LdN375: Einzige Punkt, dem ich nicht konplett widersprechen würde

Nicht aus ideologischen Gründen, aber aus praktischen: Was genau soll der Vorteil sein, Lager in einem anderen Land zu bezahlen, statt die Menschen einfach in D arbeiten zu lassen?

Die Lager am Ende der Welt „lösen“ allenfalls das Problem, dass wir derzeit viele Geflüchtete in Lagern in D einquartieren und sie nicht arbeiten lassen - aus lauter Angst, sie könnten sich integrieren. Es ist letztlich wie immer: Nicht die Geflüchteten sind das Problem, sondern unser Umgang mit ihnen. Statt über Lager zu reden sollten wir lieber die zahllosen Hemmnisse aufheben, die einer Integration im Wege stehen, dann lösen sich die meisten Probleme mit Migration von selbst.

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Den letzten Satz unterschreibe ich.

Aber es ist wie mit allem: Die Dosis ist entscheidend.
Nun kann man ja mit Fug und Recht sagen, dass Zuwanderung in vielerlei Hinsicht gut ist, gerade in unserer aktuellen Arbeitsmarktsituation und dass wir viel tun sollten, um die Ankömmlinge zu integrieren.
Und sowieso kann und soll man auch generell gegen Fremdenfeindlichkeit aufstehen.

Aber natürlich führt Zuwanderung auch zu Problemen und zwar je mehr, je intensiver. Das ist auch eine trockene Beschreibung der Realität.
Und ich spreche nicht von den eingebildeten Problemen, die vielleicht in der einen oder anderen ländlichen Kommune beklagt werden, weil dort Nicht-Weiße als so eine Art feindliche Marsmenschen wahrgenommen werden.
Es passieren halt auch vermehrt unangenehme Dinge, wenn man bspw. viele junge Syrer (bewusst männlich) längere Zeit in einem engen Flüchtlingsheim unterbringt. (Nicht anders wäre es mit vielen jungen deutschen Flüchtlingen!)

Ich denke nicht, dass die Verteilung und auch die Höhe der Migration ein Naturgesetz ist.
Wenn man es als Politik so formuliert, gibt man den Gestaltungswillen auf und das werden die Wähler nicht akzeptieren. Auch wenn der Gestaltungsrahmen eng sein mag, erwarten sie zurecht, dass nicht kapituliert wird. Weder bei der effektiveren Integration, als auch bei Steuerung, Verteilung und eben auch Begrenzung der Migration.

Richtig, aber dann ist die Lösung halt nicht „weniger Syrer“, sondern „Syrer nicht mehr im Heim einsperren“ :wink:

doch. Genau darum geht es: Man kann mit hässlichen Maßnahmen ein paar Prozent mehr oder weniger erreichen, aber an der hohen - und immer höheren - Zahl von Flüchtenden wird man in D (!) nichts ändern können. Was teilweise ginge: Fluchtursachen in Herkunftsländern bekämpfen. Und natürlich könnte die EU ihre Außengrenzen noch besser - a.k.a. brutaler - schützen.

Die Menschen haben sich auch dran gewöhnt, dass man am Wetter wenig ändern kann und dass wir alle sterben müssen. Das ist alles eine Frage der politischen Kommunikation. Derzeit laufen halt alle Parteien in die von der AfD aufgemachte Sackgasse, die Migration als solche als Problem beschreibt.

Man müsste den Menschen sagen: Wir können nicht ändern, dass Menschen kommen, aber wir können dafür sorgen, dass das für uns möglichst viele Vorteile hat. Schon ist man bei einer pragmatischen Migrationspolitik und bekämpft Probleme statt Menschen.

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Dieses Szenario ist, maximal im Detail, nicht mehr zu verändern. Aber wie ich hier gelernt hab, ist es nur eine Frage der positiven, politischen Kommunikation.

Ist etwas Off-Topic, aber wie kommst Du auf die Schätzung in dieser Höhe?
Laut Wiki leben derzeit noch etwas mehr als 36 Mio. Menschen in der Ukraine, ob das die russisch besetzten Gebiete beinhaltet, weiß ich nicht. Von den Flüchtlingen, die nach dem 24. Februar 2022 in die EU geflohen sind, sind weniger als 1/3 (ca. 1,13 Mio. von 4,2 Mio.) nach D geflohen. D.h., damit das zutrifft, müssten, gleiche Verteilung angenommen, bei einem russischen Sieg mind. 24-30 Mio. Menschen flüchten. Das erscheint mir etwas arg hoch gegriffen.

