Mario Draghi will EU_Marshallplan (750 bis 800 Milliarden Euro pro Jahr)

https://www.reuters.com/markets/europe/draghi-urges-reform-massive-investment-revive-lagging-eu-economy-2024-09-09/

Mario Draghi fordert 750 bis 800 Milliarden Euro Investitionen pro Jahr und findet drastische Worte zur Zukunft Europas ‚„Dies ist eine existenzielle Herausforderung“, warnte der Euro-Retter aus Italien. Europa drohe ohne einen radikalen Kurswechsel eine „langsame Agonie“‘ (taz).

Für mich klingt die Forderung nach europäischen Gemeinschaftsschulden des langjährigen EZB-Chefs, Ministerpräsidenten Italiens und „Retter des Euros“ überraschend progressiv und Lindners Absage an neue Schulden kam wenig überraschend im Handumdrehen. Er möchte stattdessen lieber die „Wachstumskräfte des privaten Sektors“ mobilisieren (DLF).

Meinem Verständnis nach muss bei gewünschtem Wirtschaftswachstum und einer Inflationsrate von 2% die Geldmenge durchgehend wachsen, sprich es muss neues Geld geschöpft werden. Daher klingt für mich Draghis Forderung durchaus sinnvoll. Nun gibt es meines Wissens nach nur zwei Arten Geld zu schöpfen:

  1. Durch Staaten mittels Staatsschulden.
  2. Durch private Banken mittels Kreditvergabe.

Ich bin kein Fan davon, von einem starken Staat regiert zu werden, allerdings regiert Geld die Welt, und da ist es mir doch ganz recht, wenn die Geldschöpfung nicht alleine den privaten Banken überlassen wird, sondern demokratisch gewählte Regierungen da auch noch ein Wort mit zu reden haben.

Wie ist eure Einschätzung zum Bericht Draghis? Immerhin ist er ein hohes Tier in der EU, allerdings scheinen seine Investitionspläne durch Deutschlands „Nein“ schon im Keim erstickt zu sein, oder schätze ich das falsch ein?
Würde mich sehr freuen, wenn der Bericht auch in der Lage eingeordnet werden könnte.

Bericht: The future of European competitiveness

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Ein erster Schritt wäre, die spezifischen staatlichen Subventionen der beiden Hauptwettbewerber China und USA mit denen der EU zu vergleichen.

Der Inflation Reduction Act war zweifelsohne eine echte ‚Bazooka‘. Was China anbelangt, fallen mir die hohen Subventionen für Transformationsindustrien ein, wegen der ja z. T. sehr hohe Zölle erhoben werden (sollen).

Wer da jetzt irgendwas von ‚schwäbischen Hausfrauen‘ oder ‚Der Markt regelt das!‘ faselt, hat die internationale Wettbewerbssituation nicht begriffen.

Woran ein wesentlicher Teil der Ökonomie krankt, ist der ideologische Dogmatismus.

Also ich bin ganz klar dafür, dass wir massive Schulden aufnehmen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie schon öfters gesagt müssen wir darauf achten, dass unserer Schuldenquote weder viel höher als ide vergleichbarer Länder liegt, noch viel niedriger. Wirtschaftliches Wachstum dafür zu opfern, eine tolle, niedrige Schuldenquote zu haben, bringt uns langfristig rein gar nichts und ist ein Spiel mit dem Feuer - wenn es mal eine globale Staatsschulden-Krise gibt, sind die Staaten die Doofen, die immer vorbildlich waren, denn eine solche Staatsschulden-Krise wird mit einem gigantischen Schuldenschnitt enden.

Dass Lindner da leider nicht mitspielt, war klar. Und das führt auch wieder zu noch mehr Ampel-Ablehnung. Wir haben eine mehrheitlich Rot-Grüne Regierung, der von der FDP ein komplett neoliberaler Stempel aufgedrückt wird, die gezwungen wird, eine CDU-Politik („schwarze Null“) zu betreiben.

