Da ich als deutscher Staatsbürger nun seit über 2 Jahren ohne Erfolg versuche meine (inzwischen) Frau aus Ghana zu heiraten und mit einem Ehegattennachzugsvisum zusammenzuziehen möchte ich einige Fragen aufwerfen, denen aus meiner Sicht zu wenig Beachtung geschenkt wird.
Meine Frau ist Ärztin, also eine dringend benötigte Fachkraft für die das beschleunigte Fachkräfteverfahren aus diversen Gründen keine Option ist.
-Warum wird die Schwierigkeit legaler Migration nicht öffentlich thematisiert. Wenn, dann beruft sich immer auf Verfahren, die nachweislich nicht funktionieren oder nicht praktikabel sind.
-Warum spricht man von Personalmangel bzw. Budgetproblemen des Auswärtigen Amts, wenn man es ganz offensichtlich (s. Schleuseraktivitäten) mit Menschen zu tun hat, die bereit sind sogar für den „illegalen“ und sehr gefährlichen Weg viel Geld in die Hand zu nehmen. Für einen Termin der statt 2,5 Jahren nur wenige Monate dauert, zahle ich doch gerne Geld!
-Warum können Botschaften so intransparent arbeiten, was Terminvergabe und Wartezeiten angeht.
-Warum dürfen Botschaften was Terminvergaben angeht konstant ihr Wort brechen?
Auf eine Familienzusammenführung muss man in Beirut zur Zeit 40 Monate warten. In Ghana 9 Monate. Antwortet man auf den Terminvorschlag nicht innerhalb von 7 Tagen fängt die Wartezeit von vorne an. Warum wird so etwas von der Gesellschaft und der Politik toleriert?
Danke dass du dein Schicksal hier teilst, um mal einen Einblick zu geben!
Weil auch legale Migration nicht gewünscht ist und der Verweis darauf oft nur dazu dient, andere Migration als „illegal“ oder im jetztigen Sprachgebrauch als illegetim zu verurteilen. Dann kann man jetzt nämlich sagen, „wir bieten ja Möglichkeiten zur legalen Migration“ - aber die gibt es eben oft nur auf dem Papier. Ich hab letzte Woche auf dem dritten Programm eine Dokumentation über ein „Anwerbezentrum“ in einem afrikanischen Staat gesehen, welches legale Migration ermöglichen sollte und als Alternative zur irregulären Migration dienen sollte. Das war aber eher ein Abschreckungszentrum, weil die Hürden die den Menschen dort präsentiert wurden einfach gigantisch waren: Fließende Deutschkenntnisse und ein in Deutschland anerkannter Abschluss waren 2 von 6 Kritierien. Man kann sich ja denken, wie viele Menschen in Nigeria allein bei diesen beiden Kriterien noch den Arm heben können. Mich beschlich der Verdacht, dass der Fußweg von dort nach Bayern kürzer und erfolgsversprechender wäre.
Also das mit der legalen Migration ist derzeit ne Scheinalternative, die in den allerwenigsten Fällen zur Anwendung kommt.
Die unschöne Antwort ist: Weil niemand aus der Gesellschaft sich je selbst so einem Verfahren stellen muss. Dass du das jetzt als Partner erlebst ist ja ein Einblick den der Rest der Gesellschaft halt nicht hat. Die Politik folgt gerade dem Agendasetting der AfD und es wird selbst von den Grünen mehr von Abschiebung als von Integration geredet.
Allgemein hat man ja bei der öffentlichen Verwaltung oft eher das Gefühl, eine Belastung oder bestenfalls ein nerviger Bittsteller zu sein, aber jedenfalls nicht den Eindruck, als würden die dort Arbeitenden ihre Rolle so verstehen, dass sie Menschen möglichst effektiv unterstützen bei dem was sie wollen und worauf sie oft genug ein Recht haben. Ich bin jedenfalls schon immer froh, wenn ich innerhalb von 3 Monaten einen Termin beim Amt bekomme, ich dann weniger als 30 Minuten warten muss und wenn dann auch noch alles klappt, ohne dass ich angeraunzt oder wegen irgendwas einfach wieder weggeschickt werde. Das kennen vermutlich alle.
