Moin Moin,
zuerst mal möchte ich sagen, dass ich das Format wirklich sehr gern höre. Der Trend des Slow Journalism und dafür mehr Tiefe, Hintergrund und eben keine 30 Sekunden um ein Thema zu erklären helfen auch im Verständnis zur politischen Lage in Deutschland.
Da ich selber in einer Behörde arbeite möchte ich euch nur folgendes Feedback zu eurem Kommentar in der LDN 388 geben, wo ihr darüber gesprochen habt „wenn Stark-Watzinger ihren Laden nicht im Griff hat, ist sie dafür verantwortlich“ - ich weiß so funktionieren Behörden - aber so sollten sie nicht funktionieren:
Genau dieses Denken, dass der Chef / Die Chefin alles wissen muss, macht die Behörden in Deutschland so langsam - die Hierarchieebenen sind endlos. So funktioniert keine Firma auf dem Markt. Mitarbeiter haben ein Kompetenzspektrum und agieren in diesem sehr frei (Ich war nicht immer in einer Behörde). Die Folge ist die Entwicklung eines eigenen Verantwortungsgefühls und, wenn verstanden, der bessere, schnellere und zufriedenere Workflow, vor allem, mit Externen.
Nun kostet diese Hierarchieebene in Behörden nicht nur sinnlos viel Zeit, sondern befreit jeden darrunterliegenden Mitarbeitenden von allen Verantwortungen. Und genau so arbeiten die Behörden in unserem Land „Wer schreibt der bleibt“
Was ich damit sagen möchte, wenn Stark-Watzinger wirklich nichts von der Einschränkung bzw. Kürzung der Gelder wusste, (wie aktuell angegeben) dann hat das für mich nichts mit ihrem Laden zu tun, sondern mit dem Fehlverständnis der Kompetenzen der Staatssekretärin und dann muss diese die Verantwortung tragen und gehen.
Du machst hier eine, wie ich finde, sehr interessante Diskussion anhand dieses Beispiels auf. Ich habe noch in keiner Behörde gearbeitet und könnte es vom Naturell her nicht, aber so wie ich stattliche Behörden und behördenähnliche Systeme sehe, ist die Verantwortungsdelegation ja genau das Wesen des Systems.
Beamte oder Angestellte in diesem System haben keine eigene Agenda oder Verantwortung, sondern führen Vorschriften und Regeln aus und setzen diese nach dem exakten Buchstaben der Verordnung oder des Gesetzes um. Der einzelne hat in diesem Sinne keine „Verantwortung“ für Entscheidungen, solange er sich 1:1 an die Vorgaben hält und bei Rückfragen nach „oben“ delegiert.
Daher kumuliert die Verantwortung dann an die Spitze, denn irgendwo muss sie dann ja doch bleiben. Meistens also bei der Staatssekretärin und da diese ja nur von der Ministerin delegiert die Verantwortung ausübt, letztlich bei der Ministerin.
Da du in einer Behörde derzeit arbeitest, wie siehst du denn persönlich diesen Zwiespalt Verantwortlichkeitsgefühl und Delegieren von Verantwortung? Wie erlebst du das, da du ja offensichtlich auch mal anderes erlebt hast? Das würde mich sehr interessieren.
Letztendlich gibt es Themen oder Entscheidungen, die man nicht treffen kann und nicht sollte (allgemein Gesprochen) deshalb gibt es einen CEO, CFO, upper management oder halt beim Staat den höheren Dienst als „upper management“.
Jedoch werden tagtäglich Entscheidungen getroffen, die nicht delegiert werden sollten, da ich meinen MA zutrauen muss, dass sie im Sinne meiner „Firma“ der Behörde arbeiten.
Eine „Kumulation der Verantwortung an der Spitze“ ist bzw. wahr wie ich finde noch nicht zeitgemäß und sorgt ähnlich wie beim Fußball dafür, dass Personen mit viel Können aus politischen gründen „entfernt“ werden, weil sie Entscheidungen treffen müssen, ohne wirklich eine Ahnung davon zu haben.
Zudem sind in den meisten Behörden nicht die Chefs das Problem, sondern das upper management, dass sich jahrelang in dieser Position festsetzt und auch nichts ändern will, weil das System gut für sie ist, dabei wird, besonders bei deutschen Behörden, vergessen, welchen Auftrag sie haben.
Ein Lehrender, den ich mal hatte, hat gesagt „Wenn ein Planet so groß wird, dass er sich nur noch um sich selber dreht, interessiert ihn das außerhalb nicht mehr“ Im großen und ganzen ist das unser Verwaltungsapparat in Deutschland. Es geht nicht darum den Menschen zu helfen, sondern zu schreibend und zu delegieren. Krankenhäuser machen das im übrigen teilweise ähnlich „Service is gut, wenn er gut dokumentiert wurde“
Dem steht allerdings entgegen, dass Kollegen der Presse sagten, dass Sabine Döring in der Vergangenheit nur auf Weisung von oben tätig wurde und keinerlei Eigeninitiative zeigte (was man ja so von einem Beamten auch erwarten darf).
Das strukturelle von dir angesprochene Problem gibt es aber natürlich, was dann auch dazu führen kann, dass die Weisungen nicht so ausgeführt werden, wie gewollt.
Gerade Wissing hat da zum Beispiel das Problem, dass sich nach 12 Jahren CSU einiges festgefahren hat, was sich nur schwer in einer Legislatur aufbrechen lässt.
Würde nicht sagen, dass es entgegen steht. Wenn Stark-Watzinger involviert war bzw Weisungen gegeben hat sollte die gehen. Ähnlich wie in der Justiz, muss es halt Beweise geben. Wenn Sie sich festlügen sollte und es kommt raus, dass sie doch alles wusste, um so schlimmer.