LdN303: Strom-Grundbedarf

Ich muss hier mal meine Wut über die Idee des rabattierten Strom-Grundbedarf kommentieren:

Das System setzt mal wieder völlig falsche Anreize.

  • Die angesetzten Verbräuche sind viel zu hoch: 1.400kWh für einen 1-Personen-Haushalt, 3.100kWh für eine 3-köpfige Familie. Das mag in Sonderfällen verbraucht werden, vor allem, wenn man einen Durchlauferhitzer hat. Ohne Durchlauferhitzer liegt man jedoch leicht deutlich (!) darunter.
  • 30 Cent/kWh ist viel zu billig. Mein aktueller Stromvertrag, kurz vor der Krise noch relativ günstig abgeschlossen, liegt schon höher.
  • Ich brauche diese Unterstützung nicht. Sie hilft mir auch nicht, meine steigende Gas-Rechnung nennenswert aufzufangen.

Diese Faktoren heißen für mich: Wenn diese Maßnahme so kommt, werde ich mich hüten, mir an dieser Stelle irgendeinen Luxus zu verkneifen und stattdessen den Grundbedarf-Strom voll auskosten.

Die Freigrenzen müssten so gezogen werden, dass nahezu jeder noch einen Anreiz hat, in nennenswertem Umfang zu sparen. Stattdessen subventioniert man hier einen vermeintlichen Grundbedarf, weil man der Bevölkerung (und ich meine hier die Mittelschicht, die die Kosten mit gewissen Einbußen tragen könnte) keinen Wohlstandsverlust zumuten will.
Was hier passiert ist leider Planwirtschaft vom feinsten, in der die knappen Ressourcen schlecht allokiert werden. Ein ausgezahltes Energiegeld könnte ich wenigstens sinnvoll umwidmen.

Schlimmer noch: Dieser Grundbedarf-Strom ist pro kWh günstiger, als ein heute neu abgeschlossener Gasvertrag (aktuell laut Zeit-Energiemonitor 37,8 Cent/kWh). Ich bin also gut beraten, mit meinem Restbudget an „Grundbedarf-Strom“ zu heizen, anstatt die Heizung aufzudrehen. Mein zusätzlich erforderlicher Billig-Strom wird dann durch die Verbrennung von Gas erzeugt (mit entsprechenden Verlusten beim Wirkungsgrad), das der Steuerzahler bezahlt.
Glückwunsch! :rage:

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Neoliberale Ideen, die in den Abgrund treiben…

Es straft aber doch vor allem auch diejenigen ab, die sich in den letzten Jahren in ihrem eigenen privaten Haushalt damit auseinander gesetzt haben, den Individualverkehr, der ja nachweislich auf dem platten Land immer noch alternativ los ist, auf Elektromobilität umzustellen und im Bereich der Heizung vielleicht schon seit Jahren auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe setzen.

Laden zu Hause (wie allseits gewünscht und angedacht, da öffentliche Ladeinfrastrukturen, auch da wieder besonders auf dem Land, zu wünschen übrig lassen) plus Heizen mit Strom um dem russischen Gas zu entrinnen (nein, kein Durchlauferhitzer!) ergibt einen deutlich anderen Strom-Grundbedarf für ein Einfamilienhaus als die hier angedachten 3.100kWh pro Jahr.

Und für dieses progressive Denken und Handeln werden diese Bürger:innen nun abgewatscht?

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Mit erscheint der genannte Grundbedarf ebenfalls als zu hoch angesetzt. Mehr als 1000 kWh sollten es für einen Single nicht sein, denke ich.

Dafür ist der angedachte Preis von 30 ct/kWh deutlich zu hoch. Gegenüber dem bis vor einem Jahr üblichen Preisniveau ist dies immernoch eine Steigerung. Ich zahle z. B. derzeit noch 28 ct/kWh. Bis 31.12.2021 waren es sogar lediglich 23 ct/kWh.
Ich hätte für den Grundverbrauch eine viel deutlichere Reduktion, z. B. auf 20 ct/kWh, erwartet. Dann wäre das für die Haushalte auch tatsächlich als Entlastung spürbar.

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Eigentlich ist das Laden zu Hause primär gewünscht, wenn der Strom direkt aus der PV ins Auto kommt. Das sollte das primäre Ziel sein. Die zweitbeste Lösung wäre dann ein echter Ökostromtarif daheim.

Nope.

Weil man in Deutschland immernoch Abschlagszahlung und Schlussrechnung hat, merkt man davon im Regelfall nichts (das dicke Ende kommt zum Schluss)

Ich kriege meine Rechnung monatlich, da merkt man dann auch was.

In der Theorie alles richtig. Ist sicher auch oft der Fall. Plus Batteriepuffer im Haus. In der Praxis läuft es meiner Erfahrung nach anders, weil die überwiegende Mehrheit keinen sinnvollen Zugriff auf öffentliche Säulen hat, im Falle zu Hause keine Photovoltaik installiert ist. Henne/Ei Thema.

Verhältnismässig kann das aber auch schnell aus dem Ruder laufen. Produktion einer 7kW Photovoltaik an einem guten Tag realistisch bei 40-45kWh, wird vollelektrisch je nach Einsatzradius schon mal knapp. Abhängig vom Batteriespeicher auch kein 3-phasiges Laden, somit potentiell negativ für die Lebenszeit des Fahrzeugakkus.