Und das wird natürlich richtig existenziell, wenn die berufliche Existenz oder das Recht, sich überhaupt im Land aufhalten zu dürfen, von solchen Vorgängen abhängt. Da kann ich ehrlich gesagt jeden verstehen, der sagt „Deutschland - nein danke!“
Ich würde das Thema gern aufgreifen, auch in Anlehnung an die aktuelle Lage LdN413.
Die Hosts kritisieren oft, richtigerweise, dass Migration in Politik und Medien verstärkt als Problem geframet und diskutiert wird.
In der aktuellen Lage sind viele praktische und rechtliche Inhalte zum Thema ob, wie und im Kontext welchen Aufenthaltsstatus man Menschen nach Syrien abschieben könnte.
Für mich folgt da die Schlussfolgerung (erst jetzt, weil ich das Privileg habe, dass ich mich nie mit Migrationsrecht beschäftigen musste:
Migration muss in neue Rechte umfasst werden, um Menschen, die nach Deutschland migrieren wollen, tatsächlich aufzunehmen und Willkommenskultur zu bieten. Damit meine ich nicht nur Rituale im täglichen Leben, wie dass man Menschen mit Freude statt Rassismus begegnet, sondern ganz konkret auch Änderung im rechtlichen und bürokratischen System.
Statt zu versuchen, Menschen den Aufenthaltsstatus mit geringsmöglichen Rechten zuzuschustern, könnte man z.B. einen neuen Aufenthaltsstatus schaffen, der alle Menschen umfasst, die nach Deutschland migrieren möchten, und ihnen wesentlich bessere Rechte zuschreibt. Damit wäre das System nicht grundsätzlich abgeschafft, was Raum für Übergangsorganisation schafft. Aber es wäre von vorneherein möglich, allen Menschen mit Migrationshintergrun oder Migrationsabsicht wesentlich bessere Rechte zuzuschreiben. Die Ausländerbehörden könnten reformiert und besser besetzt werden, Integration könnte als gemeinsame Aufgabe statt als Aufgabe „von Oben herab“ angegangen werden.
Die Fragen, die ich also in den Themenvorschlag, zusammen mit meiner Idee, aufnehmen will, sind:
Was muss die Politik tun, um das Migrationsrecht grundlegend zu verbessern?
Wie können alle Menschen, die in Deutschland leben oder leben wollen, angemessene Rechte erhalten?
Welche Schritte können dafür angestrebt und umgesetzt werden?
Und: Wie können wir schon jetzt, ohne Reform, die Situation von Menschen mit Migrationshingergrund/-absicht verbessern?
Das klingt nach organisatorischer Überforderung der Behörden. Das Internet und ein konsultierter Anwalt haben mir damals geholfen das sehr unproblematisch zu klären. Woran scheitert es denn genau?
Meine damalige Frau habe ich sehr einfach nach Deutschland holen können. Ein Termin in der deutschen Botschaft im Ausland ausgemacht um einfaches Visum zu beantragen - zur Arbeitssuche glaube ich damals (e-Mails, Anrufe, persönlich hingehen um alles zu beschleunigen), dann Einreise, dann Anerkennung der Ehe über Stadt / Standesamt. Wobei letzteres am kompliziertesten war, weil die Eheschließung im Ausland erfolgte (beglaubigte Übersetzungen von “Ehezeugnis”, Geburtsregister etc).
Seitenstrang Willkür bei Vertretungen auch für begrenzte Aufenthalte:
Die Hochschulen beklagen, dass Studierende aus dem Ausland z.T. enorme und nicht kalkulierbare Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, obwohl es tatsächlich nur um einen zeitlich begrenzten Aufenthalt in Deutschland geht. Dies ist sowohl für die Studierenden als auch für die Hochschulen, die diese konkreten Studierenden für ein bestimmtes Semester über ein N.c.- oder Eignungsfeststellungsverfahren zugelassen haben, ärgerlich. Besonders viel Willkür scheint diesbezüglich in der Botschaft in Teheran zu herrschen.
Quelle: Fachbereiche und Zentralverwaltung der Uni Marburg.