LdN379 - Flexible Strompreise, Preisregionen

Hallo,

hier mal ein kurzer Breicht zum SmartMetering, flexiblen Energiepreisen und Nach- und Vorteile an der „bleeding Edge“ dabei zu sein, denn da tut es weh vorwärts zu kommen:

Ich bin Elektrotechniker und somit entsprechend Interessiert, interessiert an einem flexiblen Energiepreis. Da in meinem Wohnhaus die Elektroanlage aus den späten 60er Jahren sind, komme ich leider nicht gut an meinen Zähler, die Infrarotschnittstelle des elektronischen Zählers (moderne Messeinrichtung, nicht smartMeter a.k.a. intelligente Messeinrichtung) ist für mich hinter Blech, der Tibber Puls Schnittstellenadapter also nicht verbaubar. Daher ging ich den Weg ein SmartMeter zu beantragen. Das Onlineformular bei meinem Messstellenbetreiber akzepierte jedoch meine Zählernummer nicht, denn es akzeptierte nur Zahlen. Die Zählernummer eines, bei mir schon verbauten, modernen Messeinrichtung ist jedoch alphanumerisch. Das Formular also nicht ausfüllbar. Nach einigen Monaten hin und her, in denen ich sorgar Auszüge des zugängichen Quelltextes des Formulars hinwies, war kein Erfolg zu verbuchen. Letztendlich habe ich die Restriktion im Quelltext auskommentiert und meine Zählernummer mit Buchstaben angegeben. Etwa ein halbes Jahr später bekan ich dann Tatsächlich einen Termin und ein SmartMeter eingebaut. Auch Monate nach den Hinweisen war das Formular immer noch nicht richtig. (Ob die jetzigen Arbeiten an den Systemen etwas ändern, wird sich zeigen Link für Stromnetz Hamburg Kunden

Danach konnte ich dann endlich zu Tibber wechseln, einem der wenigen Anbieter bei dem schon jetzt eine stundengenaue Abrechnung nach Strombörsenpreisen + ca. 15ct/kwh (für Hamburg) anbietet.

Achtung: Die Netzentgelte sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In SH ist gleicher Tibbertarif immer 8ct/kwh teurer als in Hamburg. Genau deswegen brauchen wir die Strompreisregionen unbedingt.

In Kürze: Flexible Stromtarife sind noch kaum zugänglich, sie können sinnvoll sein, sie können günstiger sein als klassische Tarife, jedoch nicht ohne Arbeit am eigenen Verbrauchsverhalten. Wir brauchen unbedingt regionale Strompreise! SH zu bestrafen für den unglaublichen Windkraftausbau der dort stattfand ist unfair.

Kurze und sachliche Fragen zum Thema beantworte ich gerne nach bestem Wissen und Gewissen.

Grüße,

Lars

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Ich finde deinen Post super, weil er ein paar der in Deutschland unnötigerweise ermöglichten Probleme aufzeigt. Die moderne Messeinrichtung, die man per Infrarot ausließt ist aus meiner Sicht einfach nur von Anfang eine solche Sache gewesen. Wieder besseren Wissens, dass es eine technisch viel nutzerinnenfreundliche Technologie gibt wurde auf die optische Auslesung gesetzt und man ist nun auf zusätzliche Devices angewiesen. Ähnlich der Fall, dass Onlineformulare nicht für die neuen Zähler ausgelegt sind.

Hierzu aber noch eine inhaltliche Anmerkung. Die Strompreisregionen (ich vermute du meinst die Teilung der Strompreiszone in Deutschland) wird an den Unterschieden der Netzentgelte erst mal nichts ändern. Das wäre eine viel zu starke Erwartung, die nicht erfüllt werden kann. Sie würde direkt erst mal nur auf den Großhandlesstrompreis wirken. Grund ist, dass nun Engpässe auf der Übertragungsnetzebene im Handel berücksichtigt werden. Das ist nur ein Teil des gesamten Strompreis.

Auf viele Teilkomponenten der Netzentgelte wäre der Einfluss nicht vorhanden. Die Netzentgelte im Norden sind aufgrund der regionalen Verteilnetze viel höher. Der dort erfolgte EE-Ausbau hat die Kosten in den Netzen ansteigen lassen. Diese Kosten werden aber nicht über den Strommarkt umgelegt. Hier wäre eine Reform der Netzengelte notwendig, um diese Kosten nun auch auf andere Netzregionen umlegen zu können.

