LdN311 Lindner-Interview/ Umverteilung, Erbschaftssteuer u. a. Vermögensabgaben

Gern würde ich einmal ein paar Fakten weitergeben, die die Erbschaftssteuer betreffen.
Denn es geht darum, dass Schlupflöcher geschaffen wurden, die ungerecht sind.
Ein Beispiel: Warum muss man bei drei vererbten Wohnungen Steuern zahlen, bei 300 Wohnungen aber nicht mehr?

Dass solche Dinge ungerecht sind, ist nicht meine Meinung, sondern die des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts, die mehrfach bestätigt haben, dass die gültige Erbschaftssteuer verfassungswidrig ist. (Quelle siehe unten)

Was macht die Politik?
„So reagierte das Bundesfinanzministerium 2018 mit einem sogenannten Nichtanwendungserlass auf das Urteil des Finanzhofes. Die Finanzämter sind damit angewiesen, die aktuelle Verfassungswidrigkeit der Regelung einfach zu ignorieren.“ (Quelle s. u.)

Und übrigens gibt es wissenschaftlich keinen Hinweis auf die Gefährdung von Arbeitsplätzen bei einer konsequenten Anwendung der Erbschaftsteuer, wie ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium zeigt. Im Gegenteil: Es besteht die Gefahr durch Lock-In Effekte in der Führungsstruktur (die eben durch Erbschaft, nicht durch Leistung zustande kommt), dass eher Arbeitsplätze gefährdet werden. (Quelle siehe unten)

Wer sachlich fundiert über das Thema diskutieren möchte, sollte einmal folgenden Artikel lesen, aus dem meine Argumente und Zitate kommen:

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Mir ist beim Interview aufgefallen, dass unser Minister Lindner bei der Vermögenssteuerfrage nur auf Betriebe rumreitet. Alles andere wird im Interview ganz außen vor gelassen: Privatvermögen, also Geld auf dem Konto, Aktien, selbst genutzte Immobilien, die Bilder an der Wand, etc.

Wenn man Privatbesitzt aufteilt in „Aktives“ und „Passiven“ Besitz, dann wird ein Schuh draus: „Aktiv:“ Dinge der der Gesellschaft „dienen“ (z.B. Betriebe, in denen Menschen arbeiten, vermietete Immobilien, etc.) kann man anders (Vermögens-) besteuern, als Besitz, der der Gesellschaft nicht dient „Passiv“ (z.B. die private Villa, das Konto, das Depot, etc). Damit wären der Verweigerungsdiskussion wie im Interview sämtlicher Wind aus den Segeln genommen. Aber was wären die Folgen? Die Eigentümer „parken“ mehr Vermögen im Betrieb. Aber das ist doch gut: Damit hat der Betrieb mehr Investitionsmöglichkeiten und kann besser wachen.

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Das ist alles schon mehrfach versteuert, das braucht nicht noch eine Steuer, sorry, aber nein, auf gar keinen Fall!

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Lieber SchattenGeist,

aus Deinem Schuh wird leider nix, da er (im Rahmen einer Entscheidung zu einer Erbschaftssteuer) für verfassungswidrig erklärt wurde.
Man kann immer nur das gesamte Vermögen einbeziehen. Dieser Einwand findet sich übrigens auch in diesem Podcast (LDN 311) ab ca. 35:40.
Bitte erlaube mir noch kurz einen persönlichen Einwand: Ich finde das auch gut so, denn ich traute mir nicht zu „gutes“ und „schlechtes“ Vermögen zu differenzieren.

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Ich sehe das Problem nicht. Für mich ist fremdgenutzes Vermögen (Mietshäusser die auch vermietet sind z.b.) und betriebsnotwendige Gerätschaften/Gebäude gutes Vermögen. Totes Kapital und Spekulationsgüter sind schlechtes Vermögen. Aber schlauere Menschen als ich können das bestimmt besser differenzieren. Güter, die dem Gemeinwohl dienlich sind, wäre
eventuell ein möglicher Überbegriff.

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Und wieder eine mindestens streitbare These. Parteien die dezidiert für Umverteilung werben, haben zuletzt die 5% Hürde nicht genommen, inklusive die Linke. Einen Höhenflug sehe ich bei denen auch gerade nicht.

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Das Problem ist, dass die Differenzierung verfassungsfest nicht möglich ist, wenn man von den (mE richtigen) Vorgaben des BVerfG ausgeht. Da sind sich die Steuerrechtler - nach intensiver Debatte - weitestgehend einig. „Gutes“ und „schlechtes“ Vermögen steuerrechtlich unterschiedlich behandeln - das kann man vergessen.

Betriebe, die weitergeführt werden, werden auch in der Erbschaftssteuer besser gestellt. Da gibt es kein Problem.
Die Vermögenssteuer scheiterte an den Immobilien, im Besonderen wurde bemängelt, dass die Immobilien anhand des Wertes von 1964 bewertet wurden, aber mit den Kapitalerträgen mit aktuellem Wert gleichgestellt wurden. Wie gut, dass im Rahmen der Grunsteuerreform gerade alle Gebäude neu bewertet werden :slight_smile:

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i.S. Erbschaftsteuer: das BVerfG hatte die Neufassung noch nicht auf dem Tisch… fraglich, ob das so halten würde.