Quellen: EU-Rat/Eurostat, Statista.

Interessant, dass Du gerade diese Beispiele anführst, denn beide Fragen sind ja in den letzten Jahren stark politisiert worden. Wann und woran Menschen sterben, war ja die politische Frage der Pandemie.

Ich will aber an dem Beitrag insgesamt gar nicht groß meckern, unterschreibe zu 98%. Wenn sich am weltweiten Wohlstandsgefälle und Klimawandel nichts Wesentliches ändert, sehe ich auch nicht, dass deutlich weniger Menschen in die Industrieländer migrieren müssen oder wollen. Alternativ kann man dann wie von Dir benannt brutaler vorgehen, um einen Teil der Menschen abzuwehren. Das ist es doch, was die AfD eigentlich will: Der Charakter der Gesellschaft und des Staates soll sich in autoritäre Richtung verändern, wir sollen unsere Grundwerte umkehren. Und dafür eignet sich Migration einfach am besten, wie @der_Matti aufgezeigt hat. S. Bsp. wie Italien, das deutlich weniger Menschen aufnimmt als D und faschistischer ist (oder Ungarn, wo man Ausländer:innen mit der Lupe suchen muss). Wie passt das zu dem Ansatz, man müsse nur ein wenig die Themen der AfD angehen, um die von ihr angetriebene Faschisierung effektiv zu verhindern?

Wie wir aber mit Menschen zusammenarbeiten, die nicht so drauf sind wie die AfD, aber trotzdem Angst vor Migration haben, find ich schwierig zu beantworten. Gerade in Fragen, in denen sich irgendwo ein valider Kern für Restriktionen finden lässt, der nur völlig überproportional aufgeblasen wird (missbräuchliche Asylanträge, Bezahlkarten, sichere Drittstaaten).
Der Fokus sollte viel, viel stärker darauf liegen, Menschen zu integrieren und die beiderseitigen Vorteile der Migration zum Tragen zu bringen. Meiner Meinung nach kann und sollte man das vielleicht sogar als aktive Entscheidung für Humanität und ökonomische Vernunft einkleiden statt in ein Sich-Fügen angesichts kaum veränderbarer globaler Zusammenhänge. Hat irgendwie seit 2015 kaum eine relevante politische Kraft mehr versucht.

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Kontakte herstellen. Dezentral unterbringen.
Am meisten Angst haben Menschen, die keinen Kontakt zu Migranten haben.

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Die erste Flucht war ja eher eine Sicherheitsflucht - nicht so weit weg. Wenn die Ukraine fällt, wird es eine Flucht auf Dauer und dann schauen die Menschen schon genauer, ob sie bspw. in Polen sich ansiedeln wollen oder in Deutschland. Daher spekuliere ich auf eine andere Ratio, eher 2/3. Und wir brauchen sie ja auch hier.

Ich denke, vor aktiven Kriegshandlungen wird stärker geflüchtet als vor einer Besatzung. Aber das hängt natürlich davon ab, wie viel Partisanenkämpfe es geben würde und ist generell schwer zu sagen.

Ich denke aber auch nicht, dass Deutschland für dauerhaft flüchtende so viel interessanter ist als Polen und ähnliche Länder. Der Lebensstandard in den osteuropäischen NATO-Ländern ist nicht wesentlich geringer als in Deutschland und als Ukrainer kommt man dort mit russisch/ukrainisch generell weiter und hat es auch leichter, die dortigen, slawischen Sprachen zu lernen. Es gibt schon gute Gründe, warum gerade Polen bei Ukraine-Flüchtlingen so beliebt ist.

Tatsächlich überrascht mich, dass so wenige Ukrainer in die skandinavischen Länder geflohen sind. Ginge es nur um potenziellen Wohlstand und Akzeptanz (gerade im Hinblick auf eigene Konflikte mit Russland) wären Finnland und Schweden eigentlich sinnvollere Fluchtländer für die Ukrainer als Deutschland, vor allem bei einer langfristigen Betrachtung für die ukrainischen Fachkräfte. Deutschland und Polen werden wohl vor allem wegen der guten Verkehrsanbindung zurück in die Ukraine aktuell bevorzugt (von Skandinavien ist der Weg eben ungleich länger).

Kurzum:
Wir wissen alle nicht, wie sich die Zahlen konkret entwickeln werden, aber dass die Ukrainer im Falle eines längeren Exodus alle unbedingt nach Deutschland wollen würden halte ich für fragwürdig.

