Massive Kürzungen bei humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit

Laut mittelfristiger Finanzplanung der Regierung sollen in dieser Legislaturperiode der Etat des Entwicklungsministeriums BMZ um fast ein Viertel (23%) und für humanitäre Hilfe (beim Auswärtigen Amt) um mehr als 40 % schrumpfen, obwohl es noch nie so viele Krisen, Menschen auf der Flucht, bewaffnete Konflikte, von Hunger bedrohte Personen auf der Welt gab wie heute.

Wie passt das zusammen mit dem selbstgewählten Begriff der integrierten und vernetzten Sicherheit der Ampelkoalition, dass Sicherheit nicht nur Verteidigung bedeutet?
taz-Kommentar zu Haushaltskürzungen

Was soll aus der Koalitionsvereinbarung werden mindestens 0,2% des BNE für die offizielle Entwicklungszusammenarbeit mit den am wenigsten entwickelten Ländern (least developed countries) bereit zu stellen? Sparen an den ärmsten Ländern? Gegenwärtiger Stand ist weit darunter und droht abzusinken.
Koalitionsvertrag - Seite 150

Für den Haushalt 2024 bedeutet das konkret €640 Mio weniger für das BMZ und sogar 1 Mrd weniger für das Auswärtige Amt.

Quellen bzw erste Anknüpfungspunkte:

Die deutsche Zivilgesellschaft twittert dazu unter #KeineZeitFürKürzungen, #ActNow, #LuftNachOben

Detaillierte Analyse, Stellungnahme und Pressemitteilung zum Haushalt 24:
VENRO zum Haushalt 24

Vielen Dank für diesen wichtigen Themenvorschlag!

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Wie ich in einem anderen Thread schon schrieb: Wir sparen uns kaputt.

Was ich mich bzgl. dieses Themas frage, ist auch, wie wir die Entwicklungszusammenarbeit qualitativ besser gestalten können. Besser als früher jedenfalls. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wie gut sie heute wirklich ist, ob es heute - im Gegensatz zu früheren Jahren - wirklich „Zusammenarbeit“ ist.

Aber ob Kleinstkredite, Verkauf kleiner Solaranlagenmodule für Licht und Kühlung, Ausbildung von Lehrer:innen, Genossenschaftsprojekte oder anderes: Ohne ausreichend Finanzierung geht alles nur halb so gut.

Hast du nähere Informationen, Links dazu, wie Entwicklungszusammenarbeit heute funktioniert?

Meine Annahme ist auch, dass es ein gegenseitiger Lern- und Unterstützungsprozess sein könnte.

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Ich habe letztes Jahr ein Praktikum im BMZ gemacht, allerdings in der Verwaltung. Für die Entwicklungszusammenarbeit arbeitet das BMZ eng mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) zusammen. Außerdem werden verschiedene UN-Organisationen wie UNICEF, UNHCR und UN Women mit jährlichen Summen unterstützt. Daneben werden noch verschiedene Projekte mit kleineren Beträgen unterstützt. Die Höhe der jährlichen Summen hat sich im Haushaltsaufstellungsverfahren ständig geändert, die UN-Leute in Deutschland haben auf jeden Fall sehr gute Kontakte in den Bundestag. :wink:

Ich fände es gut, wenn es neben der Entwicklungshilfe mehr Investments gäbe, beispielsweise in afrikanische Start-Ups oder Unternehmensanteile. Dann bestünde auch die Möglichkeit Gewinn zu erzielen, den man dann in mehr Entwicklungshilfe stecken könnte. Die Länder sind ja auch sehr verschieden und man kann nicht in Somalia das selbe machen wie in Ruanda.

Erinnere mich an ein Gespräch mit einer Kollegin, die davor bei einer Hilfsorganisation in Marokko gearbeitet hat. Die war eher ernüchtert. Anfangs haben sie gut mit den staatlichen Behörden zusammengearbeitet, dann gab es einen Machtwechsel. Danach war die Zusammenarbeit schwieriger, aber immer noch möglich. Ihre Chefin hatte daran aber kein Interesse und hat lieber ihre eigenen Projekte verfolgt. Die kamen aber bei der einheimischen Bevölkerung aber auch nicht so gut an, weil sie sehr feministisch eingestellt war und die Frauen in Marokko ganz andere Dinge wichtig sind als europäische Feministinnen.

Die anderen Praktikant:innen und Trainees hatten so Sachen wie „Konflikt- und Friedensforschung“, Soziologie und Politikwissenschaften studiert. Ich hab nur einen Ingenieur kennengelernt, der als Trainee für die GIZ gearbeitet hat. Weiß nicht wie repräsentativ meine Beobachtungen sind, aber ich glaube es wäre gut, wenn nicht nur Geisteswissenschaftler:innen für die Hilfsorganisationen arbeiten.

So wie African Green Tec?

Wäre ja was für Banken. Scheinbar ist das Risiko zu hoch. Gebe dir recht, dass deshalb der Staat investieren sollte.

Wieso eigentlich nicht? Worin unterscheiden die sich?

Wenig verwunderlich. Hier kann man auch den Bogen nach Sachsen und der AfD spannen. Die Reflexe der Bevölkerung sind ähnlich.

Das Risiko ist hoch, die möglichen Renditen sind es aber auch. Mit einem Euro kannst du da ganz andere Dinge anstellen als bei uns. Es ist aber für die Industriestaaten besser, wenn die Entwicklungsländer Entwicklungsländer bleiben.

Bei Extra3 gab es ein extra-3-typisches Interview zum Thema Europas Sicht auf Afrika und Fehler in der Entwicklungshilfe.
Vielleicht wäre Veje Tatah auch eine gute Interviewpartnerin für die Lage?

Der von ihr gegründete Verein: https://www.africa-positive.de/

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‚Quality of aid‘ ist ein altes Thema, um das es rel. still geworden ist in den letzten Jahren. Und IMMER sollten wir uns fragen, wie man es besser machen kann. Über die Jahrzehnte hat sich die ‚Zusammenarbeit‘ verbessert, ja. Aber es gibt noch vieeeeeel Raum nach oben.

Das fände ich eine fantastische Idee! Bloss nicht schon wieder einen alten weißen Mann mit erhobenem Zeigefinger interviewen. Der extra 3 Sketch war großes Kino. Trotzdem - der Schwerpunkt sollte auf den möglichen Folgen von Haushaltskürzungen für '24 und auch für '25 liegen. Ein Drittel weniger für humanitäre Hilfe in unserer Zeit verschlägt einem den Atem.

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