LdN315 - ist der "Schwarze Peter" rassistisch?

Stimmt, dennoch finde ich diese „Angewohnheit“ geradezu erfreulich. Ich schreibe auch nie solche Abkürzungen - dieses heimliche Grauen können wir uns schon noch eine Weile erhalten.

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Finde den Vorschlag gut, mal mit einem Experten aus der Wissenschaft ein Interview zu führen.

Den Anspruch aber, dass man nur mit einer 100% neutralen Person sprechen kann, sollte man aber nicht haben. Den kann man in der Realität nicht erfüllen. Auch wenn eine Person den wissenschaftlichen Konsens mit ihrer eigenen Meiung vertritt ist das doch okay. Nach 2-3 solcher Interviews hat man dann meist ein gutes Gefühl was Meinung ist und was nicht.

Meiner Meinung nach, müssen wir den Sprachgebrauch nicht ändern. Sagt man Schwarzer Peter, meint man das Kartenspiel bei welchem Schwarz für Schmutz (Kohle) steht. Sagt man Schwarzfahren, meint man das Fahren ohne Fahrschein bei welchem Schwarz für Verdunkelung oder Heimlichkeit steht. Wenn jemand behauptet, man würde mit diesen Worten Rassismus ausdrücken finde ich das überinterpretiert. Fände es aber interessant welche wissenschaftliche Erkenntnisse dafür sprechen, den Schwarzen Peter und das Schwarzfahren umzubenennen.

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Ich glaube der Hauptpunkt, den ich in diesem Zusammenhang an Ulfs Aussage nicht verstehe, ist:
Warum ist das ausgerechnet beim Thema Rassismus ein unüberwindbares Problem - bei anderen Experteninterviews aber nicht?

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Das behauptet in der Regel niemand.
Es geht eher um das Problem, dass Sprache gesellschaftliche Realitäten schafft, daher die Wahrnehmungen der Menschen beeinflusst. Die Verbindung von „Schwarz=Negativ“ kann daher, auch wenn diese Verbindung ohne jede rassistische Intention hergestellt wird, dazu führen, dass unbewusst auch schwarze Menschen mit „negativ“ assoziiert werden. Wie stark dieser Effekt tatsächlich ist, darüber streiten sich die Wissenschaftler massiv. Dass dieser Effekt generell existiert ist jedoch nahezu unbestritten. Die Frage ist nur: Ist der Effekt vernachlässigbar oder würde es uns - in zukünftigen Generationen - zu einer besseren Gesellschaft machen, wenn wir die Sprache weitestgehend von derartigen Effekten bereinigen würden. Meines Erachtens sollte man sich schon in diese Richtung bewegen, aber eben langsam, um gerade die konservativen Menschen nicht zu überfordern (die haben’s nicht so mit Veränderung… ).

Grundsätzlich ist es schon ein großer gesellschaftlicher Fortschritt, dass wir uns über die Wirkung von Sprache auch in diesem Kontext heute Gedanken machen und solche Dinge diskutieren.

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Wäre das dann nicht, wenn man jegliche Rassismen vermeiden will, ein Argument „schwarz“ aus unserem Wortschatz zu streichen?

Volle Zustimmung! Denn es geht m. E. darum, die Spache aller und nicht nur einer besonders rücksichtsvollen/bewussten Gruppe (polemisch: der woke bubble) zu ändern. Um dies zu erreichen braucht es Zeit und seitens der Befürworter einer Sprachänderung eine gewisse Zurückhaltung in der Ansprache, damit es nicht mit „Man darf ja gar nichts mehr sagen“ abgetan werden kann.

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Der Ausgangspost bezeichnet den Schwarzen Peter zuschieben als rassistische Redewendung.

Stimme dir zu, dass es richtig ist, die Sprache und deren Wirkung zu hinterfragen. Und bei jedem Begriff kann es da nach Abwägung eventuell auch ein anderes Ergebnis geben.

Womit ich nicht übereinstimme ist, dass man alle negative Assoziierungen mit Wörtern beseitigen sollte, nur weil es sein könnte, dass diese Rassismus verstärken könnten. Ich sehe halt hier keinen bewiesenen Zusammenhang. Man verliert aber einfach einen Teil der Ausdrucksmöglichkeiten und die bildhafte Sprache.