Eine Auswirkung auf die Netzentgelte dürfte durch einen geringeren Bedarf an Redispatch-Maßnahmen gegeben sein. Das ist aber wiederum ein Posten der in den Anteil der Netzengelte für die Übertragungsnetze einfließt. Diese wiederum sind einheitlich und bewirken damit keine regionalen Unterschiede.

Ja, die Teilung der Strompreiszonen würde die Preise im Norden vermutlich geringer werden lassen als im Süden. Ein zentraler Aspekt, dass Regionen mit viel EE Ausbau aber quasi durch den Netzausbau bestraft werden ist dadurch allein noch nicht behoben. Die BNetzA ist da aber immer mal wieder dran. Aus meiner Sicht ist es aber eher ein verschlimmbessern des aktuellen Systems, als eine grundlegende Reform (https://www.spiegel.de/wirtschaft/netzentgelte-in-wind-und-solarregionen-sollen-sinken-plan-der-bundesnetzagentur-a-2e5333b7-65fe-4875-9c59-43ecdd228b74=.

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Das Thema finde ich hoch interessant, muss jedoch ehrlich gestehen es nicht wirklich durchdringen zu können.

  1. Der Netzausbau und die Instandhaltung wird durch die Netzentgelte vergütet. Welche Netze betrifft das eigentlich? Landesübergreifende Netze, Überregionale Netze und/oder Regionale Netze und/oder lokale Netze (Stadt bis Haus)?
  2. Wie werden den Umspannwerken vergütet?
  3. Gegeben dem Fall in Norden ist viel Windenergie zur Verfügung, muss dieser Strom in den Süden transportiert werden. Müssen bei Windflauten dann auch die back Up Kraftwerke in dieser Region stehen? Wenn nicht, muss dann weiterer Netzausbau betrieben werden und wie werden diese Kosten dann abgebildet? Über schwankende Netzentgelte?
  4. Wie kann denn der an der Börse gehandelte Strompreis (-Menge) regional gehandelt werden? Dann müsste der Börsenpreis pro Region gehandelt werden, was eine sehr starke Wetter und Jahreszeiten Abhängigkeit für den Strompreis bedeutet. Das würde das unternehmerische Risiko bzw. die Betriebskalkulation extrem schwierig machen. Nehmen wir den Bäcker in Bayern. Im Sommer bekommt er an einem Sonnentag den Strom für 6 Cent/kWh und im Winter bei starker Bewölkung und leichtem Wind ist der Preis dann 20 Cent/kWh? Das klingt unlogisch für mich.
  5. Das Merit Order System soll fallen. Wie das geschehen kann ist mir immer noch nicht schlüssig. Wie soll dann der Börsenpreis ermittelt werden?

Vielleicht könnt ihr mir die Fragen erläutern

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Das lässt sich gemeinsam beantworten. Die Netzentgelte betreffen alle Spannungsebenen (inklusive der Umspannebene). Als natürliches Monopol werden alle Netze entsprechend über regulierte Netzentgelte refinanziert.

Dabei werden die Netzentgelte aber individuell nach Spannungsebene bestimmt und die Kosten anschließend ausgehend von den Übertragungsnetzen, als oberste Ebene auf die nachgelagerten Spannungsebenen gewälzt. Die Kosten der Übertragungsnetze werden somit auch auf die unterste Ebenen anteilig weitergereicht. Nicht aber in die andere Richtung. Zu deiner Frage: Die Kosten von überregionalen Netzen werden also auch nach unten auf die lokalen Netze weitergereicht, nicht aber nach oben.

Das zum Teil bezieht sich darauf, dass ein Teil der Kosten der Netzebene auch durch die Verbrauchenden innerhalb der Netzebene getragen werden. Ein Unternehmen, dass auf der Mittelspannung konsumiert zahlt ein anderes Netzentgelt als ein Haushalt auf der Niederspannungsebene. Der Teil der schon durch die Verbrauchenden auf der Mittelspannungsebene gedeckt wird, muss dann nicht mehr weiter nach unten gewälzt werden.

Der Ansatz kommt aus der Welt, in der die Kraftwerke vor allem in den oberen Spannungsebenen eingespeist haben. Da ergibt es Sinn, dass die oberen Netzebenen auch auf alle umgelegt werden und die unteren nur in der Region, die sie versorgen. Mit der Änderung des Stromfluss nun auch von unten nach oben, wäre es aus meiner Sicht notwendig hier grundlegend das Design der Netzentgelte anzupassen.

