LdN322 Verkehrswende „Anne Will“ & warum das Dienstwagenprivileg verteidigt wird

Sehr schwierig. Welcher Arbeitnehmer lässt sich darauf ein?
Das Auto muss ja schließlich auch irgendwo parken und hingestellt werden. Wenn ich einen Parkplatz zu Hause habe (Miete oder besitze) dann kann ich den nutzen aber das Auto privat nicht? Dann muss es ein Firmenwagen sein, der auf dem Firmengelände steht, und dann ist das ein Pool Fahrzeug und hat nichts mehr mit der hier diskutierten Regelungen zu tun.

Erstens können auch Poolfahrzeuge unter die 1%-Regelung fallen, nämlich, wenn sie auch privat genutzt werden dürfen.
Und zweitens muss ein nur beruflich genutzter Firmenwagen nicht zwangsläufig ein Poolfahrzeug sein. Ich kann morgens mit dem Fahrrad in die Firma fahren und dann in meinen Firmenwagen umsteigen.
Ich kann als Vertreter zu Hause parken und trotzdem nur beruflich damit fahren (weil ich z. B. als Stadtbewohner gar nicht darauf angewiesen bin). Der Parkplatz wird selbstverständlich dem Arbeitgeber dann in Rechnung gestellt.

Zeit, dass das geändert wird.
Abschaffung des Dienstwagenprivilegs (und der Pendlerpauschale) + massive Förderung der gemeinschaftlichen Verkehrsmittel und finanzielle Unterstützung für die Menschen, die diese nutzen.
Vermutlich wird es dann etwas höhere Löhne geben. Vielleicht nicht in derselben Höhe wie der Dienstwagenvorteil. Aber es ist der richtige Weg.

Lieber Ulf und Philip, liebe LdN-Community,
manche Vor-Kommentatoren erwähnen bereits meine Meinung zu diesem Thema. Insgesamt ist mir die Diskussion jedoch zu kleinteilig.

Es kann doch nicht euer Ernst sein, dass hier Kilometerkosten und Steuererleichterungen aufgelistet werden.

Denkt größer!! Angesichts der Klimaerhitzung brauchen wir eine große Transformation weg vom Auto.

Subventionen dürfen zukünftig ausschließlich in eine andere Art von Mobilität gehen.
Damit man auch auf dem Land ohne Auto auskommen kann.
Damit auch arme, kranke, eingeschränkte, alte und führerscheinlose Menschen Teilhabe erlangen.
Damit die Zahl der Unfalltoten, Verletzten und durch Unfälle traumatisierten Personen abnimmt.
Damit Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV-Nutzer priorisiert werden, denn sie schützen das Klima, sie verhindern die weitere Erhitzung in der Stadt, sie sorgen dafür, dass wieder Kinder und die Schwächeren der Gesellschaft im öffentlichen Raum sind.

Vergesst nicht: Der Umbau von Verkehrsstrukturen, eine neue Art von Mobilität, die Rücksicht auf Schwächere und Auto- und Führerscheinlose wird uns allen zugutekommen.

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Im übrigen fand ich den Podcastbeitrag sehr gut.
Auch mich hat es sehr genervt, dass die drei Männer bei Anne Will von irgendwelchen Fahrtenbüchern und Sekretärinnen (nicht gegendert!) gequasselt haben. Völlig antiquiert. Neben der Spur. Ohne Bewusstsein, dass es hier nicht um Fahrtenbücher geht.
Danke, Ulf und Philip, für die genaue Erklärung. Damit bekommt man für Diskussionen das erforderliche Wissen mit auf den Weg.

