LdN272 - Versammlungsrecht

Viele Dank für die Folge und eure Zeit.
Ich möchte voranstellen das ich kein Jurist bin und mich daher über Ergänzungen und Korrekturen (ich werde vmtl. Fachbegriffe falsch benutzen) freuen würde. Allerdings bin ich seit vielen Jahren interessiert am Versammlungsrecht und seiner Handhabung im Praxisfall.
Nun zum Thema:
Spontandemonstrationen müssen vorher nicht angemeldet werden. Das ermöglicht u.A. auch das demonstrieren am Wochenende.
Bsp.: wenn Freitag Abend etwas Interessantes passiert, auf was man am Sonntag mit einer Demonstration reagieren möchte, aber das Ordnungsamt schon geschlossen hat.

Allerdings darf der Grund für die spontane Versammlung nicht langer als 48h alt sein und muss den eintreffenden Ordnungskräften (Ordnungsamt/Polizei) mitgeteilt werden. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Versammlungsrecht im gleichen Maße wie bei einer angemeldeten Demonstration:
Es ist eine versammlungsleitende Person zu benennen und geplante/gewünschte Demonstrationsroute mitzuteilen (auch zur Absicherung), gegebenenfalls Ordner:innen zu stellen und die nun erfolgende Beauflagung zu erfüllen. Nach meiner Auffassung gibt es hier keine Gesetzeslücke sondern einen Unwillen geltendes Recht durchzusetzen.
Das mag bei den ersten Veranstalltungen dieser Art noch „überraschend“ gewesen sein, für nicht Szenekenner:innen. Aber nach über einem Jahr nehme ich dies, aus einer beobachtenden Perspektive (mehr als 1 Dutzend Veranstalltungen dieser Art lokal und überregional journalistisch begleitet), den Verantwortlichen nicht mehr ab.
Die Veranstalltungen werden öffentlich auf Telegramm beworben und es werden feste Takte für die Veransstalltungen vorgegeben. Einerseits ist dadurch der spontane Charakter abzusprechen und zweitens sollte man mal auf den Schirm kriegen das genau das ihre Taktik ist: An vielen Orten zur gleichen Zeit zu demonstrieren.
Es gibt eindeutig ein Problem mit der „Freund/Feind“ Erkennung und der Bewilligung von entsprechend nötigen Polizeikräften um das Versammlungsrecht durchzusetzen. Schon allein ihr Framing zu übernehmen (Spaziergang statt unangemeldete Versammlung) ist ein eklatanter Fehler. Und hier rede ich nicht von dem Ruf nach Polizeigewalt sondern nach der Durchsetzung des Standards des Versammlungsrechts und dem Schutz der Presse.

Hier ist auch einmal die Frage zu stellen ob nicht genügen Polizist:innen bewilligt wurden oder im Gesamtlagebild vorhanden sind. Ersteres wäre fatal aber wenn letzteres der Fall ist dann muss man anfangen Strategien zu entwickeln, die Hotspots und Führungspersonen in Erfahrung zu bringen und dort entsprechend durchgreifen. Das ist kein Argument gar nichts zu tun.
Zudem kann ich mir auch nicht vorstellen das dort „das revolutionäre Potential“ vorhanden ist ein paarmal nacheinander 250€ Bußgeld pro Person zu bezahlen. Aktuelle Beobachtungen zeigen das schon nur die Personalienaufnahme die Teilnehmer:innenzahl bei der nächsten Veranstalltung verringert.

Mal ein paar Anekdoten aus journalistischer Sicht vor Ort:

Es ist zum Teil gefährlicher von solchen Veranstalltungen zu berichten als von Naziaufmärschen, da letztere meist durch die Polizei geordnet und umschlossen sind. Bei QD Veranstalltungen ist zum Teil das gleiche gewaltbereite Klientel vor Ort aber bedeutend weniger Polizeikräfte. Zudem sind die Personen „chaotischer verteilt“ wodurch eine Berichterstattung in gewissen Städten und Dörfern nur mit Begleitschutz möglich ist.
Hier gibt es ein solch eklatantes Missverhältnis zwischen Gefahrenpotetial und polizeilicher Begleitung das es regelmäßig zu Übergriffen auf Journalist:innen kommt. Angefangen bei Einschüchterung, Bedrängung, Versuche Handys zu klauen, Kameras zu beschädigen oder die Personen direkt körperlich anzugreifen. In Sachsen ist die Situation so kritisch das sich ein ehrenamtlicher Begleitschutz für Journalist:innen gegründet hat (Between the Lines: https://twitter.com/BTL_DE).

ca. 200 QD vs 35 angemeldete Gegendemonstrantinnen:
Polizei kontrolliert zur „Gefahrenabwehr und Deeskalation“ die angemeldete Gegendemonstration da „sie Aufgrund der geringen Teilnehmer:innenzahl (Auflage) mit den Einsatzkräften händelbar sei.“ Bei der unangemeldeten QD Versammlung ohne versammlungsleitende Person könne man wegen der Überzahl nichts machen.

Ca 60 QD´s werden von der Polizei gekesselt, nachdem sie einen Demonstrationszug bildeten obwohl ihre Demonstration untersagt wurde, und werden dann einfach in kleineren Gruppen weggeschickt. Keine Personalienaufnahme, Bußgeldverfahren, einfach nix…

60 Linke demonstrieren unangemeldet mit Transparenten und Sprechchören durch die Innenstadt:
Nahe stationiertes BFE (Beweis und Festnahme Einheit) „rollt“ einmal über die Demonstration und kontrolliert mit Personalienaufnahme weitere 3h alles im Innenstadtbereich was dunkler als Gelb angezogen ist.

Einen Lichtblick gibt es allerdings:
Anscheinend finden Polizei und Ordnungsamt in manchen Städten so langsam ihre verschollenen Einsatzhandbücher und Gesetzestexte wieder.

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