LdN262: "Herdenimmunität"

Liebes Lage der Nation Team,
Euch ist nach meinen Kenntnisstand ein Fehler unterlaufen, welchen ihr richtig stellen solltet. Das Argumente wird häufig auch bei Skeptikern so falsch verwendet.
Ich höre regelmäßig den Corona Potcast im NDR sowie MDR und meine dort wurde mehrfach klar gesagt, dass es die klassische „Herdenimmunität“ bei Corona nicht gibt. Hintergrund ist, dass es sich um eine Schutz infolge der Impfung handelt, welcher in erster Linie vor einer schweren Erkrankung, jedoch NICHT vor einer Weitergabe schützt. Ziel der Impfquote ist viel mehr die Anzahl an Menschen zu reduzieren, welche schwer erkranken und damit stationär behandelt werden müssen.
Klar, in den ersten Monaten nach der Impfung scheint die Weitergabe reduziert, aber es handelt sich nicht um eine sterilisierende Immunisierung im klassischen Sinne!

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Hi Basti, danke für den Kommentar. Das hat Christian Drosten früher mal so dargestellt, inzwischen hat er das aber deutlich ausdifferenziert. Tatsächlich scheint es bei diesem Virus verschiedene Stufen von Immunität zu geben, insbesondere scheint es mitunter länger zu dauern, bis sich auch auf den Schleimhäuten eine Immunität einstellt.

Der Begriff der Herdenimmunität ist ja nicht präzise definiert. Im Kern geht es jedenfalls darum, was wir erläutert haben: Das Virus soll sich nicht weiter ausbreiten. Tatsächlich ist es so, dass auch zwei Impfungen nicht komplett davor schützen, dass Menschen sich infizieren und das Virus weitergeben können. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit drastisch geringer.

Danke für die schnelle Rückmeldung! Die Einordnung von Drosten ist mir bekannt, er führt das in der Folge 100 von letzter Woche auch nochmal aus. :slight_smile:
Im Nachhinein betrachtet ist es wohl eher der Kontext im Podcast, welcher meinem Verständnis etwas widersprochen hat. Letztlich ist es eine Detailfrage, die wie du sagst, an der Gesamtsituation nicht wirklich etwas ändert.
Zur Verdeutlichung worum es mir ging: Uns nützen ja auch 80% Impfquote der Gesamtbevölkerung nichts, wenn der ungeimpfte Teil von 20% ausschließlich Risikogruppe wäre. Niht umsonst hat man bei der Impfung mit den Risikogruppen begonnen. Nach meinem Verständnis sind hauptsächlich die noch ungeimpften Menschen der Risikogruppen das Problem. Weil hier bei unkontrolliertem Pandemieverlauf die Hospitalisierungsrate einfach zu hoch wäre und das Gesundheitssystem überlastet wird.
Kinder und Jugendliche werden ja nicht vorrangig wegen schweren Verläufen geimpft, sondern um die Weitergabe des Virus zu verlangsamen und sekundäre Folgen wie Schulschließungen zu vermeiden.
Ausgeführt wird das ab und an von Kekulé im MDR Podcast.

Korrigiert mich gern wenn ich falsch liege.

Klinisch relevant ist vor allem die Altersgruppe ab 60. In der sind aber nur 3,7 von 24,1 Millionen noch nicht vollständig geimpft. Das sind noch nicht einmal 5% der Gesamtbevölkerung. Daher ist die Frage, wie sinnvoll so eine nicht nach Altersgruppen differenzierte Impfquote überhaupt ist.

Beim Thema Herdenimmunität seid ihr für meinen Geschmack auch etwas zu ungenau. Diese Prozentzahlen wie 66 Prozent oder jetzt 85 Prozent waren schon immer Vereinfachungen. Wir werden wohl selbst mit 85 Prozent keine Herdenimmunität erreichen, weil:

  1. Die Impfung führt zu keiner sterilen Immunität. Auch Geimpfte infizieren sich und stecken andere an. Und das in einer Größenordnung, die nicht zu vernachlässigen ist.

  2. Die Impfungen sind sehr ungleichmäßig über die Altersgruppen, Gesellschaftsschichten und Regionen verteilt. Unter 12 jährige haben gar keinen Impfschutz, in den Altersgruppen wird sich das Virus weiter gut verbreiten können. Personen, die sich nicht impfen lassen wollen, werden in ihren sozialen Netzwerken verkehren, die ebenfalls eine eher geringere Impfquote haben. Und es gibt starke regionale Unterschiede. In Sachsen z.B. ist die Impfquote noch unter 60 Prozent, in anderen Regionen deutlich über 70 Prozent.

Das Ziel ist daher nicht die Herdenimmunität über Impfungen herzustellen. Es geht darum möglichst viele Menschen zum Impfen zu bewegen um die Belastung der Intensivstationen gering zu halten. In Deutschland droht uns bei der Impfquote wieder eine Überlastung der Intensivstationen. Bei den über 60 jährigen sind mehr als 10 Prozent nicht geimpft, also über 2.5 Mio Menschen. Drosten hat in einer seiner letzten Folgen die Theorie geäußert, dass sich alle Ungeimpfte (in diesem Winter ?) infizieren werden. Wenn das eintritt, wird es sehr voll werden auf den Intensivstationen.

Wir können derzeit auch sehen wie schwierig die Situation ist und noch werden wird. Es ist Mitte Oktober und wir haben bereits 1420 Menschen auf den Intensivstationen wegen Corona. Die Fallzahlen steigen wieder leicht an. Und in den nächsten Wochen wird das Wetter wieder kälter, parallel gibt es mehr Lockerungen. Dagegen stehen einige positive Effekte wie die Zunahme bei den Erst-, Zweit- und Drittimpfungen. Aber die Intensivstationen werden voller werden, das ist klar.

PS: Euren Pocast höre ich sehr gerne und ich freue mich jede Woche über eure Einordnungen.

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