LdN326 Wo ist politisch „Mitte Rechts“?

Ich folge euch jetzt schon einige Zeit.
Heute habe ich aber echt das erste Mal richtig gemerkt wie weit der Linksrutsch in Deutschland schon fortgeschritten ist.
Eine CDU/SPD Regierung als Mitte/Rechts zu bezeichnen geht mir aber doch etwas weit.

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In die Debatte, was links oder rechts ist und ob diese Kategorien heute noch so passen, möchte ich mich gar nicht so sehr einbringen, aber das Wort „Linksrutsch“ hat mich ein wenig erschreckt. Klingt bedrohlich.
Ich finde, das ist ein problematisches Framing im Sinne von Wortneuschöpfungen wie „links-grün-versifft“ oder „Gutmensch“ o.ä., deren Ziel nur die sprachliche unterschwellige Verunglimpfung der Akteure ist.
Ja, die SPD ist für mich - vereinfacht gesprochen - natürlich nicht Mitte rechts, sondern eher Mitte links. Aber was ist so wichtig an den Begriffen? Geht es nicht um Inhalte?
Die CDU war doch historisch immer rechts-konservativ. Was ist an Mitte (Teile der SPD und CDU) rechts (CDU) falsch? Ja, Teile der SPD sind meiner Meinung nach links. Aber eine große Koalition beinhaltet immer die Verbindung von großen Gruppen. Vielleicht sollte man die Bezeichung „Mitte rechts“ einfach weglassen. Ist aber wie gesagt doch eigentlich nicht wichtig.

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Ich frage mich auch, wie man angesichts eines Personaltableaus aus Franziska Giffey, Iris Spranger, Andreas Geisel, Kai Wegner und Stefan Evers noch guten Gewissens von „Mitte“ sprechen kann.

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Ganz im Gegenteil. Endlich lässt sich mal jemand nicht auf das dümmliche CDU-Narrativ ein, sie wären die „Mitte“ und außer der AfD wären alle anderen irgendwie links.

CDU, CSU und FDP sind demokratische Parteien rechts der Mitte, insbesondere wirtschaftspolitisch, aber auch was Migration u.ä. angeht, und bei der Union auch gesellschaftspolitisch. Dass sich in Deutschland aus Gründen keine Partei gerne als „rechts“ bezeichnen möchte, ist die eine Sache, aber dem muss man nicht unbedingt folgen. In anderen Ländern wie Frankreich ist es völlig normal, dass die konservative Partei sich als „rechts“ bezeichnet.

Die SPD ist dagegen die Partei, die immer wieder versucht die Interessen der Wirtschaft und der Menschen in Einklang miteinander zu bringen und nimmt auch in gesellschaftspolitischen Fragen oft Zwischenpositionen ein. Eine „mittigere“ Partei kann es in Deutschland wohl kaum geben.

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Bezog sich das nicht speziell auf das Parteien- bzw. Wählerspektrum im Land Berlin? Da ist die SPD schon sehr mittig, und rechts von der CDU kommt halt nicht mehr viel.

Die Frage ist doch, was man als „Mitte“ ansieht. Du sprichst hier selbst die Migrationspolitik an: Eine knappe Mehrheit der Deutschen (47%) stimmt einer recht aktuellen Umfrage der Aussage zu, dass „Einwanderung hauptsächlich einen negativen Einfluss auf Deutschland hat“ und etwas weniger (44%) würden sich eine Erschwerung der Migration nach Deutschland wünschen.

Ob das nun eine „rechte“ Meinung ist, ist vielleicht gar nicht so wichtig - es ist aber eine Meinung aus der mehrheitlichen Mitte der Bevölkerung (dass es keine Meinung aus der Mitte der Lage-Hörer ist, ist auch klar).

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Du betreibst Cherrypicking. Dass rassistische Ressentiments teilweise bis in die Mitte reichen, ist bekannt, aber „knapp die Hälfte“ bedeutet eben tendenziell die rechte Hälfte des Spektrums. Und aus demselben Artikel bspw.: „Eine Erhöhung des Rentenalters trifft hingegen auf eine fast ebenso entschiedene Ablehnung (81 Prozent).“ Die Union ist für eine Erhöhung des Rentenalters, vertritt also absolut eine rechte Fringe-Position in dieser Sache. Und wenn man in Summe alle Politikfelder betrachtet, sind CDU und CSU halt deutlich rechts der Mitte, da braucht man doch gar nicht drüber diskutieren.

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@Joachim : Du hast deine persönliche Bewertung abgegeben, aber nicht wirklich erklärt, warum die CDU inhaltlich nicht ‚Mitte/Rechts‘ ist?

Ich glaube nicht, dass wir im politischen Diskurs auf deine Gefühle Rücksicht nehmen müssen. VIelleicht gibt es ja inhaltliche Gründe, das nicht so zu sehen, aber deinem Posting kann ich ausser einer Unmutsäusserung nichts weiters entnehmen.

