Lehrermangel: Ausbildungsreform?

Das Problem ist doch, dass die Uni niemanden darauf vorbereitet, sondern nur Theoretiker produziert. Da ist es meiner Meinung nach egal, ob der Lehrer 22 oder 30 oder 35 ist. Am Ende muss man es lernen und das geht nur und wirklich nur über Praxis. Azubis müssen teilweise mit 15/16 direkten Kundenkontakt haben, auch längeren. Die Lösung wären Mentoren, also erfahrene Lehrer die es können.

Das sehe ich auch nur eingeschränkt so. Ein wichtiger Bestandteil einer Ausbildung (egal ob schulisch, dual oder universitär) besteht darin die Grundlagen eines Berufs zu vermitteln und die Mechanismen dahinter zu verstehen. Ein Koch muss z.B. auch Theorie lernen, weil es zwar fürs kochen selbst nicht zwangsweise nötig wäre, aber spätestens beim falsch gelagerten Produkt der Spaß aufhört.

Während aber in manchen Berufen der Theoretische Hintergrund nur klein, das Praktische Können aber groß im Umfang ist, gibt es auch Berufe wo ein fundiertes theoretisches Hintergrundwissen essentiell ist. Und wo das bei Ärzten z.B. ziemlich klar ist (auch wenn es Menschen gibt, die selbst da fordern es zum Ausbildungsberuf zu machen, meist aber nur solche aus der „alternativen“ Ecke) ist es vielleicht bei Lehrern auf den ersten Blick weniger klar.

Aber wie soll denn eine fundierte Unterrichtsvorbereitung erfolgen, wenn man die Theoretischen Hintergründe dessen was man da tut gar nicht gelernt hat, geschweige denn sie versteht? Vielleicht können Sie mir das ja mal skizzieren um Ihre Vorstellung besser verstehen zu können.

Ich sagte nie die Uni ist raus, sondern sollte weniger sein. Ehr ein duales Studium mit 3 Monaten Blockseminaren und 3 Monaten Praxis. Derzeit ist es viel zu viel Theorie von im schlimmsten Fall Dozenten, die eine Schule zuletzt vor Jahren gesehen haben. Da fehlt völlig der praktische Teil.

PS: Siezen gilt im Internet als unhöflich. Kein Vorwurf, nur gut gemeinter Rat an dich.

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Wobei ich das ganz anders aufziehen würde, da 3 Monatsblöcke für den Schulalltag eher Gift sind, diese Kräfte wären ja immer nur kurz da und könnten keinen Bezug zu Kollegen und Schülern aufbauen und damit ginge schon viel verloren.

Ich würde da eher ein System sehen in dem das erste Jahr allgemein theoretische Grundlagen schafft, im zweiten Jahr ein praktischer Einsatz (ggf. mit einzelnen Tagen oder kurzen Blöcken Uni) als Förderlehrer erfolgt und nach nochmaligen 4 Semestern Theorie eine zweijährige Praxisphase erfolgt.

Anders als bisher im Referendariat sollte die Bewertung aber langfristig erfolgen und nicht so sehr aufgrund von einer Lehrprobe. Die ist einfach Quatsch. Schon als Schüler habe ich da hinten und vorne nicht verstanden wie gute Lehrer mit einer soliden Stunde schlecht bewertet wurden und schlechte Lehrer nach einer Stunde in der sie eine Show abgezogen haben mit guter Note rausgingen. Bewertet von irgendwelchen Schulräten die keine Ahnung vom Schulalltag mehr haben.

Das wäre mein Vorschlag für Grund- und Mittelschule. Anders als bisher sollten im Theorieteil aber alle Fächer geschult werden. Dass Lehrer an Mittelschulen unterrichten, die selbst kaum Englisch sprechen oder schon mit Prozentrechnen Probleme haben, dann aber weil es sich nicht anders ausgeht genau diese Fächer geben halte ich für ein Unding. Dann lieber dafür nur ein Fach vertieft.