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Das lässt sich nicht vollkommen eindeutig sagen. Zumindest nicht im Kontext wie der Kraftwerkspark aktuell ausgelegt ist. In der Regel ist heute die Nachfrage im Süden höher und daher ergibt es Sinn auch dort konventionelle Kraftwerke (es könnten auch Speicher sein oder weitere Flexibilitätsoptionen) auszubauen. Theoretisch trifft dein Gedanke allerdings zu, dass auch im Norden Kraftwerke stehen sollten. Nur, wie haben bereits ein Netz und es ist eigentlich so, dass wir die Probleme haben den Strom vom Norden in den Süden zu bekommen. In die Gegenrichtung ist es weniger kritisch und es kann sein, dass bei einer Flaute auch die Kraftwerke im Süden ausreichen, um den Norden weiterhin zu versorgen. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass es da aktuell um das von dir angedachte Problem geht.

In der Praxis wäre es dann an sich so, dass bei viel EE im System der Großhandelspreis im Norden günstiger sein sollte als im Süden (bei zwei Zonen). Wenn es zu wenige EE gibt, dann würde ich aktuell erwarten, dass die Preise gleich sind. Grund ist, dass die Kapazität in die Gegenrichtung ausreichend ist und damit der Preis nicht durch zu geringe Austauschkapazität zwischen den Zonen beeinflusst wird.

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Indem die Preiszone anders definiert wird. Klingt erst mal recht einfach, ist aber vor allem ein administrativer Aufwand. An sich passiert das auch heute schon. Es gibt nicht nur die deutsche Preiszone, sondern beispielsweise auch zwei Zonen in Dänemark. Es ist also bereits so, dass in der EU der Preis regional unterschiedlich ist und regional gehandelt wird. Wenn ein deutsches Unternehmen in Dänemark Strom verkaufen will, dann muss dabei direkt die vorhandene Leistungskapazität berücksichtigt werden. Es ist also nicht möglich „zu viel Strom“ nach Dänemark oder aus Dänemark zu kaufen. Das wäre dann auch in Deutschland zwischen den Zonen so und der Grund, wieso unterschiedliche Preise im Norden und Süden zustande kommen können.

Zu deinen Preisunterschieden. In anderen Ländern ist das schon so. Die Kalkulation wird dadurch komplexer aber nicht unbedingt weniger vorhersehbar. Gerade Unterschiede zwischen den Jahreszeiten, aber auch der Verlauf über einen Tag lassen sich gut approximieren. Für die Phase der Umstellung ist es in der Tat etwas Neues, aber das ist weit weg von unlogisch. Genaugenommen ist es sogar logisch, weil so die Knappheit des Gutes Strom ersichtlich wird.

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Okay, es wird von oberster Spannungsebene immer umgewälzt. Verstanden. Aber von welchem Punkt?
Nehmen wir ein Unternehmen in Kiel, dieses muss grade viel Netzentgelte zahlen, weil das Netz ausgebaut wird. Das soll sich ändern, weil das Unternehmen eigentlich weniger Netz benötigt, da die Stromerzeugung wenige Kilometer vom Abnahmepunkt geschieht.
Damit die Netzentgelte sinken für das Unternehmen müsste doch die wirkliche Versorgungsstrecke (Oberste Ebene bis Einspeisung Unternehmen) als Grundlage genommen werden. Sonst würden die Netzentgelte doch niemals sich verändern?

Der Strompreis setzt sich ja aus Stromerzeugung (Börse), Netzentgelte (Umwälzung) und Steuern zusammen. Wenn das Merit Order System fällt oder modifiziert wird und das zwei Zonen (ich las schon von 5 Zonen), dann würde der Süden maximal hohe Strompreise zahlen (wenigstens im Übergang).
Bsp.: 8 Cent/kWh Beschaffungspreis vs. 18 Cent/ kWh. (Alle anderen Kosten habe ich mal als gleich eingesetzt).
Wenn das so wäre, dann würde jegliche Stromintensive Industrie in den Norden gehen. Selbst wenn es nur 6 Monate pro Jahr diesen Vorteil hätte. Selbst bei nur 5 Cent Unterschied wäre der Süden nicht mehr tragfähig.

Wenn aber alles Deutschland weit auf EE umgerüstet ist, dann macht die Zoneneinteilung keinen tieferen Sinn mehr, weil dann nur noch die Netzentgelte und Back up Kraftwerke den Unterschied machen.

Habe ich einen Denkfehler?

Fallen ist zu viel gesagt. Ziel ist es unabhängiger von fossilen Preisschwankungen zu werden. Das soll durch mehr langfristige Verträge in Verbindung mit Differenzverträgen (CfDs) erreicht werden. Bei den CfDs wird ein Preis vereinbart und in Abhängigkeit vom Ergebnis am Großhandel erhalten Erzeugende Geld oder müssen einen Teil zurückzahlen. Bei der Verwendung des Instruments haben die Mitgliedstaaten allerdings recht viele Freiheiten (sowohl was den Umfang als auch was die Verwendung etwaiger Mehreinnahmen angeht).