Hallo zusammen,
auch ich finde in der Dienstwagen Thematik muss nochmal ein bisschen nachgearbeitet werden.
Ich arbeite in einem kleinen mittelständischen Betrieb im Westerwald und darf selbst das Dienstwagen Privileg genießen.
Tatsächlich ist es bei uns so, dass fast alle Mitarbeiter mit dem Auto auf die Arbeit kommen müssen, da die Anbindung mit dem ÖPNV nicht schlechter sein könnte und wir nun Mal selbst Produkte herstellen, was im Home-Office und in Co-Working Spaces schwer vorstellbar ist. Selbstverständlich haben wir allen Positionen, in denen die Möglichkeit besteht, Home-Office ermöglicht.
Konkret habe ich mich etwas an dem Argument gestört, dass es in Ordnung wäre, Mitarbeiter ländlicher Betriebe durch höher Kosten fürs Autofahren, zu benachteiligen, weil diese ja auch niedrigere Lebenserhaltungskosten haben. Natürlich ist das im Prinzip korrekt, aber die Kausalkette ist da meiner Meinung nach andersrum.
Eben WEIL große Unternehmen, die die Produkte am Ende an den Kunden bringen große Margen einfahren, in Ballungsräumen ansässig sind und die Gehaltsniveaus durch Tarifverträge etc in die Höhe drücken, sind die Lebenserhaltungskosten im städtischen Raum so teuer.
Wir sind schlichtweg nicht in der Lage mit den Arbeitsbedingungen größerer Unternehmen zu konkurrieren und real betrachtet können oder wollen nicht Mal diese Unternehmen nachhaltig diese Arbeitsbedingungen finanzieren. Bei führenden Automobilkonzernen sind zum Beispiel nur noch ein Bruchteil der Beschäftigen in der technischen Entwicklung tatsächlich bei fest dort beschäftigt. Alle anderen sind Mitarbeiter von Entwicklungsdienstleistern, haben deutlich schlechtere Lohn-Niveaus und sind sogar häufig die Kompetenzträger in den Abteilungen.

Für 3 Mrd€ im Jahr ist es utopisch eine flächendeckende, zuverlässige ÖPNV Anbindung für alle Menschen im ländlichen Raum zu schaffen. Dazu wären gleich mehrere Doppelwummse nötig.
Ein Dienstwagen ist für uns ein gutes Mittel unseren Geschäftsstandort für Mitarbeiter attraktiver zu machen, ebenso natürlich auch Deinsträder, etc.

Vielleicht wäre ein geeigneter Ansatz das Dienstwagen Privileg nur dort etwas unattraktiver zu machen, wo eben auch eine konkrete Alternative an ÖPNV zur Verfügung stünde, obwohl das natürlich im Einzelfall schwierig zu bemessen ist.
Andernfalls führt das langfristig nur zu steigenden räumlichen Disparitäten, weil Unternehmen wie wir noch größere Probleme bekommen werden Personal zu finden - und das ist jetzt schon schwierig…

Viele Grüße

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Vor allem auch Kinder und Jugendliche.

Die Dienstleister schaffen es doch auch?
Wenn der Dienstwagen der einzige Grund ist, bei einer Firma anzufangen, scheinen die Vorteile doch größer zu sein, wie manche uns hier glauben machen wollen.

Und Sinn ist ja, gerade die Voraussetzungen zu schaffen, ein umsteigen auf den ÖPNV zu ermöglichen. Damit dort investiert werden kann, muss aber woanders gespart werden. Und nicht, wie gerade vom Autominister angekündigt, Autobahnen auszubauen.

Danke für den Input.
Ja, es sollte differenziert werden.
Aber dass so viele Menschen Auto fahren MÜSSEN, weil es nicht genug ÖPNV/on demand gibt, ist einfach nicht ok.
Ein Gedanke noch, wie wäre es mit steuerlicher Förderung von Fahrgemeinschaften? In vielen PKWs sitzt nur ein Mensch. Das ist Wahnsinn.

Ja; genau: Auch Kinder und Jugendliche.
Elterntaxi zu brauchen, ist nicht gut.

Was für ein Unsinn, als wenn der Staat aus Steuereinnahmen Dienstwagen bezahlen würde.

Also außer die der öffentlichen Verwaltung.

Egal ob Dienstwagen oder Pendlerpauschale, der Fokus auf dem Auto ist in Deutschland gewollt gross.
Natürlich kann man diese Subventionen sinnvoller im Sinne der Nachhaltigkeit einsetzten. Es braucht aber dann Alternativen wenn die automobile Mobilität reduziert werden soll.
Und da gibt es keine pauschale, für alle gültige Lösung.
Wohnortnahe Co-Workung-Spaces passen für den Büroangestellten, nicht für die Einzelhandelskauffrau.
Telemedizin mag für den Psychologen teils gehen, für den Hausarzt nur sehr minimal.
Also gerne jede mögliche Lösung nutzen, aber bitte nicht verallgemeinern

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Aus Sicht eines Selbstständigen bedeutet die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, dass ich mir privat ein zweites Auto anschaffen muss. Im Sinne von weniger Autos nicht hilfreich.