Warum macht man das dann? Das ist doch dumm? Oder macht man das vielleicht sogar damit solche Dinge passieren und man sie dann politisch ausschlachten kann?

Sehe nicht, dass diese Probleme von denen, die Migration verhindern wollen ernsthaft angegangen werden. Was wird also erwartet außer alle Probleme zu externalisieren oder in die Zukunft zu verlagern?

Ich habe es selbst nicht untersucht, kann also nur wiedergeben: laut Ausführungen von Herrn Knaus (bspw. bei Lanz), würde das u. a. dazu beitragen, dass weniger Menschen im Mittelmeer sterben. Als Begründung wird angegeben, dass sich die lebensgefährliche Überfahrt halt weniger lohnt, wenn man am Ende sowieso für den Antrag in bspw. einen afrikanischen Drittstaat gebracht wird. Dann kann man auch direkt in diesen Drittstaat gehen für den Antrag. Zweiter Aspekt: man gibt nicht nur den körperlich stärksten der Familie, also häufig jungen Männern, die Möglichkeit auf Arbeiten und Leben in Europa. Man könnte da also auch eine Gleichberechtigungs-Dimension sehen?

Wie ausgefeilt dieses Konzept schon ist, weiß ich nicht. Sicherlich gibt es auch juristische Herausforderungen, und man mag auch daran zweifeln, ob dann wirklich geprüft wird, dass die Verfahren auch rechtsstaatlich sind. Im Grundsatz klingt das konzeptionell aber für mich nachvollziehbar und auch nicht Ultra rechts oder menschenverachtend. Von linker Seite habe ich zu einer solchen aber bislang nur problemorientierte und keine lösungsorientierten Debattenbeiträge vernommen, indem die Idee von vorne herein per se abgelegt wird.

Ein weiterer Punkt, der noch angeführt wird, ist, dass eine positive Kommunikation von Zuwanderung der breiten Bevölkerung deutlich besser vermittelbar ist, wenn auf der anderen Seite sichergestellt wird, dass diejenigen die kommen bzw. da sind auch geprüft sind und eine klare Perspektive haben. Man könnte eine solche Reform demnach auch nutzen, um die Regeln klarer zu machen und die Story von Migration positiv zu framen - auch wenn man infrage stellen kann, inwiefern diejenigen, die Drittstaaten-Verfahen vorschlagen, daran ein Interesse haben. Solange man die Probleme mit einem kleinen Teil der Geflüchteten (bspw. Straftäter) nicht in den Griff bekommt, werden rechte Parteien und Medien das nutzen, um gegen alle zu hetzen.

Original hier ab Minute 42:

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Das ist einfach nicht richtig. Die Linke ist natürlich dafür, Flucht zu bekämpfen und sichere Einreisewege zu schaffen - vor allem, indem man Asylanträge auch im Ausland ermöglicht.
Aber aus Sicht der Konservativen sollen die Leute zu uns kommen, einen Asylantrag stellen und dann schicken wir sie in Aufnahmelager im nichteuropäischen Ausland. Das ist teuer und ineffizient. Das macht aber nichts. Denn am jetzigen System, dass vor allem die europäischen Grenzstaaten statt uns die Hauptlast der Asylproblematik tragen, soll sich aus deutscher Sicht ja nichts ändern.

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Das sehe ich auch als den entscheidenden Punkt. Wir haben das hier auch mal als Teil des Konzeptes des Migrationsforschers Ruud Koopmans diskutiert. Den kann man in vielerlei Hinsicht kritisieren, aber hier hat er aus meiner Sicht einen Punkt. Migration wird auch heute schon begrenzt und gesteuert und zwar auf grausamste Art und Weise. Indem praktisch nur diejenigen eine Chance auf Asyl haben, die mithilfe von Schleppern eine lebensgefährliche Überfahrt auf sich nehmen und diese überleben. Das ist weder gerecht noch human. Und solange wir diesen Zustand so hinnehmen können wir demnach auch nicht von einer humanen Flüchtlingspolitik sprechen. Letztere kann nur das Ziel haben, diese lebensgefährlichen Routen überflüssig zu machen, indem man z.B. Asylverfahren im Heimat- oder Nachbarland in einer Form anbietet, die vergleichbare Erfolgschancen hat, wie eine Einreise mit Schleppern übers Mittelmeer. Dass das auch alles andere als ein Selbstläufer ist - klar. Aber es dürfte die Flüchtlingszahlen zwar etwas erhöhen aber auch nicht explodieren lassen, da diese ja vor allem durch Push Faktoren ausgelöst wird.

