenen niedrigen Mieten kaum zur Instandhaltung genügen würden, etc. ausführlich auseinandergesetzt?
Wir wissen doch seit dem Brexit, dass eine gut rübergebrachte Story oft wichtiger ist als tatsächlich Inhaltlich korrekt zu argumentieren.
Und das ist auch schon der nächste Kritikpunkt. Am Ende gewinnt nicht selten der, der am meisten dafür tut, dass sich seine Meinung durchsetzt, nicht der mit den Fakten auf seiner Seite. Nicht erst seit Firmen wie Twitter, Facebook und TikTok massiv die Stimmung beeinflussen können ist das ein problematischer Teil. Welche Macht die Medien haben sah man ja auch beim GEG mit den Springermedien.
Auch wenn die repräsentative Demokratie im Art. 20 GG verankert ist, so sehe ich nicht, wie Bürgerinitiativen und Bürgerentscheide damit nicht in Einklang zu bringen wären. Es wird schließlich nicht die Einführung einer direkten Demokratie, wie z.B. in der Schweiz gefordert, sondern lediglich mehr Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger. Die Idee eines Volksentscheids ist dem Grundgesetz übrigens auch nicht fremd. So findet der Volksentscheid Erwähnung in Art. 29 II 1 GG. Auch wenn dies eher als Ausnahmeregelung verstanden wird.
Dennoch steht das Grundgesetz der Einführung von Bürgerinitiativen und Bürgerentscheiden nicht im Wege. Warnen möchte ich aber vor Bürgerbefragungen. Auch diese sind eine plebiszitäre Maßnahme. Allerdings gehen sie nicht vom Volk aus, sondern von der Regierung. Diese bestimmt über die Fragestellung und das Befragungsdatum. In Ungarn z.B. wird auf diese Weise die Demokratie ausgehebelt. Bürgerinitiativen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide hingegen kommen aus dem Volk. Das Thema ist auch nicht ganz unaktuell, da meines Wissens in zumindest einigen Bundesländern über die Einführung von Volksbefragungen nachgedacht wird.
Ich finde es eine sehr mutwillige Interpretation, wenn ich eine konkrete Frage zur Abstimmung stelle, die ich mit Ja oder Nein beantworten kann und dann hinterher mit Bezug auf irgendwelche Umfragen behaupte, dass die Menschen, die „Ja“ angekreuzt haben, ja gar nicht diese Frage meinten, sondern irgendetwas anderes. Da könnte man genau so gut nach jeder Wahl in Zweifel ziehen, ob die Wähler von Partei X wirklich wollten, dass diese Sitze im Parlament bekommt…
Das ist ebenso unerheblich wie die Frage, wie viele Wähler sich vor einer Wahl tatsächlich mit der politischen Programmatik und dem tatsächlichen Handeln von verschiedenen Parteien auseinandersetzen.
Und auch das gilt 1:1 für Wahlen.
Kurzum: Ob ein demokratisches Instrument vor allem populistisch genutzt wird oder im Sinne der Demokratie, ist eine Sache der konkreten Ausgestaltung, nicht des Prinzips - das gilt für Wahlen ebenso wie für Abstimmungen.
Dass das GG bisher Volksinitiativen und -entscheide nicht vorsieht und dahingehend geändert werden müsste, ist klar. Einer solchen Änderung steht aber Art. 20 GG nicht im Wege. Darauf wollte ich hinaus.
Das wichtigste Defizit beim aktuellen demokratischen System wird im ursprünglichen Post leider nicht erwähnt: Demokratie am Arbeitsplatz.
Es gibt viele Stellschrauben, wo man für mehr demokratische Teilhabe sorgen könnte, mit mehr Volksentscheiden oder Bürger:innenräten, aber nirgends würde man direkter spüren, dass man seine Umgebung beeinflussen kann, als durch demokratische Beteiligung in dem Bereich, in dem man den Großteil seines Lebens verbringt.
Ich arbeite in einem Unternehmen mit einem Altersdurchschnitt von 52,4 Jahren.
Wenn man hier bestimmte Entscheidungen durch Mehrheitsentscheidung treffen würde, würde es darauf hinauslaufen, das der überwiegende Teil der älteren Arbeitnehmer dahingehend entscheidet, das alles bleibt wie es ist bis zu deren Renteneintritt.
Was wiederum die jüngeren aus dem Unternehmen treiben würde, weil sich nichts verändert.
Nur mal ein Beispiel.
Bezogen auf unsere Demokratie: welche Art von Entscheidungen lässt man durch Bürgerräte oder Volksentscheide per (Einfacher?) Mehrheit entscheiden?
Ob wir erneuerbare Energien ausbauen wollen oder lieber bei billigem Gas aus Russland bleiben wollen? Ich wüsste nicht wie so eine Entscheidung ausgeht.
Also welche Tragweite dürfen solche Entscheidungen haben?
Die Frage finde ich wichtig. Und für wie lange muss das was entschieden wurde gelten? Darf eine heutige Gesellschaft über Jahre hinweg z.B. mit einem per Volksentscheid durchgebrachten Gesetz die Klimawende ausbremsen?
Denn Demokratie ist in meinen Augen mehr als nur eine Entscheidung einer einfachen Mehrheit. Generationengerechtigkeit, Minderheitenschutz etc.
Da ist ein Zusammenspiel aus Korrektiven wichtig die am Ende dafür sorgen, dass Politik auch langfristig ausgelegt ist und nicht zu sehr durch Momentaufnahmen geprägt wird.
Aktuell z.B. hätte wohl eine Volksabstimmung über einen Gesetzentwurf der relativ umfassend das Gendern verbietet eine ziemlich gute Aussicht auf eine Mehrheit und das Thema wäre auch in bestimmten Kreisen prominent genug die Anfangshürden zu nehmen.
Mit derselben Argumentation könnte man jedem über 52,4 Jahren das Wahlrecht entziehen… Im Endeffekt lautet dein Argument - überspitzt formuliert - Demokratie bitte nur dann, wenn uns das Ergebnis passt. So funktioniert Demokratie aber nicht. Gerade private Unternehmen sind quasi Feudalherrschaften. Hier könnte eine Demokratisierung stattfinden. Das ist aber wohl in naher Zukunft zumindest politisch unrealistisch, d.h. nicht mehrheitsfähig. Bürgerbegehren und -entscheide hingegen sind durchaus auch politisch umsetzbar.
Das war nicht die Intention.
Eher die Überlegung, wenn eine Entscheidung nicht auf das Wohl der Gemeinschaft abzielt, sondern eher auf dem individuellen Interessen der Einzelpersonen, die in Summe zu einem Ergebnis führen, das für die Gesamtheit eher langfristig nachteilig ist.
Bissl konstruiert, sicher.
Aber wenn ein Volksentscheid zum Beispiel mehrheitlich von Männern getroffen wird, weil diese in der Gesamtheit überrepräsentiert sind, und das Ergebnis ist dann nachteilig für Frauen…?
Es geht mir eher um die Homogenität der Gesamtgruppe……
Und aus Lebenserfahrung und alltäglicher Wahrnehmung die Erkenntnis, das Menschen nicht immer im Sinne des Wohls aller entscheiden, sondern das Egoismus ein leitendes Motiv sein kann