An Realschulen und Gymnasien halte ich aber weiterhin ein Studium in dem die Fächer deutlich über den Wissensstand der Schule hinaus studiert werden für essentiell. Denn Fragen von Schülern werden immer über den Lehrplan hinausgehen und auch das sollte den Lehrer nicht vor Probleme stellen.

Hoffentlich keine dummen naiven Ideen von meiner Seite:

Ich kann mir gut vorstellen, dass landesweit die Lehrinhalte auf Lehrvideos gezeigt werden. Wenn ein Thema X von zig Seiten beleuchtet, immer ein wenig anders vermittelt wird, dann sollte für jeden SuS die richtige Lehrmethode dabei sein.

Der Lehrer vor Ort hat dann die Aufgabe, herauszufinden, welchen Blickwinkel seine Schüler auf die jeweiligen Sachen haben und entsprechende Videos rauszusuchen.

Vielleicht ist es doch eher was für weiterführende Schule. Aber trotzdem glaube ich, dass so oder so ähnlich großes Potential da wäre, für personelle Entlastung und Förderung der Einzelförderung zu sorgen.

Und das würde sich natürlich auch auf die Ausbildung auswirken, wenn tatsächlich Zeit da sein sollte, sich individuell zu kümmern, muss bei der Individualzeit halt auch das richtige bei rum kommen.

Und genau dafür braucht es ja wieder ein fundiertes Wissen über Hintergründe, sonst endet es in einem bloßen Trial and Error. Und mit Pech braucht es viel „Error“ bis der Lehrer für eine Klasse den passenden Weg gefunden hat.
Ich bekomme das bei meiner Frau mit, die Mittelschullehrerin ist und quasi kein Jahr die gleichen Stunden wiederholt, weil immer wieder andere Stärken und Schwächen der Klassen berücksichtigt werden müssen. Gerade an Grund- und Mittelschulen ist das sehr ausgeprägt.
An Gymnasien dagegen täte mehr Selbststudium vielen wohl sogar ganz gut als Vorbereitung an die Uni, zumindest ab Mittelstufe.

Ich halte da eher die Mischung aus Lehrern mit einem weiterhin großen theoretischen Background und Förderlehrern mit einer eher praktischen Ausbildung, die an der Seite Lehrer dafür sorgen, dass Schüler individueller gefördert werden können, unabhängig davon ob es um schwache oder starke Schüler geht für einen praktikableren Weg.

Da muss trotzdem massiv mehr Praxis rein und vor allem dürfen diese Schulformen nicht besser gestellt sein als die anderen. Gleiches Gehalt und gleiches Prestige. Sonst kriegen wir weiterhin keine Männer in die Grundschule. Und es ist sehr wichtig da paritätisch beide Geschlechter vertreten zu haben.

Nur mal zum Verständnis. Wie soll der praktische Teil denn Aussehen? So wie im Handwerk, dass man anfangs zusieht, irgendwann Kleinigkeiten selbst macht, dann unter den Augen vom Meister selbst arbeitet, dann nur noch neben dem Gesellen und am Schluss dann weitestgehend selbstständig?

Oder Einsatz neben dem regulären Unterricht in Arbeitsgruppen und Projekten oder ganz einfach ins kalte Wasser geworfen ganze Klassen unterrichten?

Dass alle Schulen den gleichen Stellenwert haben sollten ist für mich eh klar. Am besten sollte eine Trennung frühestens nach der siebten Klasse stattfinden. Ich fände Trennung nach der achten Klasse und dann passend zum angestrebten Abschluss separate Wege. Und auch Mittelschule bis 10. Klasse, mit Option anschließend noch mittlere Reife dranzuhängen.

Wieso nicht eine Mischung aus allem. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten wie man Dinge anlernt, ganz abhängig von der Komplexität und dem Individuum. Das ist die große Stärke unseres Ausbildungssystems und sollte auch in Teilen genau dort Anwendung finden. Die Entscheidung wann was passiert muss dann der Ausbilder oder eben betreuende Lehrer treffen. Bitte erkläre mir wieso das für Lehramt so ein unlösbares Problem darstellen sollte?