Im Grundsatz besteht das Merit-Order-System für den Day-Ahead handel also weiterhin. Es soll nur Krisenfester werden (weitere zusätzliche Maßnahmen, wie Eingriffe im Fall sehr hoher Preise lasse ich an der Stelle weg, hier gibt es mehr Informationen zu dem Vorhaben: https://www.consilium.europa.eu/de/policies/electricity-market-reform/).

Für Verbrauchende vermutlich aber relevanter, weil direkt ersichtlich ist, dass es ein Recht geben soll zwischen einem Vertrag mit flexiblen und festen Preisen zu wählen. Das heißt aber nicht, dass man mit einem fixen Vertrag besser gestellt ist, sondern auch hier gilt, dass es langfristig davon abhängig ist, wie sich der Strompreis allgemein entwickelt. Zudem bezieht sich das nur auf den Strompreis an sich und nicht auf andere Komponenten wie die Netzentgelte. Diese sind in anderen Ländern schon teilweise variabel. Es fixer Strompreis muss also nicht bedeuten, dass ich in Zukunft immer 24/7 den gleichen Preis haben werde.

Meinst du mit Punkt einen geografischen Standort? Wenn ja, dann greift das Prinzip der Briefmarke. Innerhalb einer Netzregion und Spannungsebene ist der Tarif unabhängig von der tatsächlichen Distanz (daher Briefmarke, weil das Porto auch unabhängig ist, ob der Brieg von Berlin nach Potsdam oder nach Freiburg geschickt wird).
Damit die Netzentgelte in Kiel sinken müssten die Kosten nun anders allokiert werden. Aktuell werden alle Kosten des Netzausbaus des Netzbetreibenden in Kiel auch nur auf Nutzende in Kiel umgelegt. Nun kann es aber so sein, dass von dem EE Strom auch ein Teil von den unteren Spannungsebenen nach oben in das Übertragungsnetz und von dort aus nach Bayern gelangt. Die Bayern zahlen aber mit ihren Netzentgelten nur für den notwendigen Ausbau der Übertragungsnetze (Mehrzahl weil vier ÜNB) von Norden nach Süden, nicht aber für alles was in Kiel passiert. Es geht also nicht darum dass ein einzelner Verbrauchender die wirkliche Versorgungsstrecke in seinen Netzentgelten abgebildet hat (die sich physikalisch je nach Netzsituation ohnehin dauerhaft verändert), sondern eine fairere Verteilung des Ausbaukosten zu ermöglichen. Da gibt es verschiedene Ansätze. hier ein Beispiel, was es an Optionen gibt: https://www.ikem.de/wp-content/uploads/2021/01/IKEM-Netzentgelte-Broschüre.pdf

Ich habe mich da als Erwartung auf den reinen Großhandelspreis bezogen. Durch die weiteren Preisbestandteile wird es auch dann noch regionale Unterschiede geben.

Das Merit Order System soll nicht fallen. Auch durch die Modifikation erwarte ich nicht, dass sich da etwas fundamental ändert. Die Frage ist eher, wie stark die einzelnen Länder auf Differenzverträge setzen wollen, um Preisschwankungen zu reduzieren.

Deine angedachte Entwicklung der Abwanderung der Industrie ist sicherlich etwas extrem. Die Anreize sind klar, dass Neuansiedlungen einen positiven Punkt für den Norden hätten. Allerdings ist das nicht der einzige Punkt (es ist nur immer gut in der Kommunikation auf die hohen bzw. geringeren Preise zu verweisen). Es gibt aber auch noch andere Standortfaktoren, weshalb ich das Argument, dass der Süden nicht mehr tragfähig ist nicht unterschreiben würde.

Die Einteilung der Zonen wird dann obsolet, wenn die Netzkapazitäten zwischen einzelnen Preiszonen keinen Einfluss mehr auf die Marktergebnis hat. Wenn in Deutschland in klimaneutrales Stromsystem erreicht ist, dann kann es trotzdem sein, dass sehr viel Wind im Norden steht und die Netze den Strom weiterhin nicht in den Süden transportieren können. Das wäre also wie heute, nur dass dann im Nachhinein nicht fossile, sondern eben z.B. Wasserstoffkraftwerke im Süden entgegen dem Marktergebnis hochgefahren werden müssen.

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