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Mag sein, dass ich das vereinfacht dargestellt habe. Aber für mich spielt keine Rolle, ob der Staat Geld ausgibt oder Geld nicht einnimmt und auch nicht, ob das eine Steuer oder sonsteine Einnahmequelle ist. Die 3 Mrd oder wie viel auch immer sind an vielen anderen Stellen besser investiert, Bildung z. B.

Aber der Vorteil ist nicht unbedingt ein geldwerter sondern viel häufiger eine zeitliche Entlastung.
Mann muss sich nicht um Autokauf oder -verkauf kümmern, eine Versicherung auszusuchen und so weiter …

Fahrgemeinschaften werden bereits gefördert. In einer Fahrgemeinschaft erhält jeder Teilnehmer die Entfernungspauschale. Lediglich für die Mitfahrer ist die Entfernungspauschale auf insgesamt 4.500 € begrenzt. Wenn der Mitfahrer aber an einigen Tagen selber fährt, dann werden diese Fahrten zusätzlich berücksichtigt. Ebenso können Ehepartner beide in einem Auto zum selben Arbeitgeber fahren und beide erhalten volle Entfernungspauschale!

Auch das könnte man dann diskutieren: Ist das eine sinnvolle Subvention damit sich Fahrgemeinschaften bilden und die Menschen nicht wg. Entfall der Entfernungspauschale lieber selber fahren oder müsste diese Subvention dann nicht konsequenterweise auch entfallen.

Ok, ich wollte damit im Grunde nur sagen, dass ich das Auto nicht verteufle. Am Ende werden einige beruflich oder privat weiter aufs Auto angewiesen sein. Dieses muss dann Elektro sein und in Carsharing oder Fahrgemeinschaft gefahren werden.
Wichtig ist die große strukturelle Transformation, die es nicht geben wird, wenn das Dienstwagenprivileg und die Dieselsubvention weiterbestehen.

Was ich noch ergänzen möchte zum Dienstwagenprivileg (das wir auch nutzen dürfen): der Arbeitgeber bzw. Leasinggeber zahlt auch Steuern, Versichrung, Wartung, Reparaturen und vor allem den Kraftstoff. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, da der Mitarbeiter somit kein monetäres Interesse an sparsamen Fahrzeugen oder Fahrweisen hat. Und je mehr er mit dem Fahrzeug fährt desto mehr rechnet sich die „Flatrate“ (Kosten = Versteuerung aus Fahrzeugpries und Entfernungsabhängegem Anteil). Das verführt doch auch immer mit dem Auto zu fahren. Auch als Nutznießer der Regelung wäre ich aus umweltpolitischen Gründen für ein Ende derselben.

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Ich muss mich meinen Vorderndern anschließen. Ich höre gerne und schon lange LdN, aber noch nie hatte ich einen so großen Drang mich anzumelden und zu kommentieren.

  1. Die monatlichen Kosten meines letzten Privatwagens hatte ich nach dem Verkauf genau berechnetet (also inkl. tats. Wertverlust). Bei einem Dienstwagen mit ähnlicher Entfernung bin ich nicht wirklich günstiger dran. Aber ja, bequemer. Auch für den Arbeitgeber wegen Dienstreisen, Planung, usw.

  2. Selbst wenn es (viel) günstiger wäre, Dienstwagen wird als Teil der Entlohnung gehandhabt und nicht einfach geschenkt.

  3. Wer mit den Öffentlichen so gut angebunden ist, dass er/sie aufs Auto verzichten kann, würde es tun, egal ob Privat- oder Dienstwagen. Beides kostet Geld (Elektro aber tatsächlich deutlich (!) weniger). Zumindest kann ich das aus eigener Erfahrung sagen und denke, dass es auf viele zutreffen würde.