Ich glaube nicht, dass es um die Frage Umverteilung ja oder nein geht, sondern darum für was und wie effizient umverteilt wird. Das hat Herr Lindner gut auf den Punkt gebracht: Wo ein starker Staat gebraucht wird, sollte er auch gute Zukunftsinvestitionen tätigen können. Aber das ständige Rufen nach Mehr und mehr Staat ist hingegen keine nachhaltige Lösung.

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@the_mod Vielleicht ein neuer Thread „Vermögenssteuer oder -abgabe und das Eigenkapital im deutschen Mittelstand“?

… und genau Dein Beitrag zeigt sehr das Problem auf. Da wird einfach nicht differenziert.

Handelt es sich um anonyme Anlagevermögen (Finanzvermögen), d.h. der Eigentümer verfügt über flüssige Mittel und investiert die in Finanzanlagen. Und, soweit es sich um ein Investment in Unternehmen (Aktien, GmbH-Anteile, … einschl. Investmentfonds oder Private Equity) handelt, hat der Anleger in aller Regel keine persönliche Beziehung zum Unternehmen (im anderen Fall wird das häufig als Familienunternehmern bezeichnet).

Handelt es sich um Immobilienvermögen? Und wenn ja, welches? Eigengenutzte Immobilien (von der kleinen Eigentumswohnung bis zur Villa). Gewerbliche Immobilien, die er an ein Gewerbe oder einen Betrieb vermietet? Oder Mietshaus, das Wohnraum für Verbraucher darstellt?

Oder handelt es sich um Produktivkapital eines (Familien)Unternehmers, die durch eigenes unternehmerisches Tun Arbeitsplätze geschaffen haben und unterhalten und ein nicht unerheblicher Teil der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen darstellen? Und auch da muss man wieder differenzieren: Anteile an Kapitalgesellschaft (z.B. AG oder GmbH) oder Anteil an einer Personengesellschaft KG, OHG oder Einzelkaufmann.

Ich kenne keine empirischen Daten, wie sich das Vermögen darauf aufteilt.

Wie steht es nun um Lindner’s immer wieder aufgestellte Behauptung, eine Vermögenssteuer oder -abgabe würde „den“ Unternehmen das Eigenkapital entziehen und damit unseren Mittelstand ruinieren?

Richtig ist das ausschließlich für die sog. Personengesellschaften. Bei denen steckt tatsächlich privates Vermögen als Eigenkapital im Unternehmen und eine Vermögenssteuer oder -abgabe würde dem Unternehmen Eigenkapital entziehen. [Abgesehen davon, dass sich mir die Existenzberechtigung der Rechtsform einer Personengesellschaft ohnehin schon lange nicht mehr eingängig ist (die persönliche Haftung des Gesellschafters verbessert die Bonität nicht ein Deut besser als wenn der Hauptgesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine persönliche Bürgschaft begibt, was heutzutage die meisten Banken standardmäßig verlangen) - gerade bei kleineren Betrieben gibt es m.W. immer noch sehr viele Personengesellschaften, deren Unternehmer alles anderen als „reich sind“] könnte man dieses Problem mit gut begründbaren gesetzlichen Ausnahmetatbeständen lösen.

Wenn es sich um eigenen Kapitalunternehmen (z.B. GmbH, AG) handelt, entzöge eine Vermögenssteuer oder -abgabe dem Unternehmen kein Eigenkapital, den das Betriebs- und das Privatvermögen sind strickt getrennt. Natürlich entzieht eine Vermögenssteuer oder Abgaben solchen Aktionäre oder Gesellschaftern etwas privates Vermögen (reduzieren also die Rendite auf Ihren Anteil am Unternehmen). Ob diese Vermögensreduktion kriegsentscheidend sein wird, wenn es darum geht, dass der Aktionär oder Gesellschafter dem Unternehmen zusätzliches Eigenkapital für notwendige Investitionen zur Verfügung stellt, wage ich zu bezweifeln. Wenn ein Unternehmen nur überlebt, wenn der Unternehmer immer wieder Geld ins Unternehmen steckt, hat es offenbar kein stabiles Geschäftsmodell und es ist irrational, dieses Unternehmen weiter zu betreiben …

Auch wenn ich die empirische Aufteilung des Vermögens nicht kenne: Das Argument „eine Vermögenssteuer oder -abgabe reduziert das Eigenkapital unserer Wirtschaft“ ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

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“Die Wähler” wollen so lange Umverteilung, bis es - hoppla - sie selber betrifft.
Da werden sich noch viele wundern, die heute nach Umverteilung schreien.

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Das ist mindestens umstritten. Angesichts einer hohen Staatsquote und Steuereinnahmen von fast 900 Mrd. Euro (Schätzung für 2022) sollte aus meiner Sicht eher gefragt werden, ob das eingenommene Geld immer sinnvoll verwendet wird.

