LdN293: Militärische Blockade der Getreideexporte aus der Ukraine

Ich möchte zum militärischen Aspekt der Hafenblockaden Russland etwas los werden. Es gibt ja jetzt viele Ideen wie man die Hafenblockade brechen könnte. Nur ist keine dieser Ideen wirklich praktisch umsetzbar. Ein paar Fakten:

  1. Völlig wurscht wer die Minen gelegt hat, sie sind da. Die Minen müssen geräumt werden. Dazu hätte nur die NATO die entsprechenden Kapazitäten.

  2. Zivile-Handelsschiffe haben nicht nur das Minenproblem, sondern müssten sich auch erstmal trauen durch das Schwarze/Asowsches Meer zu fahren. Das Risiko ist sehr hoch von Russen gekapert/versenkt zu werden. Die Ukraine hat keine nennenswerte Marine mehr. Aus eigener Kraft kann die Ukraine für Handelsschiffe keinen Begleitschutz bereitstellen. Hier bliebe auch nur NATO oder die UN übrig.

Welche Ideen gibt es die „Blockade“ zu brechen?

  1. Anti-Schiffsraketen
    Helfen bei der Küsten verteidigung, ja. Aber würden nicht verhindern dass bspw. Schiffe auf offener See (ausserhalb der Reichweite der Raketen) von russischen Schiffen oder U-Booten abgefangen werden. U-Boote ließen sich übrigens gar nicht mit den Raketen abfangen.

  2. NATO Geleitschutz
    Hier ergibt sich das gleiche Problem wie bei der Diskussion um die Flugverbotszone: Die NATO müsste bereit sein im Notfall auf ein russisches U-Boot oder Schiff zu schießen. Das war Sie schon beim Thema Flugverbotszone nicht.

  3. UN Geleitschutz
    Hier ergeben sich mehrere Hindernisse:
    Ein UN Geleitschutz wäre, ähnlich wie bei einer Blauhelm Mission, nicht ausreichend bewaffnet. Er müsste sich gegenüber beiden Parteien neutral verhalten. Klar würde sich Russland noch mehr diskreditieren wenn man auf ein Schiff mit UN Flagge schießen würde, aber das UN Schiff müsste auch bereit sein auf russische Schiffe zu schießen (Punkt 2). Die dürfen aber nur zur Selbsverteidigung schießen. Würde bedeuten die reine Präsenz bzw. Blockade ggf. Provokationen durch russische Schiffe würde schon dazu führen, dass die Handelsschiffe widerum fest stecken. Russland müsste also Garantien abgeben die UN Mission nicht zu behindern, also faktisch dieser Mission zustimmen (Ob sogar eine Zustimmung des Sicherheitsrates (mit Veto Recht Russlands) notwendig wäre, weiß ich selbst nicht) und da sind wir dann bei Punkt 4.

  4. Verhandlungen
    Das ginge nur mit großen zugeständnissen an Russland bezüglich der Sanktionen. Unwahrscheinlich dass Russland in diesen Konflikt seinen einzigen Trumpf ohne Gegenleistung aus der Hand gibt.

Die Blockade ist daher, meiner Meinung nach, auf absehbare Zeit nicht zu brechen. Das ist natürlich, wirtschaftlich für die Ukraine eine Katastrophe. Aber begünstigt die Blockade eine weltweite Getreideknappheit? Eher nicht, wenn man sich dieses Interview anschaut: (ab Minute 18) Drohende Hungersnot: So blockiert Putin ukrainische Getreideexporte | ZDFheute live - YouTube. Wir haben weltweit sogar eine überproduktion. Nur die Preise sind durch den Krieg in die Höhe geschossen. Ein Problem für ärmere Länder. Das ließe sich aber über die UN lösen, reiche Länder müssten das nur massiv, finanziell stützen.

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Bei deinen Blockadebrecher-Optionen hast du die vergessen, die aktuell tatsächlich in Verhandlungen zwischen der Türkei und Russland erwogen werden.

Hier wurde erwogen, dass die russische Marine für die Sicherheit im schwarzen Meer sorgt und die Schiffe sicher bis zum Bosporus fahren lässt, während die türkische Marine die Handelsschiffe auf den letzten Meilen von und nach Odessa eskortieren soll.

Aus dem Tagesschau-Artikel:

Ob das realistisch ist und wirklich umgesetzt wird, ist aber natürlich fraglich. Dennoch ist das wohl die realistischste Option. Die Türkei ist zwar in der NATO, wird aber von Russland noch am ehesten als neutraler Partner akzeptiert (was uns wiederum zu denken geben sollte, aber das ist ein anderes Thema…)

  1. Völlig wurscht wer die Minen gelegt hat, sie sind da. Die Minen müssen geräumt werden. Dazu hätte nur die NATO die entsprechenden Kapazitäten.

Und wenn die Kriegsparteien dabei kooperieren ? So eine Minenstrategie ist ja immer irgendwie so bedacht, dass man sie irgendwann auch wieder deaktivieren kann. Die Parteien kennen ja die Koordinaten. Und wenn das nicht irgendwelche uralten Dinger sind, kann man die doch bestimmt per Funk deaktivieren wenn man den Code kennt.

Das sind sicherlich die klassischen Seeminen wie man sie aus Cartoons kennt. Alt, einfach aber auch extrem effektiv. Eine wenige tausend USD teure Mine kann ein hunderte Mio. USD Schiff versenken, das über Jahre hinweg gebaut wurde.

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Damit würde die Ukraine de facto die Hoheit über ihre Seegebiete und die „Schlangeninsel“ südlich von Odessa an Russland abtreten. Momentan handelt es sich dabei ja um ein umkämpftes Gebiet, von dem aus russische Schiffe unter anderem Raketen auf Land- und Luftziele innerhalb der Ukraine abfeuern. Wenn die Ukraine zustimmt, dort keine Kampfhandlungen mehr durchzuführen, akzeptiert sie, dass Russland jenseits der Küste die uneingeschränkte Kontrolle ausübt.

Ja es gibt Verhandlungen, aber siehe Punkt 4: […] Unwahrscheinlich dass Russland in diesen Konflikt seinen einzigen Trumpf ohne Gegenleistung aus der Hand gibt.

Wieso sollte die Ukraine auf einen „Kompromiss“ eingehen bzw. vertrauen, den die Türkei mit den Russen ausgehandelt hat? Die Ukraine wird nicht drauf eingehen, Russland kann sich dann hinstellen und erzählen: „Seht her, die Ukraine blockiert sich selbst. Liegt ja nicht an uns“. Das ist die gleiche Diskussion wie um die Minen: „Hey wir [die Russen] würden eure Handelsschiffe ja durch lassen, ihr müsst nur die Mine räumen.“

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