Die zeitliche Komponente bezüglich der geistigen Reife hatte ich tatsächlich noch gar nicht bedacht und halte ich für ein sehr gutes Argument.
Wenn ich mir alleine vorstelle, wie reif Freunde in meinem Umkreis mit 22 waren und wie viel reifer und differenzierter sie jetzt auf die Welt mit 32 gucken, ist es wirklich sehr schwierig eine so wichtige Position einem 22 jährigen zu geben, der sich selbst noch nicht gefunden hat und nicht cool mit sich ist…
aber klar, wie will man das feststellen. Liefe ja neben den Prüfungen eines Studiums oder einer Ausbildung ja auf eine zusätzliche Eignungsprüfung hinaus.

Unser Ausbildungssystem betrifft aber eben praktische Berufe bei denen man durch reproduzieren der gelernten Tätigkeiten gleichartige Dinge ebenso machen kann.

Mit deiner Argumentation müsste man eigentlich auch den Meisterzwang abschaffen, weil dies ja eine reine theoretische Zusatzqualifikation ist. Aber es ist eben nicht umsonst so, dass in vielen Bereichen der Geselle zwar praktisch umsetzen darf, es aber andere gibt die über die theoretische Qualifikation verfügen vorher auszuarbeiten was gemacht wird, seien es Meister, Techniker, Ingenieure oder was auch immer.

Wie schon angesprochen kommen wir ja auch nicht auf die Idee Leute in einer vorwiegend praktischen Ausbildung zum Arzt auszubilden, sondern haben den praktischen Teil hinter den theoretischen Teil des Studiums gestellt.

Und es gibt einen riesigen Unterschied zwischen Lehrern und quasi allen anderen Berufen. Jeder angehende Lehrer hat bereits sehr viel Zeit damit verbracht Lehrern bei der Arbeit zuzusehen. Man hatte sogar direkt die Möglichkeit unterschiedliche Arten zu Unterrichten auf Vor- und Nachteile zu testen.

Deshalb bin ich auch dafür, früher mehr Praxis in eine Art duales Studium bzw. Studium mit dualen Komponenten reinzunehmen, ich sehe aber keinen Mehrwert darin sich an einer praktischen Ausbildung wie man sie Aus dem Handwerk kennt zu orientieren.

Jo, da wird es dann halt richtig interessant. Das was die Uni Passau da macht finde ich ist da ein gutes Beispiel. Verlinkung haue ich unten nochmal rein…

Ich bin sehr gegen weitere Hürden und Verbote… Wir finden eh schon zu wenige Leute. Das finde ich auch sehr attraktiv an der Lösung in Passau. Hier wird ein gesamtes Assessment-Center mit den potenziellen Studis gemacht. Das hätte ich gerne verpflichtend aber das Ergebnis sollte meiner Meinung nach NICHT bindend sein! Eine Aussage über Stärken und Verhaltensweisen, die verändert werden müssten finde ich genug. Dazu noch eine Einschätzung, wie Herausfordernd das für die Studierenden werden würde. Anschließend würde ich jeder Person die Freiheit geben sich selbst zu entscheiden.

Ich würde ungern jemanden verlieren, der für das Lehramt brennt aber nicht unbedingt in die „wissenschaftliche Lehrerrolle“ reinpasst. Ich glaube jeder von uns hier in der Diskussion kennt eine völlig verrückte Lehrperson, die immer alles verpeilt hat, von den Kolleg*innen belächelt wurde aber so unendlich begeistert von ihrem Fach waren, dass sie uns mehr beigebracht haben als viele andere Kolleg:innen.

Ich denke irgendwie insbesondere an Leiter von Theater-AGs, Big Bands, Chören, Video AGs und Ski Ausfahrten. Ist aber nicht despektierlich gemeint an Kolleg:innen, die solch eine AU leiten oder organisieren.

Lehramt an der Uni Passau: Was ein Lehrer können muss - Bayern - SZ.de (sueddeutsche.de)

PArcours - ein eignungsdiagnostisches Verfahren für Lehramtsstudierende der Universität Passau (pedocs.de)

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