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So macht man es sich auf beiden Seiten des Spektrums leicht. Die Linken kreiden Rassismus an, die Rechten linksgrünes, naives Gutmenschentum. Da wird eine Diskussion abgewürgt, bevor sie begonnen hat.

Ich glaube nicht, dass knappe 50% wirklich handlungsleitende rassistische Ressentiments haben. Da sind Unsicherheiten, Ängste, auch davor, dass durch eine Krise nach der anderen Wohlstand, Chancen und gesellschaftlicher Anschluss verloren geht.

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Man sollte nur auch nicht den Fehler begehen, dieses triefende, deutsche Mitleid mit Rassisten und ihren Rassismen für politisch neutral zu halten.

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Wie gesagt - ich halte diese vereinnahmende und meiner Meinung auch arrogante Diskussionkultur für schädlich, weil sie in keiner Weise einen gesellschaftseinenden Effekt hat. Nicht Du hast die Deutungshoheit, welche gesellschaftlichen Meinungen rassistisch sind und welche nicht.

Um einmal Abdel-Samad zu zitieren:

Der Rassismus unterteilt die Menschen in Rassen, Ethnien und Religionen und polarisiert die Gesellschaft, nicht nur ideologisch. Er sieht den Menschen nicht als Individuum, sondern als Vertreter einer Gruppe. Er überhöht die eigene Gruppe und verachtet die andere, er schürt Hass und legitimiert Gewalt gegen andere.

Antirassismus sollte eigentlich genau das Gegenteil davon tun, nämlich sich von diesem ideologischen Grabenkampf distanzieren und den Menschen als Individuum würdigen und ermächtigen, unabhängig davon, zu welcher Ethnie oder Religion er gehört. Doch oft bedienen sich Antirassisten leider der gleichen Mittel wie die Rassisten selbst. Sie polarisieren, indem sie die Gesellschaft in Gut und Böse einteilen. Sie überhöhen die eine Gruppe und verachten die andere, sie grenzen Andersdenkende aus und sind im Namen der Toleranz vor allem eines: intolerant. Denn sie verengen das Spektrum dessen, was gedacht, gesagt oder getan werden darf auf eine Weise, dass jede Abweichung davon mit der Moralkeule gegeißelt wird. Sie sind schließlich die Guten, sie geben den Diskurs vor, und merken in ihrem Eifer gar nicht, dass auch sie einen Mechanismus bedienen, der Rassismus zugrunde liegt: die Zuordnung von Individuen zu vermeintlich homogenen Gruppen.

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Lol, da führt die CDU in Berlin einen offensichtlich rechtspopulistischen Wahlkampf; da ist bei allen halbwegs informierten Menschen bekannt, dass es sich beim Berliner Landesverband der CDU um einen innerhalb der Partei sehr weit rechts stehenden handelt; da ziehen Leute für die CDU ins Abgeordnetenhaus ein, die als rassistische Gewalttäter bekannt geworden sind (Grüße an Harald Sielaff) - und ihr wollt hier allen Ernstes behaupten, diese Leute seien nicht „rechts“? Serioulsy?

Sonst wird doch immer gefordert, mal „Klartext“ zu sprechen. Warum wird jetzt so rumgejammert?

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Bitte nicht diese culture war/ cancel culture Rethorik hier mit reinbringen. Abdel-Samad macht hier genauso eine polarisierende Verallgemeinerung wie jene, die er „den“ Antirassisten vorwirft. Man muss hier echt aufpassen. Meistens beziehen sich solche Statements nämlich auf irgendwelche Erfahrungen und Verhalten auf social media. Außerhalb von social media werden dir viele Leute erklären, dass es gesellschaftlich verwurzelte Narrative gibt, in die man rein sozialisiert wird und sich daher auch rassistisch verhält. Die wenigsten Leute werden dir deshalb sagen, dass du ein schlechter Mensch bist. Aber der Verweis auf irrationale Ängste, die sich nur „Sündenböcke“ suchen, verdeckt halt den darunter liegenden Rassismus. Du infantilisierst damit die Leute, die sich rassistisch verhalten.

Grundsätzlich ist aber auch dein Bezug auf die Mitte ein Problem, denn damit verschiebt sich, was links und rechts heisst zusammen mit der Mitte. Grundsätzlich kann man gerade in Deutschland sehr gut argumentieren, dass die Mitte an sich relativ rechts ist im Vergleich zu vielen anderen westlichen Ländern. Das sollte einen angesichts deutscher Geschichte eigentlich auch nicht sonderlich wundern. Aber das sollte man dann kritisch reflektieren und nicht die Mitte als positiven Bezugspunkt nehmen um Rassismus zu relativieren.

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Ich glaube, es ist für die Diskussion nicht hilfreich, aus der Einordnung ‚Rechts‘, um die es hier geht, gleich weider ein LInks vs. rechts aka Hufeisentheorie zu machen. Ich denke mal bei der offensichtlichen Gefahrenlage ist erwiesenermaßen der Rassismus eine andere Gefahrenklasse als ‚linksgrünes naives Gutmenschentum‘.

