LdN395 Wahlen in Thüringen und Sachsen

Vielen Dank für das Teilen Ihrer Gedanken. Aus meiner Sicht wird jedoch bei der Auswertung der Wahlergebnisse zu machtpolitisch, zu strategisch gedacht. Ich persönlich (als Thüringer) mache mir beim Setzen des Kreuzes in der Wahlkabine keine Gedanken darüber, wer mit wem koalieren könnte oder möchte. Ich wähle die Partei, die in den verschiedenen inhaltlichen Punkten des Wahlprogrammes am meisten mit meiner Sicht der Dinge übereinstimmt. Und ca. 2/3 der Menschen in Thüringen haben sich für rechte, konservative Politik entschieden.

Am Rande: Wenn dann öffentlich über linke Minderheitsregierungen nachgedacht wird, ist das aus meiner Perspektive eine Missachtung des Votums und eine Verhöhnung des Wählers.

Des weiteren habe ich bereits öfter zur Kenntnis genommen, dass gerade bei der Auswertung von unliebsamen Wahlergebnissen von einem „Gespür“ der Wähler gesprochen wird - als würden die kognitiven Fähigkeiten bestimmter Wählergruppen nicht über die instinktive Einordnung der Geschehnisse hinausreichen - das empfände ich als Beleidigung.

Meistens werden solche Diskussionen mit dem Zusatz geführt, dass AFD-Wähler nicht rechts genannt werden dürften und das ja nur aus Protest getan hätten.
Angenommen, jeder macht sein Kreuz so reflektiert wie du darf man natürlich den Wähler einer Partei, deren Spitzenkandidat gerichtsfest rechtsextrem ist, dann auch rechts nennen und davon ausgehen, dass die meisten AFD-Wähler auch das unterstützen, was die AFD im Wahlprogramm hat.
Als Unternehmer in Thüringen würde ich mir dann ernsthaft Sorgen machen.

Richtig, man muss die Wähler, die die gesichert rechtsextremistische Bestrebung AfD gewählt haben, in ihrem Willen, genau dies zu tun, ernst nehmen.

Die Einstellung ist klar erkennbar.

Die Studie ergab […] eine hohe Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen in den ostdeutschen Bundesländern. Chauvinistische und ausländerfeindliche Aussagen würden nur von einer Minderheit der Befragten abgelehnt, betonten die Projektleiter. […] Ausgeprägt sei die Zustimmung in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Hier ist damit das Potential für extrem-rechte und neonazistische Parteien, Wähler zu finden, besonders hoch. Jeder zweite wünscht sich eine ‘starke Partei‘, die die ‚Volksgemeinschaft‘ insgesamt verkörpert. Statt pluralistischer Interessensvielfalt wird eine völkische Gemeinschaft gewünscht“, erläuterte Brähler.

In Ergänzung ein passender Kommentar von einem Ostdeutschen:

Wenn die Hälfte der Wählerinnen und Wähler Hass- und Hetzparteien wählt, dann schäme ich mich inzwischen für meine Artgenossen. […]

Wähler für die Folgen ihres Wahlverhaltens verantwortlich zu machen, ist keine Wählerbeschimpfung. […]

„Wir wissen zwar nicht, was wir wollen, aber das mit ganzer Kraft!“, parodierten wir einst die Losungen zum 1. Mai. Abstinenz, Negativismus Naivität bis heute: Wenn ich AfD wähle, verschwindet der Klimawandel. Wähle ich BSW, lädt Väterchen Wladimir den Kollegen Wolodimir bald zum Prasdnik mit Wodka in den Kreml ein. […]

Wie lautete doch der Buchtitel von Dirk Neubauer, der von den Rechten, also vom ignoranten Volk fertiggemacht wurde und als Landrat von Mittelsachsen nach zwei Jahren entnervt zurücktrat? „Das Problem sind wir!“