Ein Beispiel für bildhafte Sprache: der schwarze Freitag 1929. Hier hab ich gleich das Bild im Kopf, dass die Spekulanten, die an der Börse ihr Vermögen verzockt haben, mit dem Bild einer schwarz gekleideten Trauergemeinde.

Da sind wir wieder beim Thema Assoziationen. Nur weil man „schwarz“ in einem Kontext als negativ ansieht, heißt das nicht, dass man es automatisch in allen Kontexten als negativ ansieht. Beispiel: Bei sehr vielen modernen Desings ist es derzeit sehr beliebt schwarz als Farbe zu verwenden. Auch wenn man sich kleidet, macht man mit schwarz häufig nichts falsch (es sei denn man kleidet sich komplett in schwarz). Würden sich diese negativen Assoziationen, die wir mit „schwarzfahren“ etc. haben wirklich so stark übertragen, dürften wir fast nichts schwarzes in unseren Umgebungen haben, weil es uns immer ein schlechtes Gefühl geben würde.

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Das wäre tatsächlich eine andere Möglichkeit, mit der Problematik umzugehen:

Man kann versuchen, mehr Dinge mit „Schwarz“ positiv zu besetzen. Beispielsweise der „Black Friday“ bzw. die „Black Week“ als Angebotswoche, auf die sich die Menschen freuen. Oder auch die „schwarze Szene“ im Sinne der Gothik-Szene oder „Black Music“, die sich selbst positiv mit der Farbe Schwarz assoziieren.

So gesehen hast du Recht, man kann natürlich, statt „schwarz“ für Negatives zu vermeiden, auch versuchen, „schwarz“ häufiger mit etwas Positivem zu assoziieren.

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Eine andere Bedeutung: „die Schwarzen“ meint die Unionsparteien. Da gehen bei mir die negativen Assoziationen einfach nicht weg.
Es gibt halt mehr Dinge auf der Welt als Hautfarbe - und wenn man versucht, alles auf das Thema Hautfarbe zu reduzieren, funktioniert das halt nicht und findet keine Akzeptanz. Auch nicht bei allen gutwilligen Menschen, die Rassismus ablehnen.

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Auf den letzten Teil zielte ich mit der Frage ab, ob man dann nicht „schwarz“ ganz aus dem Wortschatz streichen muss.

Zu den Assoziationen/Assoziierungen (gibt es da eigentlich einen Unterschied?), m. E. wird nicht versucht, Assoziationen beseitigen will, sondern die Wörter streicht, mit denen negatives assoziiert wird. Letzteres finde ich schwierig, ersteres wäre doch ein guter Ansatz.

Wenn alles mit einem körperlichen Merkmal in Verbindung gebracht wird, auch um Rassismus entgegenzuwirken, ist dass dann nicht aber auch Schubladendenken? Für mich wird zu häufig Rassismus in ein Wort oder einen Satz hineininterpretiert. Es gibt natürlich ganz eindeutige und unmissverständlich rassistische Äußerungen und Bezeichnungen. Dort gibt es auch keine zwei Meinungen. Aber beim Spiel Schwarzer Peter wird Sprache irgendwann auch unmöglich. Wobei das Spiel stellvertretend für viele andere Formulierungen steht. Man kann auch etwas zum Problem machen, wo es gar kein Problem gibt. Das lenkt dann aber von den wahren Problemen im Bereich Rassismus ab.

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Ich finde es mutig, dass Du Dich traust zu sagen, dass die Bubble es übertreibt. Das ist auch meine Wahrnehmung.

Ja, das ist richtig. Ich habe aber den Eindruck, dass wir primär über Sprache diskutieren und die eigentlichen Probleme wie Diskriminierung in den Hintergrund geraten. Es ist halt wesentlich einfacher statt dem ausgesprochenen/ausgeschriebenen Wort N-Wort zu sagen, als das N-Wort neutral bzw. positiv zu belegen oder rassistische Diskriminierung zu reduzieren.

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Ich halte das für ein schlechtes Beispiel, auf das Wort kann man verzichten.

