LdN370 - Ausbau Photovoltaik und Ampel

Der voranschreitende Ausbau der Photovoltaik in Deutschland ist ohne Zweifel ein Grund zur Freude, nur bin ich mir weniger sicher als ihr, ob das wirklich an der Ampelregierung liegt. Wenn ich mir bei de.statista.com die Jahre 2000 bis 2023 anschaue, scheint mir der Ausbau in 2023 einfach die Fortsetzung des Trends zu sein, der schon 2017 begann. Und in den Jahren 2008-2011 gab es schon mal einen Hype, der sogar den Ausbau in 2022 übertroffen hat. Heißt: Schon in der Ära Merkel hat sich da einiges getan, leider inklusive Delle mit den Tiefpunkten 2015/2016, aber wie gesagt: Seit 2017 steigt der Zubau Jahr für Jahr deutlich an, so dass ich den erfreulich hohen Wert in 2023 eher dem Gesamttrend zuschreibe als einer politischen Richtungsweisung. Dafür spricht auch, dass sich auf Gewerbedächern bisher wenig tut, der Zubau findet vor allem auf den Dächern von Privathäusern statt. Dieser Hebel wird hoffentlich in den nächsten Jahren stärker genutzt werden.

Und zur Wahrheit gehört auch, dass die viel wichtigere (weil einen deutlich höheren Beitrag zur Energieversorgung leistende) Windenergie weit weniger gut vorankommt. Hier liegt Deutschland weit hinter Plan - vielleicht eben deshalb, weil hier im Gegensatz zur Photovoltaik privat fast nichts geht.

Mein Fazit wäre also, dass sich vor allem die Menschen, die privat in Photovoltaik investieren, den Orden für den hohen Zubau in 2023 ans Revers heften dürfen und weniger die Ampel.

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Ja, das dürfte passen. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Energieprobleme dürften auch dazu beigetragen haben.
Die tatsächlichen Fortschritte bestimmten Ursachen zuzuordnen, ist ja immer schwierig, daher kann man erstmal schauen, welche Maßnahmen es denn gibt:

Die Regierung hatte laut der bekannten Auswertung der Bertelsmann-Stiftung die Solar-Vorhaben im September noch nicht umgesetzt (habe nur Stichwortsuche nach „solar“ und „photovoltaik“ gemacht). Aber da dürfte ja noch was kommen: Mehr Photovoltaik mit Solarpaket | Bundesregierung

Zur Windkraft: Auch wegen der saisonalen Ergänzung von Wind und Solar sollte da mal was passieren. Ich meine mich zu erinnern, dass die BReg mit dem „Osterpaket“ 2022 und dem Wind-an-Land-Gesetz erste Maßnahmen eingebracht hat. Tlw. liegt der Ball auch im Feld der Länder, s. hier.
Bisher trägt das anscheinend wenig Früchte, gilt aber auch noch nicht lang (und beachte die Probleme in der Baubranche). Zu Offshore weiß ich nichts, sieht wohl etwas besser aus:Die Offshore-Windkraft kommt raus aus der Flaute

Ich sehe das differenzierter. Hier ist der Zubau von Solarenergie in Deutschland nach Jahren (von Zeit.de):

Grundsätzlich sehe ich hier einen Einbruch unter Merkel im Jahr 2013, dann eine Stagnation auf sehr niedrigem Niveau, ein langsames Wachstum 2018-2021 und dann eine Explosion ab 2022, die sich hoffentlich fortsetzen wird.

Die aktuelle Bundesregierung wurde im Dezember 2021 vereidigt. Die EEG Novelle tritt am 1. Januar 2023 in Kraft, wirkt aber für Photovoltaik auch für Anlagen, die ab dem 30. Juli 2022 in Betrieb genommen wurden (was auch vorab bekannt war), dürfte also in 2022 mit reingewirkt haben.

Insofern sehe ich sowohl eine deutliche Trendänderung ab 2022, nicht einfach nur eine Fortsetzung, die sich durch die EEG-Novelle auch hinreichend erklären lässt. Das Photovoltaik auch aufgrund allgemeiner technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungen stetig billiger wird, hat sicherlich geholfen. Ohne die durch die EEG-Novelle geschaffenen neuen Bedingungen wäre der Boom aber wohl nicht in dieser Form möglich gewesen.

Beim Ausbau der Windkraft liegen die Probleme in völlig anderen Bereichen. Das wurde in der LdN ja auch schon oft und ausführlich besprochen.

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Was man zur Umstellung des Energiesektors der Regierung Merkel sagen kann, ist wohl ein, es wurde gerade so versucht in Minimum zu erreichen, obwohl klar war, dass dies mit Blick auf das Notwendige nicht ausreicht.

Ja, es gab den PV Boom Anfang der 2010er Jahre. Vor lauter Angst zu viel zu zahlen hat man lieber eine Vollbremsung eingelegt, anstelle es sinnvoll zu reformieren. Das EEG 2012 hat da aus meiner Sicht auf mehrere Jahre eine starke Bremswirkung entfaltet. Stichwort ist hier der Atmende Deckel. Der am Ende von PV auch auf Wind oder Biomasse ausgeweitet wurde. Zugegeben, das Ziel wurde erreicht, die Vergütungssätze für EE sind damit gesunken, aber eben zu dem Preis, dass der Ausbau deutlich beeinträchtigt wurde. Es haben dabei mindestens komplementärer Maßnahmen gefehlt, die irgendwie das Absenken der Förderung abgepuffert hätten.

Auch unter Merkel ist anschließend aufgefallen, dass es so viel zu wenig Zubau ist (zumindest bei PV). Mit dem EEG 2017 gab es erste Verbesserungen. Aber eher kleinerer Natur. Wie die Berechnungsgrundlage des atmenden Deckels von einem Jahr auf sechs Monate zu senken. Damit konnte die Förderung schneller wieder steigen, wenn das Ausbauziel unterschritten wurde. Der atmende Deckel ist später auch gestrichen worden. Andererseits hat man gerade für private Haushalte mit den größeren Novellen 2017 und auch 2021 versucht durch das Streichen der EEG-Umlage bei kleineren Anlagen im Privathaushaltssegment die Attraktivität zu steigern. Dazu sind aber auch immer wieder Maßnahmen gekommen, wie die Wegfallende Vergütung bei negativen Preisen, die das Geschäftsmodell weniger attraktiv werden lassen.

Die Ampel hatte in 2022 sicherlich noch nicht den direkten Einfluss durch beschlossene Gesetze. Aber zum einen war klar, dass es politisch deutlich ambitioniertere Ziele geben wird und zum anderen sind mit dem schon angesprochenen Osterpaket und den Novellen von EEG und co. (es sind ja nicht nur die besseren Fördersätze, sondern eben auch Verbesserungen bei Bürokratie oder das Verbessern-Streichen der 70-Prozent-Begrenzung bei kleinen Anlagen etc.) Weichen gestellt worden, dass der allgemeine Trend beschleunigt wird.

Hier hat die Ampel also einen wesentlichen Anteil, dass es endlich wieder merklich vorangeht. Klar stehen da viele Aufdachanlagen dahinter, aber ohne die Veränderungen der Rahmenbedingungen durch die aktuelle Regierung wäre die Entwicklung so nicht erfolgt.

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