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Echt? Dass solche Aussagen in einer Form getroffen werden, die suggeriert, sie wären Konsens, finde ich ärgerlich. Die Staatsquote lag im letzten Jahr bei rekordhohen 51,6% (Staatsquote - Ausgaben des Staates in Relation zum BIP bis 2021 | Statista) - wie hoch sollte sie Ihrer Meinung nach denn sein? Vielleicht wäre es durchaus zunächst einmale angebracht, die heute schon extrem hohen Ausgaben kritisch zu hinterfragen? Ich habe vermehrt den Eindruck, dass gerade auch wohlhabende Schichten (und Unternehmer) von einem Fördertopf zum nächsten ziehen - so kann eine Marktwirtschaft nicht funktionieren!

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Die FDP ist halt die letzte Partei, die nicht verstanden hat, dass die Wähler in Deutschland deutlich mehr Umverteilung wollen und wird bei der nächsten Wahl unter der 5% Hürde verschwinden. Selbst Mutti Merkel hatte es verstanden!

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Vielleicht wäre die Erbschaftssteuer der FDP (und anderen) vermittelbar wenn dafür die Besteuerung des Einkommens zurück gefahren würde.

Denn was Linder sagt ist ja nicht falsch. In Deutschland haben wir eine, im Vergleich zu anderen, vergleichbaren Ländern, hohe Besteuerung von Einkommen (+immense Sozialabgaben, aber dafür bekommt man ja auch etwas).

Würden wir nun die Vermögenssteuer erheben wäre dass ein weiterer Kostenpunkt, der Private (Bürger, Unternehmer) belastet und abschrecken könnte.

Würde hingegen im gleichen Maß die Einkommensteuer gesenkt, bliebe zwar das Steueraufkommen gleich, aber es würde tatsächlich eine Umverteilung von oben in die Mittelschicht möglich (die untere Einkommensschicht bliebe außen vor, denn sie zahlt weder Einkommenssteuer noch Vermögenssteuer) und so die Gerechtigkeit verbessert.

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Können Sie mir erklären, was genau am Ehegattensplitting falsch ist (bin selbst unverheiratet)? Ich habe die Kritik nie verstanden. Wenn ein Paar / eine Familie sich gegenseitig wirtschaftliche Risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, zum Teil Pflege abnimmt (und so den Staat implitzit entlastet), sollten die Einnahmen auch zunächst „in einen Topf“ fließen und dann besteuert werden, oder? Wie die Einheit „Familie“ sich die Aufgaben aufteilt, geht den Staat einfach nichts an…

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Die Ehe ist ein Konstrukt welches in unserer heutigen Zeit eigentlich keiner Förderung bedarf. Das Ehegattensplitting ist ja z.b. nicht auf eine Bedarfsgemeinschaft anwendbar. Wieso nicht? Ich sähe das Geld das in Ehegattensplitting läuft lieber in Kinderförderung investiert. Ausserdem wird hier ein Lebensmodell gefördert was umso mehr davon profitiert, je höher die Diskrepanz zwischen den Einkommen der Ehepartner liegt. Gerade hohe Einkommen profitieren hiervon überdurchschnittlich. Auch das ist ein Aspekt den ich in unserer Gesellschaft nicht förderbar finde. Das Geld wäre also bei einer anderen Zielgruppe erheblich besser verwendet. Familien mit niedrigen Einkommen z.b.

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Abgesehen davon, dass es sich beim „Splitting“ um keine Förderung handelt, sieht das GG das anders:
Art 6. (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Es „läuft“ eben auch kein Geld in das Ehegattensplitting, sondern Paare / Familien haben die Möglichkeit, sich gemeinsam veranlagen zu lassen. Warum es gerecht sein soll, Familien aus der Mittelschicht deutlich höher zu belasten, um die eigenen ideologischen Familienbilder der Gesellschaft aufzuoktroyieren, erschließt sich einem halbwegs liberal denkenden Menschen wie mir unter keinem Aspekt.

Eine Ehe aus zwei Gutverdieneren profitiert vom Ehegattensplitting eben nicht (was auch richtig ist), und wer in einer Familie teilzeit oder vollzeit arbeitet, solte den Ehepartnern freistehen und nicht durch steuerliche Beachteiligung vorbestimmt werden.

Es spricht nichts dagegen, „Familien mit niedrigem Einkommen“ zu fördern - aber sich hinter diesem hehren Ziel zu verstecken, um sein Familienbild durchzusetzen, und dabei gerade die Mittelschicht abzukassieren, finde ich einfach verwerflich - vielleicht kann zur Erklärung nur Schafarewitsch weiterhelfen?

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Soll das heißen, für seine Steuern bekäme man nichts? Im Gegenteil: Für die Steuern bekommt man auf jeden Fall was (vielleicht nicht immer das, was man will) während man für die Sozialabgaben nur optional was bekommt, nämlich wenn man bedürftig wird.