Ich habe einen befreundeten IT´ler befragt, wie groß der Aufwand wäre, eine Excel mit VBA zu programmieren, die für eine Klasse alles übernimmt. Also die jedes Halbjahr einzeln erfasst, alle Noten für die entsprechenden Halbjahre gewichtet, berechnet und ein PDF auswirft, dass als Zeugnis gedruckt werden kann, inkl. eingescannten Unterschriften der Klassenleitung und des Schulleiters. Seine Antwort: Zwei bis drei Tage.
Natürlich könnte man jetzt fantasieren und sich vorstellen, wie sowas auf einem Server als Eingabemaske liegt und jede:r Lehrer:in sich wo einloggt, seine Noten eingibt und die Klassenleitung als Verwaltungsfachangestellte erst garnicht so aktiv werden muss, mit Noteneintreiben usw. Im Grunde liefert das die LUSD ja schon, sie müsste nur entsprechend zugänglich sein.
Technisch ist das lange nicht die Herausforderung wie Onlinebanking in Sachen Sicherheit oder ein Dokutool für die Überwachung von Leitungsnetzen in Sachen technischer Komplex. Es geht hier um eine Exceltabelle mit ein bisschen VBA oder als Website mit Java oder oder… ich bin kein Informatiker, aber meine Tabellen, für mich selbst als Notlösung, sind schon um Welten besser.
Aber zum Mindset, ähnlich wie in 301 beschrieben: Es stört sich keiner daran. Der Gedanke an Innovation, Effizienz oder einfach ein schöner Workflow ist kein Ansporn. Für mich drängt sich da ein Gedanke auf: Jeder Job hat ja ein gewissen Image und als junger Mensch muss man sich ja für einen Job entscheiden. Ich denke, ganz doll simplifiziert, dass sich ein bestimmte Schlag an Menschen genau für diese Stellen in Ämtern interessieren, weil sie instinktiv eine herausfordernde Arbeitsumgebung meiden, weil es Leute sind, die Veränderung als per se schlecht empfinden und das Charisma einer Behörde genau das Gegenteil ausstrahlt, nämlich „hier bleibt alles wie es ist“. Und dass Deutschland ein Volk der ewig gestrigen ist, sehen wir ja auch an anderen Bereichen, wie Tempolimit, Windkraft, das Verhältnis zur Politik, Bildung. Es gibt eigentlich keinen Bereich mehr, der relevant für die Zukunft ist, der funktioniert. Selbst Bereiche die noch „aus der guten alten Zeit sind“, wie die Bahn, scheitern. Nicht nur an der Digitalisierung, sondern schlicht am Unwillen der Verantwortlichen. Das kann ich für die Schule zumindest relativ fest postulieren. Ich hatte auf Fiver ein paar Freelancer angeschrieben, was die für so eine Lösung für die Zeugnisse haben wollen. Das waren Preise um die 1000€. Ich hatte das in der Schulleitungssitzung vorgestellt, sogar mit Vorentwurf durch den Freelancer (den ich mit 100€ privat angezahlt hatte). Die Schule hat das Geld ganz locker, für solche Leistungen gibt es beim Kreis Töpfe ohne Ende. Aber die Schulleitung hat es als Affront wahrgenommen, weil ich ja die Exceltabelle ersetzen will, die der Schulleiter höchst persönlich irgendwann in den Nullerjahren mal angefertigt hat. Hätte ich das gewusst, wäre ich politisch anders vorgegangen. Aber selbst wenn da kurz der Stachel der Kränkung sitzt, dass ein Informatiker tatsächlich besser programmieren und Excel kann als ein Lehrer für Politik und Wirtschaft (Ironie off), sollte sich eine Führungskraft im Zweifel dafür entscheiden, Dinge zu verbessern. Hat er nicht gemacht und wollte der Rest auch nicht: Läuft doch seit Jahrzehnten so! Alter-weißer-Mann-Sprech. Und das ist nur ein Ausschnitt. Ich fange jetzt nicht an mit dem Verfahren zur Beschaffung von Büchern, Technik für den Unterricht, Reparaturen am Bestand usw. Das ist dann eher was für Extra3, nicht für das Forum.