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Oder, nur um mal was komplett radikales reinzuwerfen, wir könnten die extrem hohen Privatvermögen in Europa höher besteuern und so das schon vorhandene Geld durch Investitionen umverteilen.

Ansonsten ist sowohl eine höhere Staatsverschuldung, als auch eine höhere Kreditvergabe im Wesentlichen ein Konjunkturprogramm für Reiche (was nicht heißt, dass ich gegen höhere staatliche Investitionen bin).

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Du meinst, ganz egal, an welcher Stelle man neues Geld ins System bringt, letztlich landet es immer bei den Reichsten? Dann sollten hier wirklich Steuern (ihrem Namen gerecht), dieser Ungerechtigkeit entgegensteuern.

Läge es da nicht auch nahe, die hohen Privatvermögen zumindest für die Zinsen auf die Staatsschulden aufkommen zu lassen?

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[1/2] Ich habe mir mal den Spaß erlaubt, GPT-4o zu fragen:

Was würde es für eine demokratische Volkswirtschaft bedeuten, wenn die Staatsschulden auf Null wären und die gesamte Geldmenge M3 durch Kreditvergabe privater Banken geschöpft worden sei?

Wenn die Staatsschulden auf Null wären und die gesamte Geldmenge M3 ausschließlich durch die Kreditvergabe privater Banken geschöpft worden wäre, hätte dies mehrere potenzielle Auswirkungen auf eine demokratische Volkswirtschaft:

  1. Finanzielle Stabilität: Eine Nullverschuldung des Staates könnte als Zeichen für finanzielle Disziplin und Stabilität angesehen werden. Es könnte das Vertrauen in die Staatsfinanzen stärken und die Kreditwürdigkeit des Landes erhöhen.
  2. Abhängigkeit von privaten Banken: Wenn die gesamte Geldmenge durch private Banken geschöpft wird, könnte dies zu einer hohen Abhängigkeit von diesen Banken führen. Die Geldversorgung wäre dann stark von den Entscheidungen und der Stabilität des Bankensektors abhängig. In Krisenzeiten könnte dies problematisch sein, wenn Banken ihre Kreditvergabe einschränken.
  3. Wirtschaftliche Ungleichheit: Private Banken könnten dazu neigen, Kredite an wohlhabendere Kunden oder Unternehmen zu vergeben, was zu einer Ungleichheit in der Verteilung von Ressourcen führen könnte. Dies könnte die wirtschaftliche Ungleichheit in der Gesellschaft verstärken.
  4. Geldpolitik: Die Zentralbank hätte möglicherweise weniger Einfluss auf die Geldmenge und die Zinssätze, wenn die gesamte Geldmenge durch private Banken geschöpft wird. Dies könnte die Fähigkeit der Zentralbank einschränken, wirtschaftliche Stabilität zu fördern und auf wirtschaftliche Schocks zu reagieren.
  5. Inflation und Deflation: Eine starke Abhängigkeit von privater Kreditvergabe könnte zu Inflation führen, wenn Banken zu viel Geld schöpfen. Umgekehrt könnte eine restriktive Kreditvergabe in wirtschaftlichen Abschwüngen zu Deflation führen.
  6. Öffentliche Investitionen: Mit null Staatsschulden könnte der Staat weniger in Infrastruktur, Bildung und soziale Programme investieren, wenn er sich nicht auf Kredite stützen kann. Dies könnte langfristige Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und das Wohlergehen der Bürger haben.

Insgesamt könnte eine solche Situation sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen, und die genauen Auswirkungen würden von vielen Faktoren abhängen, einschließlich der Regulierung des Bankensektors, der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der politischen Entscheidungen.

[2/2]

Was würde es für eine demokratische Volkswirtschaft bedeuten, wenn private Banken kein neues Geld schöpfen könnten und nur die gesamte Geldmenge M3 durch Staatsschulden geschöpft worden sei?