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Da so ein Modell noch nirgendwo Praxis ist, ist über die Effizienz nichts bekannt.

Was soll “teuer” heißen? Das Budget der BAMF liegt bei circa 30 Milliarden EUR pro Jahr. Niemand kann ernsthaft beurteile oder absehen, ob ein Drittstaatenmodell, für das es noch überhaupt keinen ausgearbeiteten Plan gibt, teurer oder billiger wird. Im BAMF Budget selbst sind Kosten auf Seiten der Länder und Kommunen überhaupt nicht enthalten.

Über den Vorschlag lässt sich eigentlich aktuell überhaupt noch nicht diskutieren (abgesehen von rechtlichen Einschätzungen und z.B. den Problemen des Ruanda-Modells der Briten). Es gibt keinerlei konkrete Umsetzungspläne in Deutschland, nicht einmal die Union hat ihr Modell veröffentlicht (sondern nur die Presse drüber berichten lassen und ein paar Ideen in den Entwurf zum Grundsatzprogramm gepackt).

Deshalb muss Migration nicht um jeden Preis unter Brechung von Menschenrechten abgewehrt, sondern gemanagt werden. Wenn Menschen mit einem Antrag in ihrem Heimatland eine reele Chance auf Aufnahme in einem der Zielländer haben, werden sie die lebensgefährliche Reise ins Ungewisse nicht mehr antreten. Verfahren an den Außengrenzen werden es nicht verhindern.

Klar das so drastisch formuliert in ein Wahlprogramm zu schreiben ist nicht sinnvoll, aber Phillip und Ulf sind ja Journalisten und müssen mit Tatsachen arbeiten.
Genau deswegen finde ich es absolut legitim zu behaupten, Deutschland sei es nicht möglich überhaupt die auszuweisen, die ausgewiesen werden dürften. Denn das ist nunmal die Wahrheit.

Außerdem ist diese These keinesfalls zweifelhaft. Zum einen entspricht sie der aktuellen Situation in Deutschland und zum anderen kann man wenn überhaupt nur ca. 60.000 Menschen, die sich derzeit in Deutschland aufhalten, ausweisen und dafür müssten die Herkunftsstaaten die Menschen auch wieder aufnehmen und das passiert so gut wie gar nicht.

Was mich an der ganzen Debatte aber vielmehr stört, ist der vollkommen falsche Ansatz. Warum diskutieren wir noch über Abschiebung und Grenzkontrollen und nicht darüber wie wir das Problem in der EU lösen und wie wir die Menschen anständig integrieren können. Der aktuelle Verteilungsschlüssel und die Vorgehensweise an den Außengrenzen sind nicht auf die Umstände angepasst und genauso die Integration in Deutschland. Geflüchtete müssen einfach in Deutschland viel schneller arbeiten dürfen, eine Wohnung finden und genauso wie alle anderen selbstständig hier leben können, ohne die Unterstützung des Staates. Das heißt nicht, dass der Staat Geflüchteten nicht helfen soll, aber das heißt, dass der Staat ihnen am besten hilft, wenn er Geflüchteten ein ganz normales Leben ermöglicht.

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Warum man (um beim Beispiel zu bleiben) viele Syrer in eine Unterkunft steckt??
Man macht das natürlich, weil es einfach bei der Anzahl kurzfristig gar nicht anders ging. Mit „dumm“ oder gar um irgend etwas zu provozieren hat das so gar nichts zu tun. Und die aktuelle Wohnungsmarktsituation in den Städten macht es obendrein nicht leichter.

Ich halte das wirklich für zu unterkomplex, einfach jegliche Herausforderung bei einer hohen Migration zu trivialsieren. Sprich mal bitte mit Menschen, die direkt an dem Thema gearbeitet haben. Oder hast du das getan oder womöglich einen Flüchtling aufgenommen - dann überrasche mich gerne!

Aber das ist doch jetzt nicht mehr kurzfristig.
Und zu meiner persönlichen Erfahrung: ich sehe, dass es bei uns Platt gibt, der nicht genutzt wird und sie stattdessen in die nächste Stadt kommen, wo wirklich diese Zustände herrschen. Teilweise werden verschiedene Nationen oder Religionen zusammengelegt, was zusätzliche Probleme bringt.
Unsere Kirche hatte einen Helferkreis vor ein paar Jahren organisiert. Ihm wurde der Zugang zu den Flüchtlingen verweigert mit der Begründung, dass Bindungen nicht erwünscht sind, die seien eh bald wieder weg.

Ja, ich halte das für Absicht.