Nicht zu vergessen die unsägliche Bürokratie als „Stromverkäufer“ wenn das Dach vielleicht doch für eine >10kW Photovoltaik reichen sollte, anstatt einfach den Stromzähler wie in NL rückwärts laufen zu lassen… aber das ist eine andere Dose Würmer.

Also doch ein echter Ökostromtarif plus Anerkennung der Tatsache, dass man sich für die Mobilitätswende eingesetzt hat und somit mit den 3.100kWh nicht hinkommt, wie in meinem ursprünglichen Post beschrieben?

Ein Blick auf die Entwicklung der Strom- und Gaspreise zeigt dir, dass ein Wärmepumpen-Heizer nach wie vor deutlich besser wegkommt als ein Gas-Heizer.
Mit Elektroautos sieht das tatsächlich schon anders aus.

Für beide Bereiche gilt: Das sind nach wie vor absolute Rand-Technologien. Wenn man diesen Menschen/Technologien unbedingt helfen will, braucht man ein besseres Instrument als die Gieskanne für alle. Die Kollateralschäden sind einfach viel zu hoch.

Hier wird überhaupt niemand „abgewatscht“, sondern nur Leuten (etwas weniger) unter die Arme gegriffen. Du hast eine sehr hohe Anspruchshaltung.

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Es scheint, du kommentierst nicht deine Wut „über die Idee“, sondern über die vorgeschlagene Umsetzung. Dazu Zitat von Ulf in der Lage: „Es gibt nur so einen semioffiziellen Tweet des Bundesjustizministers Marco Buschmann.“
Vielleicht noch etwas abwarten.

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Es hätte klar sein können, dass die Kombi nur Sinn macht mit PV auf dem Dach/Fassade/Zaun etc…

Aber die Handwerkskammer Münster z.B hat ja noch 2016 dafür geworben, von strombetriebenen Öfen evtl zu Heizöl oder Gas zu wechseln. Klimaschutz?
Energiewende? 2016 war das Thema schon richtig heiß…

So kann die Politik der alten Regierung mit ihren Ministerien, unterstützt von Desinformationen aus Lobbyistenkreisen heute praktisch als „Zeitzünder“ noch viele Betriebe in den Ruin treiben !


Nun. 45% der Neubauten in 2020 hatten eine Wärmepumpe (Quelle). Mag bei der Betrachtung des Gesamtanteils an Wohngebäuden immer noch als „Rand-Technologie“ durchgehen, aber es ging ja nun gerade darum, eine:n dahingehend für sich eigentlich fortschrittlichen agierende:n Bürger:in zu berücksichtigen anstatt ihn in seinem Handeln zu demotivieren, weil man durch die Definition eines vermeintlichen Grundbedarfs ähnlich wie beim Tankrabatt oder der Pendlerpauschale wieder einmal falsche Incentives setzt.

Sorry, falls das bei irgendwem als „Anspruchshaltung“ ankommt. Dass man es mit einer Gießkannentaktik nicht allen recht machen kann liegt klar auf der Hand.

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Wenn sich der Gaspreis verfünffacht und der Strompreis „nur“ verdoppelt, ist der „Incentive“ für Strom deutlich gestiegen.
Es wird meiner Erwartung nach auch keinen vergleichbar niedrigen Gas-Grundbedarf oder Pellet-Grundbedarf oder sonstwas geben. Heizen wird einfach massiv teurer, im Falle von Strom bist Du da wohl noch auf der besten Seite. (Man könnte jetzt auch die Frage aufwerfen, ob Besitzer eines Neubaus mit Wärmepumpe zu jenen zählen, die Unterstützung brauchen :slight_smile: )

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Spätestens, wenn die Zinsbindung in 10 Jahren ausläuft und das aufgrund massiv gestiegener Baukosten ohnehin bis zum letzten ausgereizte Darlehen ohne Eigenkapital zur Refinanzierung mit einem horrenden Zinssatz ansteht auf jeden Fall :see_no_evil: Da bin ich in der Tat ganz arg froh, in einem Baujahr 2007 zu wohnen. Da gab’s nämlich tatsächlich auch schon Wärmepumpen :sweat_smile:

Trotzdem haben wir in Deutschland in 2020 schon 1.000.000 WP im Einsatz. Ich bin von viel weniger ausgegangen.

quelle:

https://www.waermepumpe.de/presse/pressemitteilungen/details/1-million-waermepumpen-im-deutschland/?type=242

Wieviele davon sind in Häusern mit mehr als 4 Parteien verbaut?

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Also wer zu den Preisen, die seit Jahren für Neubauten und die Grundstücke unterwegs sind bauen konnte, sollte auch höhere Zinsen für die Refinanzierung einkalkulieren. Ansonsten muss ich da leider sagen, dass man eine große Fehlentscheidung getroffen hat. Wir haben gut modernisierten Bestand gekauft (natürlich hat der keine WP und ist derzeit finanziell schlicht nicht machbar), da erstens Neubauten mit Grundstück viel zu teuer sind und zweitens viel weniger gebaut werden sollte, besonders wenn in Orten noch leere Bestandsimmobilien stehen. Aber wer wirklich auf Kante mit den niedrigen Zinsen kalkuliert hat, braucht wirklich nicht zu erwarten, dass da die Allgemeinheit hilft.