Wenn in einer demokratischen Volkswirtschaft private Banken kein neues Geld schöpfen könnten und die gesamte Geldmenge M3 ausschließlich durch Staatsschulden geschöpft worden wäre, hätte dies mehrere bedeutende Auswirkungen:

  1. Staatliche Kontrolle über die Geldmenge: In einem solchen Szenario würde der Staat die volle Kontrolle über die Geldschöpfung haben. Dies könnte zu einer stabileren Geldpolitik führen, da der Staat gezielt die Geldmenge steuern könnte, um wirtschaftliche Ziele zu erreichen, wie z.B. Preisstabilität und Vollbeschäftigung.
  2. Finanzierung öffentlicher Ausgaben: Wenn die Geldmenge durch Staatsschulden geschöpft wird, könnte der Staat seine Ausgaben durch die Aufnahme von Schulden finanzieren. Dies könnte es dem Staat ermöglichen, in Infrastruktur, Bildung und soziale Programme zu investieren, was potenziell das Wirtschaftswachstum fördern könnte.
  3. Risiko von Inflation: Eine übermäßige Abhängigkeit von Staatsschulden zur Geldschöpfung könnte zu Inflation führen, insbesondere wenn die Schulden nicht nachhaltig sind oder wenn der Staat nicht in der Lage ist, die Schulden zurückzuzahlen. Dies könnte das Vertrauen in die Währung untergraben.
  4. Einschränkung der Kreditvergabe: Wenn private Banken kein neues Geld schöpfen können, könnte dies die Verfügbarkeit von Krediten für Unternehmen und Verbraucher einschränken. Dies könnte das Wirtschaftswachstum bremsen, da Unternehmen möglicherweise nicht die notwendigen Mittel für Investitionen erhalten.
  5. Politische Einflussnahme: Eine starke Abhängigkeit von Staatsschulden könnte auch zu einer politischen Einflussnahme führen, da die Regierung möglicherweise gezwungen ist, Entscheidungen zu treffen, die darauf abzielen, die Schulden zu kontrollieren oder zu reduzieren. Dies könnte die Unabhängigkeit der Geldpolitik beeinträchtigen.
  6. Demokratische Teilhabe: Wenn der Staat die Kontrolle über die Geldschöpfung hat, könnte dies auch die Möglichkeit der Bürger beeinflussen, an wirtschaftlichen Entscheidungen teilzuhaben. Eine transparente und verantwortungsvolle Verwaltung der Staatsschulden wäre entscheidend, um das Vertrauen der Bürger in die Regierung zu erhalten.
  7. Langfristige Nachhaltigkeit: Die langfristige Abhängigkeit von Staatsschulden zur Geldschöpfung könnte Fragen zur Nachhaltigkeit aufwerfen. Wenn die Schulden nicht in einem gesunden Verhältnis zum Wirtschaftswachstum stehen, könnte dies zu einer Schuldenkrise führen.

Insgesamt könnte ein solches Szenario sowohl Chancen als auch Herausforderungen für eine demokratische Volkswirtschaft mit sich bringen. Die Auswirkungen würden stark von der Fähigkeit des Staates abhängen, verantwortungsvolle Finanz- und Geldpolitik zu betreiben und gleichzeitig das Vertrauen der Bürger zu wahren.

Ich empfehle die Lektüre von Picketty und Stevenson, die meiner Ansicht nach beide diesen Effekt sehr überzeugend nachweisen.

Und natürlich gibt es die Empirie der letzten Jahr(zehnt)e: Bericht zur sozialen Ungleichheit 2024: Inequality Inc.

Tatsächlich muss man „den Reichen“ keine Bosheit unterstellen, manche Menschen haben einfach das Glück, zu den Gewinnern zu gehören. Aber man muss wirtschaftlichen Erfolg auch nicht fetischisieren und so tun, als ob jeder Milliardär ein Geschenk Gottes an den Rest der Menschheit sei, den man durch sowas proletarisches wie Steuern nicht belästigen sollte. Einfach ordentliche Vermögenssteuern einführen, die eine zu extreme Akkumulation von Kapital verhindern und gut ist.

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