So geht es mir auch manchmal.

danke für das umfangreiche Feedback!

Ich habe mit dem Konzept Cancel Culture so meine Probleme, aber es ist nicht mehr ganz einfach, offen darüber zu sprechen, was eigentlich Rassismus ist und bekämpft gehört und wo es „die Bubble übertreibt“. Zugleich ist dieser Diskurs aber wichtig. Nun bin ich in der günstigen Lage, als Mitgründer der GFF - einer der wichtigsten Anti-Diskriminierungs-Organisationen in Deutschland - und Lage-Host offener sprechen zu können als viele andere. Daher mache ich mir natürlich meine Gedanken, wie Philip und ich diese Verantwortung wahrnehmen können.

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Irgendwann kommt die Wissenschaft an ihre Grenzen des für die Politik leistbaren, insbesondere in den Geisteswissenschaften. Hier wird immer eine gewisse Vagheit existieren, nicht nur ganz grundsätzlich im Rahmen metaphysischer Erkenntnsse, sondern auch ganz praktisch, etwa im Verfassungsrecht, wo wir auch über bestimmte Fragen ewig diskutieren können und „die one true answer“, wenn sie überhaupt existiert, selten finden.

Es ist doch ganz abwegig, dass das Konzept „Rassismus“ bzw. die Fragen „Was ist rassischtisch, warum und welche Konseqenzen soll das jeweils haben“, schlicht wissenschaftlich abschließend beantwortet werden können. Diese Fragen sind untrennbar mit politischen und epistemologischen Standpunkten verbunden.
Es kann hier nicht darum gehen, irgendwelche Erkenntnisse oder Wahrheiten zu gewinnen, was Aufagbe der Wissenschaft wäre, sondern einen Konsens zu erarbeiten. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe.

Der Klimawandel ist etwas anders zu bewerten. Hier kann die (Natur)-Wissenschaft uns sehr genau bestimmte Fakten liefern, die die Gesellschaft dann bewertet. Letzteres ist zwar wieder ein politischer Akt, aber hier wurde verhältnismäßig klar ein Konsens erzielt. Es kommt schlicht keine andere Bewertung in Frage, als dass die vorhergesagten Schäden schlicht zu groß sind um sie hinzunehmen.
Beim Thema „Rassismus und Sprache“ ist der Konsens noch unklar, wie die Diskussion hier zeigt.

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Nichts von dem würde ich würde ich abstreiten und empfinde es dennoch als seltsam, wissenschaftliche Erkenntnisse in so einen Diskurs nicht mit einbeziehen zu wollen. Das wurde in der Lage bei der Diskussion um den Ukraine Konflikt ja z.B. auch gemacht.

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Vielleicht auch nochmal ne ganz Gute Quelle:
Susan Arndt Wie Rassismus aus Wörtern spricht.

Ganz einfach:
Die Diskussionen um den Negerkönig bei Astrid Lindgren z.B. oder auch Karl May

Die Bücher sind aus einer anderen Zeit, also sollte man das eher einordnen als zwanghaft alte Werke umzuschreiben.

Ich fand immernoch die Story um den Wirt der Gaststätte „zum Mohren“ gut.
Die (weißen) Antirassismus Aktivisten wollten unbedingt den Wirt sprechen um zu verlangen, dass der Name geändert wird. Nur der Wirt (und Besitzer) war halt ein Schwarzer der sich den Namen selbst ausgesucht hat.

Oder eben wie hier der mehr oder weniger verklausulierte Versuch Schwarz als Wort komplett aus der deutschen Sprache zu verbannen.

Sowas ist für mich übertrieben.
Erstmal schauen und aufklären ob etwas wirklich rassistisch ist und dann erst Änderung oder Verzicht fordern.

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Beispiel aus der IT/Softwareentwicklung:

Es gab schon vor ein paar Jahren einen wahren Kreuzzug, um die Begriffe Blacklist/Whitelist oder auch Master/Slave (wer als Kind mit Jumpern gespielt hat erinnert sich vielleicht) zu entfernen.

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Eine Interessante Diskussion.
Zu dem Thema könnte man auch die Bezeichnung Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls in Frage stellen :woozy_face::face_with_monocle::thinking:

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