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Hallo Leute,

hab mich wie immer auf die Folge LdN gefreut und erstmal während der Fahrt nach Hause verschlungen. Wo? Im Dienstwagen. Privileg? Vielleicht. Vor allem einfach für mich und den AG. Jährliche Laufleistung bei mir zwischen 70k und 80k. Ich habe keine erste Tätigkeitsstätte und meine Karre ohne Massagesitze kostet knapp unter 31k € Listenpreis. Private Nutzung inklusive, absolut keine Zusatzkosten. Meine private Nutzung schätze ich auf 10, max. 15% ein. Wer denkt, dass ich bei knapp 1700km Wochenleistung am Sonntag Bewegungsfahrten mache, weil ich Autofahren liebe, der irrt gewaltig. Für mich ist das Auto ein Arbeitsmittel wie jedes andere.

Was ich in der Diskussion ein bisschen schade finde, dass hier absolut nicht differenziert wird. Klar, sehe ich das Problem, wenn der Abteilungsleiter mit seinem 65.000€ Hybrid mit 230 auf der linken Spur, für ein Appel und ein Ei ,über die A3 brettert und das Ladekabel liegt bei Leasingrückgabe noch original verpackt im Laderaum, und sein Angestellter fährt mit dem Golf 4 70km zur Arbeit und darf dann im nächsten Jahr mit der Erklärung seine paar Cent pro Kilometer abholen.

Zudem finde ich den Vergleich „50k-Auto selbst kaufen vs. Dienstwagen“ nicht fair:

  1. Nur weil ich einen 50k-Dienstwagen fahren würde, kaufe ich mir nicht automatisch den gleichen Wagen privat, hätte ich das Firmenauto nicht.
  2. Jeder halbwegs wirtschaftlich denkende Mensch würde einen (jungen) Gebrauchen wegen der starken Wertverluste zu Beginn einem Neuwagen vorziehen.
  3. Natürlich nehme ich als Dienstwagen einen Neuen, denn ich muss den Listenpreis bezahlen völlig unabhängig vom Alter und Zeitwert.
  4. 1% Regelung ist in der Regel nicht alles, das Meiste sind die 0,03% pro Kilometer für viele Angestellte. Das haut oft so richtig rein. Die bekommt natürlich auch nicht der AG als Entschädigung durch den AN, sondern der Staat.

Vielleicht wichtig zu erwähnen: Ich fahr auch mal 160, 180, nicht gerne, aber ab und an, und dennoch bin ich auch für ein Tempolimit. Gerne 130, besser 120. Warum nicht nur für Verbrenner? Wenn ich meinen Strom selber produziere, oder es (hoffentlich ganz bald) Strom ganz billig und fast ausschließlich regenerativ gibt, warum dann nicht wieder schneller?

Dienstwagenprivileg ist ein ganz wichtiges Thema! Super gerne ein Spezial, aber bitte differenziert und gerne mit Lösungsvorschlägen. Vor allem müssen alle Aspekte beleuchtet werden, sodass weder der Dienstagenvielprivatfahrer als auch der -wenigfahrer bevor- oder benachteiligt wird.

Trotz etwas Kritik: Weiter so!

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Ich denke, man kann recht sicher sagen, dass das Dienstwagen Privileg eine Subvention der Autohersteller ist. Das bestätigt ja auch Herr Diess oben, danke an @Jensebluemchen dafür.

Und was die Arbeitnehmer angeht, bringt es ja @Emanuel auf den Punkt:

Das bedeutet also, selbst wenn der Arbeitnehmer finanziell nicht davon profitiert, fährt er doch zumindest ein größeres Auto, als er sich sonst leisten könnte/würde. Und da liegt dann eben der Vorteil.

Wäre da gar kein Vorteil, würden sich da auch etliche Arbeitnehmer gerichtlich gegen einen Firmenwagen zur privaten Nutzung wehren, da dieser ja sonst ihr Gehalt verkleinern würde.

Und ich glaube auch, dass die Unternehmen ordentlich Vorteile vom Dienstwagen-Privileg haben, sonst würden sie es nicht machen, denn die müssen ja auch knallhart kalkulieren.

Am Ende des Tages ist es ein Vorteil für betroffene Arbeitnehmer, Arbeitgeber und natürlich die Auto-Industrie.

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