LdN342 Monika Schnitzer Neubau

Liebe Podcaster,
es ist mir bereits in mehreren Folgen aufgefallen, aber in der letzten Spezialfolge fand ich es nochmals auffallend, dass relativ unkritisch das Narrativ der Bauindustrie übernommen wird, dass von einer generellen „Wohnungskrise“ oder einem „Wohnungsmangel“ spricht und welchem nur mit „Bauen, Bauen, Bauen“, wobei damit nur Neubau gemeint ist, einhalt Geboten werden kann. Dies ist aus wissenschaftlicher Perspektive kritisch zu hinterfragen, weil

  • Neubau in der Regel nicht zu mehr Bezahlbarkeit führt, sondern den Mietspiegel eher steigen lässt
  • weil wir vorrangig ein Verteilungsproblem haben (Gesellschaftlich: Reichere, Ältere haben eine sehr große Pro-Kopf-Wohnfläche, andere Bevölkerungsschichten leben in überbelegten Wohnungen; Regional)
  • weil uns jeder egal wie „nachhaltig“ gebaute Neubau von den Klima- und weiteren Nachhaltigkeitzielen (30 Hektar Ziel der BuReg, 30% NaturschutzflächenZiel UN) erstmal nur noch weiter enfernt und Fachkräfte-Kapazitäten für die dringend notwendigen energetischen Sanierungen bindet

Wohnungen können oftmals günstiger, schneller und vor allem ökologischer im Gebäudebestand, durch Umbau, Aufstockung, Umnutzung geschaffen oder durch Wohnungstausch etc. verteilt werden! Ich würde mich sehr freuen, wenn das mal zur Sprache käme, statt das Wachstumsparadigma stets aufrechtzuerhalten.

Für weitere Informationen hier der Link zu einer Studie dazu, woran ich beteiligt war: https://www.ifeu.de/fileadmin/uploads/pdf/Unterstützung_von_Suffizienzansätzen_im_Gebäudebereich_Online_Publikation_BBSR_09_2023.pdf

VG

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Die Prämisse deiner Aufstellung passt nicht.
Sowohl Politiker, Lobbygruppen, als auch die meisten Wissenschaftler sprechen von Bauen, Bauen Bauen und Wohnungskrise bzw Mangel in Hinblick auf Großstädte! Die Landflucht hat erhebliche Ausmaße angenommen und die Menschen drängen in die Städte. Hier Beispiel Hamburg

D.h. in den Städten besteht ein erheblicher Wohnungsmangel und es gibt auch kaum Bestand der unbesetzt ist. Darum wird oft abgerissen und neu gebaut (meistens höher gebaut), um mehr Wohnraum zu schaffen.Vereinzelt werden schon Bürokomplexe in Wohnraum umgewandelt, was dem Konzept entspricht. Aber das ist oft wirtschaftlich kaum tragfähig und diese Bürogebäude liegen oft in Gewerbe und Industriegebieten, was nicht grade ansprechend ist. Wohnungsnot: Umwandlung von Büroflächen entschärft Problem - FOCUS online

Auf dem Land sieht die Lage genau umgekehrt aus. Da sind die ganzen Häuser aus den 60-70ziger Jahren.
Darauf könnte man das Konzept anwenden, wobei das schon extrem durch Fördermaßnahmen gestützt werden müsste.

Fazit: Das Konzept ist gut, aber auf nur auf dem Land anwendbar und dort wird kaum neuer Wohnraum benötigt. Darum ist es auch sehr ruhig um dieses Konzept.

Hier spricht der Architekt Matteo Thun mit dem Handelsblatt über klimagerechtes Bauen. Er spricht auch davon, dass es eine Wiederbelebung wegzugbetroffener Gebiete geben müsse, um deren verlassene Häuser zu nutzen und Neubau in Städten neu zu denken. Am wichtigsten scheint ihm aber, neue Konzepte für das Bauen zu entwickeln.

Weniger Beton, weniger technische Dämmung, mehr
natürliche Baumaterialien wie Holz und mehr lernen aus dem globalen Süden, die weit mehr Erfahrung damit haben günstigen, hitzeresistenten Wohnraum zu erstellen.

Mit Bezug auf Europa spricht er von einer Dämmmafia, die scheinbar Verantwortliche in der Hand hätte. Denn die Anforderungen würden immer größer und teurer, statt Architekten Raum zu geben, das Problem kreativ und innovativ lösen zu lassen.

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Fehlende Aufträge, Probleme bei Finanzierungen: Die Lage des deutschen Baugewerbes ist angespannt. Handwerkspräsident Dittrich warnt, die Branche fahre „mit hohem Tempo“ auf eine Mauer zu. Die Bundesregierung fordert er zum Handeln auf.

Fände ich vielleicht mal eine lohnenswerte Recherche. Hier in Hamburg wird an jeder Ecke wie blöd gebaut. Auch große Projekte laufen weiter, wie z.B. der Elbtower. Geld scheint also grundsätzlich da zu sein auch für Projekte, die vielleicht nur so mittelmäßig Sinn machen.

Da die Baubranche schätzungsweise von Grund auf konservativ ist, würde es mich nicht überraschen, wenn man auch hier einfach die letzten Dekaden gepennt / sich ausgeruht hat und man jetzt von der Realität überrollt wird. Sprich: es neben dem derzeitigen Untergang des Abendlandes es auch einen Haufen hausgemachter Probleme gibt.

Ich stell das aber gerne mal zur Diskussion.