Muss ja gar nicht handlungsleitend ein. reicht schon wenn die Masse passiv dabei zuschaut wie die Nachbarn langsam ins KZ gebracht werden.
Die von die genannten Ängste haben alle. Ob ich darauf dann mit Rassismus reagiere ist eine andere Sache.

Ich sehe es an deinen anderen Postings: Du willst keine Sprachpolizei, es gibt eigentlich keine oder wenige Rassisten, oft ist auch das politische Links Schuld am Rechtsruck …

Karl Lauterbach: Auch so ein ‚Vorzeigelinker‘, mit seinem Plan noch mehr Krankenhäuser abzuschaffen.

Getroffene Hunde bellen nicht, sie jammern meist.

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Diesen Vergleich halte ich für absolut unpassend und anmaßend.

Heutigen, in der BRD (sicherlich vorhandenen) Rassismus auch nur ansatzweise mit der Singularität des Holocausts zu vergleichen ist mehr als nur ein Abwürgen der Diskussion, es ist schlicht unpassend.

Nettes Strohmannargument. Jetzt haben wir hier einen Holocaust-Vergleich und zwei Strohmannargumente. Tut mir Leid, aber da bin ich raus - schönen Abend.

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Nein, das ist ein Vergleich der sich durchaus aufdrängt: Bei allen Deutschen ‚Naziproblemen‘ gibts immer eine dies tolerierende Mitte. Am Ende waren es immer ‚nur ein paar‘ und der Rest ist fein raus. Das war im zweiten Weltkrieg durchaus oft so.

  • Rostock Lichtenhagen: Anwohner haben zugeschaut und applaudiert.
  • Dönermorde? Eine nur zu gerne verbreitete Geschichte die einfach einen ganzen Haufen Menschen unter Generalverdacht und diskriminiert hat, während die eben die Opfer des NSU-Terrors waren?
  • Systemischer Rassismus in wahrscheinlich jedem gesellschaftlichen Bereich den wir als ‚sehr Deutsch‘ empfinden? Vorhanden

Das war eine Beobachtung, kein Argument. Das sind in sich unterschiedliche Dinge.

“The key to moving forward is what we do with our discomfort. We can use it as a door out—blame the messenger and disregard the message. Or we can use it as a door in by asking, Why does this unsettle me? What would it mean for me if this were true?”
― Robin DiAngelo, White Fragility: Why It’s So Hard for White People to Talk About Racism

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Rassismus ist nach relativ klaren Kriterien zu fassen, während „naives Gutemenschentum“ ziemlich das Gegenteil davon ist, nämlich maximal schwammige Polemik. Insofern stimmt deine Gegenüberstellung nicht (ist auch eine Art False Balance).

Aber damit möchte ich nicht die Diskussion abwürgen.

Da kann ich Abdel Samad schon ein wenig zustimmen. Das „linke“ Lager ist nicht frei von solchen Selbsüberhöhungen. Aber welche Strömung ist schon frei von solchen Leuten? Immerhin halte ich selbst denen zugute, dass sie die Unterscheidung nicht entlang von Herkunft und Aussehen machen, sondern nach Überzeugungen, die im Gegensatz zur Herkunft veränderlich sind. Rassismus mit „Überzeugungshochmut“ gleichzusetzen stimmt nicht mE.

Für kritikwürdig und destruktiv halte ich Überheblichkeit, welcher Art auch immer. Da bin ich bei dir.

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Bei allen (schlimmen) Beispielen die Du aufführst, halt ich auch den Vergleich mit Nazizeiten und massenhafter, organisierter Deportation und Ermordung für völlig unangebracht!

Abgesehen davon gibt es das Wegsehen und Hinnehmen von Gewalt gegen Andere auf allen Seiten des politischen Spektrums. Was es nicht besser macht…. Finde leider spontan keinen Link dazu, aber gab vor +/- 5 Jahren mal eine Studie „Warum Zeugen wegschauen“.

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Ich denke du meinst den Zuschauereffekt, der recht gut erforscht ist

Da gibts es in diesem 5 Stufenmodell auch den Punkt ‚Verantwortung übernehmen‘. Ich löse einfach die Verantwortungsdiffusion anders auf als du, denke ich. Ich sehe mich (als eher antifaschistisch engagierter Bürger) dann doch in der logischen Nachfolge meiner Großeltern, die beide zur Nazizeit gelebt haben (inkl. Teilnahme des Großvaters am Russlandfeldzug). Ich sehe das einfach als meine Bürgerverantwortung drauf hin zu weisen, dass es eine ‚Mitte‘ gibt, die immer offener mit extrem Rechten und faschistoiden Positionen übereinstimmt. Dazu gibts auch mehr als genug Forschung.
Immer gleich pikiert zu reagieren, wenn einer sagt ’ das ist ja wie in den 30ern’ mag zwar opportun sein, um die eigene Position in einer Diskussion zu stärken, es hilft aber nur begrenzt bei dem Verstehen und sicherlich nicht beim Bekämpfen von diesen Strömungen.